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Nachtrunk – Sachverständigengutachten – Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage

Ein Autofahrer in Hannover, der mit 2,59 Promille am Steuer erwischt wurde, scheiterte mit dem Versuch, sich mit der „Nachtrunk-Lüge“ vor Gericht zu retten. Der Mann hatte behauptet, erst nach dem Fahren Alkohol konsumiert zu haben, doch das Landgericht Hannover glaubte ihm nicht und lehnte seinen Antrag auf einen Pflichtverteidiger ab. Zeugenaussagen und die Beweislage sprachen eine deutliche Sprache – für die Richter war der Fall klar genug.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Hannover
  • Datum: 05.09.2023
  • Aktenzeichen: 63 Qs 38/23
  • Verfahrensart: Strafverfahren
  • Rechtsbereiche: Strafrecht, Straßenverkehrsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Angeklagter: Dem Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft Hannover fahrlässige Trunkenheit im Verkehr vorgeworfen. Er beantragte die Bestellung eines Pflichtverteidigers wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, insbesondere bedingt durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bezüglich des behaupteten Nachtrunks.
  • Staatsanwaltschaft Hannover: Vertrat die Anklage der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr und beantragte die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Angeklagte wurde beschuldigt, am 09.10.2022 in betrunkenem Zustand ein Fahrzeug geführt zu haben. Mit einem Blutalkoholwert von mindestens 2,59 Promille soll er nicht mehr fahrtüchtig gewesen sein. Der Angeklagte bestritt, das Fahrzeug während der Fahrt unter Alkoholeinfluss geführt zu haben und verwies auf Nachtrunk.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage eine Pflichtverteidigung notwendig macht, insbesondere wegen der Einbeziehung eines Sachverständigengutachtens.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf einen Pflichtverteidiger durch das Amtsgericht Hannover wurde als unbegründet zurückgewiesen.
  • Begründung: Es wurde festgestellt, dass keine der Voraussetzungen für eine notwendige Verteidigung vorlagen. Eine schwierige Sachlage im Sinne des § 140 Abs. 2 StPO liegt nicht allein wegen der Hinzuziehung eines Sachverständigen vor. Da keine außergewöhnliche Schwierigkeit in der Beweisaufnahme oder der Beurteilung der Rechtslage vorlag, war die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht gerechtfertigt.
  • Folgen: Der Angeklagte muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Die Entscheidung zeigt, dass die bloße Einbeziehung eines Sachverständigen nicht automatisch eine Pflichtverteidigung rechtfertigt, wenn die Sach- und Rechtslage nicht ausreichend komplex ist. Weitere Rechtsmittel gegen diesen Beschluss sind nicht zulässig.

Herausforderungen bei Nachtrunken: Gutachten als Schlüssel zur Rechtsklarheit

Im Bereich des Zivil- und Strafrechts kann die Frage eines Nachtrunks erhebliche rechtliche Risiken mit sich bringen. Wenn ein Nachtrunk behauptet wird, sind oft Sachverständigengutachten erforderlich, um die Sachlage präzise zu bewerten. Die Erstellung solcher Gutachten ist ein komplexer Prozess, der eine fachliche Expertise erfordert, um die relevanten Beweismittel zu sichern und die ordnungsgemäße Beweissicherung sicherzustellen.

In rechtlichen Auseinandersetzungen hängt die Nachvollziehbarkeit von Ansprüchen oder Verteidigungen von der Qualität und Aussagekraft der gutachterlichen Stellungnahmen ab. Gerichtsgutachten sowie Expertenberichte spielen eine zentrale Rolle in der rechtlichen Bewertung und helfen bei der Konfliktlösung. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Aspekte anschaulich beleuchtet und die Herausforderungen im Gutachterverfahren analysiert.

Der Fall vor Gericht


Landgericht Hannover: Kein Anspruch auf Pflichtverteidiger bei Nachtrunk-Behauptung

Alkoholmessgerät zeigt 2,59 Promille bei Verkehrskontrolle an
(Symbolfoto: Flux gen.)

Das Landgericht Hannover hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung eines behaupteten Nachtrunks nicht automatisch einen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger begründet. Die Entscheidung erging im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Trunkenheit im Verkehr, bei dem der Angeklagte einen Blutalkoholwert von 2,59 Promille aufwies.

