AG Frankfurt – Az.: 980 Ds 858 Js 24821/20 – Urteil vom 08.07.2021
Der Angeklagte [zu 1)] wird freigesprochen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
Der Angeklagte [zu 2)] wird wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 10,– € verurteilt.
Der Angeklagte [zu 2)] trägt die Kosten des Verfahrens, die notwendigen Auslagen des Nebenklägers und seine notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 223 Abs. 1, 230 Abs. 1 StGB
Gründe
I.
Der Angeklagte zu 1) ist verheiratet und gelernter Einzelhandelskaufmann. Er ist Inhaber einer Pizzeria, die er gerade neu eröffnet hat, Mieten und Personalkosten übersteigen derzeit noch die Einnahmen. Seine Ehefrau ist Hausfrau. Der Angeklagte hat zwei Kinder. Er hat Kredite und Erspartes. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
Der Angeklagte [zu 2)] … ist gelernter Karosseriebauer und nach marokkanischem Recht verheiratet. Seine Ehefrau ist Hausfrau, er hat drei Kinder. Der Angeklagte erhält Arbeitslosenunterstützung gekürzt in Höhe von ca. 300,– €. In Kürze erwartet er eine Anstellung in einem Karosseriebauunternehmen in ….
Der Angeklagte ist strafrechtlich einmal in Erscheinung getreten. So wurde er vom Amtsgericht Frankfurt am 02.07.2013 wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 12,– € verurteilt. Die Tat wurde begangen am 02.12.2011.
II.
Am 24.01.2020 bestellten die Zeugen B., C. und D. bei der Pizzeria des Angeklagten zu 1) drei Pizzen. Als diese gegen 20:50 Uhr von dem Bruder des Angeklagten zu 1), dem Angeklagten [zu 2)] …, geliefert wurden, wollten die Zeugen die Pizzen nicht annehmen, da sie angeblich zu spät geliefert worden seien. Hierüber kam es zum Streit. Der Angeklagte zu 2) verließ daraufhin den Kiosk in der … und telefonierte sowohl mit der Polizei als auch mit seinem Bruder. Dieser erschien kurz darauf. Es kam in dem Kiosk zu einem Streitgespräch. Die beiden Angeklagten verließen daraufhin den Kiosk und die Zeugen D., A., C. und B. gingen ihnen hinterher. Der Zeuge D. lief auf den Angeklagten zu 2) zu, es kam zu einem Handgemenge, wobei das Gericht nicht sicher feststellen konnte, wer dieses begonnen hat, jedenfalls schlug der Angeklagte zu 2) mit der Faust dem Zeugen D. derart ins Gesicht, dass dieser zu Boden stürzte und eine Schwellung am linken Auge erlitt. Möglicherweise ging der Nebenkläger A. dazwischen und bekam ebenfalls einen Schlag ins Gesicht, so dass er zu Boden stürzte. Ob anschließend von beiden Angeklagten noch auf den am Boden liegenden eingeschlagen bzw. eingetreten wurde, konnte das Gericht nicht sicher feststellen. Auch konnte es nicht sicher feststellen, ob der Angeklagte zu 2) hier in Notwehr geschlagen hat. Nachdem der Angeklagte zu 2) ca. 20 Meter die Straße … hochging, rief der Angeklagte zu 2) dem Nebenkläger zu: „Komm doch“ und als dieser zu ihm gekommen war, sagte er außerdem: „Wehr dich“. Möglicherweise holte der Nebenkläger daraufhin auch zu einem Schlag aus, der den Angeklagten jedoch nicht traf und dieser schlug derart gegen den Kopf des Nebenklägers, dass dieser erneut zu Boden stürzte und mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlug. Der Nebenkläger war kurzzeitig bewusstlos und erlitt eine Schädelprellung, ein leichtes Oberlid-Hämatom links, ein erhebliches Monokel-Hämatom links und multiple Wunden im Gesicht und am Hinterkopf. Zwar handelte der Angeklagte zu 2) in Notwehrabsicht, er provozierte den Nebenkläger jedoch derart, dass er zunächst hätte zurückweichen müssen. Der Angeklagte zu 1) hat sich dagegen in dubio pro reo keiner Straftat schuldig gemacht.
