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KCanG – Besondere Umstände für Halbstrafenentlassung aufgrund Gesetzesänderung

Cannabis-Verurteilter scheitert mit Antrag auf vorzeitige Haftentlassung trotz neuem Gesetz. Gericht bestätigt: KCanG gilt nicht rückwirkend für laufende Strafen. Hoffnungsschimmer bleibt: Antragssperrfrist verkürzt, neue Chance in drei Monaten.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Verurteilte verbüßt eine Freiheitsstrafe wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
  • Der Verurteilte beantragte vergeblich die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung.
  • Das Gericht entschied, dass keine ausreichenden besonderen Umstände vorliegen, um eine vorzeitige Entlassung zu rechtfertigen.
  • Die Gesetzesänderung zum Cannabisstrafrecht spielt keine Rolle, da sie keine rückwirkende Anwendung auf bestehende Strafen hat.
  • Der Umstand, dass der Verurteilte in Untersuchungshaft war, wird nicht als besonderer Umstand anerkannt.
  • Ein Sachverständiger wurde nicht mündlich angehört, da alle Beteiligten darauf verzichteten und das Gericht das schriftliche Gutachten als ausreichend ansah.
  • Die ursprüngliche Antragssperrfrist von sechs Monaten wurde auf drei Monate verkürzt.
  • Der Verurteilte trägt die Kosten des Verfahrens.
  • Eine zukünftige positive Veränderung der Täterprognose erscheint nach drei Monaten möglich.

Gerichtsurteil zur Halbstrafenentlassung bei Cannabisverkauf – Rechtssicherheit für Verurteilte

Die Halbstrafenentlassung ist ein zentrales Element im deutschen Strafvollzug. Sie bietet Verurteilten die Chance auf eine frühzeitige Rückkehr in die Gesellschaft, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das Gesetz zur Regelung des Cannabisverkehrs (BtMG) legt hierfür klare Regeln fest. Doch was passiert, wenn sich diese Regeln ändern?

Besondere Umstände können dazu führen, dass Verurteilte auch dann eine Chance auf Halbstrafenentlassung haben, wenn sie die regulären Voraussetzungen nicht erfüllen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Gesetzesänderungen die Strafbarkeit von Handlungen beeinflussen. Ein Beispiel hierfür ist die aktuelle Debatte um die Legalisierung von Cannabis.

Ein aktuelles Gerichtsurteil hat nun für Klarheit gesorgt und die Frage beantwortet, ob Verurteilte aufgrund der Gesetzesänderung zum Cannabisverkehr (KCanG) eine Halbstrafenentlassung erwarten können.

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Der Fall vor Gericht


Rechtliche Auseinandersetzung über vorzeitige Entlassung aus Cannabisdelikt-Haft

Rechtliche Auseinandersetzung über vorzeitige Entlassung aus Cannabisdelikt-Haft
(Symbolfoto: Serhii Yevdokymov – Shutterstock.com)

In dem vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob dem Verurteilten der Strafrestvollzug nach Verbüßung der Hälfte seiner Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Der Verurteilte verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Cannabis) in nicht geringer Menge. Das Urteil erfolgte vor Inkrafttreten des neuen Cannabiskontrollgesetzes (KCanG).

Gerichtliche Entscheidung und Begründung

Das Oberlandesgericht Celle hat die Beschwerde des Verurteilten gegen die Entscheidung zur Nichtvollstreckungsaussetzung überwiegend als unbegründet verworfen. Es stützt damit die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover vom 8. Mai 2024. Allerdings wurde die angeordnete Antragssperrfrist von 6 auf 3 Monate verkürzt.

Die Gerichte haben eine positive Legalprognose für den Verurteilten angenommen, jedoch keine besonderen Umstände für eine Halbstrafenaussetzung nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB gesehen. Zentrale Begründungspunkte waren:

  • Das neue KCanG findet auf bereits verhängte Strafen aus dem alten Betäubungsmittelgesetz keine Anwendung. Es profitieren nur Personen von der Amnestieregelung, gegen die vor dem 01.04.2024 Strafen nach BtMG verhängt wurden, die nach KCanG nicht mehr strafbar sind.
  • Die lange Untersuchungshaft bis zur Rechtskraft des Urteils stellt keinen besonderen Umstand dar, da der Verurteilte dies durch Einlegung eines (erfolglosen) Rechtsmittels selbst verursacht hat.

Entscheidung zur Antragssperrfrist

Zwar bestätigt das OLG die Anordnung einer Antragssperrfrist nach § 57 Abs. 7 StGB grundsätzlich. Eine Sperrfrist von 6 Monaten erscheint jedoch zu lang bemessen. Mit zunehmender Zeitnähe zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt nehmen die Anforderungen an besondere Umstände ab. Unter Berücksichtigung der positiven Entwicklung im Vollzug kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits nach 3 Monaten besondere Umstände für eine Aussetzung vorliegen könnten.