Vorfall und polizeiliche Ermittlungen

Am 9. Oktober 2022 wurde der Beschuldigte dabei beobachtet, wie er gegen 16:10 Uhr mit seinem Skoda in Schlangenlinien fuhr und mehrfach die Mittellinie überquerte. Zeugen alarmierten die Polizei, nachdem der Mann in seinem Fahrzeug eingeschlafen war. Die eintreffenden Beamten mussten den Fahrer wecken und führten einen Alkotest durch, der einen AAK-Wert von 2,77 Promille ergab. Nach Mitteilung dieses Wertes machte der Beschuldigte widersprüchliche Angaben: Zunächst gab er an, vor Fahrtantritt nur eine Dose Bier getrunken zu haben, dann bestritt er die Fahrt komplett und behauptete schließlich, erst nach seiner Ankunft im Fahrzeug getrunken zu haben. Als Beleg zeigte er den Beamten eine leere Flasche Jägermeister und vier leere Bierdosen.

Rechtliche Auseinandersetzung um Pflichtverteidigung

Der Verteidiger des Angeklagten beantragte die Beiordnung als Pflichtverteidiger mit der Begründung einer schwierigen Sach- und Rechtslage. Er verwies dabei besonders auf das einzuholende Sachverständigengutachten zur Nachtrunk-Behauptung und die Frage der Verwertbarkeit von Polizeiaussagen. Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab, woraufhin der Angeklagte Beschwerde einlegte.

Begründung des Landgerichts

Das Landgericht Hannover verwarf die Beschwerde und stellte klar, dass die bloße Beteiligung eines Sachverständigen keine ausreichend schwierige Sachlage im Sinne des § 140 Abs. 2 StPO darstellt. Die Richter betonten, dass die Beurteilung eines Nachtrunks aus rechtsmedizinischer Sicht auch für juristische Laien verständlich sei. Zudem lägen mit den Zeugenaussagen zur Schlangenlinienfahrt weitere gewichtige Beweismittel vor. Auch die Frage der Verwertbarkeit der polizeilichen Vernehmung sah das Gericht als unkritisch an, da der Beschuldigte trotz hoher Alkoholisierung zu zielgerichteten Äußerungen in der Lage war und Versuche unternahm, den Tatvorwurf zu entkräften.

Grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung

Das Gericht setzte sich in seiner Entscheidung auch mit der herrschenden Rechtsprechung auseinander, die bei Hinzuziehung eines Sachverständigen häufig eine Pflichtverteidigung bejaht. Die Hannoveraner Richter betonten dagegen die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung und verwiesen darauf, dass der Gesetzgeber die Sachverständigenbeteiligung bewusst nicht in den Katalog der Fälle notwendiger Verteidigung aufgenommen habe. Die fachliche Qualifikation und Untersuchungsmethoden von Sachverständigen bedürften nur in seltenen Ausnahmekonstellationen einer besonderen Überprüfung.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Landgericht Hannover stellt klar, dass die Beteiligung eines Sachverständigen zur Beurteilung eines behaupteten Nachtrunks allein keinen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger begründet. Die Beurteilung der Nachtrunk-Behauptung durch einen Rechtsmediziner wird als für juristische Laien verständlich eingestuft. Das Gericht setzt sich damit von der bisherigen Rechtsprechungspraxis ab, die bei Sachverständigenbeteiligung häufig eine Pflichtverteidigung bejaht, und fordert stattdessen eine Einzelfallprüfung.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie wegen Trunkenheit im Verkehr angeklagt sind und einen Nachtrunk behaupten, können Sie nicht automatisch mit der Bestellung eines Pflichtverteidigers rechnen – auch dann nicht, wenn ein Sachverständiger zur Beurteilung Ihrer Nachtrunk-Behauptung hinzugezogen wird. Das Gericht geht davon aus, dass Sie die Ergebnisse eines rechtsmedizinischen Gutachtens zur Alkoholisierung selbst verstehen können. Besonders wichtig für Sie: Wenn neben dem Gutachten weitere Beweise wie Zeugenaussagen zu Ihrer Fahrweise vorliegen, wird die Beiordnung eines Pflichtverteidigers noch unwahrscheinlicher. Dies bedeutet, dass Sie die Kosten für einen Verteidiger möglicherweise selbst tragen müssen.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist bei einer Verkehrskontrolle zu beachten, wenn man nach der Fahrt Alkohol getrunken hat?