III.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme.
Der Angeklagte zu 2), …, hat sich zur Sache im Wesentlichen wie folgt eingelassen. Er sei bei seinem Bruder in der Pizzeria gewesen und sei von diesem gebeten worden, eine Lieferung um die Ecke zu bringen. Er habe den Raum betreten und höflich gesagt, die bestellten Pizzen seien da. Er sei jedoch zunächst ignoriert und dann in jugoslawischer Sprache beleidigt worden. Er meine, die Beleidigung „Ich ficke deine Mutter“ verstanden zu haben. Man habe ihm gesagt, der, der die Pizzas bestellt habe, sei nicht im Raum. Er sei daraufhin aus dem Raum gegangen und habe seinen Bruder angerufen. Dieser habe ihm die Telefonnummer des Bestellers mitgeteilt. Dann sei der C. auf ihn zugekommen und habe ihm zwei Schläge in die Rippen gegeben. Er sei dann rausgegangen und habe die Polizei angerufen. Dann sei sein Bruder gekommen und habe den Kiosk betreten. Er sei an der Tür stehengeblieben und habe das Telefonat mit der Polizei beendet. Dann sei sein Bruder rausgelaufen und die anderen, drei bis vier Personen hinterher. Es sei verbal und aggressiv gewesen. Sein Bruder habe versucht, sich zurückzunehmen. Er, der Angeklagte zu 2), sei zum Auto gegangen, weil er sehr starke Bauchschmerzen gehabt habe. Er habe einen bakteriellen Infekt gehabt und habe sich zum Auto hin gekrümmt und sein Bruder habe die Tür geöffnet, damit er seine Jacke reinlegen könne. Dann habe einer ihn gepackt und am Hals gegen das Auto gedrückt. Dies sei der C. gewesen. Dieser habe ihn auch beleidigt. Der C. habe ihn mit dem Rücken zum Auto gedrückt. Er habe sich aus dem Griff lösen können. Daraufhin habe er den ersten Schlag gegen den C. ausgeführt. Der sei so groß gewesen, dass er habe springen müssen. Er habe ihn ins Gesicht geschlagen, um sich zu befreien. Er habe ziemlich Angst gehabt. Er habe ihn aber höchstens mit einem Schlag leicht getroffen. Dann habe dieser aber gemerkt, dass er, [Angeklagter zu 2)], sich nicht runterdrücken lasse und dieser habe die Hände gehoben. Sein Bruder habe geschrien:“ Lass meinen Bruder los“. Sein Bruder habe neben ihm gestanden und sei an Ort und Stelle starr gewesen. Dann habe ihn der Zweite angegriffen. Es müsse der D. gewesen sein. Dieser sei mit beiden Fäusten auf ihn zugekommen. Sein Bruder habe versucht, diesen wegzuhalten, er, der Angeklagte zu 2), habe daraufhin zwei bis drei Schläge gegen den D. ausgeführt. Er habe zweimal getroffen. Der D. sei zu Boden gegangen und habe am Boden gelegen. Er habe dann nichts mehr gegen diesen gemacht. Dann sei er die Straße … ca. 40 Meter hochgelaufen. Da habe ihn der Nebenkläger verfolgt und dieser habe sich zugetraut, ihn beidhändig anzugreifen. Daraufhin habe er, der Angeklagte zu 2), einen Schlag ausgeführt und diesen im Gesicht getroffen. Da der Nebenkläger nicht sicher auf den Beinen gewesen sei, habe er gewartet, wie dieser reagiert. Der Nebenkläger habe aber beidhändig weitergekämpft und versucht, ihn im Gesicht zu treffen. Dieser habe ihn, den Angeklagten, leicht am Ohr getroffen, das daraufhin blutete. Er, der Angeklagte [zu 2)], habe dann eine Kombination aus zwei Schlägen dem Nebenkläger ins Gesicht gegeben und dieser sei zu Boden gegangen und habe da ko gelegen und „sich in die Hose geschissen“. Dann habe er Sirenen gehört und die