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Mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten bei Vertretung in einem Ermittlungsverfahren

Gebührenrechtliche Komplexität: Ein Urteil, das Licht ins Dunkel bringt

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda (Az.: 12 C 25/19) hat wichtige Fragen des Gebührenrechts beleuchtet und bietet wertvolle Erkenntnisse für Anwälte und Mandanten. Der Fall, der die Vertretung in einem Ermittlungsverfahren betrifft, zeigt die Komplexität der Gebührenabrechnung und die Bedeutung eines klaren Verständnisses für die Angelegenheiten, die ein Anwalt bearbeitet.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 12 C 25/19  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Urteil des AG Bad Liebenwerda (Az.: 12 C 25/19) bestätigt, dass in einem Ermittlungsverfahren mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten vorliegen können, je nachdem wie viele separate Tatvorwürfe und Tatzeiträume betroffen sind.

Wichtige Punkte des Urteils:

  • Kläger verlangt Rückzahlung: Der Kläger forderte vom Beklagten (seinem Rechtsanwalt) die Rückzahlung von Rechtsanwaltsvergütung.
  • Ursprung des Falles: 2012 leitete das Finanzamt ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen ein.
  • Erweiterung des Ermittlungsverfahrens: Das Finanzamt erweiterte das Ermittlungsverfahren mehrmals, wodurch verschiedene Tatvorwürfe und Tatzeiträume entstanden.
  • Gebührenabrechnung: Der Beklagte rechnete für jede vorgeworfene Handlung separat ab, was der Kläger als fehlerhaft ansah.
  • Gerichtsentscheidung: Das Gericht entschied, dass die verschiedenen Tatvorwürfe und Tatzeiträume jeweils als separate Angelegenheiten zu betrachten waren.
  • Definition von „Angelegenheit“: Der BGH definiert den Begriff „Angelegenheit“ als den Rahmen, in dem sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt.
  • Kein Kunstfehler: Das Gericht wies den Vorwurf des Klägers zurück, dass der Beklagte Kunstfehler begangen habe.
  • Endurteil: Die Klage wurde abgewiesen, und der Kläger musste die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Ein Fall aus der Praxis: Nichtabgabe von Steuererklärungen

Der Ursprung dieses Rechtsstreits liegt im Jahr 2012, als das Finanzamt gegen einen Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen der Nichtabgabe von Steuererklärungen einleitete. Der Kläger entschied sich zur Beauftragung eines Rechtsanwalts, um sich in diesem Verfahren vertreten zu lassen. Doch was als scheinbar einfache Angelegenheit begann, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem komplexen rechtlichen Dilemma.

Die Herausforderung der Gebührenabrechnung

Das zentrale Problem dieses Falles war die Abrechnung des Rechtsanwalts. Dieser stellte Gebühren für verschiedene vorgeworfene Handlungen in Rechnung, die vom Kläger angezweifelt wurden. Der Kläger argumentierte, dass es sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit handelte und somit die separate Abrechnung für jede Handlung nicht gerechtfertigt sei. Zusätzlich erhob er Vorwürfe gegen den Anwalt, dass dieser nicht ausreichend mit den Steuerberatern zusammengearbeitet habe und Kunstfehler begangen habe.

Die Gerichtsentscheidung: Klarheit im Gebührenrecht

Das Gericht hat in diesem Urteil eine klare Position bezogen. Es wurde festgestellt, dass die verschiedenen Tatvorwürfe und Tatzeiträume jeweils als separate Angelegenheiten zu betrachten waren. Der Bundesgerichtshof (BGH) definierte den Begriff „Angelegenheit“ als den Rahmen, in dem sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt. In diesem Fall gab es mehrere solcher Rahmen, da der Kläger für verschiedene Tatzeiträume und Vorwürfe separate Aufträge erteilte.

