Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Kammergericht Berlin bestätigt: Auch kurze Sprints können illegale Rennen sein
- Der Vorfall: Ein spontanes Beschleunigungsduell an der Ampel
- Rasante Beschleunigung auf kurzer Strecke
- Die Argumente der Verteidigung in der Revision
- Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin
- Bedeutung des Urteils für Betroffene und die Rechtspraxis
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau macht ein Beschleunigungsduell zu einem illegalen Kraftfahrzeugrennen?
- Welche Strafen drohen bei Teilnahme an einem illegalen Kraftfahrzeugrennen?
- Kann auch ein kurzes Beschleunigen an einer Ampel als illegales Rennen gewertet werden?
- Wie kann ich mich gegen den Vorwurf eines illegalen Kraftfahrzeugrennens verteidigen?
- Was passiert, wenn mein Führerschein wegen eines illegalen Rennens entzogen wird?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: (3) 121 Ss 45/22 (16/22) | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: KG Berlin (Kammergericht Berlin)
- Aktenzeichen: (3) 121 Ss 45/22 (16/22)
- Verfahrensart: Revisionsverfahren (Strafsache)
- Rechtsbereiche: Strafprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Generalstaatsanwaltschaft: Argumentierte, dass die Rüge der Verteidigung unbegründet ist.
- Revision (Verteidigung): Richtete eine Beschwerde (Revision) gegen ein früheres Urteil und rügte, dass das Gericht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt habe (Aufklärungsrüge), basierend auf einem Gutachten zu Reifenabrieb.
Worum ging es in dem Fall?
- Kern des Rechtsstreits: Musste das vorherige Gericht aufgrund eines vorgelegten Gutachtens weitere Untersuchungen anstellen (z.B. zu Gummigeruch durch Reifenabrieb bei modernen Autos), obwohl das Gutachten vage formuliert war und die Verteidigung keinen konkreten Beweisantrag gestellt hatte?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Aufklärungsrüge der Verteidigung wurde zurückgewiesen (hatte keinen Erfolg).
- Begründung: Das Gericht war nicht zu weiterer Aufklärung verpflichtet. Die vorgelegten Gutachter-Aussagen waren zu unverbindlich und hypothetisch formuliert. Zudem hätte die Verteidigung einen Beweisantrag stellen müssen, wenn sie genauere Klärung gewünscht hätte. Die Revision hatte zudem die Aussagen des Gutachtens verkürzt und ungenau wiedergegeben.
Der Fall vor Gericht
Kammergericht Berlin bestätigt: Auch kurze Sprints können illegale Rennen sein
Das Kammergericht Berlin hat in einer jüngsten Entscheidung klargestellt, dass auch sehr kurze Beschleunigungsduelle zwischen Autofahrern als verbotene Kraftfahrzeugrennen im Sinne des Strafgesetzbuches gelten können.

Damit wurde die Verurteilung eines Fahrers durch eine Vorinstanz bestätigt, der sich über eine Distanz von nur 50 Metern ein Beschleunigungsrennen geliefert hatte. Das Urteil (Az.: (3) 121 Ss 45/22 (16/22)) hat weitreichende Bedeutung für die Auslegung des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB.
Der Vorfall: Ein spontanes Beschleunigungsduell an der Ampel
Das Amtsgericht hatte zuvor festgestellt, dass der Angeklagte und ein weiterer Fahrer an einer roten Ampel nebeneinander hielten. Sie verabredeten sich spontan dazu, die Beschleunigungsfähigkeiten ihrer leistungsstarken Fahrzeuge zu messen. Als die Ampel auf Grün sprang, beschleunigten beide Fahrer gleichzeitig extrem stark. Dies geschah unter lautem Motorenlärm und mit quietschenden Reifen, wie Zeugen berichteten.
Rasante Beschleunigung auf kurzer Strecke
Innerhalb einer sehr kurzen Fahrstrecke von lediglich 50 Metern erreichte der Angeklagte bereits eine Geschwindigkeit von mindestens 58 km/h. Sein Kontrahent setzte die Beschleunigung fort. Der Angeklagte hingegen brach das Rennen ab, als er einen Polizeiwagen bemerkte, der sich mit Blaulicht und Martinshorn näherte. Diese Feststellungen bildeten die Grundlage für die Verurteilung durch das Amtsgericht.
Die Argumente der Verteidigung in der Revision
Der verurteilte Fahrer legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Revision beim Kammergericht ein. Seine Verteidigung führte im Wesentlichen zwei Argumentationslinien an. Zum einen wurde eine sogenannte Aufklärungsrüge erhoben. Man bezweifelte die Feststellungen zu quietschenden Reifen und Gummiabrieb und legte dazu ein privates Kurzgutachten vor.