Polizei sei gekommen. Als der Nebenkläger am Boden gelegen habe, habe er nicht weitergekämpft. Sein Bruder habe nur versucht, die Anderen wegzuhalten und habe nicht geschlagen. Er, der Angeklagte zu 2), habe immer versucht, von jedem der Angreifer wegzukommen. Er habe noch in Erinnerung, dass eine Frau ausländerfeindlich geschrien habe und gesagt habe: „Wie kann man nur so einen alten Herren schlagen“. Auch haben Menschen aus dem Fenster geschaut. Er, der Angeklagte [zu 2)], sei voller Adrenalin gewesen, wütend und habe auch beleidigt. Er habe auch gesagt: „Kommt alle raus, ich mach euch fertig“. Beim dritten Vorfall habe sein Bruder in der Gruppe beim Kiosk gestanden, ca. 25 bis 30 Meter entfernt. Wegen des bakteriellen Infekts sei er anschließend mehrere Tage im Krankenhaus gewesen. Von dem Vorfall sei er aber nicht größer verletzt gewesen. Er sei 1,64 Meter groß und wiege 62 Kilo. Er habe Angst gehabt, dass alle ihn angreifen würden.
Der Angeklagte zu 1), …, hat erklärt, er bedaure den Vorfall sehr. Der Kiosk sei einer seiner besten Kunden. Er wolle weiterhin ein gutes Verhältnis. Er habe eine neue Pizzeria eröffnet und habe an dem Tag schlichten wollen. Er sei erschrocken was passiert sei und es tue ihm leid. Es habe an dem Tag viele Bestellungen gegeben. Es habe deshalb etwas länger gedauert. Sein Bruder habe dann die zwei bis drei Pizzen schnell rübergebracht. Kurz darauf habe er angerufen und erklärt, der Besteller sei nicht da und man ignoriere ihn. Er habe ihm berichtet, dass er während des Anrufs zwar ein bis zwei Schläge bekommen habe. Sein Bruder habe ihm gesagt, dass er jetzt den Kiosk verlasse. Er sei dann hingefahren. Er sei in die Trinkhalle reingegangen und gefragt: “Wer hat die Pizza bestellt?“. Er habe keine Antwort bekommen. Schnell seien Leute um ihn rum gewesen und die seien gut angeheitert gewesen. Sein Bruder sei draußen gewesen und habe mit der Polizei telefoniert. Dabei sei er auf der anderen Straßenseite gewesen. Er sei dann zu ihm und dieser habe gesagt, er solle die Tür des Autos aufmachen. Dann sei der Zeuge C. dazwischengetreten und habe seinen Bruder am Hals gegen das Auto gedrückt. Er, der Angeklagte zu 1), sei dann einen Schritt auf den Herrn zugegangen und habe geschrien: „Loslassen“. Daraufhin habe der Zeuge C. die Hände gehoben mit der Geste, alles okay. Dann habe er gesehen, wie die anderen vier bis fünf Männer auf seinen Bruder zugelaufen seien. Er habe gerufen: “Nicht hingehen, lasst es“. Er habe zu seinem Bruder gerufen: „Bleib drüben“. Er sei zum Schlichten hingegangen, als die Anderen auf seinen Bruder zugegangen seien. Die haben versucht, ihn zu schlagen. Einer habe den Bruder getroffen, einer nicht. Die seien gut angeheitert gewesen. Die seien nicht fit gewesen. Er und sein Bruder seien nicht so erzogen worden, sich zu schlagen. Sie haben Kinder. Die könnten ihre Eltern sein. Er sei ständig dazwischen und habe versucht, die wegzuschubsen. Es habe ein Gerangel und Geschubse gegeben. Möglicherweise sei auch einer ohne Schlag zu Boden gegangen. Sein Bruder sei dann weggelaufen auf die andere Straßenseite. Die sind dann hinterhergegangen. Als jemand am Boden lag, sei dieser nicht mit Schlägen oder Tritten attackiert worden. Eine Frau habe ihn gefragt, ob er von der Pizzeria Dick & Doof sei.
Der Nebenkläger A. hat erklärt, es sei Pizza bestellt worden. Er habe Zigaretten holen wollen. Der C., der D. und der B. hätten jeweils eine Pizza bestellt. Diese sei erst 1 ½ Stunden später gekommen. Er habe in der Zwischenzeit Trockenschinken von zuhause geholt. Ein Mann habe an der Tür gestanden und habe sich was über die Finger gezogen. Dieser habe gefragt: „Wer hat was bestellt“. Er, der Nebenkläger, sei dann rausgegangen und habe gerufen: „Bitte Ruhe“ und die Hände gehoben. Als er dann wieder zu Bewusstsein gekommen sei, sei die Polizei dagewesen. D. habe ihn hochgehoben. Er habe vor dem Kiosk auf dem Asphalt gelegen und sei blutüberströmt gewesen. Er wisse nicht, wie er verletzt worden sei. Er sei dreimal an der Augenbraue und am Hinterkopf genäht worden. Er habe auch Schmerzen im Nierenbereich gehabt. Er habe immer noch Kopfschmerzen und nehme Medikamente dagegen. Er meine, der Angeklagte zu 1) habe einen Schlüssel über die Finger gezogen. Er, der Nebenkläger, habe vier bis fünf Biere getrunken.
Der Zeuge D. hat bekundet, sie hätten zwei Pizzen gegen 19:00 Uhr bestellt, die erst gegen 20:30 Uhr gekommen seien. Sie hätten dem Fahrer erklärt, sie wollen die Pizzen jetzt nicht mehr. Der Fahrer habe erklärt, „das werden wir schon sehen“. Zehn Minuten später sei der Besitzer gekommen. Dieser habe gesagt: „Das wird mir jemand bezahlen“. Der Angeklagte [zu 2)] habe ihn zweimal gegen den Kopf geschlagen. Das sei auf der anderen Straßenseite gewesen. Der Zeuge C. habe dem Angeklagten zu 1) 20,– € gegeben. Als der Nebenkläger zu dem [Angeklagtem zu 2)] gegangen sei, habe der Angeklagte zu 1) zu ihm gesagt: „Schau mal, der ist Boxer“. Und so kam es dann auch. Es habe ein bis zwei Schläge gegeben und der Nebenkläger sei zu Boden gegangen. Dies sei 10 Meter von der Tür entfernt auf der Straße … gewesen. Er habe den Nebenkläger dann hochgehoben und die Polizei sei gekommen. Es sei ein Handgemenge gewesen. Beide seien mit den Händen aneinander gewesen. Er selbst, der Zeuge D., erklärte, er habe zwei Schläge von dem [Angeklagten zu 2)] bekommen. Er sei beim Arzt gewesen. Sein Auge sei blau und geschwollen gewesen. Er habe zwei bis drei Tage Schmerzen verspürt. Er habe den Angeklagten nicht angegriffen. Dieser habe aber behauptet, er, der Zeuge D., hätte ihn, den Angeklagten, geboxt. Er sei aber nur einen Schritt auf den Angeklagten zugegangen, habe ihn aber nicht geboxt. Dabei sei er, der Zeuge, auch nicht zu Boden gegangen, sondern nur auf die Knie. Der Nebenkläger sei jedoch mit zwei Schlägen zu Boden gegangen. Als er, der Zeuge, aus dem Kiosk gekommen sei, hätten die Beiden schon 10 Meter vom Kiosk entfernt auf der Straße … zusammengestanden.