Die Rolle des Anwalts und Kunstfehlervorwürfe

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Falles war die Rolle des Anwalts. Der Kläger warf dem Beklagten Kunstfehler vor, doch das Gericht wies diese Vorwürfe zurück. Es wurde klargestellt, dass die Hauptaufgabe des Anwalts darin bestand, den Kläger rechtlich zu vertreten, nicht jedoch steuerliche Angelegenheiten zu klären.

Zukünftige Orientierungshilfe im Gebührenrecht

Dieses Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda bringt Klarheit in eine komplexe Angelegenheit. Es betont die Notwendigkeit, den genauen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die spezifischen Umstände jedes Falles zu berücksichtigen, bevor Entscheidungen über die Gebührenabrechnung getroffen werden. Anwälte und Mandanten sollten dieses Urteil als wertvolle Orientierungshilfe für ähnliche Fälle in der Zukunft nutzen.

Schlussfolgerung

Das Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda hat wichtige Fragen des Gebührenrechts aufgegriffen und bietet wertvolle Einblicke in die Komplexität der Gebührenabrechnung in der Anwaltstätigkeit. Es unterstreicht die Bedeutung eines klaren Verständnisses der anwaltlichen Tätigkeit und ihrer Abrechnung, um zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden.

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Was ist eine gebührenrechtliche Angelegenheit? – kurz erklärt


Unter einer „Angelegenheit“ im gebührenrechtlichen Sinne wird das gesamte Geschäft verstanden, das der Rechtsanwalt auftragsgemäß für seinen Auftraggeber besorgen soll. Dies wurde in einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1995 festgelegt. Der Inhalt des erteilten Auftrags ist dabei maßgebend. Eine Angelegenheit ist durch einen einheitlichen Auftrag über die Bearbeitung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes mit innerem Sachzusammenhang gegeben. Es können dabei durchaus mehrere Streitgegenstände vorliegen.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:


  • Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG): Das RVG regelt die Vergütung von Rechtsanwälten in Deutschland. In diesem Fall geht es um die Abrechnung des beklagten Anwalts und die Frage, ob die Abrechnung korrekt war, insbesondere im Hinblick auf die Definition einer „Angelegenheit“.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Dienstvertrag: §§ 611 und 614 BGB regeln den Dienstvertrag, insbesondere die Pflichten des Dienstleisters und des Dienstberechtigten. Hier geht es um die Frage, ob der beklagte Anwalt seine vertraglichen Pflichten erfüllt hat und ob der Kläger Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung hat.
  • Strafrecht: Das Strafrecht ist relevant, da es sich um ein Ermittlungsverfahren wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen handelt. Das Strafrecht definiert, was als Straftat gilt und welche Sanktionen dafür vorgesehen sind.
  • Steuerrecht: Das Steuerrecht regelt die steuerlichen Pflichten von Bürgern und Unternehmen. In diesem Fall geht es um die Nichtabgabe von Steuererklärungen durch den Kläger und die daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen.


Das vorliegende Urteil

AG Bad Liebenwerda-  Az.: 12 C 25/19 – Urteil vom 28.06.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert wird auf 3.455,05 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger verlangt vom Beklagten die Rückzahlung von Rechtsanwaltsvergütung.

Im Jahr 2012 leitete das Finanzamt … gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren unter dem Aktenzeichen … wegen der Nichtabgabe von Steuererklärungen ein. Der Kläger beauftragte den Beklagten mit seiner Vertretung im Ermittlungsverfahren. Der Beklagte zeigte am 03.12.2012 gegenüber dem Finanzamt seine Vertretung an. Der Kläger leistete an den Beklagten einen Vorschuss i.H.v. 4000 EUR.

Am 17.09.2013 eröffnete das Finanzamt dem Kläger die Erweiterung des Strafverfahrens wegen der Nichtabgabe der Steuererklärung für die Umsatzsteuer der Jahre 2010 und 2011 (Bl. 33 der Akte). Das Finanzamt legte den Tatzeitraum für 2 Handlungen fest vom 30.09.2011 bis zum 31.12.2012. Inzwischen arbeiteten die vom Kläger beauftragten Steuerberater der … in den Steuerangelegenheiten des Klägers (Bl. 31 – 32 der Akte).

