KG – Az.: 5 Ws 169/21 – Beschluss vom 26.08.2021
Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 7. Juni 2021 aufgehoben.
Das Verfahren über die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Januar 2021 wird in die Lage zurückversetzt, die vor dem Erlass des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 22. März 2021 bestand.
Der Beschluss vom 22. März 2021 ist gegenstandslos.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse Berlin.
Gründe
I.
Im Rahmen eines durch das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg geführten Steuerstrafverfahrens ordnete das Amtsgericht Hamburg – Ermittlungsrichter – mit Beschluss vom 14. September 2020 auf Antrag der vorgenannten Ermittlungsbehörde die Durchsuchung der unter der im Rubrum genannten Anschrift gelegenen Geschäfts-, Betriebs- und Nebenräume des in jenem Verfahren nichtverdächtigen Buchführungsführungshelfers xxxxxx xxxxxx gemäß §§ 103, 105 StPO an, da der in jenem Verfahren Beschuldigte angegeben hatte, die Buchführungsunterlagen seines Unternehmens befänden sich bei dem Durchsuchungsbetroffenen.
Im Rahmen der noch an demselben Tag vollzogenen Durchsuchung der unter der in dem Durchsuchungsbeschluss genannten Anschrift gelegenen Räume, bei denen es sich um die Wohnung des im hiesigen Verfahren Beschuldigten handelt, wurden zwei USB-Sticks, zwei externe Festplatten und ein Mini-PC aufgefunden und gemäß § 94 StPO zur Durchsicht nach § 110 StPO sichergestellt. Der hier Beschuldigte war von den die Durchsuchung durchführenden Beamten der Steuerfahndung nicht angetroffen worden und hatte auf deren auf der Mailbox seines Mobiltelefons hinterlassene Ankündigungen der bevorstehenden Durchsuchung nebst Rückrufbitten nicht reagiert, so dass etwa eine Stunde und vierzig Minuten nach dem ersten Versuch, ihn telefonisch zu erreichen, in seiner Abwesenheit mit der Durchsuchung begonnen wurde.
Nachdem sich der hier Beschuldigte am Folgetag mit den Beamten des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg telefonisch in Verbindung gesetzt hatte, übergab er am 16. September 2020 in einem von ihm in der xxxxx xxxx xxxx xxxx in xxxxx Berlin angemieteten Arbeitsraum eine Vielzahl von Ordnern mit Buchführungsunterlagen und einen Umschlag mit Belegen an Beamte des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen Berlin – Steuerfahndungsstelle –.
Ausweislich eines Vermerks des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg – Steuerfahndung – vom 23. September 2020 wurden „sämtliche EDV-Beweismittel“ – dabei handelte es sich offensichtlich um die bei der Durchsuchung sichergestellten Speichermedien und den Mini-PC – am 22. September 2020 der IT-Abteilung übergeben. Im Rahmen der physikalischen Sicherung der Daten eines der Datenträger (lfd. Nr. VI/4 – externe Festplatte Samsung) seien in einem Dateiordner vermeintlich „kinderpornografische Bilder“ festgestellt worden. Ein durchgeführter Abgleich mit einer Datenbank des Bundeskriminalamts habe bei einigen Dateien den Verdacht bestätigt. Die Behörde regte daraufhin die Sicherstellung der Datenträger durch die Berliner Strafverfolgungsbehörden an.
Die Staatsanwaltschaft Berlin beantragte daraufhin in dem nun gegen den Beschuldigten eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften bei dem Amtsgericht Tiergarten – Ermittlungsrichter – die Anordnung der Anschlussbeschlagnahme der sichergestellten Speichermedien und des Mini-PCs gemäß §§ 94, 98, 111b StPO.
Im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Tiergarten beantragte der Beschuldigte, den Antrag der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, und trug mittels Schriftsatz seines Verteidigers vom 8. Dezember 2020 vor, bezüglich der auf den sichergestellten Datenträgern vorhandenen Daten bestehe ein Beweisverwertungsverbot, welches sich einerseits aus der rechtswidrigen Überschreitung des Durchsuchungsbefehls des Amtsgerichts Hamburg vom 14. September 2020 und andererseits aus dem Ablauf der Durchsuchung, insbesondere daraus, dass nach der freiwilligen Herausgabe der Buchführungsunterlagen keine Veranlassung mehr bestanden habe, die Datenträger und IT-Systeme aus der Privatwohnung des Nichtverdächtigen zu beschlagnahmen und anschließend auch auszulesen, ergebe. Ihm hätte Gelegenheit zur Abwendung der Durchsuchung und Sicherstellung gegeben werden müssen. Mit Schriftsatz vom 8. Januar 2021, fehlerhaft datiert auf den 8. Dezember 2020, ergänzte und vertiefte der Beschuldigte unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 8. Dezember 2020 seinen diesbezüglichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgenannten Schriftsätze des Verteidigers des Beschuldigten Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 18. Januar 2021 ordnete das Amtsgericht Tiergarten – Ermittlungsrichter – die Anschlussbeschlagnahme der sichergestellten Datenträger und des Mini-PCs an.