Bei einer Verkehrskontrolle nach einem Nachtrunk müssen Sie nur Ihre Personalien und Fahrzeugpapiere vorzeigen. Auf Fragen zum Alkoholkonsum oder zum Zeitpunkt des Trinkens müssen Sie keine Antworten geben.

Verhalten bei der Kontrolle

Wenn die Polizei Sie zu einer Kontrolle herauswinkt, bleiben Sie im Fahrzeug sitzen und legen die Hände sichtbar aufs Lenkrad. Öffnen Sie das Fenster und schalten Sie bei Dunkelheit die Innenbeleuchtung ein.

Umgang mit Alkoholtests

Sie sind nicht verpflichtet, einen Atemalkoholtest durchzuführen. Die Polizei benötigt für eine Blutentnahme grundsätzlich einen richterlichen Beschluss. Zwischen dem letzten Trinken und einer eventuellen Alkoholkontrolle müssen mindestens 10 Minuten vergangen sein, damit die Messung gültig ist.

Dokumentation des Nachtrunks

Der Alkoholabbau beträgt zwischen 0,1 und 0,3 Promille pro Stunde. Für ein mögliches späteres Verfahren ist es wichtig, dass Sie keine Angaben zum Zeitpunkt des Alkoholkonsums machen. Eine Rückrechnung des Blutalkoholwertes wird nur möglich, wenn der genaue Trinkzeitpunkt bekannt ist.

Rechtliche Konsequenzen

Bei einem Verdacht auf Alkoholkonsum können die Beamten Sie zur Blutentnahme auf die Wache bringen. Die Blutentnahme darf nur von einem Arzt durchgeführt werden. Zwischen der Kontrolle und der Blutentnahme vergehen meist 1-2 Stunden.


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Wann benötige ich zwingend einen Pflichtverteidiger bei Trunkenheit im Verkehr?

Ein Pflichtverteidiger wird bei Trunkenheit im Verkehr zwingend beigeordnet, wenn die Schwere der Tat oder die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage dies erfordern.

Komplexe Sachverhalte

Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist insbesondere erforderlich, wenn folgende Aspekte zu prüfen sind:

  • Die Beurteilung der alkoholbedingten Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit
  • Die Prüfung der Vermeidbarkeit eines Unfalls bei alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit
  • Die Bewertung einer Nachtrunkbehauptung in Verbindung mit Blutproben und Begleitstoffanalysen

Besondere Fallkonstellationen

Ein Pflichtverteidiger wird auch bestellt, wenn die Beweislage besonders komplex ist, etwa bei der Überprüfung der relativen Fahruntüchtigkeit zwischen 0,3 und 1,09 Promille mit zusätzlichen Ausfallerscheinungen. Dies gilt besonders bei widersprüchlichen Zeugenaussagen oder komplexen medizinischen Gutachten.

Schwerwiegende Folgen

Die Notwendigkeit einer Pflichtverteidigung besteht zudem bei drohenden schwerwiegenden Konsequenzen:

  • Bei Gefahr einer Freiheitsstrafe
  • Bei einer möglichen Entziehung der Fahrerlaubnis mit existenzbedrohenden beruflichen Folgen
  • Bei Unfällen mit Personenschäden in Verbindung mit der Alkoholfahrt

Die Beiordnung erfolgt durch das zuständige Gericht, das die Komplexität des Falles und die möglichen Konsequenzen für den Beschuldigten prüft.


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Welche Rolle spielt ein Sachverständigengutachten bei der Beurteilung eines Nachtrunks?

Beweissicherung durch Blutproben

Ein Sachverständigengutachten basiert primär auf zwei Blutproben, die in einem zeitlichen Abstand von etwa 30 Minuten entnommen werden. Diese wissenschaftliche Analyse ermöglicht eine präzise Bestimmung der Blutalkoholkonzentration (BAK) und deren Verlauf.