Am 28.02.2014 zeigte das Finanzamt die Erweiterung des Ermittlungsverfahrens wegen Nichtabgabe der Steuererklärung für das 2009 an (Bl. 34 der Akte). Das Finanzamt bestimmte den Tatzeitraum für die Zeit vom 01.01.2011 bis 18.09.2013. Das Finanzamt versandte zu den in 3 Teilen geführten Ermittlungen jeweils gesonderte Anhörungsbögen. Am 12.03.2014 zeigte der Beklagte gegenüber dem Finanzamt seine Vertretung an.

Das Ermittlungsverfahren gegen die Ehefrau des Klägers endete mit einem Strafbefehl. In diesem Verfahren war sie durch Rechtsanwalt … vertreten. Dieser kündigte im Auftrag des Klägers am 10.11.2015 das Mandat zum Beklagten.

Am 26.10.2016 erstellte der Beklagte die Honorarrechnung (Bl. 19 der Akte). Darin nahm er die Abrechnung für 3 eigene Angelegenheiten vor. Für jede setzte er die Grundgebühr gemäß VV 4100 RVG, Verfahrensgebühr gemäß VV 4104 RVG, Terminsgebühr gemäß VV 4102 RVG, Post- und Telekommunikationspauschale, Fahrtkosten oder Abwesenheitsgeld zu getrennten Terminen nebst Umsatzsteuer an. Die Rechnung ergab einen Überschuss von 544,95 EUR. Diesen Betrag zahlte er dem Kläger zurück.

Das Ermittlungsverfahren führt jetzt beim Amtsgericht … als Strafbefehlsverfahren.

Am 05.09.2018 unterbreitete der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Beklagten einen Vergleichsvorschlag dahingehend, dass der Beklagte einen Betrag i.H.v.1.966,82 EUR an den Kläger zurückzahlt. In diesem Angebot setzte sich der Prozessbevollmächtigte mit der Gebührenrechnung auseinander (Bl. 21 – 22 der Akte). Das Angebot wies der Beklagte zurück.

Der Kläger meint, die Gebühren insgesamt zurückverlangen zu können. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, mit den Steuerberatern zu prüfen, welche steuerrechtlichen Verpflichtungen der Kläger gehabt habe. Die Erweiterung um die Steuerjahre 2008 und 2009 wäre vermeidbar gewesen, wenn der Beklagte bis dahin auf weitere notwendige Umsatzsteuererklärungen hingewirkt hätte.

Er ist der Ansicht, in der Tätigkeit des Beklagten habe ein Kunstfehler gelegen.

Der Kläger meint, die Abrechnung sei fehlerhaft. Der Beklagte könne nicht Gebühren für die einzelnen vorgeworfenen Handlungen dreimal in der Rechnung geltend machen. Es handele sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit, wie das Kammergericht am 18.01.2012 entschied (1 WS 2/12). Die mehrfach in Rechnung gestellten Verfahrensgebühren wären auch nicht angefallen, wenn der Beklagte für alle Veranlagungszeiträume eine Kompaktberatung vorgenommen hätte. Die Terminsgebühr könne der Beklagte nicht verlangen. Es fehle am konkreten Hinweis zum Gebührenansatz.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.455,05 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (21.12.2018) sowie 563,58 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit (04.06.2019) zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er meint, es lägen gebührenrechtlich getrennte Angelegenheiten vor. Dies ergebe sich daraus, dass in den 3 zu unterschiedlichen Zeiträumen versendeten Anhörungsbögen verschiedene Gegenstände, unterschiedliche Vorwürfe über die Nichtabgabe der Steuererklärung erhoben wurden. Es handele sich deshalb jeweils um einen eigenständigen Rechtsfall.

Der Kläger hat seine Behauptung, die Gebührenrechnung entspräche nicht den gesetzlichen Vorschriften nach dem RVG, unter den Beweisantrag eines Sachverständigengutachtens der Rechtsanwaltskammer gestellt.