Der Zeuge E., ein Nachbar, hat bekundet, er habe auf dem Balkon gesessen und habe unten auf der Straße Schreie gehört. Er habe sich dann erhoben und habe zwei Männer gesehen, alle seien aus dem Kiosk rausgekommen. Ein älterer Mann sei dazwischen gegangen, um zwei zu trennen. Der alte Mann habe eine Faust ins Gesicht bekommen, die Anderen hätten sich nicht aggressiv gezeigt. Die beiden Angeklagten seien aber sehr aggressiv gewesen. Er sei dann schnell runtergegangen. Einer habe versucht, etwas aus dem Auto zu holen. Der, der die Faust ins Gesicht bekommen habe, habe versucht, die Tür zu schließen. Ein älterer Mann habe eine rote Kappe aufgehabt. Beide hätten sich gegenseitig geschlagen. Der alte Mann habe die Faust ins Gesicht bekommen. Der erste Fausthieb habe genügt, um ihn zu Boden zu bringen. Dann hätten sie aufgehört und diskutiert. Danach sei es wieder losgegangen. Einer der Beiden hätte aber nur in sehr aggressivem Ton geredet, aber nicht geschlagen. Es habe nur jeweils einen Schlag gegen die beiden Opfer gegeben. Als der Zweite auf die Straße gefallen sei, habe der Täter noch schlagen wollen, habe es dann aber gelassen. Auch der Erste sei zu Boden gegangen durch einen Schlag ins Gesicht. Im ersten Fall habe sich das Opfer zwischen den Angreifer und den Kollegen gestellt. Er glaube, dieser habe nur den Konflikt beruhigen wollen und nicht mal die Arme gehoben. Im zweiten Fall sei das Opfer dem Täter hinterhergelaufen. Der Täter habe ihm eine reingehauen und er sei zu Boden gegangen. Er, der Zeuge, habe zur Polizei gesagt, sie sollen mal im Auto nach Waffen schauen.
Der Zeuge B. hat bekundet, er sei in der Trinkhalle gewesen. Er, C. und D. hätten jeweils eine Pizza bestellt und zwar mit seinem Handy. Sie hätten über 40 Minuten gewartet. C. habe gefragt, wieso so spät geliefert werde. Es habe Streit mit C. gegeben. C. habe den [Angeklagten zu 2)] gepackt und mit beiden Händen gehalten. A. habe trennen wollen. Er sei dann reingegangen und habe dann nicht gesehen, was passiert sei.
Der Zeuge C. hat bekundet, die Jungs hätten Pizza bestellt. Es habe 1 ½ Stunden gedauert. Sie hätten die Pizza nicht annehmen wollen. Er, der Zeuge, habe versucht zu schlichten. Der Angeklagte und D. hätten aufeinander zugewollt. Er sei dazwischen gegangen. Der Pizzabote sei raus und wieder reingekommen. Dann habe es angefangen. Er habe zu seinen Jungs gesagt, sie sollen nicht rausgehen. Trotzdem seien sie rausgegangen. Da habe es mit den Schlägen angefangen. Den Anfang habe er aber nicht gesehen. Er sei dann zum [Angeklagten zu 2)] gegangen und habe gesagt, er solle es lassen und sich beruhigen. Der Angeklagte zu 2) habe zu seinem Bruder gesagt, er solle ihm die Tür aufmachen. Er habe zum Bruder gesagt, er solle das nicht machen. Dann habe er doch die hintere rechte Tür aufgemacht. Er, der Zeuge C., sei dann hingesprungen und habe die Tür mit der Hand zugedrückt. Dabei müsse sich der Angeklagte zu 2) die Hand eingeklemmt haben. Dann sei dieser auf ihn zu und habe ihn mit Händen und Füßen schlagen wollen. Er, der Zeuge, habe sich mit beiden Händen gewehrt und den [Angeklagten zu 2)] weggedrückt. Er, der Zeuge C., sei 1,98 Meter groß. Mit 60 Jahren schlage er sich aber nicht mehr. Dann sei der D. gekommen. Er habe zum D. gesagt, er solle nicht zum Angeklagten zu 2) gehen. Dieser sei gegenüber auf dem