Auswirkungen des Urteils für Cannabisdelikte

Die Gerichte haben klargestellt, dass das neue KCanG zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf laufende Vollstreckungen nach dem Betäubungsmittelgesetz hat. Nur Personen mit Freiheitsstrafen für nach dem 1.4.2024 nicht mehr strafbare Handlungen profitieren. Für andere bestehende Strafen aus Cannabisdelikten bleibt es bei den bisherigen Verurteilungen.

Eine vorzeitige Haftentlassung kann für Cannabisdelikte weiterhin nur über die Regelungen des § 57 StGB erfolgen. Die Hürden bleiben dabei – insbesondere bei längeren Strafen – hoch. Allerdings nehmen die Anforderungen für eine Aussetzung ab Zwei-Drittel-Zeitpunkt ab.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Gericht hat in diesem Fall klargestellt, dass das neue Cannabiskontrollgesetz keine unmittelbaren Auswirkungen auf bereits rechtskräftig verhängte Freiheitsstrafen für Cannabisdelikte hat. Die Möglichkeiten einer vorzeitigen Haftentlassung richten sich weiterhin nach den strengen Vorgaben des § 57 StGB, wobei die Anforderungen ab dem Zwei-Drittel-Zeitpunkt jedoch geringer werden.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Für Sie als Verurteilte wegen Cannabisdelikten oder deren Angehörige bedeutet dieses Urteil konkret: Das im April 2024 in Kraft getretene neue Cannabiskontrollgesetz (KCanG) hat vorerst keine unmittelbaren Auswirkungen auf bereits rechtskräftig verhängte Freiheitsstrafen für Cannabisdelikte. Das Gericht stellte klar, dass nur Personen von der Amnestieregelung profitieren, gegen die vor dem 1. April 2024 Strafen nach dem alten Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verhängt wurden, die nach dem KCanG nicht mehr strafbar sind. Für alle anderen, bereits verurteilten Personen bleibt es bei den bisherigen Strafen und Verurteilungen nach BtMG.

Eine vorzeitige Haftentlassung ist für Sie daher weiterhin nur über die strengen Vorgaben des § 57 Strafgesetzbuch möglich. Die Hürden dafür sind insbesondere bei längeren Freiheitsstrafen sehr hoch. Entscheidend sind eine positive Legalprognose sowie das Vorliegen „besonderer Umstände“, die im Einzelfall geprüft werden. Ihre Chancen auf vorzeitige Entlassung hängen stark von Ihrem Verhalten und Ihrer Entwicklung im Strafvollzug ab. Je näher Sie dem Zwei-Drittel-Zeitpunkt Ihrer Strafe kommen, desto eher können „besondere Umstände“ vorliegen. Das Gericht verkürzte daher die zunächst sehr lange Antragssperrfrist auf 3 Monate.


FAQ – Häufige Fragen

Rechtliche Auseinandersetzung über vorzeitige Entlassung aus Cannabisdelikt-Haft – ein Thema, das viele betrifft und noch mehr Fragen aufwirft. Ob Sie selbst verurteilt wurden, Angehöriger sind oder sich einfach nur für die rechtlichen Entwicklungen interessieren, unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen fundierte Antworten und klärt die wichtigsten Fragen rund um dieses komplexe Thema.


Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine vorzeitige Haftentlassung nach der Hälfte der Strafe möglich ist?

Die vorzeitige Haftentlassung nach der Hälfte der Strafe, auch als Halbstrafenaussetzung bekannt, ist in § 57 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs geregelt. Für eine solche Entlassung müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein.

Zunächst muss der Verurteilte mindestens sechs Monate seiner Strafe verbüßt haben. Dies stellt sicher, dass eine gewisse Mindestdauer der Haft erreicht wurde. Darüber hinaus muss der Verurteilte der vorzeitigen Entlassung zustimmen. Eine Halbstrafenaussetzung gegen den Willen des Inhaftierten ist nicht möglich.

Ein zentrales Kriterium ist das Vorliegen „besonderer Umstände“. Diese müssen sich deutlich von gewöhnlichen Milderungsgründen abheben und von besonderem Gewicht sein. Dabei betrachtet das Gericht die Tat, die Persönlichkeit des Verurteilten und seine Entwicklung während des Strafvollzugs in einer Gesamtschau. Beispielsweise können eine außergewöhnlich positive Entwicklung im Vollzug, besondere familiäre Umstände oder eine erfolgreiche Therapie solche besonderen Umstände darstellen.

Die Entlassung muss zudem unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit zu verantworten sein. Das Gericht prüft hierbei, ob von dem Verurteilten in Freiheit keine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit mehr zu erwarten ist. Es muss eine günstige Prognose für das künftige Legalverhalten des Verurteilten gestellt werden können.

