Übersicht
Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall behandelt einen Verstoß gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz in Berlin.
- Der Betroffene wurde zunächst zu einer Geldbuße verurteilt und strebte die Zulassung einer Rechtsbeschwerde an.
- Das eingelegte Rechtsmittel gelangte nicht rechtzeitig zur Akte, wodurch der Abteilungsrichter irrtümlich von einem rechtskräftigen Urteil ausging.
- Trotz nachträglicher Begründung des Urteils wurde die Zulassung der Rechtsbeschwerde abgelehnt.
- Die Ablehnung erfolgt, da formelle Fehler bei der Urteilsabsetzung allein kein ausreichender Grund für eine Rechtsbeschwerde sind.
- Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung war durch diesen Fall gefährdet.
- Die Entscheidung hat zur Folge, dass die Kosten für das Antragsverfahren von dem Betroffenen getragen werden müssen.
Rechtsbeschwerde im Fokus: Ein wichtiger Schritt zur Anfechtung fehlerhafter Urteile
Die Rechtsbeschwerde ist ein wichtiges Rechtsmittel, das bei fehlerhaften Urteilsabsetzungen eingelegt werden kann. Sie ermöglicht es den Parteien, die Entscheidungen eines Instanzgerichts anzufechten und auf mögliche Verfahrensfehler oder rechtliche Mängel hinzuweisen. In einem Klageverfahren kann eine fehlerhafte Urteilsabsetzung weitreichende Folgen für den Rechtsstatus der Beteiligten haben. Neben der Prüfung der Fristen für die Rechtsbeschwerde ist auch die Anhörungsrüge zu beachten, wenn das Gericht die Argumente einer Partei nicht ausreichend gewürdigt hat. Umso wichtiger ist die juristische Beratung durch einen Rechtsanwalt, um alle rechtlichen Schritte, wie Berufungen oder Revisionen, strategisch zu planen. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Thematik der Rechtsbeschwerde näher beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Berliner Demonstrant wegen Verstoßes gegen Versammlungsfreiheitsgesetz verurteilt
Ein Berliner Gericht hat einen Demonstranten wegen Nichtbefolgung eines Ausschlusses von einer Versammlung zu einer Geldbuße von 150 Euro verurteilt. Das Amtsgericht Tiergarten sah es als erwiesen an, dass der Betroffene vorsätzlich gegen Bestimmungen des Berliner Versammlungsfreiheitsgesetzes (VersFG BE) verstoßen hatte.
Rechtmäßigkeit des Ausschlusses als Kernfrage
Der Fall drehte sich um die zentrale Frage, ob die Rechtmäßigkeit von Anweisungen des Versammlungsleiters Voraussetzung für eine Ahndung ist. Das Gericht folgte dabei der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die rechtmäßige Ausübung von Ordnungsaufgaben tatsächlich Bedingung für eine bußgeldrechtliche Ahndbarkeit ist.
In seiner Urteilsbegründung setzte sich das Amtsgericht eingehend mit der Rechtmäßigkeit des vom Versammlungsleiter ausgesprochenen Ausschlusses auseinander. Es erkannte die Legitimität der angestrebten Überparteilichkeit der Versammlung an und würdigte, dass auch der Versammlungsleiter Träger des Grundrechts der Versammlungsfreiheit ist.
Abwägung der Grundrechte
Das Gericht nahm eine umfassende Abwägung der betroffenen Grundrechte vor. Dabei berücksichtigte es sowohl die Meinungs- und Versammlungsfreiheit des Demonstranten als auch die Rechte des Versammlungsleiters. Im Ergebnis kam das Amtsgericht zu dem Schluss, dass der Ausschluss des Betroffenen von der Versammlung rechtmäßig war.
Alternativen für den Demonstranten
Das Gericht wies darauf hin, dass der Betroffene die Möglichkeit gehabt hätte, eine eigene Versammlung mit anderen Regeln anzumelden, wenn er mit den Vorgaben der Versammlungsleitung nicht einverstanden war. Diese hätte er dann nach seinen Vorstellungen, beispielsweise offen für Parteiembleme, gestalten können.