Technische Zweifel und die Aufklärungsrüge
Das Gutachten äußerte die Vermutung, moderne Fahrzeuge verfügten über Systeme, die durchdrehende Räder verhinderten. Zudem sei bei den herrschenden Temperaturen die Entstehung von wahrnehmbarem Reifengummi-Geruch unwahrscheinlich. Die Verteidigung argumentierte, das Amtsgericht hätte diesen technischen Aspekten durch weitere Beweiserhebungen nachgehen müssen, was es versäumt habe.
Rechtliche Zweifel: Ist eine 50-Meter-Distanz ein „Rennen“?
Zum anderen legte die Verteidigung eine Sachrüge ein. Sie argumentierte, die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen erfüllten nicht den Tatbestand eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens nach § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB. Insbesondere die extrem kurze Distanz von nur 50 Metern sei nicht ausreichend, um von einem „Rennen“ im juristischen Sinne sprechen zu können.
Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin
Das Kammergericht Berlin wies die Revision des Angeklagten jedoch vollumfänglich zurück und bestätigte damit das Urteil des Amtsgerichts. Die Richter sahen weder die Aufklärungsrüge noch die Sachrüge als begründet an. Die Verurteilung wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen hatte somit Bestand.
Ablehnung der Aufklärungsrüge: Gutachten zu vage
Die Rüge bezüglich der unterbliebenen Aufklärung ließ das Kammergericht nicht gelten. Das vorgelegte Kurzgutachten sei zu unverbindlich und hypothetisch formuliert gewesen („dürften grundsätzlich“, „vermutlich“). Solch vage Aussagen hätten dem Amtsgericht keine Veranlassung geben müssen, Von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen oder Sachverständige zu beauftragen.
Fehlende Initiative der Verteidigung
Das Gericht betonte zudem, dass die Verteidigung selbst keine konkreten Beweisanträge gestellt oder auch nur formlos auf eine weitere Klärung der technischen Fragen (quietschende Reifen, Gummigeruch) gedrängt hatte. Wenn aber nicht einmal die Verteidigung Anlass zur Vertiefung sieht, könne sich dem Gericht die Notwendigkeit weiterer Aufklärung in der Regel nicht aufdrängen.
Bestätigung der Sachrüge: Rennen auch auf Kurzdistanz möglich
Auch die rechtliche Bewertung des Amtsgerichts hielt der Überprüfung durch das Kammergericht stand. Die Richter definierten ein Kraftfahrzeugrennen als einen Wettbewerb zwischen mindestens zwei Fahrern, bei dem es darum geht, eine höhere Geschwindigkeit oder Beschleunigung als der Gegner zu erreichen. Dies könne über die Höchstgeschwindigkeit, Durchschnittsgeschwindigkeit oder eben die beste Beschleunigung geschehen.
Wortlaut und Zweck des Gesetzes entscheidend
Das Kammergericht stellte klar: Auch die mit 50 Meter recht kurze Renndistanz steht einer Würdigung des Geschehens als Kraftfahrzeugrennen nicht entgegen. Aus dem Wortlaut des § 315d StGB ergebe sich keine Mindestdistanz. Gerade das Messen des Beschleunigungspotenzials, wie im vorliegenden Fall vereinbart, erfordere keine langen Strecken.
Abstraktes Gefährdungsdelikt greift auch bei kurzen Rennen
Entscheidend sei der Zweck der Vorschrift: § 315d StGB ist als sogenanntes Abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet. Das bedeutet, die Strafbarkeit knüpft bereits an die Handlung selbst an, weil illegale Rennen generell eine hohe Gefahr des Kontrollverlusts bergen und damit andere Verkehrsteilnehmer erheblich gefährden. Diese Gefahr bestehe auch bei sehr kurzen Beschleunigungsrennen.
Bedeutung des Urteils für Betroffene und die Rechtspraxis
Dieses Urteil des Kammergerichts Berlin hat eine wichtige Signalwirkung. Es stellt unmissverständlich klar, dass der Straftatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens nicht an eine bestimmte Mindestlänge der gefahrenen Strecke geknüpft ist.
Für Autofahrer bedeutet dies: Auch spontane „Ampelstarts“ oder kurze Beschleunigungsduelle über wenige Meter können als strafbares illegales Rennen gewertet werden. Der Versuch, die Beschleunigungsleistung des eigenen Fahrzeugs im Wettbewerb mit anderen auf öffentlicher Straße zu testen, ist riskant und kann empfindliche Strafen nach sich ziehen.
Die Entscheidung stärkt zudem die Position von Polizei und Staatsanwaltschaften bei der Verfolgung solcher Delikte. Sie bestätigt, dass der Fokus auf dem Wettbewerbscharakter und der damit verbundenen Gefährdung liegt, nicht auf der Dauer oder Distanz des Rennens. Die abstrakte Gefahr, die von solchen Aktionen ausgeht, rechtfertigt die Strafbarkeit.