Dagegen richtete sich die Beschwerde des Beschuldigten vom 1. Februar 2021, mit der er zugleich beantragte, der Staatsanwaltschaft die Auswertung der sichergestellten Datenträger zu untersagen, bis über die Beschwerde entschieden ist. Zur Begründung der Beschwerde verwies er auf den Schriftsatz seines Verteidigers vom 8. Januar 2021.
Nachdem das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen hatte, verwarf das Landgericht diese mit Beschluss vom 22. März 2021 und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Vollstreckung der Durchsuchung und die Anschlussbeschlagnahme seien rechtmäßig gewesen, ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Zufallsfunde liege nicht vor. Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg sei inhaltlich hinreichend bestimmt und die Sicherstellung von Datenträgern von diesem gedeckt gewesen, zumal es nicht abwegig sei, dass Buchführungsunterlagen digital gespeichert werden. Eine gezielte Suche nach Zufallsfunden sei nicht erfolgt. Die Abwendungsbefugnis des Beschwerdeführers sei nicht missachtet worden. Bei Abwesenheit bzw. Unerreichbarkeit des Betroffenen gebiete es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit lediglich, sich – wie vorliegend geschehen – um die Anwesenheit des Betroffenen zu bemühen; ein weiteres Zuwarten der Durchsuchungsbeamten sei nicht erforderlich gewesen.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 18. April 2021 beantragte der Beschuldigte nach § 33a StPO, den Beschluss des Landgerichts vom 22. März 2021 aufzuheben und der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Januar 2021 stattzugeben. Zudem beantragte er, der Staatsanwaltschaft Berlin zu untersagen, mit der Auswertung der sichergestellten Datenträger zu beginnen beziehungsweise fortzufahren, bis über die Anhörungsrüge entschieden ist. Zur Begründung führte er aus, das Landgericht habe sich inhaltlich nicht mit den mit der Beschwerde vorgetragenen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auseinandergesetzt. Die Beschlagnahme und Auswertung der Datenträger würden den Beschuldigten in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i V. m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie in seinem Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG verletzen. Aufgrund der besonderen Eingriffsintensität bei der Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in besonderem Maße zu prüfen, insbesondere Eingriffe in die Rechte Unverdächtiger seien unter diesem Gesichtspunkt in besonderer Weise rechtfertigungsbedürftig. Bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, in denen die Beschränkung auf den Ermittlungszweck der Datenträgerbeschlagnahme planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden seien, sei die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes geboten. Neben dem vertieften Vortrag zu der Eingrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses und der nicht gewährten Abwendungsmöglichkeit durch die Durchsuchungsbeamten macht er geltend, die beginnende Auswertung der sichergestellten Datenträger sei unverhältnismäßig gewesen, da sie nach der freiwilligen Herausgabe der Buchführungsunterlagen durch den Beschuldigten erfolgt sei, insbesondere die händische Durchsicht des Datenverzeichnisses „kazza-Daten/Bild“ und der erfolgte Abgleich mit einer Datenbank des BKA. Bei einer Berücksichtigung seines verfassungsrechtlichen Vorbringens hätte das Landgericht der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Januar 2021 stattgegeben, da die Datenträger wegen des Bestehens eines Beweisverwertungsverbots nicht der Beschlagnahme unterlägen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens nimmt der Senat auf den Schriftsatz vom 18. April 2021 Bezug.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 7. Juni 2021 hat das Landgericht den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs mit der Begründung als unzulässig verworfen, der Antragsteller habe keine entscheidungsrelevanten Umstände vorgetragen, zu denen ihm das rechtliche Gehör gänzlich versagt worden wäre. Wesentlicher Rechtsvortrag sei nicht übergangen worden, die Kammer habe seine Stellungnahme vom 8. Januar 2021 bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des vorgenannten Beschlusses Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschuldigte mit seiner am 23. Juni 2021 eingelegten Beschwerde, mit der er beantragt, das Verfahren unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 7. Juni 2021 in die Lage zurückzuversetzen, die vor der Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Januar 2021 bestand. Zudem beantragte er erneut, der Staatsanwaltschaft Berlin zu untersagen, mit der Auswertung der sichergestellten Datenträger zu beginnen bzw. fortzufahren, bis über die Beschwerde entschieden ist.