Rechtsmittel ohne Erfolg
Der Versuch des Betroffenen, die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu erwirken, blieb erfolglos. Das Kammergericht Berlin verwarf den Antrag und sah keinen Grund für eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Es betonte, dass das Amtsgericht die relevanten Rechtsgrundlagen korrekt angewendet und die Ordnungsaufgaben der Versammlungsleitung sowie die Gehorsamspflicht des Teilnehmers rechtsfehlerfrei beurteilt hatte.
Trotz der relativen Neuheit des Berliner Versammlungsfreiheitsgesetzes sah das Kammergericht keine Notwendigkeit für eine richtungsweisende Intervention. Es verwies darauf, dass im Bereich der weniger gewichtigen Ordnungswidrigkeiten grundsätzlich nur eine gerichtliche Instanz zur Überprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung bekräftigt die Bedeutung der rechtmäßigen Ausübung von Ordnungsaufgaben durch Versammlungsleiter als Voraussetzung für die Ahndbarkeit von Verstößen. Sie unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung zwischen der Versammlungsfreiheit des Leiters und der Teilnehmer. Zugleich wird die Möglichkeit alternativer Versammlungsanmeldungen als Ausweg für unzufriedene Teilnehmer betont. Die Entscheidung stärkt somit die Position von Versammlungsleitern bei der Durchsetzung legitimer Regeln.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil zeigt, dass es im Bereich der Ordnungswidrigkeiten, insbesondere bei Verstößen gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz, oft schwierig ist, eine höhere Instanz einzuschalten, um ein Urteil zu überprüfen. Wenn Sie eine Geldbuße erhalten haben und überlegen, gegen das Urteil vorzugehen, ist es wichtig zu wissen, dass eine Rechtsbeschwerde nur in Ausnahmefällen zugelassen wird. Der hier betroffene Bürger konnte mit seinem Antrag nicht durchdringen, da der Fall als klarer Verfahrensfehler bewertet wurde und somit keine rechtlichen Gehörsverletzungen vorlagen. Das bedeutet, dass bei Ordnungswidrigkeiten normalerweise nur eine Instanz zur Verfügung steht und eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Gründen einer Entscheidung nicht immer automatisch zur Zulassung einer neuen Prüfung führt. Für Sie als Betroffener ist es ratsam, bereits beim ersten Verfahren alle Argumente und Beweise sorgfältig einzubringen und sich gründlich über die Prozesskosten zu informieren, da eine abgelehnte Beschwerde zusätzliche Kosten verursachen kann.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Rechtsbeschwerde und wann kann sie eingelegt werden?
Eine Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel im deutschen Rechtssystem, das gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen eingelegt werden kann. Sie ähnelt in ihrer Funktion der Revision, richtet sich jedoch gegen Beschlüsse und nicht gegen Urteile.
Voraussetzungen für eine Rechtsbeschwerde
Die Rechtsbeschwerde kann in folgenden Fällen eingelegt werden:
- Wenn ein Gesetz dies ausdrücklich vorsieht und die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
- Wenn das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug die Rechtsbeschwerde in ihrem Beschluss zugelassen haben.
Wichtig: Die Rechtsbeschwerde kann nur auf Rechtsverletzungen gestützt werden. Eine erneute Überprüfung von Tatsachen ist nicht möglich.
Fristen und Form
Wenn Sie eine Rechtsbeschwerde einlegen möchten, müssen Sie folgende Punkte beachten:
- Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses eingelegt werden.
- Sie muss schriftlich beim Rechtsbeschwerdegericht eingereicht werden.
- Die Rechtsbeschwerde muss von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt und begründet werden.
Zuständiges Gericht
Das zuständige Gericht für die Rechtsbeschwerde ist in der Regel der Bundesgerichtshof (BGH). In Ausnahmefällen können auch andere oberste Gerichte zuständig sein, wie beispielsweise das Bundesarbeitsgericht in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten.