Letztlich unterstreicht das Urteil den Willen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung, rücksichtsloses und gefährliches Imponiergehabe im Straßenverkehr konsequent zu ahnden, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu schützen. Fahrer hochmotorisierter Fahrzeuge sollten sich bewusst sein, dass bereits ein kurzer Sprint strafrechtliche Konsequenzen haben kann.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des KG Berlin verdeutlicht, dass auch sehr kurze Autorennen von nur 50 Metern den Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens nach § 315d StGB erfüllen können, da insbesondere bei Beschleunigungsrennen mit hochmotorisierten Fahrzeugen keine lange Strecke erforderlich ist. Die Gefährlichkeit solcher Rennen liegt in der Ablenkung des Fahrers durch den Wettbewerb und dem Risiko des Kontrollverlusts beim starken Beschleunigen. Begleitende Verkehrsverstöße wie überhöhte Geschwindigkeit und vermeidbare Lärmbelästigung (quietschende Reifen, laute Motorengeräusche) unterstreichen den Unrechtsgehalt der Tat und die damit verbundene abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer.
Benötigen Sie Hilfe?
Konsequenzen für kurze Beschleunigungsduelle – was Betroffene wissen sollten
Bereits kurze, spontane Beschleunigungsduelle im Straßenverkehr können als illegale Kraftfahrzeugrennen gewertet werden. Wer sich versehentlich oder aus Leichtsinn auf ein solches „Rennen“ einlässt, sieht sich schnell mit erheblichen strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert. Betroffene stehen oft vor der Frage, welche Handlungsspielräume ihnen nach einer polizeilichen Aufnahme oder einem Strafverfahren bleiben.
In solchen Situationen unterstützen wir bei der rechtlichen Einordnung des Vorwurfs und prüfen die Möglichkeiten einer sachgerechten Verteidigung. Unsere Erfahrung mit den Anforderungen und Besonderheiten im Bereich verbotener Kraftfahrzeugrennen sorgt für eine fundierte Analyse und strukturierte Begleitung durch das Verfahren.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau macht ein Beschleunigungsduell zu einem illegalen Kraftfahrzeugrennen?
Ein kurzes Beschleunigungsduell, wie zum Beispiel ein schneller Start an der Ampel gegen ein anderes Fahrzeug, kann rechtlich als verbotenes Kraftfahrzeugrennen gewertet werden. Entscheidend sind dabei nicht unbedingt die gefahrene Strecke oder eine vorherige Absprache.
Der entscheidende Punkt: Der Wettbewerb
Das Gesetz stellt auf den Wettbewerbscharakter der Fahrsituation ab. Das bedeutet: Wenn mindestens zwei Fahrer bewusst gegeneinander antreten, um herauszufinden, wer schneller beschleunigt oder eine höhere Geschwindigkeit erreicht, liegt ein Rennen im Sinne des Gesetzes vor.
- Es kommt auf den Willen an: Mindestens zwei Fahrzeugführer müssen mit dem Willen handeln, die eigene Leistung (Beschleunigung, Geschwindigkeit) mit der des anderen zu messen.
- Keine Absprache nötig: Eine ausdrückliche Verabredung zum Rennen ist nicht erforderlich. Auch ein spontanes Kräftemessen, das sich zum Beispiel durch Blickkontakt, gegenseitiges Hochdrehen des Motors oder gleichzeitiges extremes Beschleunigen bei Grün ergibt, kann ausreichen. Man spricht hier von einem Rennen, das durch schlüssiges Verhalten entsteht.
- Kurze Strecke genügt: Ein Rennen muss keine lange Distanz umfassen. Bereits das Beschleunigen über eine sehr kurze Strecke, wie von einer Ampel bis zur nächsten Kreuzung, kann den Tatbestand erfüllen.
Geschwindigkeit und Regeln sind nicht alles
Obwohl bei solchen Aktionen oft die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wird, ist das nicht die alleinige Voraussetzung für ein illegales Rennen.
- Maximales Beschleunigen zählt: Auch wenn die erlaubte Geschwindigkeit vielleicht nur kurz oder gar nicht überschritten wird, kann das bewusste Ausreizen der maximalen Beschleunigungsfähigkeit des Fahrzeugs im Wettbewerb mit einem anderen als Rennen gelten.
- Es geht um das „Schnellersein“: Im Vordergrund steht der Vergleich der Leistung und das Ziel, den Kontrahenten hinter sich zu lassen oder die höchstmögliche Geschwindigkeit in der konkreten Situation zu erreichen.
Warum ist das überhaupt relevant?