Bei der Entscheidung über eine Halbstrafenaussetzung berücksichtigt das Gericht verschiedene Faktoren. Dazu gehören das Verhalten des Verurteilten im Vollzug, seine Persönlichkeitsentwicklung, die Teilnahme an Resozialisierungsmaßnahmen und die Perspektiven für die Zeit nach der Entlassung. Auch die Art und Schwere der begangenen Straftat fließen in die Beurteilung ein.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Halbstrafenaussetzung eine Ermessensentscheidung des Gerichts darstellt. Selbst wenn alle formalen Voraussetzungen erfüllt sind, besteht kein Rechtsanspruch auf eine vorzeitige Entlassung. Das Gericht wägt alle Umstände sorgfältig ab und entscheidet dann nach pflichtgemäßem Ermessen.

Bei einer positiven Entscheidung wird der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Verurteilte wird unter Auflagen und Weisungen entlassen und muss sich während der Bewährungszeit straffrei führen. Verstößt er gegen Auflagen oder begeht er neue Straftaten, kann die Aussetzung widerrufen werden.

Die Möglichkeit der Halbstrafenaussetzung bietet Anreize für eine positive Entwicklung im Vollzug. Sie ermöglicht es, auf günstige Veränderungen beim Verurteilten flexibel zu reagieren und die Haftdauer entsprechend anzupassen. Gleichzeitig dient sie dem Ziel der Resozialisierung, indem sie eine frühere Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglicht.

Für Verurteilte und ihre Angehörigen ist es ratsam, sich frühzeitig über die Möglichkeiten einer vorzeitigen Entlassung zu informieren. Die Unterstützung durch einen erfahrenen Strafverteidiger kann die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Halbstrafenaussetzung erhöhen. Dieser kann die individuellen Umstände des Falls analysieren und überzeugend darlegen, warum eine vorzeitige Entlassung gerechtfertigt ist.

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Inwiefern hat das neue Cannabiskontrollgesetz (KCanG) Auswirkungen auf bestehende Haftstrafen?

Das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG) hat weitreichende Auswirkungen auf bestehende Haftstrafen im Zusammenhang mit Cannabis-Delikten. Für viele Inhaftierte eröffnet es die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung oder Strafreduzierung.

Zentral ist die im KCanG verankerte Amnestie-Regelung. Sie sieht vor, dass Personen, die ausschließlich wegen Cannabis-Vergehen verurteilt wurden, die nun nach dem neuen Recht nicht mehr strafbar sind, von ihrer Reststrafe befreit werden können. Dies betrifft beispielsweise Fälle, in denen jemand wegen Besitzes oder Anbaus geringer Mengen Cannabis zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, die nach dem KCanG nun erlaubt sind.

Die Justiz ist verpflichtet, entsprechende Fälle zu überprüfen und gegebenenfalls eine vorzeitige Entlassung oder Strafreduzierung zu veranlassen. In der Praxis bedeutet dies, dass tausende Akten einzeln gesichtet und bewertet werden müssen. Dieser Prozess stellt die Justizbehörden vor erhebliche Herausforderungen.

Wichtig zu beachten ist, dass die Amnestie-Regelung nicht automatisch greift. Jeder Fall muss individuell geprüft werden. Dabei wird untersucht, ob die Verurteilung ausschließlich wegen Cannabis-Delikten erfolgte, die nach dem neuen Recht nicht mehr strafbar sind. Wurde jemand beispielsweise wegen Handels mit größeren Mengen Cannabis verurteilt, greift die Amnestie-Regelung nicht, da dies auch nach dem KCanG weiterhin strafbar bleibt.

Komplexer gestaltet sich die Situation bei Mischfällen. Hier wurden Personen nicht nur wegen Cannabis-Vergehen, sondern auch wegen anderer Straftaten verurteilt. In solchen Fällen muss eine Neubewertung der Gesamtstrafe erfolgen. Der Cannabis-bezogene Teil der Strafe könnte entfallen oder reduziert werden, während der Rest der Strafe bestehen bleibt.

Die Auswirkungen des KCanG erstrecken sich nicht auf alle Cannabis-bezogenen Verurteilungen. Rechtskräftige Urteile, die vor Inkrafttreten des Gesetzes ergangen sind und nicht ausschließlich Cannabis-Delikte betreffen, bleiben grundsätzlich bestehen. Hier kann jedoch im Einzelfall geprüft werden, ob eine vorzeitige Haftentlassung oder Strafreduzierung aufgrund der geänderten Rechtslage in Betracht kommt.

Die praktische Umsetzung der Amnestie-Regelung stellt die Justiz vor große Herausforderungen. In den Bundesländern müssen zahlreiche Akten überprüft werden. Dies führt zu einem erheblichen Arbeitsaufwand für Staatsanwaltschaften und Gerichte. Trotz dieser Schwierigkeiten zeigen erste Ergebnisse, dass bereits Haftstrafen verkürzt und Gefangene entlassen wurden.