Anwendungsbereiche
Die Rechtsbeschwerde kommt in verschiedenen Rechtsgebieten zum Einsatz:
- Im Zivilrecht bei familienrechtlichen Angelegenheiten wie Scheidungen oder Unterhaltsfragen.
- Im Arbeitsrecht gegen Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts.
- Im Ordnungswidrigkeitenrecht gegen Entscheidungen des Amtsgerichts im Bußgeldverfahren, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Stellen Sie sich vor, Sie erhalten einen Bußgeldbescheid über 300 Euro wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Das Amtsgericht bestätigt diesen Bescheid in seinem Urteil. In diesem Fall könnten Sie unter Umständen eine Rechtsbeschwerde einlegen, da die Geldbuße mehr als 250 Euro beträgt.
Beachten Sie: Die Rechtsbeschwerde ist ein komplexes Rechtsmittel mit strengen formalen Anforderungen. Ihre Zulässigkeit hängt von vielen Faktoren ab, wie der Art der angefochtenen Entscheidung, dem Rechtsgebiet und der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen.
Welche Folgen hat eine fehlerhafte Urteilsabsetzung für das Verfahren?
Eine fehlerhafte Urteilsabsetzung kann erhebliche Konsequenzen für das Strafverfahren haben. Wenn das Gericht die gesetzlich vorgeschriebene Frist zur Absetzung des Urteils nicht einhält, liegt ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 338 Nr. 7 StPO vor. Dies bedeutet, dass das Urteil in der Revision aufgehoben werden muss, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob der Fehler für die Entscheidung tatsächlich von Bedeutung war.
Fristüberschreitung bei der Urteilsabsetzung
Die Urteilsabsetzungsfrist ist in § 275 Abs. 1 StPO geregelt. Sie beträgt je nach Dauer der Hauptverhandlung zwischen 5 und 11 Wochen, wobei sich die Frist bei längeren Verhandlungen entsprechend verlängert. Wird diese Frist auch nur geringfügig überschritten, kann dies zur vollständigen Aufhebung des Urteils führen.
Auswirkungen auf das Verfahren
Stellen Sie sich vor, Sie sind als Angeklagter in einem Strafverfahren beteiligt. Wenn Ihr Verteidiger eine Fristüberschreitung bei der Urteilsabsetzung feststellt, kann er dies im Rahmen einer Revision rügen. Der Bundesgerichtshof wird in einem solchen Fall das Urteil aufheben müssen, selbst wenn die Frist nur um wenige Tage überschritten wurde. Dies kann dazu führen, dass das gesamte Verfahren neu aufgerollt werden muss.
Begründung für die strenge Handhabung
Die strenge Handhabung der Urteilsabsetzungsfrist dient dazu, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Urteilsgründe zu gewährleisten. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einer Überschreitung der Frist die Gefahr besteht, dass die schriftlichen Urteilsgründe nicht mehr das tatsächliche Ergebnis der Beratung wiedergeben. Dies könnte Ihre Verteidigungsrechte als Angeklagter beeinträchtigen.
Korrekturmöglichkeiten
Beachten Sie, dass nicht jeder Fehler in einem Urteil automatisch zur Aufhebung führt. Offensichtliche Unrichtigkeiten oder Schreibfehler können jederzeit berichtigt werden. Allerdings ist bei einer Berichtigung der Urteilsformel nach der Verkündung ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Korrektur kommt nur bei einem offensichtlichen Schreib- oder Verkündungsversehen in Betracht, das für alle Verfahrensbeteiligten klar erkennbar ist.
Eine fehlerhafte Urteilsabsetzung kann somit weitreichende Folgen für das gesamte Verfahren haben und unter Umständen zu einer vollständigen Neuverhandlung führen. Für Sie als Betroffenen bedeutet dies, dass die sorgfältige Prüfung der Urteilsabsetzung durch Ihren Verteidiger von großer Bedeutung sein kann.
Welche Erfolgschancen hat eine Rechtsbeschwerde gegen ein Bußgeldurteil?
Die Erfolgschancen einer Rechtsbeschwerde gegen ein Bußgeldurteil sind generell eher gering. Statistisch gesehen werden nur etwa 10-15% der Rechtsbeschwerden in Bußgeldsachen erfolgreich beschieden. Dies liegt vor allem daran, dass das Rechtsbeschwerdegericht keine neue Beweisaufnahme durchführt und an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts gebunden ist.
Faktoren für den Erfolg einer Rechtsbeschwerde
Trotz der geringen Erfolgsquote gibt es Faktoren, die die Chancen einer Rechtsbeschwerde erhöhen können:
Verfahrensfehler: Wenn Sie nachweisen können, dass das Amtsgericht wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt hat, steigen die Erfolgschancen. Ein Beispiel wäre die Verweigerung des rechtlichen Gehörs oder die Ablehnung wichtiger Beweisanträge ohne ausreichende Begründung.
Rechtsfehler: Erfolgsaussichten bestehen auch, wenn das Amtsgericht das Gesetz falsch angewendet hat. Dies könnte der Fall sein, wenn eine falsche Vorschrift herangezogen oder eine Norm fehlerhaft ausgelegt wurde.
Begründungsmängel: Weist das Urteil erhebliche Mängel in der Begründung auf, kann dies ebenfalls zu einem Erfolg der Rechtsbeschwerde führen. Stellen Sie sich vor, das Gericht hat wichtige Aspekte Ihrer Verteidigung nicht berücksichtigt oder seine Entscheidung nicht nachvollziehbar begründet.
Einschränkungen der Rechtsbeschwerde
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Rechtsbeschwerde kein Berufungsverfahren ist. Das bedeutet:
- Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts wird grundsätzlich nicht überprüft.
- Neue Tatsachen oder Beweise können nicht vorgebracht werden.
- Die Rechtsbeschwerde muss sich auf Rechtsfehler beschränken.
Besondere Erfolgschancen bei fehlerhafter Urteilsabsetzung
Ein spezieller Fall, bei dem die Erfolgschancen einer Rechtsbeschwerde deutlich höher liegen, ist die fehlerhafte Urteilsabsetzung. Wenn das Amtsgericht beispielsweise die Urteilsgründe nicht innerhalb der gesetzlichen Frist zu den Akten bringt oder das Urteil nicht ordnungsgemäß unterschreibt, kann dies zur Aufhebung des Urteils führen.
Beachten Sie: Die Erfolgsaussichten einer Rechtsbeschwerde hängen stark vom Einzelfall ab. Eine sorgfältige Prüfung des Urteils und der Verfahrensakten ist unerlässlich, um die Chancen realistisch einschätzen zu können.
Welche Kosten entstehen bei einer Rechtsbeschwerde und wer trägt diese?
Bei einer Rechtsbeschwerde entstehen Gerichtskosten und Anwaltsgebühren, die sich nach dem Streitwert richten. Die Gerichtskosten für eine Rechtsbeschwerde betragen in der Regel das 5-fache der Gebühr für das erstinstanzliche Verfahren. Wenn Sie beispielsweise einen Streitwert von 5.000 EUR haben, fallen Gerichtsgebühren von etwa 805 EUR an (5 x 161 EUR).
Anwaltskosten
Für die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsanwalt zwingend erforderlich. Die Anwaltsgebühren richten sich ebenfalls nach dem Streitwert. Bei einem Streitwert von 5.000 EUR betragen die Anwaltskosten für die Rechtsbeschwerde etwa:
- 1,6 Verfahrensgebühr: 484,80 EUR
- 1,2 Terminsgebühr: 363,60 EUR
- Auslagenpauschale: 20,00 EUR
- Mehrwertsteuer (19%): 165,00 EUR
Insgesamt belaufen sich die Anwaltskosten auf ca. 1.033,40 EUR.