Solche Beschleunigungsduelle werden vom Gesetzgeber als gefährlich eingestuft, da sie andere Verkehrsteilnehmer erheblich gefährden können. Das Strafgesetzbuch (§ 315d StGB) stellt deshalb bereits die Teilnahme an oder Durchführung eines solchen nicht erlaubten Rennens unter Strafe, selbst wenn (noch) niemand konkret zu Schaden kommt. Es geht darum, die abstrakte Gefahr, die von einem solchen Verhalten im Straßenverkehr ausgeht, zu unterbinden. Ein solches Verhalten wird nicht als bloße Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat verfolgt.
Welche Strafen drohen bei Teilnahme an einem illegalen Kraftfahrzeugrennen?
Die Teilnahme an einem illegalen Kraftfahrzeugrennen, auch über kurze Strecken, ist eine Straftat und wird nicht nur als einfache Ordnungswidrigkeit behandelt. Das Gesetz sieht hierfür empfindliche Strafen und Konsequenzen vor.
Geld- und Freiheitsstrafen
Wer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt, es ausrichtet oder durchführt, muss mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen.
Die Strafen können jedoch deutlich höher ausfallen, wenn durch das Rennen andere Menschen konkret gefährdet werden oder sogar zu Schaden kommen:
- Bei Gefährdung von Leib oder Leben anderer oder von fremden Sachen von bedeutendem Wert (z.B. einem anderen Auto) droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Selbst wenn die Gefährdung nur fahrlässig verursacht wird, ist eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe möglich.
- Wird jemand durch das Rennen schwer verletzt oder getötet, sieht das Gesetz Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor.
Weitere schwerwiegende Folgen
Zusätzlich zur Geld- oder Freiheitsstrafe drohen weitere Konsequenzen, die oft als besonders einschneidend empfunden werden:
- Entziehung der Fahrerlaubnis: In der Regel wird das Gericht die Fahrerlaubnis entziehen. Das bedeutet, der Führerschein ist weg und darf für eine vom Gericht festgelegte Sperrfrist (oft viele Monate oder Jahre) nicht neu erteilt werden. Häufig ist die Wiedererteilung an eine bestandene medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) geknüpft.
- Punkte in Flensburg: Für die Teilnahme an einem illegalen Rennen werden 3 Punkte im Fahreignungsregister eingetragen.
- Einziehung des Fahrzeugs: Das für das Rennen verwendete Fahrzeug kann eingezogen werden. Das bedeutet, dass Sie das Eigentum an Ihrem Auto dauerhaft verlieren können, unabhängig davon, wem es gehört. Das Gericht entscheidet darüber im Einzelfall.
Wovon hängt die konkrete Strafe ab?
Die genaue Höhe der Strafe legt das Gericht im jeweiligen Einzelfall fest. Dabei werden verschiedene Umstände berücksichtigt. Wichtige Faktoren sind zum Beispiel:
- Kam es zu einer konkreten Gefährdung anderer Personen?
- Wurden Personen verletzt oder getötet?
- Wie hoch war die gefahrene Geschwindigkeit?
- War das Verhalten besonders rücksichtslos?
- Gab es bereits frühere Verkehrsverstöße oder Vorstrafen?
- Wie hat sich die Person nach der Tat verhalten?
Auch kurze, spontane Beschleunigungsrennen über eine geringe Distanz, wie sie manchmal an Ampeln stattfinden, können als illegales Kraftfahrzeugrennen gewertet werden und die genannten Konsequenzen nach sich ziehen.
Kann auch ein kurzes Beschleunigen an einer Ampel als illegales Rennen gewertet werden?
Ja, auch ein sehr kurzes, starkes Beschleunigen nach dem Anfahren an einer Ampel kann unter bestimmten Umständen als verbotenes Kraftfahrzeugrennen gewertet werden.
Das Gesetz (§ 315d Strafgesetzbuch) definiert keine Mindeststrecke oder Mindestdauer für ein Rennen. Entscheidend ist nicht, wie lange oder wie weit gefahren wird. Es kommt vielmehr auf den Charakter des Fahrmanövers und die Absicht der Beteiligten an.
Worauf achten Gerichte bei der Bewertung?
Gerichte prüfen verschiedene Faktoren, um zu entscheiden, ob ein kurzes Beschleunigen ein illegales Rennen darstellt:
- Die Absicht: Wollten die Fahrerinnen oder Fahrer gegeneinander antreten und ausloten, wer schneller beschleunigt? Ging es darum, die höchstmögliche Beschleunigung oder Geschwindigkeit auf kurzer Strecke zu erreichen, auch wenn nur ein Fahrzeug beteiligt war (sogenanntes „Alleinrennen“)? Ein spontaner Entschluss an der Ampel reicht hierfür aus.
- Das Fahrverhalten: Ein besonders starkes, ruckartiges Beschleunigen, das deutlich über das normale Anfahren hinausgeht (oft mit quietschenden Reifen oder aufheulendem Motor), ist ein starkes Indiz. Die erreichte Geschwindigkeit im Verhältnis zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit und zur Verkehrssituation spielt ebenfalls eine Rolle.