Für Betroffene und ihre Angehörigen ist es wichtig zu wissen, dass sie selbst aktiv werden können. Sie haben die Möglichkeit, einen Antrag auf Überprüfung ihrer Strafe zu stellen. Dies kann den Prozess beschleunigen und sicherstellen, dass ihr Fall zeitnah geprüft wird.

Die Auswirkungen des KCanG auf bestehende Haftstrafen sind vielfältig und komplex. Sie reichen von der vollständigen Aufhebung der Strafe bis hin zu Teilerlassen oder Neuberechnungen. Jeder Fall muss individuell betrachtet werden, wobei die spezifischen Umstände der Verurteilung eine entscheidende Rolle spielen.

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Welche Bedeutung hat die erstmalige Reststrafenaussetzung zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt?

Die erstmalige Reststrafenaussetzung zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt stellt für Verurteilte mit längeren Freiheitsstrafen eine bedeutende Möglichkeit zur vorzeitigen Haftentlassung dar. Nach § 57 Abs. 1 StGB kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung aussetzen, wenn zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind.

Im Vergleich zur Halbstrafenaussetzung sind die Anforderungen für eine Entlassung zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt deutlich geringer. Während bei der Halbstrafenaussetzung nach § 57 Abs. 2 StGB besondere Umstände vorliegen müssen, genügt für die Zwei-Drittel-Aussetzung eine positive Prognose. Das Gericht prüft, ob die vorzeitige Entlassung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

Bei der Entscheidung berücksichtigt das Gericht verschiedene Faktoren. Dazu gehören die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände der Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten im Vollzug sowie die zu erwartenden Lebensverhältnisse nach der Entlassung. Besonders wichtig ist eine positive Entwicklung während der Haftzeit.

Für viele Verurteilte stellt die Zwei-Drittel-Aussetzung die erste realistische Chance auf eine vorzeitige Entlassung dar. Dies gilt insbesondere, wenn keine besonderen Umstände für eine frühere Halbstrafenaussetzung vorliegen. Die Aussicht auf eine mögliche Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe kann einen starken Anreiz für gute Führung und aktive Mitarbeit an Resozialisierungsmaßnahmen bieten.

Die Entscheidung über die Reststrafenaussetzung liegt im Ermessen des Gerichts. Eine Anhörung des Verurteilten ist in der Regel erforderlich. Auch Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und der Justizvollzugsanstalt fließen in die Entscheidung ein. Bei einer positiven Entscheidung wird der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt. Der Verurteilte wird entlassen, steht aber für die Dauer der Bewährungszeit unter Aufsicht.

Die Bewährungszeit darf die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. In vielen Fällen wird der Verurteilte einem Bewährungshelfer unterstellt. Dies gilt insbesondere, wenn mindestens ein Jahr der Strafe verbüßt wurde. Während der Bewährungszeit können dem Verurteilten Auflagen und Weisungen erteilt werden, um seine Resozialisierung zu unterstützen und das Rückfallrisiko zu minimieren.

Eine Ablehnung der Zwei-Drittel-Aussetzung bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Verurteilte die gesamte Strafe verbüßen muss. Das Gericht kann eine Sperrfrist von bis zu sechs Monaten festsetzen, nach deren Ablauf ein erneuter Antrag gestellt werden kann. In der Praxis erfolgen häufig mehrere Prüfungen, bis eine positive Entscheidung getroffen wird.

Für Verurteilte mit längeren Freiheitsstrafen ist die Zwei-Drittel-Aussetzung oft der entscheidende Zeitpunkt, an dem sich ihre Haftperspektive konkretisiert. Eine gute Vorbereitung auf diesen Zeitpunkt, etwa durch die Teilnahme an Therapie- und Bildungsangeboten sowie die Planung der Zeit nach der Haft, kann die Chancen auf eine positive Entscheidung erhöhen.

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Welchen Einfluss hat das Strafmaß auf die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung?

Das Strafmaß hat einen erheblichen Einfluss auf die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung. Bei längeren Freiheitsstrafen gelten strengere Maßstäbe für eine frühzeitige Entlassung. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in § 57 des Strafgesetzbuchs (StGB).

Für kürzere Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Halbstrafenentlassung. Dies bedeutet, dass der Verurteilte bereits nach Verbüßung der Hälfte seiner Strafe entlassen werden kann. Voraussetzung ist, dass es sich um einen Erstverbüßer handelt und besondere Umstände vorliegen.

Bei längeren Freiheitsstrafen über zwei Jahre steigen die Anforderungen an eine vorzeitige Entlassung deutlich an. Hier kommt in der Regel nur eine Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe in Betracht. Die Hürden für eine Halbstrafenentlassung sind bei diesen längeren Strafen sehr hoch.