Kostenverteilung
Die Kostenverteilung hängt vom Ausgang des Verfahrens ab:
- Bei Erfolg der Rechtsbeschwerde trägt die Gegenseite die Kosten.
- Bei Misserfolg müssen Sie als Beschwerdeführer alle Kosten tragen.
- Bei teilweisem Erfolg werden die Kosten anteilig verteilt.
Möglichkeiten zur Kostenreduzierung
Wenn Sie die Kosten nicht tragen können, haben Sie die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Diese wird gewährt, wenn:
- Sie nach Ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten nicht aufbringen können.
- Die Rechtsbeschwerde hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Bedenken Sie, dass die Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug separat beantragt werden muss. Wenn Sie im erstinstanzlichen Verfahren Prozesskostenhilfe erhalten haben, müssen Sie für die Rechtsbeschwerde erneut einen Antrag stellen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Versammlungsfreiheit
Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht, das das Recht jedes Einzelnen schützt, sich friedlich und ohne Waffen mit anderen Personen zu versammeln. Dieses Recht ist im Grundgesetz verankert, namentlich in Artikel 8 GG. In dem gegebenen Fall war die Versammlungsfreiheit sowohl für den Demonstranten als auch für den Versammlungsleiter von Bedeutung, denn beide Seiten beriefen sich auf dieses Grundrecht. Beispielsweise kann ein Bürger eine Protestkundgebung gegen staatliche Maßnahmen veranstalten, wobei die Versammlungsfreiheit gewährleistet sein muss. Die Abgrenzung zu anderen grundrechten wie der Meinungsfreiheit ist wichtig, denn während die Meinungsfreiheit die individuelle Meinungsäußerung schützt, bezieht sich die Versammlungsfreiheit auf das Recht, dies kollektiv zu tun.
Ordnungswidrigkeit
Eine Ordnungswidrigkeit ist eine geringfügige Gesetzesübertretung, die in der Regel mit einer Geldbuße und nicht mit einer Freiheitsstrafe geahndet wird. Die gesetzlichen Grundlagen dazu finden sich im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Der demonstrierende Bürger wurde wegen Verstoßes gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz mit einer Geldstrafe belegt, was auf die Behandlung seines Verhaltens als Ordnungswidrigkeit hinweist. Ein alltägliches Beispiel für eine Ordnungswidrigkeit könnte das Überqueren der Straße bei rotem Licht sein. Das Unterscheidungsmerkmal zur Straftat ist, dass die Ordnungswidrigkeit als weniger schwerwiegend betrachtet wird.
Rechtsbeschwerde
Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel, das es ermöglicht, gerichtliche Entscheidungen in Bußgeldverfahren auf rechtliche Fehler hin zu überprüfen. Sie ist besonders bedeutend bei der fehlerhaften Urteilsabsetzung im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten, wie im vorliegenden Fall. § 79 OWiG regelt die Zulassungskriterien, die sehr restriktiv sind. Ein charakteristisches Beispiel ist das Anfechten eines Fahrverbots wegen formaler Fehler. Im Gegensatz dazu steht die Berufung, die sich auch auf Tatsachenfragen erstreckt.
Rechtmäßigkeit
Rechtmäßigkeit beschreibt die Übereinstimmung einer Handlung mit den geltenden Gesetzen. Im Kontext des Artikels stand die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses im Mittelpunkt, da nur bei rechtmäßigem Ausschluss eine Sanktion wie eine Geldbuße verhängt werden kann. Ein Beispiel: Die Polizei darf eine Person nur dann platzverweisen, wenn es gesetzlich vorgesehen ist. Die Diskussion um die Rechtmäßigkeit von Handlungen stellt sicher, dass diese zuerst gesetzeskonform sein müssen, bevor Folgen eintreten können. Diese Abwägung ist entscheidend, um rechtsstaatliche Prinzipien zu wahren.