Analyse des Alkoholabbaus

Der Sachverständige untersucht den Unterschied der Alkoholkonzentrationen zwischen den beiden Blutproben. Ist die BAK der zweiten Probe höher als die erste, deutet dies auf einen tatsächlichen Nachtrunk hin, da der Körper noch nicht mit dem Abbau beginnen konnte. Bei einer niedrigeren BAK in der zweiten Probe spricht dies für einen Alkoholkonsum, der bereits vor mehr als zwei Stunden stattgefunden hat.

Berechnung der relevanten Werte

Bei der Bewertung eines Nachtrunks wendet der Sachverständige die Widmark-Formel an. Dabei werden folgende Faktoren berücksichtigt:

  • Die Menge des konsumierten Alkohols
  • Das Körpergewicht
  • Der Reduktionsfaktor
  • Das Resorptionsdefizit
  • Der Alkoholabbau seit Beginn des Nachtrunks

Bedeutung für das Verfahren

Die Expertise des Sachverständigen ist für das Gericht von entscheidender Bedeutung. Bei Unsicherheiten bezüglich des Nachtrunks empfiehlt die Rechtsprechung ausdrücklich die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Seine Berechnungen und Bewertungen müssen dabei stets zugunsten des Angeklagten erfolgen, indem die jeweils niedrigsten medizinisch anerkannten Werte für Abbau, Resorptionsdefizit und Reduktionsfaktor angesetzt werden.


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Ab welchem Promillewert ist eine Nachtrunkbehauptung überhaupt glaubhaft?

Die Glaubhaftigkeit einer Nachtrunkbehauptung hängt nicht von einem bestimmten Promillewert ab, sondern von der nachvollziehbaren Berechnung der Alkoholmenge und dem zeitlichen Ablauf.

Berechnung und Nachweis

Wenn Sie einen Nachtrunk behaupten, muss das Gericht zunächst prüfen, ob die angegebene Alkoholmenge die gemessene Blutalkoholkonzentration (BAK) überhaupt erklären kann. Die Berechnung erfolgt nach der Widmark-Formel, bei der die Alkoholmenge in Gramm durch das mit dem Reduktionsfaktor multiplizierte Körpergewicht geteilt wird.

Überprüfung durch Blutproben

Zur Überprüfung werden zwei Blutproben im Abstand von 30 Minuten entnommen. Ein Nachtrunk gilt als widerlegt, wenn:

  • Die erste Blutentnahme spätestens 45 Minuten nach dem behaupteten Nachtrunkende erfolgt
  • Der Unterschied zwischen den Blutprobenwerten mindestens 5% beträgt
  • Die zweite Blutprobe einen niedrigeren Wert aufweist

Wissenschaftliche Aspekte

Die Begleitstoffanalyse spielt eine wichtige Rolle bei der Überprüfung von Nachtrunkbehauptungen. Die Aussagekraft dieser Analyse steigt:

  • Je kürzer der zu überprüfende Nachtrunkzeitraum ist
  • Je genauer die Angaben zur Alkoholaufnahme sind
  • Je spezifischer das angegebene Getränk ist

Stellen Sie sich vor, Sie behaupten nach einer Fahrt zwei Flaschen Bier getrunken zu haben. Das Gericht muss dann konkrete Feststellungen zum Gebinde, Alkoholgehalt, Trinkbeginn und -ende sowie zu Ihrem Körpergewicht treffen. Ohne diese detaillierten Angaben kann die Nachtrunkbehauptung nicht korrekt bewertet werden.


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Welche Beweismittel können neben einem Gutachten die Schuld oder Unschuld bei Trunkenheitsfahrten belegen?

Bei Trunkenheitsfahrten stützt sich die Beweisführung auf verschiedene Beweismittel. Die Blutalkoholkonzentration (BAK) und die Atemalkoholkonzentration sind dabei zentrale, aber nicht die einzigen Nachweise.

Polizeiliche Beobachtungen und Dokumentation

Die unmittelbaren Wahrnehmungen der Polizeibeamten spielen eine wichtige Rolle. Wenn Sie in eine Verkehrskontrolle geraten, achten die Beamten besonders auf typische Anzeichen wie Alkoholgeruch, Sprachverhalten oder Gleichgewichtsstörungen. Diese Beobachtungen werden protokolliert und können später als Beweismittel dienen.

Zeugenaussagen und Verhaltensauffälligkeiten

Aussagen von Zeugen können entscheidend sein, besonders wenn diese die Fahrweise oder das Verhalten vor, während oder nach der Fahrt beobachtet haben. Wenn Sie beispielsweise in Schlangenlinien gefahren sind oder beim Aussteigen aus dem Fahrzeug torkeln, können diese Beobachtungen als Beweis für eine Fahruntüchtigkeit herangezogen werden.

Technische und medizinische Nachweise

Die ärztliche Untersuchung nach einer Kontrolle dokumentiert wichtige körperliche Anzeichen der Alkoholisierung. Bei der Blutentnahme werden nicht nur der Alkoholwert, sondern auch andere relevante medizinische Befunde erfasst.

Dokumentation von Unfallspuren

Bei einem Verkehrsunfall werden Unfallspuren und Fahrzeugschäden genau dokumentiert. Diese können Aufschluss über alkoholbedingte Fahrfehler geben. Die Spurenlage am Unfallort, Bremsverhalten oder untypische Fahrmanöver können als Indizien für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit gewertet werden.

Eigene Angaben und Nachtrunkbehauptungen

Ihre eigenen Aussagen zum Trinkverhalten werden ebenfalls berücksichtigt. Bei einer Nachtrunkbehauptung müssen Sie den Trinkverlauf nach der Fahrt genau darlegen. Die Glaubwürdigkeit dieser Angaben wird anhand verschiedener Faktoren wie Alkoholgehalt der Getränke, Körpergewicht und zeitlicher Ablauf überprüft.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Nachtrunk-Lüge

Eine häufig vorgebrachte Schutzbehauptung bei Trunkenheitsfahrten, bei der ein Beschuldigter angibt, erst nach der Fahrt (also zwischen Fahrtende und polizeilicher Kontrolle) Alkohol konsumiert zu haben. Diese Strategie zielt darauf ab, den hohen Alkoholwert bei der Kontrolle zu erklären und die Strafbarkeit der eigentlichen Fahrt in Frage zu stellen. Geregelt in § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr). Ein typisches Beispiel ist die Behauptung, nach dem Abstellen des Fahrzeugs noch Alkohol im Auto getrunken zu haben.


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Sachverständigengutachten

Eine fundierte fachliche Stellungnahme eines gerichtlich bestellten Experten zu speziellen Fachfragen im Gerichtsverfahren. Im Strafprozess dient es als wichtiges Beweismittel und basiert auf wissenschaftlichen Methoden und Fachwissen. Die Anforderungen sind in §§ 72-85 StPO geregelt. Bei Trunkenheitsdelikten analysieren Gutachter beispielsweise Blutalkoholwerte und deren zeitlichen Verlauf, um die Glaubwürdigkeit von Nachtrunk-Behauptungen zu überprüfen.


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Pflichtverteidiger

Ein vom Gericht bestellter Rechtsanwalt, der die Verteidigung eines Beschuldigten in Strafsachen übernimmt, wenn eine notwendige Verteidigung vorliegt. Die Beiordnung erfolgt gemäß § 140 StPO in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen oder bei besonders schwierigen Sach- oder Rechtslagen. Anders als beim Wahlverteidiger trägt die Staatskasse zunächst die Kosten. Ein typischer Fall ist etwa die Verteidigung bei schweren Straftaten mit erwarteter Freiheitsstrafe über einem Jahr.


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Blutalkoholkonzentration (BAK)

Der Anteil von Alkohol im Blut, gemessen in Promille (‰). Ab 1,1 Promille liegt absolute Fahruntüchtigkeit vor (§ 316 StGB). Die BAK wird durch eine Blutprobe exakt bestimmt und ist beweiskräftiger als die Atemalkoholmessung. Der Abbau erfolgt durchschnittlich mit 0,1-0,2 Promille pro Stunde. Bei einem Wert von 2,59 Promille liegt eine sehr schwere Alkoholisierung vor, die die Fahrtüchtigkeit massiv einschränkt.