Je länger die verhängte Freiheitsstrafe, desto gewichtiger müssen die Gründe für eine vorzeitige Entlassung sein. Das Gericht prüft bei seiner Entscheidung, ob sich der konkrete Fall deutlich von einem durchschnittlichen Fall abhebt. Es müssen besondere Umstände vorliegen, die eine Ausnahme rechtfertigen.

Bei der Beurteilung der besonderen Umstände berücksichtigt das Gericht verschiedene Faktoren. Dazu gehören die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände der Tat, sein Verhalten im Vollzug und die zu erwartenden Lebensverhältnisse nach der Entlassung.

Ein positives Vollzugsverhalten allein reicht bei längeren Strafen in der Regel nicht aus. Der Verurteilte muss darüber hinaus eine außergewöhnlich günstige Entwicklung durchlaufen haben. Dies kann sich beispielsweise in besonderen Resozialisierungsbemühungen, einer erfolgreichen Therapie oder der Aufarbeitung der Tat zeigen.

Die Anforderungen an die besonderen Umstände steigen mit der Länge der Freiheitsstrafe. Bei einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren müssen die Gründe für eine vorzeitige Entlassung deutlich gewichtiger sein als bei einer Strafe von drei Jahren. Das Gericht wägt dabei auch das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit gegen das Resozialisierungsinteresse des Verurteilten ab.

Bei sehr langen Freiheitsstrafen von zehn Jahren oder mehr ist eine Halbstrafenentlassung nur in absoluten Ausnahmefällen denkbar. Hier müssen außerordentliche Umstände vorliegen, die den Fall weit aus dem Rahmen des Üblichen herausheben.

Die Entscheidung über eine vorzeitige Entlassung trifft die Strafvollstreckungskammer des zuständigen Landgerichts. Sie holt dafür in der Regel Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt und der Staatsanwaltschaft ein. Bei längeren Strafen wird häufig auch ein Sachverständigengutachten zur Gefährlichkeitsprognose eingeholt.

Gesetzesänderungen können ebenfalls Auswirkungen auf die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung haben. Wenn sich die rechtliche Bewertung einer Tat ändert, kann dies als besonderer Umstand für eine Halbstrafenentlassung berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Tat nach neuer Rechtslage milder beurteilt würde.

Für den Verurteilten ist es wichtig, sich der hohen Anforderungen bei längeren Freiheitsstrafen bewusst zu sein. Eine intensive Mitarbeit an den Vollzugszielen und eine erkennbare positive Entwicklung sind unerlässlich, um die Chance auf eine vorzeitige Entlassung zu wahren.

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Welche Rolle spielt das Vollzugsverhalten für eine mögliche vorzeitige Entlassung?

Das Vollzugsverhalten spielt eine entscheidende Rolle für die Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung aus der Haft. Ein beanstandungsfreies und aktives Mitwirken am Vollzugsziel wird von den Justizvollzugsanstalten und Gerichten als wichtiger Indikator für eine positive Entwicklung des Inhaftierten gewertet. Ein vorbildliches Verhalten während der Haftzeit kann die Chancen auf eine frühzeitige Entlassung deutlich verbessern.

Bei der Prüfung einer vorzeitigen Haftentlassung wird das Verhalten des Inhaftierten während des Vollzugs genau unter die Lupe genommen. Dabei spielen verschiedene Aspekte eine Rolle: Die Persönlichkeitsentwicklung, die Mitarbeit an Resozialisierungsmaßnahmen, die Einhaltung der Anstaltsregeln sowie die Wahrnehmung von Arbeitsmöglichkeiten innerhalb der Justizvollzugsanstalt. Ein aktives Bemühen um die eigene Resozialisierung wird als positives Signal gewertet.

Die Strafvollstreckungskammer berücksichtigt bei ihrer Entscheidung über eine vorzeitige Entlassung neben dem Vollzugsverhalten auch andere Faktoren. Dazu gehören die Schwere der Tat, mögliche Gefährdungen der Allgemeinheit und die Lebensverhältnisse des Verurteilten nach einer möglichen Entlassung. Das Vollzugsverhalten ist jedoch ein zentraler Baustein für die Gesamtprognose.

Ein positives Vollzugsverhalten kann sich besonders bei der Prüfung einer Halbstrafenentlassung nach § 57 Abs. 2 StGB auswirken. Hier müssen „besondere Umstände“ vorliegen, um eine vorzeitige Entlassung zu rechtfertigen. Eine außergewöhnlich positive Entwicklung im Vollzug kann als ein solcher besonderer Umstand gewertet werden.

Die Bedeutung des Vollzugsverhaltens nimmt mit fortschreitender Haftdauer zu. Während zu Beginn der Haft die Schwere der Tat noch stärker im Vordergrund steht, gewinnen Erkenntnisse über das Erreichen des Vollzugsziels mit der Zeit an Gewicht. Dies bedeutet, dass ein dauerhaft gutes Vollzugsverhalten die Chancen auf eine vorzeitige Entlassung im Laufe der Haftzeit steigern kann.