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das Landeskriminalamt mit Schreiben vom 29. Juni 2021 angewiesen, die Auswertung der Datenträger nicht durchzuführen bzw. zu unterbrechen, bis eine Entscheidung über die Beschwerde ergangen ist.
Die Strafkammer hat der Beschwerde gegen ihre Anhörungsrügeentscheidung vom 7. Juni 2021 nicht abgeholfen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Das Nachverfahren nach § 33a StPO unterteilt sich in zwei Abschnitte: die Nachholung des rechtlichen Gehörs oder die Ablehnung eines darauf gerichteten Antrages (Nachholungsverfahren) und die Überprüfung des Beschlusses, sofern das rechtliche Gehör nachträglich zu gewähren war (Überprüfungsverfahren). Der Beschwerde unterliegen (nur) im Nachholungsverfahren ergangene Entscheidungen, mit denen die Nachholung des rechtlichen Gehörs abgelehnt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 5 Ws 75/16 –, juris Rn. 14; KG, Beschluss vom 12. März 2007 – 4 Ws 23/07 –, juris Rn. 4), unabhängig davon, ob die Anhörungsrüge als unzulässig (etwa weil der Antrag unsubstantiiert, das Antragsrecht verwirkt oder die Beschwerde eröffnet sei) oder unbegründet (weil die Entscheidung nicht auf dem Fehler beruhe oder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht vorliege) zurückgewiesen worden ist (vgl. Senat, a. a. O.; KG, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 4 Ws 78/15 –, juris Rn. 5; Graalmann-Scheerer in Löwe/Rosenberg, StPO 27. Aufl., § 33a Rn. 27; a. A. OLG Celle, Beschluss vom 1. August 2012 – 1 Ws 290/12 –, juris Rn. 4 f. [Statthaftigkeit der Beschwerde nur bei Ablehnung des Antrags aus formellen Gründen]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 5. August 2011 – 3 Ws 530/11 –, juris Rn. 11 ff.; Maul in Karlsruher Kommentar, StPO 8. Aufl., § 33a Rn. 13 [vollständiger Ausschluss der Beschwerde]); denn diese Entscheidungen betreffen allein die verfahrensrechtliche Frage, ob das rechtliche Gehör nachzuholen ist (vgl. Senat, a. a. O.; Graalmann-Scheerer a. a. O.). Das Beschwerdeverfahren beschränkt sich folgerichtig auf die Prüfung, ob die Ablehnung der Durchführung des Nachverfahrens zu Recht ergangen ist (vgl. Senat, a. a. O.; KG, a. a. O.). Der Kontrolle durch das Beschwerdegericht entzogen sind dagegen die im Überprüfungsverfahren ergehenden Beschlüsse, das heißt die aufgrund des (im Nachholungsverfahren) nachträglich gewährten rechtlichen Gehörs getroffenen sachlichen Überprüfungsentscheidungen; denn § 33a StPO eröffnet keinen neuen Rechtszug zur Nachprüfung einer unanfechtbaren Sachentscheidung (vgl. Senat, a. a. O.; KG, a. a. O.; OLG Celle, a. a. O.; Graalmann-Scheerer, a. a. O., § 33a Rn. 26 m. w. N.; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 64. Aufl., § 33a Rn.10).
Danach ist die Beschwerde im vorliegenden Fall statthaft. Das Landgericht hat den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs mit dem angefochtenen Beschluss vom 7. Juni 2021 als unzulässig verworfen; eine erneute Sachprüfung hat nicht stattgefunden.
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die Nachholung des rechtlichen Gehörs zu Unrecht abgelehnt; denn der Erlass des Verwerfungsbeschlusses vom 22. März 2021 hat den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt.
a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben müssen oder können. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 1983 – 2 BvR 399/81 –, juris Rn. 11 m. w. N.). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (zum Ganzen vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. Juni 2015 – 2 BvR 433/15 –, juris Rn. 9; 17. Dezember 1998 – 2 BvR 1556/98 –, juris Rn. 10; 19. Mai 1992 – 1 BvR 986/91 –, juris Rn. 39). Die Gewährleistung des Art. 103 Abs. 1 GG beschränkt sich dabei nicht darauf, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern, sondern verbürgt dem Verfahrensbeteiligten auch das Recht, sich zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24. Februar 2009 – 1 BvR 182/09 –, juris Rn. 21).