- Der Wettbewerbscharakter: Gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Fahrer miteinander messen wollten? Das kann sich zum Beispiel durch Blickkontakt, Handzeichen oder die Positionierung der Fahrzeuge nebeneinander an der Ampel ergeben. Auch wenn nur ein Fahrer extrem beschleunigt, kann dies unter Umständen als Rennen (gegen sich selbst bzw. zur Erzielung der Maximalgeschwindigkeit) gewertet werden.
- Die Gefährdung: Obwohl für die reine Teilnahme an einem Rennen nicht zwingend eine konkrete Gefährdung anderer nachgewiesen werden muss, wird das Gericht prüfen, ob das Fahrverhalten rücksichtslos war und potenziell andere Verkehrsteilnehmer gefährden konnte. Eine tatsächliche Gefährdung oder gar Schädigung führt zu einer höheren Strafe.
Es ist also ein Irrglaube, dass nur lange Verfolgungsjagden oder organisierte Treffen als illegale Rennen gelten. Bereits ein kurzer „Ampelstart“ oder „Kavalierstart“ kann, wenn die entsprechenden Merkmale vorliegen, ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dazu gehören hohe Geldstrafen, der Entzug der Fahrerlaubnis und unter Umständen sogar eine Freiheitsstrafe.
Wie kann ich mich gegen den Vorwurf eines illegalen Kraftfahrzeugrennens verteidigen?
Wenn Ihnen ein illegales Kraftfahrzeugrennen vorgeworfen wird, gibt es verschiedene Ansatzpunkte für eine Verteidigung. Die Erfolgsaussichten hängen jedoch immer stark von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Die Staatsanwaltschaft muss Ihnen die Tat nachweisen. Hier sind einige allgemeine Aspekte, die im Rahmen einer Verteidigung relevant sein können:
Überprüfung der Beweise
Ein zentraler Punkt ist die genaue Prüfung der Beweismittel, die gegen Sie verwendet werden sollen.
- Zeugenaussagen: Sind die Aussagen von Zeugen widersprüchlich oder ungenau? Gab es Umstände, die die Wahrnehmung der Zeugen beeinträchtigt haben könnten (z.B. Dunkelheit, Entfernung, Stresssituation)? Die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen kann hinterfragt werden.
- Messungen: Wurden Geschwindigkeitsmessungen oder Abstandsmessungen korrekt durchgeführt? Waren die Messgeräte geeicht und wurden sie vorschriftsgemäß bedient? Fehler bei der Messung oder der Dokumentation können die Verwertbarkeit der Ergebnisse in Frage stellen.
- Videoaufnahmen: Lassen die Aufnahmen eindeutige Rückschlüsse auf ein Rennen zu oder gibt es andere Interpretationsmöglichkeiten? Ist die Qualität ausreichend?
Fehlender Renncharakter oder Vorsatz
Der Vorwurf eines illegalen Kraftfahrzeugrennens nach § 315d Strafgesetzbuch (StGB) setzt bestimmte Merkmale voraus, die möglicherweise nicht erfüllt sind.
- Kein Wettbewerb (§ 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB): Für ein Rennen zwischen mindestens zwei Fahrzeugen muss ein Wettbewerbscharakter vorliegen, also das Messen von Geschwindigkeiten über eine gewisse Strecke. Es kann argumentiert werden, dass ein solcher Wettbewerb nicht stattgefunden hat. Vielleicht gab es keine Absprache, es war nur ein zufälliges, kurzes Nebeneinanderfahren oder eine Reaktion auf das Verhalten eines anderen Fahrers ohne Rennabsicht. Allein hohe Geschwindigkeit oder gleichzeitiges Beschleunigen beweist noch kein Rennen.
- Keine Absicht zur Höchstgeschwindigkeit (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB – „Alleinraser“): Wenn Ihnen vorgeworfen wird, alleine „gerast“ zu sein, muss nachgewiesen werden, dass Sie sich grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt haben, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Möglicherweise lässt sich argumentieren, dass diese Absicht nicht vorlag, sondern das Beschleunigen einen anderen Grund hatte oder nur von kurzer Dauer war und die Geschwindigkeit nicht maximal ausgereizt werden sollte. Auch muss das Verhalten objektiv und subjektiv rücksichtslos gewesen sein.
Verfahrensfehler und weitere Aspekte
Auch das Vorgehen der Behörden kann Fehler aufweisen, die für die Verteidigung relevant sind.
- Fehler im Verfahren: Gab es Fehler bei der Belehrung über Ihre Rechte, bei einer Durchsuchung oder bei anderen Ermittlungsmaßnahmen? Solche Fehler können unter Umständen dazu führen, dass Beweise nicht verwendet werden dürfen.
- Sachverständigengutachten: In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, ein eigenes Gutachten einzuholen, zum Beispiel ein unfallanalytisches Gutachten, um den Hergang eines Geschehens zu klären, oder ein technisches Gutachten, um Messungen anzufechten.
- Akteneinsicht: Für eine effektive Verteidigung ist die genaue Kenntnis der Ermittlungsakte entscheidend. Diese enthält alle Beweismittel, Zeugenaussagen und den detaillierten Tatvorwurf. Erst auf Basis der vollständigen Akte kann die Situation umfassend bewertet und eine passende Verteidigungsstrategie entwickelt werden.
Die Verteidigung gegen den Vorwurf eines illegalen Kraftfahrzeugrennens ist komplex. Welche Argumente und Beweismittel im konkreten Fall am erfolgversprechendsten sind, muss individuell geprüft werden.
Was passiert, wenn mein Führerschein wegen eines illegalen Rennens entzogen wird?
Wird Ihnen die Fahrerlaubnis wegen der Teilnahme an einem illegalen Kraftfahrzeugrennen entzogen, bedeutet das mehr als nur ein vorübergehendes Fahrverbot. Der Entzug der Fahrerlaubnis heißt, dass Ihre grundsätzliche Erlaubnis, Kraftfahrzeuge zu führen, erloschen ist. Sie bekommen den Führerschein also nicht automatisch zurück.
Gleichzeitig wird eine Sperrfrist verhängt. Diese Frist, die in der Regel zwischen sechs Monaten und fünf Jahren liegt (in Ausnahmefällen auch länger oder lebenslang), legt fest, wie lange Sie warten müssen, bevor Sie überhaupt eine neue Fahrerlaubnis beantragen dürfen. Während dieser Sperrfrist ist das Führen von Kraftfahrzeugen, für die eine Fahrerlaubnis erforderlich ist, strengstens verboten.
Der Weg zurück zum Führerschein
Nach Ablauf der Sperrfrist erhalten Sie Ihre Fahrerlaubnis nicht automatisch zurück. Sie müssen bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis stellen.
Im Rahmen dieses Antrags prüft die Behörde, ob Sie wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sind. Da illegale Rennen als besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung gelten und erhebliche Zweifel an der Fahreignung begründen, wird in aller Regel die Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) erfolgen.
- Die MPU ist eine Begutachtung Ihrer Fahreignung durch eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle. Sie besteht aus einem medizinischen Teil, einem psychologischen Gespräch und Leistungstests. Ziel ist es festzustellen, ob Sie die körperlichen, geistigen und charakterlichen Voraussetzungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs erfüllen und ob nicht zu erwarten ist, dass Sie erneut gegen Verkehrsvorschriften verstoßen werden. Das Bestehen der MPU ist eine Voraussetzung für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis.
- Je nach Dauer des Entzugs und den Umständen des Einzelfalls kann die Behörde zusätzlich zur MPU auch das erneute Ablegen der theoretischen und praktischen Fahrprüfung verlangen. Dies soll sicherstellen, dass Sie noch über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zum sicheren Führen eines Fahrzeugs verfügen.
Führerschein im EU-Ausland erworben?
Manchmal kommt die Frage auf, ob man während der deutschen Sperrfrist einfach einen Führerschein in einem anderen EU-Land erwerben kann. Hier ist Vorsicht geboten: Ein im EU-Ausland erworbener Führerschein wird in Deutschland grundsätzlich nicht anerkannt, wenn er erworben wurde, während in Deutschland eine Sperrfrist lief oder die Fahrerlaubnis entzogen war.
Zudem gilt das sogenannte Wohnsitzprinzip: Ein EU-Führerschein ist in der Regel nur dann gültig bzw. muss von anderen EU-Staaten anerkannt werden, wenn er in dem Land erworben wurde, in dem die Person ihren ordentlichen Wohnsitz hatte (mindestens 185 Tage im Jahr). Der Versuch, eine deutsche Sperrfrist durch einen im Ausland erworbenen Führerschein zu umgehen, führt daher in der Regel nicht zum Erfolg und kann als Fahren ohne Fahrerlaubnis gewertet werden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Revision
Die Revision ist ein Rechtsmittel gegen ein Gerichtsurteil, bei dem eine höhere Instanz (hier das Kammergericht) prüft, ob das vorherige Gericht (hier das Amtsgericht) das Recht richtig angewendet hat. Es geht also primär um Rechtsfehler oder Verfahrensfehler, nicht um eine neue Bewertung der Beweise oder Feststellung von Tatsachen. Die Überprüfung erfolgt auf Grundlage der Akten der Vorinstanz und der Begründung der Revision. Nur wenn solche Fehler vorliegen, kann das Urteil aufgehoben werden.
Aufklärungsrüge
Die Aufklärungsrüge ist ein spezieller Grund, der im Rahmen einer Revision vorgebracht werden kann. Damit macht der Angeklagte geltend, dass das Gericht seine Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts verletzt hat (§ 244 Abs. 2 StPO – Strafprozessordnung). Im konkreten Fall meinte die Verteidigung, das Amtsgericht hätte den Zweifeln an quietschenden Reifen und Gummigeruch (z. B. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens) nachgehen müssen, auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag. Das Kammergericht wies dies zurück, weil das vorgelegte Privatgutachten zu vage war und die Verteidigung selbst keine weiteren Ermittlungen angestoßen hatte.
Sachrüge
Die Sachrüge ist ebenfalls ein Grund für eine Revision, konzentriert sich aber auf Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts. Anders als bei der Aufklärungsrüge geht es nicht um die Sachverhaltsermittlung, sondern darum, ob das Gericht die festgestellten Tatsachen rechtlich korrekt bewertet hat. Im vorliegenden Fall argumentierte die Verteidigung mit der Sachrüge, dass die vom Amtsgericht festgestellte kurze Beschleunigungsfahrt über 50 Meter rechtlich nicht als „Rennen“ im Sinne des § 315d StGB zu werten sei. Das Kammergericht verneinte dies und bestätigte die Rechtsauffassung des Amtsgerichts.
Von Amts wegen
Dieser Grundsatz bedeutet, dass ein Gericht oder eine Behörde aus eigener Initiative, also aufgrund seiner dienstlichen Pflicht, tätig werden muss, ohne dass es eines Antrags der Beteiligten bedarf. Im Strafprozess bedeutet dies, dass das Gericht grundsätzlich verpflichtet ist, den Sachverhalt selbstständig aufzuklären (Amtsermittlungsgrundsatz, § 244 Abs. 2 StPO). Im Text bezieht sich dies darauf, dass das Amtsgericht nach Ansicht des Kammergerichts nicht verpflichtet war, von sich aus weitere Beweise zu den Reifen zu erheben, da die Anhaltspunkte dafür (das Privatgutachten) zu vage waren und die Verteidigung keine Anträge stellte.
Beispiel: Wenn dem Gericht im Prozess Ungereimtheiten auffallen, muss es diesen von Amts wegen nachgehen, auch wenn keine Seite dies beantragt.
Abstraktes Gefährdungsdelikt
Ein abstraktes Gefährdungsdelikt ist eine Straftat, bei der bereits das Verhalten als solches unter Strafe gestellt wird, weil es typischerweise gefährlich ist. Es muss im konkreten Fall nicht nachgewiesen werden, dass tatsächlich eine Person oder Sache gefährdet oder geschädigt wurde. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Handlung generell eine nicht hinnehmbare Gefahr für Rechtsgüter (z.B. Leben, Gesundheit, Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer) darstellt. Im Text wird § 315d StGB (Verbotene Kraftfahrzeugrennen) als solches Delikt eingestuft, weshalb auch ein kurzes Rennen strafbar ist – die abstrakte Gefahr reicht aus.
Beispiel: Auch das Fahren unter starkem Alkoholeinfluss (§ 316 StGB) ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt; man wird bestraft, auch wenn man niemanden konkret gefährdet hat, weil die Handlung an sich als zu gefährlich gilt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB (Verbotene Kraftfahrzeugrennen): Dieser Paragraph stellt das Ausrichten oder Durchführen eines nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennens unter Strafe, wenn es als Wettbewerb mit mindestens zwei Kraftfahrzeugen zur Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ausgetragen wird. Das Gesetz schützt die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr vor gefährlichen Wettbewerbsfahrten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Angeklagte wurde gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB verurteilt, weil das Gericht sein Verhalten als Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen einstufte, bei dem er sich mit einem anderen Fahrer ein Beschleunigungsrennen lieferte.
- Definition des Kraftfahrzeugrennens im Sinne des § 315d StGB: Ein Kraftfahrzeugrennen ist ein Wettbewerb, bei dem es darum geht, mit mindestens zwei Fahrzeugen eine höhere Geschwindigkeit oder eine schnellere Beschleunigung als der oder die anderen Teilnehmer zu erreichen. Entscheidend ist das Wettbewerbselement und das Streben nach Geschwindigkeit, unabhängig von der Länge der Strecke. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht betont, dass auch eine kurze Strecke von 50 Metern als ausreichend für ein Kraftfahrzeugrennen angesehen werden kann, wenn die Teilnehmer, wie hier, ihre Beschleunigungspotentiale messen und sich ein Kräftemessen liefern.
