LG Darmstadt – Az.: 5 T 752/20 – Beschluss vom 02.02.2021
Die Beschwerde des Betroffenen vom 11.12.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 29.11.2020 wird als unbegründet kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Betroffene bewohnt eine Wohnung im ersten Stock des Hauses, in dem seine pflegebedürftige Großmutter im Erdgeschoss wohnt. Es gibt regelmäßig Auseinandersetzungen (meist einmal wöchentlich), weshalb die Polizei bereits häufiger dort war und eingreifen musste.
Am 29.11.2020 wurde die Polizei erneut dorthin gerufen. Der Betroffene hatte seine Großmutter ins Gesicht geschlagen. Die Polizei erteilte eine Wegweisungsverfügung.
Um 17 Uhr musste die Polizei erneut zum Haus fahren, weil der Betroffene sich nicht an die Verfügung hielt und die Großmutter erneut aufgesucht hatte. Die Polizei nahm den Betroffenen um 17.55 Uhr in Gewahrsam.
Das Amtsgericht hörte den Betroffenen am 29.11.2020 an. Dieser erklärte, es gäbe Ärger mit seiner Großmutter, dies sei eine längere Geschichte, es handele sich um finanzielle und erbrechtliche Angelegenheiten. Es sei richtig, dass er verbal ausfällig geworden sei, er sei aber nicht handgreiflich geworden. Seine Großmutter habe auch nur gesagt, „es habe einen leichten Schlag auf ihren Ellenbogen gegeben“.
Das Amtsgericht Darmstadt hat mit Beschluss vom 29.11.2020 (Bl. 4 d.A.) die Ingewahrsamnahme für zulässig erklärt und die Fortdauer der Freiheitsentziehung bis spätestens 30.11.2020, 6.00 Uhr, zur Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten sowie zur Durchsetzung einer Platzverweisung angeordnet. Das Amtsgericht hat zudem angeordnet, dass die Betroffene die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
Mit Schreiben vom 11.12.2020 u.a. (Bl. 9 ff. d.A.) hat der Betroffene Beschwerde eingelegt und mit weiteren Schreiben (Bl. 21 ff. d.A.) einen Antrag nach § 62 FamFG gestellt. Die Ingewahrsamnahme sei nicht notwendig und unverhältnismäßig gewesen.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 14 d.A.).
II.
A. Der Antrag des Betroffenen vom 01.01.2021 (Bl. 23 ff. d.A.) auf Feststellung der Rechtswidrigkeit ist gemäß §§ 33 Abs. 2 S. 2 HSOG, §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 FamFG zulässig.
Zwar hat sich die Freiheitsentziehung, gegen die sich der Betroffene wendet, durch die Entlassung aus dem Gewahrsam erledigt.
Auch nach Erledigung ist jedoch eine Beschwerde statthaft, wenn es sich bei der angefochtenen Maßnahme um einen schweren Grundrechtseingriff handelt (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), was bei einer freiheitsentziehenden Maßnahme regelmäßig der Fall ist. Die Beschwerde richtet sich in diesem Fall auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Maßnahme.
Das Schreiben des Betroffenen vom 01.01.2021 (Bl. 23 ff. d.A.), das sich gegen die Maßnahme richtet, ist als Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit auszulegen.
B. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit ist aber nicht begründet, da die Freiheitsentziehung und deren Fortsetzung bis 6.00 Uhr am folgenden Tag rechtmäßig waren.
1. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 HSOG können Polizeibehörden eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn dies unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit mit erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern. Nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 HSOG können Polizeibehörden eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn dies unerlässlich ist, um Maßnahmen nach § 31 HSOG (Platzverweisung) durchzusetzen. Nach § 33 HSOG ist nach einer solchen Maßnahme unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung beim Amtsgericht am Ort der Festnahme herbeizuführen.
2. Die Festnahme und Freiheitsentziehung der Betroffenen erfolgten hier zu Recht, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 2 und 3 HSOG aus der maßgeblichen Sicht der Polizei und des Amtsgerichts zum Zeitpunkt der Maßnahme(n) vorlagen. Der Betroffene hatte seine Großmutter geschlagen und damit eine Straftat begangen, und er hatte gegen die – berechtigte – Platzverweisung der Polizei verstoßen, so dass die Gefahr weiterer Straftaten bestand.
Danach ist die Ingewahrsamnahme und deren Fortdauer bis 6.00 Uhr am Folgetag rechtlich nicht zu beanstanden.
Ob, wie der Betroffene weiter rügt, ihm ein Abendessen hätte gereicht werden müssen und ihm nicht die Möglichkeit eingeräumt worden sei, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren, ist in diesem Verfahren im Übrigen nicht zu entscheiden.
3. Auch die Kostenentscheidung des Amtsgerichts ist richtig.
C. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Betroffene zu tragen (§ 84 FamFG, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG).