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Rechtmäßigkeit Wohnungsdurchsuchung – Verhältnismäßigkeit

LG Arnsberg – Az.: 2 Qs 28/18 – Beschluss vom 09.04.2018

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg gegen den Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 19.03.2018 – 5 Gs-263 Js 108/18-349/18 – wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dort entstandenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Arnsberg – 263 Js 108/18 – führt gegen den Beschuldigten unter anderem ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes.

Dem Beschuldigten wird nach den bisherigen Ermittlungen zur Last gelegt, am 17.12.2017 eine Auseinandersetzung zwischen den Polizeibeamten und seinem Bruder N K vor der „Musik Kneipe X“ in B auf seinem Handy mitgeschnitten und aufgezeichnet zu habe, so dass man diese „hören“ könne.

Während seiner Beschuldigtenvernehmung vom 03.01.2018 bot der Beschuldigte an, die Aufnahmen zur Verfügung zu stellen.

Am 14.02.2018 beantragte die Staatsanwaltschaft Arnsberg den Erlass einer Durchsuchungsanordnung bezüglich der Wohnräume des Beschuldigten sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen, da zu vermuten sei, dass die Durchsuchung zur Auffindung des Handys mit Tonaufzeichnung vom 17.12.2017 führen werde (Bl. 60 d.A.).

Auf den Hinweis des Ermittlungsrichters, dass der Beschuldigte angegeben habe, die Aufnahme auf Verlangen zur Verfügung zu stellen (Bl. 60R d.A.) nahm die Staatsanwaltschaft den Antrag zurück (Bl. 61 d.A.). Sie bat die Kreispolizeibehörde N, das Handy des Beschuldigten als Beweismittel und Einziehungsobjekt sicherzustellen (Bl. 61 d.A.).

Auf telefonische Anfrage der Kreispolizeibehörde erklärte der Beschuldigte, dass er sein Handy nicht zur Verfügung stellen werde. Er würde die Aufnahme auf einen Stick ziehen und diesen dann der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stellen. Sein Handy gebe er nicht heraus (Bl. 62 d.A.).

Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft Arnsberg erneut den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses (Bl. 64 d.A.).

Der Antrag wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 19.03.2018 mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine Durchsuchung unverhältnismäßig sei, da der Beschuldigte zur freiwilligen Herausgabe der Aufzeichnung bereit sei. Ein über das Video hinausgehendes Interesse an dem gesamten Handy bestehe nicht. Als weniger einschneidende Maßnahme sei daher die Herausgabe des Videos möglich (Bl. 66 d.A.).

Gegen den am 21.03.2018 zugestellten Beschluss legte die Staatsanwaltschaft noch am gleichen Tag Beschwerde ein (Bl. 69 d.A.). Sie berief sich darauf, dass das Handy als Tatmittel gemäß § 102 Abs. 5 i.V.m. § 74 Abs. 1 StGB der Einziehung unterliege. Der Beschluss sei notwendig und auch verhältnismäßig, da der Beschuldigte nicht zur freiwilligen Herausgabe des Handys bereit sei.

Mit Beschluss vom 27.03.2018 half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab und legte die Sache der Kammer zur Entscheidung vor (Bl. 70 d.A.).

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 19.03.2018 ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

In der Sache bleibt die Beschwerde aber ohne Erfolg.

Nach § 102 StPO kann die Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume bei demjenigen vorgenommen werden, der als Täter oder Teilnehmer einer Straftat verdächtig ist und zu vermuten steht, die Durchsuchung werde zum Auffinden von Beweismitteln führen. Die Anforderungen an den Tatverdacht sind dabei relativ gering; es müssen lediglich nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für die angenommene Straftat vorliegen, die nicht nur als vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen erscheinen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage 2015, § 102 Rn. 2).

Gegen den Beschuldigten bestanden im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Ermittlungsrichter auf Grund des Ermittlungsergebnisses hinreichende Verdachtsmomente dahingehend, dass der Beschuldigte sich der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht hat.

Eine Durchsuchung wäre aber nicht verhältnismäßig gewesen. Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein. Die Durchsuchung bedarf deshalb einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. So muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff auch in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. insgesamt BVerfG, Beschluss vom 30.07.2015, 1 BvR 1951/13).

Eine Durchsuchung ist zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat nicht erforderlich. Denn der Beschuldigte hat sich mehrfach bereit erklärt, den Strafverfolgungsbehörden die Videoaufnahme zur Verfügung zu stellen, indem er diese auf einen Stick zieht. Zur Verfolgung der Straftat sind weitergehende Maßnahmen nicht erforderlich. Insbesondere ist insofern nicht die Beschlagnahme des Handys erforderlich. Von Interesse ist lediglich die Videoaufnahme.

Zu berücksichtigen ist insofern auch, dass die Straftat von eher geringem Gewicht ist. Der Strafrahmen sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Der Beschuldigte ist ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges vom 01.02.2018 nicht vorbestraft. Eine hohe Straferwartung besteht danach nicht.

Zwar sieht § 201 Abs. 5 S. 1 StGB ausdrücklich vor, dass Tonträger, die der Täter verwendet hat, eingezogen werden können. Darüber hinaus bestimmt § 111b Abs. 1 S. 1 StPO, dass ein Gegenstand, sofern die Annahme begründet ist, dass die Voraussetzung der Einziehung vorliegen, zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden kann. § 111b Abs. 2 StPO erklärt insofern die §§ 102 ff. StPO für entsprechend anwendbar.

Auch insofern ist aber der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Wegen des geringen Gewichts des Unrechtsgehalts der Straftat, des hohen Eingriffs in das Rechtsgut der Unverletzlichkeit der Wohnung im Falle einer Durchsuchung und des Umstandes, dass erst im Rahmen der Hauptverhandlung über eine Einziehung, die wiederum auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterliegt, entschieden wird und kein besonderes Sicherungsinteresse erkennbar ist, ist auch insofern von einer Unverhältnismäßigkeit einer Durchsuchungsmaßnahme auszugehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO.

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