Auch bei der Prüfung einer Aussetzung des Strafrests zur Bewährung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe spielt das Vollzugsverhalten eine wichtige Rolle. Hier wird geprüft, ob der Verurteilte willens und in der Lage ist, künftig ein straffreies Leben zu führen. Ein positives Vollzugsverhalten kann als Indiz für eine günstige Sozialprognose gewertet werden.

Besonders relevant ist das Vollzugsverhalten auch im Kontext von Gesetzesänderungen, die sich auf die Strafbarkeit bestimmter Delikte auswirken. So können sich durch neue gesetzliche Regelungen die Voraussetzungen für eine vorzeitige Entlassung ändern. In solchen Fällen kann ein gutes Vollzugsverhalten zusätzliches Gewicht bei der Prüfung einer Halbstrafenentlassung erhalten.

Es ist wichtig zu betonen, dass ein gutes Vollzugsverhalten allein nicht automatisch zu einer vorzeitigen Entlassung führt. Es ist jedoch ein wesentlicher Faktor, der die Erfolgsaussichten deutlich erhöhen kann. Inhaftierte sollten daher die Zeit im Vollzug aktiv nutzen, um an sich zu arbeiten und ihre Resozialisierungschancen zu verbessern.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Halbstrafenentlassung: Dies bezeichnet die vorzeitige Entlassung eines Strafgefangenen aus der Haft nach Verbüßung der Hälfte seiner Freiheitsstrafe. Es handelt sich um ein zentrales Instrument des Strafvollzugs zur Resozialisierung. Die Voraussetzungen hierfür sind in § 57 StGB geregelt und beinhalten u.a. eine positive Legalprognose und das Vorliegen „besonderer Umstände“.
  • Besondere Umstände: Liegt die Mindestverbüßungsdauer für eine Halbstrafenentlassung vor, ist gem. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zusätzlich zu prüfen, ob „besondere Umstände“ eine Aussetzung des Strafrests rechtfertigen. Dies erfordert eine Gesamtabwägung der Straftat, der Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung im Vollzug. Je länger die Freiheitsstrafe, desto höher sind die Anforderungen an das Vorliegen besonderer Umstände.
  • Antragssperrfrist: Nach § 57 Abs. 7 StGB können die Gerichte eine Frist festlegen, innerhalb derer weitere Anträge auf Haftaussetzung unzulässig sind. Dies soll wiederholte Anträge ohne neue Gesichtspunkte verhindern und dem Vollzug Planungssicherheit geben. Die Frist darf nur so lange bemessen sein, wie keine positive Veränderung der Prognose zu erwarten ist.
  • Legalprognose: Bei der vorzeitigen Entlassung ist stets zu prüfen, ob der Verurteilte keine neuen Straftaten mehr begehen wird (positive Legalprognose). Dies basiert auf Faktoren wie Persönlichkeit, Motivation, sozialer Einbindung und dem Vollzugsverhalten. Eine ungünstige Legalprognose schließt eine vorzeitige Entlassung aus.
  • Reststrafenaussetzung: Dies bezeichnet die Aussetzung des noch zu verbüßenden Rests einer Freiheitsstrafe zur Bewährung nach Erreichen bestimmter Voraussetzungen. Ab dem Zwei-Drittel-Zeitpunkt sind die Anforderungen dafür niedriger als bei der Halbstrafenaussetzung gemäß § 57 Abs. 1 StGB.
  • Amnestieregelung: Bestimmte Gesetze wie das KCanG können Amnestieregeln für Straftaten vorsehen, die nach der Gesetzesänderung nicht mehr strafbar sind. Verurteilte mit entsprechenden Strafen profitieren dann von einem gesetzlich geregelten Straferlass oder Strafnachlass.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB (Besondere Umstände bei Halbstrafenentlassung): Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafe, wenn besondere Umstände vorliegen. Im konkreten Fall wurde geprüft, ob die Gesetzesänderung durch das KCanG einen solchen besonderen Umstand darstellt, was jedoch verneint wurde.
  • § 454 Abs. 3 S. 1 StPO (Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde): Dieser Paragraph legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung im Strafvollzug zulässig ist. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde des Verurteilten als zulässig, aber unbegründet angesehen.
  • § 57 Abs. 7 StGB (Antragssperrfrist): Dieser Paragraph erlaubt es, eine Sperrfrist zu verhängen, innerhalb derer ein erneuter Antrag auf vorzeitige Haftentlassung unzulässig ist. Im konkreten Fall wurde die Sperrfrist von 6 auf 3 Monate verkürzt.
  • § 311 Abs. 2 StPO (Beschwerdefrist): Dieser Paragraph regelt die Frist, innerhalb derer eine Beschwerde eingelegt werden muss. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde fristgerecht eingereicht.
  • KCanG (Cannabisgesetz): Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Cannabis und hat Auswirkungen auf die Strafbarkeit von Cannabisdelikten. Im konkreten Fall wurde geprüft, ob das neue Gesetz rückwirkend auf bereits verhängte Strafen angewendet werden kann, was jedoch verneint wurde.