- Sachrüge im Strafprozess: Die Sachrüge ist ein Rechtsmittel im Strafprozess, mit dem die korrekte Anwendung des materiellen Rechts durch das Gericht angegriffen wird. Sie zielt darauf ab, Fehler in der Rechtsanwendung aufzudecken, beispielsweise eine falsche Auslegung oder Anwendung eines Gesetzes auf den konkreten Sachverhalt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Angeklagte erhob eine Sachrüge, um zu argumentieren, dass das Amtsgericht das Gesetz (§ 315d StGB) falsch angewendet habe. Das Gericht wies die Sachrüge jedoch zurück und bestätigte die rechtliche Bewertung des Amtsgerichts.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Autofahrerinnen und Autofahrer zum Thema Verbotene Kraftfahrzeugrennen
Mal eben an der Ampel zeigen, wer schneller ist? Oder kurz mit einem anderen Auto messen, wer stärker beschleunigt? Solche spontanen Aktionen können ernste rechtliche Konsequenzen haben.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Auch kurze Sprints können strafbar sein
Verstehen Sie, dass der Straftatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d StGB) keine lange Rennstrecke oder hohe Endgeschwindigkeiten voraussetzt. Wie das Kammergericht Berlin bestätigt hat, kann bereits ein kurzes Beschleunigungsduell über wenige Meter (im Fall: 50 Meter) ausreichen, um als illegales Rennen gewertet zu werden. Entscheidend ist der Wettbewerbscharakter, also das Austragen eines Geschwindigkeitsvergleichs im Straßenverkehr.
⚠️ ACHTUNG: Verlassen Sie sich nicht darauf, dass eine kurze Distanz oder eine niedrige Geschwindigkeit Sie vor einer Strafe schützt. Die Gerichte bewerten das Gesamtverhalten.
Tipp 2: „Rennen“ ist weiter gefasst als oft gedacht
Ein strafbares Rennen liegt nicht nur bei organisierten oder abgesprochenen Veranstaltungen vor. Auch ganz spontane Beschleunigungsduelle, etwa beim Anfahren an einer Ampel oder das Kräftemessen auf gerader Strecke, können darunterfallen. Ebenso kann es strafbar sein, allein zu versuchen, die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen („Alleinraser“).
Tipp 3: Es kommt auf den Wettbewerb an
Strafbar ist das „Austragen“ eines Rennens. Das bedeutet, es muss subjektiv darum gehen, wer schneller beschleunigt, eine höhere Geschwindigkeit erreicht oder wer als Erster an einem bestimmten Punkt ist. Selbst wenn Sie nur kurz „testen“ wollen, wer das stärkere Fahrzeug hat, kann dies von Polizei und Staatsanwaltschaft als illegales Rennen interpretiert werden.
Tipp 4: Hohe Strafen drohen
Die Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen ist kein Kavaliersdelikt. Es drohen empfindliche Strafen:
- Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (bei Gefährdung anderer bis zu fünf Jahre).
- Entziehung der Fahrerlaubnis (Regelfall).
- Punkte in Flensburg.
- Möglicherweise die Einziehung des beteiligten Fahrzeugs.
⚠️ ACHTUNG: Die Einziehung des Fahrzeugs kann auch den Halter treffen, selbst wenn er nicht der Fahrer war, sofern er das Rennen zumindest leichtfertig ermöglicht hat.
Tipp 5: Beweisführung kann schwierig, aber möglich sein
Auch wenn kurze Duelle schwer zu beobachten sind, können Gerichte Verurteilungen auf Zeugenaussagen (Polizei, Passanten), Motorengeräusche, Videoaufzeichnungen (Dashcams, Überwachungskameras) oder technische Spuren stützen. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Ihnen niemand etwas nachweisen kann. Im Zweifel sollten Sie auf jegliches Verhalten verzichten, das als Renncharakter missverstanden werden könnte.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
- Grob rücksichtsloses Verhalten: Neben dem reinen Renncharakter ist oft auch das Merkmal der groben Verkehrswidrigkeit und Rücksichtslosigkeit relevant, um sich oder andere zu gefährden. Dies kann die Strafbarkeit erhöhen.
- Teilnahme vs. Veranstalten: Nicht nur die Fahrer machen sich strafbar, auch das Veranstalten oder Durchführen solcher Rennen ist ein eigener Straftatbestand.
- Beifahrer: Auch Beifahrer können sich unter Umständen wegen Beihilfe strafbar machen, wenn sie den Fahrer aktiv anstacheln oder unterstützen.
✅ Checkliste: Illegales Kraftfahrzeugrennen vermeiden
- [ ] Verzichten Sie auf jegliche Form von spontanen Beschleunigungsduellen im Straßenverkehr.
- [ ] Fordern Sie andere Fahrer nicht durch Gesten, Hupen oder Aufheulen des Motors heraus.
- [ ] Lassen Sie sich nicht auf Provokationen anderer Fahrer ein.
- [ ] Fahren Sie stets vorausschauend, angepasst und rücksichtsvoll – nicht mit dem Ziel, der Schnellste zu sein.
- [ ] Seien Sie sich bewusst, dass schon kurze „Tests“ der Fahrzeugleistung als Rennen gewertet werden können.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: (3) 121 Ss 45/22 (16/22) –
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