Gehweg gewesen. Trotzdem sei der D. hingegangen. Es habe nicht lange gedauert. Der D. habe den Angeklagten schlagen wollen. Die Zwei hätten sich dann beide geschlagen. Er wisse nicht, wer angefangen habe. Dann habe D. auf dem Boden gelegen. Man habe sehen können, dass der Angeklagte zu 2) schlagen könne. Es habe ausgesehen wie bei einem Kampfsportler oder Boxer. Er glaube, der Angeklagte zu 2) habe einen Schlüssel in die Hand genommen, damit er fester zuschlagen könne. Er habe sehr schnell und kurz geschlagen. Als der D. auf dem Boden lag, sei der Angeklagte zu 2) von ihm weggegangen. Er sei 15 bis 20 Meter die Straße … hochgelaufen. Dennoch sei der Nebenkläger zu ihm hingegangen. Er habe zum Nebenkläger gerufen: „Geh nicht hin“. Dann hätten die angefangen sich zu schlagen. A. sei gestürzt und mit dem Kopf auf den Asphalt aufgeschlagen und liegengeblieben und habe geblutet. Der Angeklagte habe zwei bis vier Schläge abgegeben. Der letzte sei genug gewesen. Am Boden sei nichts mehr passiert. Ganz zu Anfang sei der Nebenkläger auch schon mal zu Boden gegangen. Dies habe er aber nicht gesehen. Beim zweiten Mal sei der Nebenkläger sogar ohnmächtig gewesen. A. sei streitmäßig, konfliktmäßig auf den Angeklagten zu 2) zugegangen. Und zwar so, wie wenn sich jemand schlagen wolle. Es habe so ausgesehen, dass ein junger Mann auf einen 60- bis 70-Jährigen einschlägt.
Die Zeugin F. hat bekundet, sie sei auf dem Weg zum Lotto-Laden gewesen. Sie sei mit dem Inhaber befreundet. Sie habe ihr Auto geparkt und gesehen, dass jemand auf der Straße liege und zwei Männer auf ihn einschlagen und eintreten. Auch sei auf ihn eingeredet worden. Es seien zwei junge Männer gewesen. Sie habe gerufen: „Was ist hier los, hilft denn keiner“. Es sei so schlimm gewesen, sie habe nicht gewusst, wie sie habe helfen können. Sie habe gerufen: „Hört auf“. Es sei um Pizzen gegangen und um 10,– bis 20,– € Reklamation. Der jüngere der Beiden sei sehr aggressiv gewesen. Sie habe den Inhaber gefragt, ob er die Polizei gerufen habe. Es habe fast 20 Minuten gedauert bis die eingetroffen sei. Dann habe der Mann nicht mehr gelegen. Der Jüngere habe gerufen: „Komm raus“ und der Nebenkläger sei wieder rausgekommen. Sie habe gerufen, er solle stehenbleiben. Der sei aber wie paralysiert ganz langsam zu dem jüngeren Mann gegangen, der die Straße … hochgelaufen sei. Der Angeklagte zu 2) habe gerufen: „Komm doch“. Der Ältere habe vor dem Angeklagten gestanden und der Angeklagte habe auf ihn eingeredet. Der Angeklagte habe wie eine Marionette dagestanden. Der Angeklagte habe ihn provoziert und gerufen: „Wehr dich“ und habe Gesten gemacht. Der Angeklagte sei außer sich gewesen. Der Nebenkläger habe nichts gemacht. Die Arme haben runtergehangen. Sie habe etwas in der Hand des Angeklagten glitzern sehen und dann habe der auf den Kopf des Nebenklägers geschlagen. Sie habe gedacht, jetzt ist alles vorbei. Sie habe nicht helfen können. Sie habe nicht verstanden, warum der Nebenkläger hochgegangen sei. Der Jüngere habe gesagt: „Komm her“ und er ist gekommen. Es habe einen Faustschlag gegeben und er sei umgefallen. Am Boden liegend sei nichts mehr gemacht worden. Dann sei die Polizei gekommen. Beim ersten Vorfall habe sich der Nebenkläger am Boden liegend versucht zu schützen. Er sei geschlagen und getreten worden. Dabei habe der Ältere den Nebenkläger auch beschimpft und auf ihn eingeredet. Beim zweiten Vorfall sei der ältere Bruder am Kiosk gewesen und habe nur geschimpft. Er sei der Vernünftigere gewesen. Sie habe Vieles noch vor Augen. Sie sei früher von ihrem Ex-Mann schwer zusammengeschlagen und getreten worden. Sie kenne das.