Entscheidungsgründe

Die auf Rückzahlung der Vergütung aus dem Dienstvertrag der Parteien gerichtete Leistungsklage ist unbegründet.

Der Kläger kann die Vergütung vom Beklagten nicht zurückverlangen. Die Parteien schlossen einen Dienstvertrag, der den Kläger zur Zahlung der vereinbarten Vergütung und den Beklagten zur Erbringung der versprochenen Dienste verpflichtet gemäß § 611 BGB. Die Vergütung ist fällig mit Erbringung der Dienste gemäß 614 BGB oder Beendigung des Dienstverhältnisses. Mit Zahlung der Vergütung hier durch Abrechnung auf den Vorschuss, erfüllte der Kläger seine Zahlungspflicht. Das Schuldverhältnis der Parteien erlosch durch Erfüllung gemäß § 362 BGB.

Ein Rückzahlungsanspruch des Klägers bestünde allenfalls aus Verletzung der vertraglichen Pflichten als Ursache für die Entstehung eines Schadens gemäß §§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 611 BGB. Diese Pflichtverletzungen sind aber nicht ersichtlich, selbst wenn der Kläger die Tätigkeit des Beklagten als Kunstfehler bezeichnet. Der Beklagte war nach dem Gegenstand des Ermittlungsverfahrens mit der Vertretung des Klägers gegenüber der Ermittlungsbehörde zur Erbringung rechtsberatender Dienste verpflichtet. Rechtsberatende Dienste sind nicht denen eines Steuerberaters gleichzusetzen. Der Beklagte war unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, für die Erstellung der längst überfälligen Steuererklärungen zu sorgen. Das ist Hauptleistungspflicht und Inhalt eines Dienst-/Werkvertrages mit einem Steuerberater. Der Umfang der rechtsberatenden Dienste war vom Tatvorwurf begrenzt. Dieser bezog sich bei Beauftragung des Beklagten auf das Jahr 2008 und nach den Erweiterungen durch das Finanzamt auf die dort genannten anderen Tatzeiträume. Die getrennten Tatzeiträume, für die das Finanzamt nacheinander die Ermittlungen aufnahm führen dazu, die Tätigkeit des Beklagten gebührenrechtlich nicht als eine Angelegenheit zu betrachten.

Zum Begriff der Angelegenheit führt der BGH aus:

Die Angelegenheit bedeutet den Rahmen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt, wobei im Allgemeinen der dem Anwalt erteilte Auftrag entscheidet. Als Gegenstand wird das Recht oder Rechtsverhältnis angesehen, auf das sich auftragsgemäß die jeweilige anwaltliche Tätigkeit bezieht.

Allerdings relativiert der BGH diese Definition durch die Aussage, dass die Würdigung, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, vom jeweiligen Einzelfall abhängig und nicht einer generalisierenden Beurteilung zugänglich sind. So kann man wohl sagen, dass eine Angelegenheit dann vorliegt, wenn 3 Voraussetzungen erfüllt sind: Ein Auftrag, ein Rahmen der Tätigkeit, ein innerer Zusammenhang. Nur wenn diese 3 Voraussetzungen vorliegen, liegt eine Angelegenheit vor. Fehlt eine der Voraussetzungen, sind mehrere Angelegenheiten gegeben.

So verhält es sich hier. Der Kläger erteilte nicht einen Auftrag, sondern 3 in einem zeitlichen Abstand von mehreren Monaten verteilt auf einen Zeitraum von 14 Monaten. Jeder Tatvorwurf bezog sich auf einen eigenen Tatzeitraum, einen eigenen Tatentschluss des Klägers für den jeweiligen steuerpflichtigen Zeitraum und somit um jeweils eine eigene Tat. Es spielt keine Rolle, wie der strafrechtliche Vorwurf von der Strafverfolgungsbehörde behandelt wird. Grundsätzlich stellt daher jedes Ermittlungsverfahren einen Rechtsfall dar (Hamann, Kostengesetze, 37. Auflage VV 4100 Rn. 8, Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 16. Aufl. VV 4100 – 04.01.2005 Rn. 46). Das im Jahr 2012 eröffnete Ermittlungsverfahren erfuhr daher 2 eigenständige Erweiterungen. Gebührenrechtlich liegen damit 3 Rechtsfälle vor (Landgericht Hamburg, Beschluss vom 05.08.2008 – 622 QS 43/08). Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Kammergerichts Berlin findet auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Der Sachverhalt ist nicht vergleichbar. Dort schlug der Beschuldigte innerhalb weniger Minuten im Zustand verminderter oder aufgrund erhobener Schuldfähigkeit wahllos auf 3 Straßenpassanten ein und leistete gegenüber dem Polizeibeamten Widerstand. Die einzelnen aufgenommene Strafanzeigen behandelte derselbe Sachbearbeiter. Bei Würdigung des Einzelfalls, wie vom BGH verlangt, ist der vorliegende Rechtsstreit mit dem vom Kläger bemühten in keinster Weise zu vergleichen.

Damit ist für jeden Rechtsfall – jeder Tatvorwurf mit eigenem Tatzeitraum – in der Gebührenrechnung in nicht zu beanstandender Weise die Grundgebühr nach VV 4100, die Verfahrensgebühr nach VV 4104 und zu den jeweils dort genannten Terminen (03.12.2012 und 23.09.2013) die Terminsgebühr nach VV 4102 angefallen. Eines weiteren Hinweises des Beklagten für den Anfall der Terminsgebühr bedurfte es nicht, weil die hierzu notwendigen Angaben in der Rechnung vorhanden sind.

Dem Beweisantrag des Klägers, zur Behauptung, die Rechnung entspräche nicht den Vorschriften des RVG, ein Sachverständigengutachten der Rechtsanwaltskammer einzuholen, folgte das Gericht nicht. Der Kläger beanstandet nicht die Angemessenheit/Höhe der Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens nach VV 4100 bis VV 4104 Ermessen). Das Gericht hat über die Rechtsfrage der Angelegenheit im Sinne § 15 RVG zu entscheiden. Die Rechtsanwendung obliegt dem Gericht.

Die Klage unterlag somit der Abweisung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11 ZPO.

? FAQ zum Urteil


  • Was bedeutet „Mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten bei Vertretung in einem Ermittlungsverfahren“? Dies bezieht sich auf die rechtliche Frage, ob bei der Vertretung in einem Ermittlungsverfahren mehrere separate Gebühren anfallen können, je nachdem wie viele unterschiedliche rechtliche Angelegenheiten behandelt werden.
  • Was war das Ergebnis des Urteils AG Bad Liebenwerda- Az.: 12 C 25/19 vom 28.06.2019? Das Urteil besagte, dass die Klage abgewiesen wurde, der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat und das Urteil vorläufig vollstreckbar ist. Der Kläger kann die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden.
  • Warum wurde der Beklagte vom Kläger beauftragt? Der Kläger beauftragte den Beklagten mit seiner Vertretung in einem Ermittlungsverfahren, das vom Finanzamt wegen der Nichtabgabe von Steuererklärungen gegen ihn eingeleitet wurde.
  • Was war der Hauptstreitpunkt zwischen dem Kläger und dem Beklagten? Der Hauptstreitpunkt war die Gebührenrechnung des Beklagten. Der Kläger war der Meinung, dass die Abrechnung fehlerhaft sei und der Beklagte nicht Gebühren für die einzelnen vorgeworfenen Handlungen dreimal in der Rechnung geltend machen könne. Er argumentierte, dass es sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit handele.
  • Was entschied das Gericht bezüglich der Gebührenrechnung? Das Gericht entschied, dass gebührenrechtlich drei getrennte Angelegenheiten vorlagen, da die Ermittlungen zu unterschiedlichen Zeiträumen und für verschiedene Tatvorwürfe durchgeführt wurden. Daher war die Gebührenrechnung des Beklagten gerechtfertigt und die Klage wurde abgewiesen.

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