Ausschluss
Der Ausschluss bezieht sich auf das Verbot, an einer Versammlung weiterhin teilzunehmen, das vom Versammlungsleiter ausgesprochen werden kann. Für die Rechtmäßigkeit dieses Ausschlusses sind bestimmte Kriterien nötig, wie sie im Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin festgelegt sind. Im gegebenen Fall wurde der Demonstrant ausgeschlossen, was letztlich zur Verurteilung führte. Ein Gegenbeispiel ist das Ausschließen eines Footballspielers durch den Schiedsrichter bei unsportlichem Verhalten. Im Gegensatz zur Verweisung, die eine vorübergehende Entfernung sein kann, ist der Ausschluss häufig endgültig.
Anhörungsrüge
Die Anhörungsrüge ist ein Instrument, das den Parteien eines Verfahrens rechtliches Gehör verschaffen soll, wenn dieses möglicherweise verletzt wurde, geregelt etwa in § 147 GVG. Im jeweiligen Fall wurde argumentiert, dass der Ausschluss des Demonstranten die Möglichkeit zur Anhörungsrüge umfasste, sollte sein rechtliches Gehör übergangen worden sein. Ein anschauliches Beispiel ist ein Bürger, der seine Argumente in einem Bußgeldverfahren nicht ausreichend gewürdigt empfindet, hier kann eine Anhörungsrüge angebracht sein. Sie unterscheidet sich von einer Beschwerde, da sie speziell auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs fokussiert ist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin (VersFG BE): Das Versammlungsfreiheitsgesetz regelt die Rechte und Pflichten von Teilnehmern und Organisatoren öffentlicher Versammlungen in Berlin. Es enthält Bestimmungen zur Durchführung und zur Aufrechterhaltung der Ordnung bei Versammlungen. Im vorliegenden Fall wurde der Betroffene aufgrund eines vorsätzlichen Verstoßes gegen dieses Gesetz verurteilt, was die Grundlage für die Geldbuße bildete.
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG): Das OWiG regelt die Verhängung von Bußgeldern und den Ablauf von Ordnungswidrigkeitenverfahren. Insbesondere § 77b OWiG, der die Urteilsabsetzung Begründung erlaubt, spielte eine zentrale Rolle, weil der Tatrichter aufgrund eines Verfahrensfehlers im Unklaren über die Einlegung der Rechtsbeschwerde war. Dies führte dazu, dass das Urteil zunächst nicht begründet wurde und dennoch die Rechtsbeschwer in der Folge abgelehnt wurde.
- Strafprozessordnung (StPO): Die StPO enthält grundlegende Regelungen zum Verfahren in Strafsachen. Insbesondere sind die Vorschriften über die Urteilsgründe (vgl. §§ 71 und 275 StPO) relevant, da sie die Kriterien bestimmen, unter denen ein Urteil verfasst werden muss. Im Kontext des vorliegenden Falles wird deutlich, dass die Vorschriften zur Urteilsbegründung nicht eingehalten wurden, aber dies keinen Zulassungsgrund für die Rechtsbeschwerde darstellt.
- Rechtsmittelverfahren: Dieses Verfahren regelt die Möglichkeiten, gegen gerichtliche Entscheidungen vorzugehen, insbesondere beim Vorliegen von Rechtsfehlern. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist hier ein bedeutsames Thema. Der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde zur Klärung von Rechtsfragen zuzulassen, wurde abgelehnt, da keine ausreichenden Gründe vorlagen, um dies zu rechtfertigen.
- Rechtliches Gehör: Das Recht auf rechtliches Gehör schützt die Parteien in einem Verfahren davor, ohne Anhörung zu einem Nachteil verurteilt zu werden. Hier wird erläutert, dass die verfahrensfehlerhafte Abfassung des Urteils keinen Eingriff in das rechtliche Gehör des Betroffenen darstellt, was für die Verwerflichkeit der Rechtsbeschwerde entscheidend war.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 3 ORbs 69/23 – 122 Ss 31/23 – Beschluss vom 01.04.2023
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