Das vorliegende Urteil

OLG Celle – Az.: 2 Ws 137/24 – Beschluss vom 12.06.2024

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 3. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hannover vom 8. Mai 2024 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die dort festgesetzte Antragssperrfrist auf 3 Monate verkürzt wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Verurteilte zu tragen.

Gründe

I.

Der Verurteilte verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten aus einer Verurteilung durch das Landgericht Bückeburg vom 11. April 2022 wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Die Hälfte der gegen den Verurteilten verhängten Freiheitsstrafe war am 7. März 2024 verbüßt; der Ablauf von 2/3 der Strafe ist auf den 4. Februar 2025 notiert.

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Die Strafvollstreckungskammer hat die Vollstreckung des Restes der gegen den Verurteilten verhängten Freiheitsstrafe nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und nach mündlicher Anhörung des Verurteilten mit Beschluss vom 8. Mai 2024 nicht zur Bewährung ausgesetzt; zugleich hat sie eine Frist von 6 Monaten festgesetzt, vor deren Ablauf ein erneuter Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit der sofortigen Beschwerde.

Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat in ihrer Zuschrift vom 5. Juni 2024 beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die nach § 454 Abs. 3 S. 1 StPO statthafte und unter Wahrung der Frist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber ganz überwiegend nicht begründet.

Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:

1.) Entgegen der Begründung der Beschwerde war die Strafvollstreckungskammer nicht gehalten, eine mündliche Anhörung des Sachverständigen durchzuführen, nachdem der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft hierauf verzichtet hatten. Zwar kann auch bei Vorliegen der Voraussetzungen gem. § 454 Abs. 2 S. 4 StPO eine mündliche Anhörung des Sachverständigen geboten sein; dies gilt jedoch nur dann, wenn von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen eine weitere Sachaufklärung zu erwarten ist, etwa weil das Gericht von der sachverständigen Wertung abweichen will oder das schriftliche Gutachten auf der Grundlage eines zeitlich länger zurückliegenden Sachstandes erstattet wurde (KG Berlin, Beschluss vom 6. März 2020 – 5 Ws 32/20 –, juris). Hiervon kann vorliegend keine Rede sein, denn die Strafvollstreckungskammer hat sich den überzeugenden Ausführungen des erst am 13. April 2024 erstatteten Gutachtens angeschlossen.

2.) Die Kammer hat in den mit bemerkenswerter Sorgfalt abgefassten Beschlussgründen zwar eine positive Sozial- und Legalprognose des Verurteilten angenommen, aber zugleich die gem. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB für eine Entlassung zum Halbstrafen-Zeitpunkt erforderlichen besonderen Umstände auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Tat, der Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung im Strafvollzug in jeder Hinsicht zutreffend verneint.

Insoweit hat die Strafvollstreckungskammer u.a. ausgeführt:

„Folgende Punkte kann der Verurteilte hingegen nicht zu seinen Gunsten im Rahmen der anzustellenden Gesamtabwägung und zur Begründung besonderer Umstände im Sinne von § 57 Absatz 2 Nummer 2 Strafgesetzbuch fruchtbar machen:

Der Umstand, dass am 01.04.2024 das KCanG in Kraft getreten ist, und sich somit der Strafrahmen in Bezug auf die Anlasstat des bandenmäßigen Handeltreibens mit Cannabis (zuvor Betäubungsmitteln) von zuvor nicht unter fünf Jahren bis 15 Jahren (§§ 1 Absatz 1, 3 Absatz 1, 30a Absatz 1 BtMG) auf nicht unter zwei Jahren bis 15 Jahren (§§ 2 Absatz 1 Nummer 4, 34 Absatz 1 Nummer 4, Absatz 4 Nummer 3 KCanG) abgemildert hat, kann im Rahmen der Beurteilung im Sinne von § 57 Absatz 2 Nummer 2 Strafgesetzbuch keine Berücksichtigung finden. Denn hierfür besteht keine gesetzliche Grundlage. So hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung des CanG die Auswirkungen und Neufassung des KCanG auf noch nicht vollständig vollstreckte Freiheitsstrafen, die ausschließlich auf den strafbewehrten Umgang mit Cannabis zurückgehen, in Bezug auf die Frage der vorzeitigen Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung im Sinne von § 57 Strafgesetzbuch unbeantwortet gelassen und keine Regelung getroffen. Insofern gibt der Wortlaut des Gesetzes sowie auch eine historische Auslegung keinen Anhaltspunkt. Nach der Systematik des Gesetzes hat der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich mit der Regelung des Artikel 316p Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass im Rahmen der Vollstreckung von Strafen, die auf den strafbewehrten Umgang mit Cannabis zurückzuführen sind, lediglich diejenigen Personen von der Amnestieregelung und einem etwaigen Straferlass nach Artikel 313 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch profitieren können und sollen, gegen die vor dem 01.04.2024 Strafen nach dem Betäubungsmittelgesetz verhängt worden sind, die nach dem KCanG nicht mehr strafbar sind. Dies ist beim Verurteilten nicht der Fall. Dementsprechend verbleibt es für den Verurteilten bei der Anlassverurteilung mit der gegen ihn verhängten Strafe und Strafhöhe, sodass er sich an dieser für die Frage der Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung messen lassen muss. Dieser Auslegung steht auch nicht der Zweck des CanG entgegen, welches darauf abzielt, zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen, die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention zu stärken, den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz zu stärken (Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – Drucksache 20/8704 vom 09.10.2023, Seite 1).

Des Weiteren kann der Verurteilte besondere Umstände nicht auf die lange Dauer der Untersuchungshaft stützen, die auf den Zeitraum zwischen der Verkündung der Anlassverurteilung vom 11.04.2022 und der Rechtskraft des Urteils vom 19.04.2023 entfällt. Denn der Verurteilte hatte es selbst in der Hand, sein insofern eingelegtes (erfolgloses) Rechtsmittel zu steuern. Es stellt keinen besonderen Grund dar, wenn der Verurteilte wie hier allein durch die Wahrnehmung seiner prozessualen Rechte eine längere Zeit Untersuchungshaft in Kauf nimmt, anstatt im Rahmen der für ihn ansonsten möglichen und früheren Strafhaft bereits an seiner Resozialisierung sowie an den Vollzugszielen zu arbeiten. Ansonsten könnte sich der Verurteilte allein durch Rechtsmitteleinlegungen besondere Gründe im Sinne von § 57 Absatz 2 Nummer 2 Strafgesetzbuch schaffen. Dies entspricht jedoch nicht dem Normzweck.“

Diesen überzeugenden Ausführungen tritt der Senat bei.

3.) Schließlich ist auch die Anordnung einer Sperrfrist gemäß § 57 Abs. 7 StGB grundsätzlich nicht zu beanstanden, denn die Vorschrift soll dazu dienen, nutzlose und die Arbeit der Strafvollstreckungskammer unnötig belastende Wiederholungen von Aussetzungsanträgen zu verhindern und nach Ablehnung einer Strafaussetzung den weiteren ungestörten und kontinuierlichen Vollzug der Strafe zu gewährleisten (Hubrach in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 57 StGB, Rn. 65). Eine Sperrfrist darf indes nach ständiger Rechtsprechung nur für die Zeit festgesetzt werden, in der eine für den Verurteilten positive Veränderung der Täterprognose nicht zu erwarten ist (KG Berlin, Beschluss vom 26. Mai 2021 – 5 Ws 88/21 –, juris).

Hieran gemessen erscheint die von der Strafvollstreckungskammer angeordnete gesetzliche Höchstfrist nicht angezeigt. Zwar weist das Landgericht zutreffend darauf hin, dass je weiter sich die zu verbüßende Freiheitsstrafe von der Zwei-Jahres-Grenze des § 57 Abs. 2 Nr. 1 StGB entfernt, sich der zu beurteilende Sachverhalt von vergleichbaren Durchschnittsfällen umso mehr positiv abheben muss, damit besondere Umstände im Sinne von § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB bejaht werden können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. Oktober 2020 – 2 Ws 181/20 -, BeckRS 2020, 43633 Rn. 7 m.w.N.; OLG München, Beschluss vom 08. März 2016 – 3 Ws 140/16 -, NStZ 2016, 677, 678 m.w.N.). Die Anforderungen an die „Besonderheit“ der Umstände nimmt jedoch zwischen dem Halbstrafen- und dem Zwei-Drittel-Zeitpunkt im Sinne des § 57 Abs. 1 ab (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 9. Februar 2023 – III-3 Ws 21/23 –, juris; Fischer, StGB, 71. Auflage 2024, § 57 Rn. 29a). Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der von der Strafvollstreckungskammer im angefochtenen Beschluss zutreffend aufgezeigten positiven Entwicklung des Verurteilten im Vollzug erscheint es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass besondere Umstände i.S.v. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB bereits nach Ablauf von drei Monaten nach Erlass des angefochtenen Beschlusses zu bejahen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Die Verkürzung der Antragssperrfrist stellt lediglich einen unwesentlichen Teilerfolg dar und begründet keine anderweitige Entscheidung.

Gegen diesen Beschluss ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).

 


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