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Atemalkoholkonzentration (AAK)

Der durch ein geeichtes Messgerät festgestellte Alkoholgehalt in der Atemluft. Der AAK-Wert wird in mg/l oder Promille angegeben und ermöglicht eine erste Einschätzung der Alkoholisierung. Geregelt in § 24a StVG. Im Gegensatz zur Blutalkoholmessung ist die AAK-Messung nicht invasiv, aber weniger genau. Ein AAK-Wert von 2,77 Promille entspricht einer sehr hohen Alkoholisierung.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 140 StPO (Notwendige Verteidigung): Dieser Paragraph regelt die Fälle, in denen ein Angeklagter einen Anspruch auf die Beiordnung eines Pflichtverteidigers hat. Er sieht vor, dass eine notwendige Verteidigung dann gegeben ist, wenn die Sachlage schwierig ist oder wenn ein Verbrechen angestrebt wird, das mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht ist. Zudem finden auch andere Kriterien wie die persönliche Situation des Angeklagten Berücksichtigung. Im vorliegenden Fall wird jedoch festgestellt, dass die Gründe für die Wahrnehmung einer notwendigen Verteidigung nicht ausreichend sind, insbesondere da die bloße Einbeziehung eines Sachverständigen nicht als hinreichender Grund angesehen wird.
  • § 142 StPO (Beschwerde): In diesen Regelungen wird das Verfahren zur sofortigen Beschwerde beschrieben, insbesondere die Anfechtungsmöglichkeiten von Entscheidungen im Strafverfahren. Hierbei ist es wichtig, dass die Beschwerde fristgerecht eingelegt wird und auch die zulässige Begründung vorliegt. Der Angeklagte hat in diesem Fall einen fristgerechten Antrag gegen die Ablehnung der Pflichtverteidigerbeiordnung eingelegt, jedoch wurde die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen, was die rechtliche Grundlage und die Zuständigkeit des Amtsgerichts bekräftigt.
  • § 1 StVG (Strafrechtliche Verantwortung im Straßenverkehr): Das Straßenverkehrsgesetz regelt die Rechtsfolgen von Vergehen im Verkehr, einschließlich Trunkenheit am Steuer. Es ist relevant für die Strafbarkeit des Angeklagten, der beschuldigt wird, mit einem hohen Blutalkoholgehalt gefahren zu sein. Die Schwere des Vorwurfs, welche hier konkret auf fahrlässige Trunkenheit im Verkehr abzielt, verpflichtet zur Klärung der gesamten Umstände, auch wenn der Angeklagte die eigene Verantwortung abdichtet durch Angabe des Nachtrunks.
  • § 46 StGB (Besonderheiten des Schuldspruchs): Dieser Paragraph behandelt die Berücksichtigung von Beweggründen und der Gesamtumstände bei der Strafzumessung. Er ist von Bedeutung, da hier erörtert werden muss, welche Rolle die Alkoholisierung und der Nachtrunk im Zusammenhang mit dem Verhalten des Angeklagten spielen. Für seinen Verteidigungsansatz, dass er aufgrund des Nachtrunks nicht strafbar sei, muss bewiesen werden, dass die Alkoholisierung nicht direkt zum Fahren geführt hat, was ohne das Sachverständigengutachten schwierig ist.
  • § 69 StGB (Fahrlässigkeit im Straßenverkehr): Dieser Paragraph beschreibt die fahrlässige Begehung von Straftaten im Straßenverkehr, was hier für den Angeklagten relevant ist. Seine Handlung, gegenüber der einschlägigen Verkehrsvorschrift einen Pkw zu führen, obwohl er nicht fahrtüchtig war, muss in dieser rechtlichen Prämisse betrachtet werden. Die hohen Promillewerte legen nahe, dass die Grenzziehung zur Fahrlässigkeit in diesem Fall klar gegeben ist, was für die Einschätzung der Rechtslage von Bedeutung ist.

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Das vorliegende Urteil

Landgericht Hannover – Az.: 63 Qs 38/23 – Beschluss vom 05.09.2023


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