Das Maß der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgenden Erörterungspflicht wird nicht nur durch die Bedeutung des Vortrags der Beteiligten für das Verfahren, sondern auch durch die Schwere eines zur Überprüfung gestellten Grundrechtseingriffs bestimmt (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 8. März 2004 – 2 BvR 27/04 –, juris Rn. 18; Senat, a. a. O., Rn. 18; Schmitt, a. a. O., § 34 Rn. 4). Danach wären hier Ausführungen geboten gewesen.
Der mit dem angegriffenen Beschluss des Landgerichts vom 22. März 2021 für rechtmäßig befundene Bestätigungsbeschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Januar 2021 trifft allenfalls für die sichergestellte externe Festplatte Samsung eine endgültige Beschlagnahmeanordnung im Sinne von § 98 Abs. 1 StPO, hinsichtlich der übrigen Speichermedien und des Mini-PCs handelt es sich um eine Bestätigung der vorläufigen Sicherstellung analog § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO, da im Wege der Durchsicht nach § 110 StPO erst ermittelt werden soll, ob auf den sichergestellten Geräten und Datenträgern Daten gespeichert sind, die als Beweismittel von Bedeutung sein können (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. September 2018 – 2 BvR 708/18 –, juris Rn. 22). Das Sichtungsverfahren gemäß § 110 StPO wird zwar noch der Durchsuchung zugerechnet, ist jedoch angesichts der fortdauernden Besitzentziehung in seiner Wirkung für den Betroffenen der Beschlagnahme angenähert. Die Beschlagnahme oder Maßnahmen nach § 110 StPO, die nur mittelbar aus der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume folgen, unterfallen dabei nicht mehr dem Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG, sondern sind, sofern – wie hier – Daten betroffen sind, am Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, a. a. O., Rn. 23; Beschluss vom 12. April 2005 – 2 BvR 1027/02 –, juris Rn. 80; Beschluss vom 16. Juni 2009 – 2 BvR 902/06 –, juris Rn. 51) zu messen, weil dieses Recht die Befugnis des Einzelnen gewährleistet, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. November 2019 – 2 BvR 31/19 –, juris Rn. 37).
Die gesetzliche Grundlage der Beschränkungen des Art. 2 Abs. 1 GG stellen die §§ 94 ff. StPO dar, die die Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern und den hierauf gespeicherten Daten als Beweisgegenstände im Strafverfahren erlauben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 2005, a. a. O., Rn. 98).
Insbesondere im Strafprozessrecht setzt jedoch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dem staatlichen Handeln Grenzen. Dabei muss der besonderen Eingriffsintensität der Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern und den darauf vorhandenen Daten Rechnung getragen werden. (vgl. BVerfG, a. a. O., Rn. 106).
b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist vorliegend eine Verletzung des rechtlichen Gehörs anzunehmen.
Die Beschlagnahme bzw. die Sicherstellung zum Zwecke der Durchsicht der bei dem Beschwerdeführer aufgefundenen Datenträger und der darauf befindlichen Daten greift in das Recht des Beschwerdeführers auf informationelle Selbstbestimmung ein.
Zwar hat das Landgericht in seinem Beschluss vom 22. März 2021 sich mit dem Beschwerdevortrag betreffend die Eingrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Hamburg und einer durch die Durchsuchungsbeamten am Ort der Durchsuchung einzuräumenden Möglichkeit der freiwilligen Herausgabe der Beweismittel auseinandergesetzt. Darüber hinaus hatte der Beschwerdeführer jedoch beanstandet, dass die bei dem im Ausgangsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung – von der Durchsuchung betroffenen – Nichtverdächtigen sichergestellten Datenträger im Rahmen einer physikalischen Sicherung einer – jedenfalls teilweisen – Sichtung der Daten zu einem Zeitpunkt unterzogen wurden, zu dem der Beschwerdeführer die in dem Durchsuchungsbeschluss aufgeführten Buchführungsunterlagen bereits freiwillig herausgegeben hatte. Die begonnene Durchsicht als Teil der Durchsuchung könnte zu diesem Zeitpunkt aufgrund der zuvor erfolgten freiwilligen Herausgabe der Buchführungsunterlagen als möglicherweise unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf informationelle Selbstbestimmung nicht mehr zulässig gewesen sein und ein Verwertungsverbot nach sich gezogen haben.
Der Beschluss des Landgerichts vom 22. März 2021 setzt sich damit nicht auseinander, obwohl sich dies im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz der Maßnahme geradezu aufdrängte.
Das Schweigen des Beschlusses vom 22. März 2021 zu einem der Kernpunkte der Beschwerdebegründung lässt – gerade auch in Anbetracht der Grundrechtsrelevanz der Sicherstellung von Datenträgern im Rahmen einer Durchsuchung bei einem Nichtverdächtigen – auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen. Soweit das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers nach dem Rechtsstandpunkt der Strafkammer unbeachtlich gewesen sein sollte, hätte es im konkreten Fall jedenfalls einer kurzen, für den Beschwerdeführer nachvollziehbaren Darlegung der Rechtsauffassung der Kammer bedurft, um die Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen zu dokumentieren. Der bloße – formelhafte – Satz, es liege kein Verwertungsverbot hinsichtlich der Zufallsfunde vor, genügt hierfür nicht.
c) Die Verletzung rechtlichen Gehörs ist auch nicht im Anhörungsrügeverfahren geheilt worden (zur Heilung von Gehörsverletzungen im Anhörungsrügeverfahren vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. Mai 2014 – 2 BvR 683/12 –, juris Rn. 20; KG, a. a. O., Rn. 15). Der angefochtene Beschluss vom 7. Juni 2021 führt lediglich aus, der Beschwerdeführer habe keine entscheidungserheblichen Umstände vorgetragen, zu denen ihm das rechtliche Gehör gänzlich versagt worden wäre, die Kammer habe wesentlichen Rechtsvortrag nicht übergangen und die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 8. Januar 2021 bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt.
3. Da die Voraussetzungen des § 33a Satz 1 StPO erfüllt sind, war der den Antrag nach § 33a StPO verwerfende Beschluss vom 7. Juni 2021 aufzuheben und das Verfahren über die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. Januar 2021 in die Lage vor dem Erlass des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 22. März 2021 zurückzuversetzen. Dieser Beschluss war für gegenstandslos zu erklären. Das Nachholungsverfahren gemäß § 33a Satz 1 StPO entspricht in seiner Wirkung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. BT-Drucks. 15/3706 S. 18). Da deren Gewährung die davon betroffene gerichtliche Entscheidung gegenstandslos werden lässt (vgl. Schmitt, a.a.O., § 44 Rn. 25), muss Gleiches bei der Zurückversetzung auf eine erfolgreiche Anhörungsrüge gelten (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 23. November 2005 – 1 Ws 431/05 –, juris Rn. 20; Senat, a. a. O., Rn. 28; KG, a. a. O., Rn. 16).
4. Von einer Anordnung der vorläufigen Aussetzung der Auswertung der sichergestellten Datenträger gemäß §§ 33a Satz 2, 47 Abs. 2 StPO hat der Senat nach pflichtgemäßem Ermessen abgesehen, da die Staatsanwaltschaft das Landeskriminalamt mit Schreiben vom 29. Juni 2021 angewiesen hat, eine Auswertung der sichergestellten Datenträger bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens nicht durchzuführen bzw. zu unterbrechen. Anhaltspunkte dafür, dass das Landeskriminalamt dieser Anweisung zuwiderhandeln könnte, sind nicht ersichtlich.
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass aus der bloßen Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung nicht ohne Weiteres ein Beweisverwertungsverbot folgt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27. April 2000 – 2 BvR 1990/96 –, juris, Rn. 8; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 2. Juli 2009 – 2 BvR 2225/08 –, juris, Rn. 15 m. w. N.). Dem Strafverfahrensrecht ist ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd. Die Frage des Vorliegens eines Verwertungsverbots ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Insbesondere das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers kann danach ein Verwertungsverbot nach sich ziehen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28. Juli 2008 – 2 BvR 784/08 –, juris, Rn. 9 m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 2009 a. a. O., Rn. 16 m. w. N.). Diese Grundsätze gelten auch für die Verwertung von Zufallsfunden i. S. d. § 108 StPO (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 2. Juli 2009 a. a. O., Rn. 18 ff.; KG, Urteil vom 1. September 2008 – [4] 1 Ss 220/08 [136/08] – juris, Rn. 7 ff.).
III.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse Berlin, weil kein anderer für sie haftet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1960 – 3 StR 25/60 –, juris Rn. 8; Schmitt, a. a. O., § 464 Rn. 2, § 473 Rn. 2); die Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Beschuldigten, die hier zu treffen war (vgl. Schmitt, a. a. O., § 464 Rn. 11a m. w. N.), beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO (vgl. Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl., § 473 Rdn. 14).