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte das Gericht nicht sicher feststellen, dass sich auch der Angeklagte zu 1) einer Körperverletzung strafbar gemacht hat. Zwar hat die Zeugin F. in ihrer Aussage zunächst behauptet, auch der Angeklagte zu 1) habe mitgemacht, als am Boden liegend der Nebenkläger in der ersten Aktion geschlagen und getreten wurde. Anschließend hat sie aber gesagt, der Angeklagte zu 1) habe auf den am Boden liegenden Nebenkläger eingeredet und ihn beschimpft. Keiner der anderen Zeugen hat hierzu nähere Angaben gemacht. Auch konnte nicht festgestellt werden, was dem Ganzen vorausgegangen ist. Daher konnte das Gericht nicht sicher ausschließen, dass der Nebenkläger lediglich in Notwehr zu Boden gegangen ist oder gar nur durch ein Schubsen das Gleichgewicht verloren hat. Zu der Aktion gegen den Zeugen D. konnte das Gericht nicht sicher feststellen, dass nicht der Angeklagte zu 2) mit Rechtfertigungsgrund gehandelt hat. In der 2. Aktion des Angeklagten zu 2) gegenüber dem Nebenkläger lag jedenfalls eine Provokation des Angeklagten in der Aufforderung zu ihm zu kommen und sich zu wehren vor. So muss der Angeklagte zu 2) jedenfalls zunächst einmal vor dem erkennbar betrunkenen und körperlich unterlegenen und bereits verletzten Nebenkläger zurückweichen und sich auf bloße Schutzwehr beschränken und darf nicht unter dem Deckmantel der provozierten Notwehr unmittelbar gezielt und massiv gegen den Nebenkläger vorgehen.
IV.
Damit hat sich der Angeklagte zu 2) einer vorsätzlichen Körperverletzung nach den §§ 223 Abs. 1, 230 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
Der Angeklagte zu 1), …, ist dagegen in dubio pro reo aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
Das Gericht konnte insoweit nicht sicher feststellen, dass der Angeklagte zu 1) Täter einer Körperverletzung gemeinschaftlich mit seinem Bruder gewesen ist. Die Angaben der Zeugin F. sind hierzu nicht präzise genug und werden im Übrigen von keinem der weiteren Zeugen gestützt. Insbesondere der unabhängige Zeuge E. hat bekundet, er habe keine Attacken gegen am Boden liegende Personen, mithin auch nicht vom Angeklagten zu 1), feststellen können.
V.
Das Gericht erachtet unter Abwägung sämtlicher Umstände für den Angeklagten [zu 2)] … eine Geldstrafe für ausreichend und eine solche von 150 Tagessätzen zu je 10,– € für tat- und schuldangemessen. Hierbei hat das Gericht die einschlägige Vorstrafe nur ganz gering berücksichtigt, da diese bereits acht Jahre zurückliegt. Nicht unberücksichtigt bleiben konnten jedoch die ganz erheblichen und auch lang andauernden massiven Verletzungen im Kopfbereich des Nebenklägers unter denen dieser noch heute leidet. Hierbei muss die erhebliche Brutalität und die Gefahr, dass noch schwerere Verletzungen durch den Sturz hätten eintreten können, strafschärfend berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung folgt für den Angeklagten zu 1) aus § 467 Abs. 1 StPO und für den Angeklagten zu 2) aus §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO.