Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gerichtsurteil zur strafrechtlichen Bewertung von Cannabiskonsum nach Gesetzesänderung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was bedeutet die neue Gesetzeslage für den Besitz von Cannabis?
- Welche Mengen von Cannabis sind jetzt legal und was passiert bei Überschreitung?
- Welche Strafen drohen bei unerlaubtem Besitz von Cannabis nach dem neuen Gesetz?
- Können alte Schuldsprüche wegen Cannabisbesitzes jetzt neu bewertet werden?
- Was passiert, wenn bei einer Verurteilung die neue Rechtslage nicht berücksichtigt wurde?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Fall betraf den unerlaubten Besitz von Cannabis.
- Der Angeklagte wurde ursprünglich wegen Besitzes einer größeren Menge Cannabis verurteilt.
- Aufgrund neuer Gesetzgebung wurde das Urteil überprüft und angepasst.
- Die bisherige Rechtslage sah härtere Strafen für den Besitz größerer Mengen Cannabis vor.
- Das neue Gesetz erlaubt den Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf.
- Besitzmengen über 60 Gramm sind weiterhin strafbar, jedoch mit geringeren Strafen.
- Das Gericht hat das Urteil im Schuldspruch angepasst, da die neue Rechtslage milder ist.
- Der Schuldspruch wurde geändert, um den neuen gesetzlichen Regelungen zu entsprechen.
- Die ursprüngliche Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wurde aufgehoben.
- Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen.
Gerichtsurteil zur strafrechtlichen Bewertung von Cannabiskonsum nach Gesetzesänderung
Cannabis ist in Deutschland seit einigen Jahren ein Thema, das immer wieder für Diskussionen sorgt. Während die medizinische Nutzung von Cannabis legal ist, ist der Anbau und Konsum von Cannabis zum Freizeitgebrauch nach wie vor strafbar. Im Jahr 2017 erfolgte jedoch ein bedeutender Schritt in Richtung Liberalisierung: das Gesetz zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes und anderer Gesetze (Cannabismarktgesetz, CanG). Dieses ermöglichte die Abgabe von Cannabisprodukten zu medizinischen Zwecken durch Apotheken. Doch wie wirkt sich dieses Gesetz auf die strafrechtliche Beurteilung von Delikten im Zusammenhang mit Cannabis aus?
Die Praxis zeigt, dass sich die Rechtslage in diesem Bereich komplex darstellt. Immer wieder stellt sich die Frage, ob und inwiefern ein Schuldspruch im Zusammenhang mit Cannabisdelikten aufgrund der Gesetzesänderung neu bewertet werden muss. Insbesondere die Frage, ob die Entkriminalisierung von Cannabis zu einer Änderung der Rechtsprechung führt, beschäftigt Juristen und Betroffene gleichermaßen. Im Folgenden soll ein aktuelles Gerichtsurteil näher betrachtet werden, welches genau diese Thematik beleuchtet.
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Der Fall vor Gericht
Cannabis-Besitz in München: Strafzumessung überprüft
Der Fall eines Mannes aus München, der im März 2022 über eine größere Menge Cannabis verfügte, wird nach einer Gesetzesänderung neu bewertet. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in einem aktuellen Beschluss die Revision des Angeklagten teilweise für begründet erklärt und den Fall zur erneuten Verhandlung an das Landgericht München I zurückverwiesen.
Hintergründe des Falls
Der Angeklagte wurde ursprünglich vom Amtsgericht München wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung wurden 522,13 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 32,8 Gramm THC sichergestellt. Das Gericht verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Zudem wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht München I wurde die Freiheitsstrafe bestätigt, die Unterbringung in der Entziehungsanstalt jedoch aufgehoben. Der Angeklagte legte daraufhin Revision ein.
Neue rechtliche Bewertung durch Gesetzesänderung
Während des Revisionsverfahrens trat am 1. April 2024 das neue Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis in Kraft. Dies führte zu einer grundlegenden Änderung der rechtlichen Situation. Das Bayerische Oberste Landesgericht musste nun prüfen, wie sich diese neue Gesetzeslage auf den Fall auswirkt.
Nach dem neuen Konsumcannabisgesetz (KCanG) ist der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis für Erwachsene an ihrem Wohnsitz grundsätzlich erlaubt. Der Besitz von mehr als 60 Gramm stellt jedoch weiterhin eine Straftat dar. Allerdings sieht das neue Gesetz deutlich mildere Strafen vor als das vorherige Betäubungsmittelgesetz.
Anpassung des Schuldspruchs und Aufhebung des Strafmaßes
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat den Schuldspruch an die neue Rechtslage angepasst. Der Angeklagte ist nun des „unerlaubten Besitzes von Cannabis“ schuldig. Die ursprünglich verhängte Strafe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe wurde aufgehoben. Das Gericht begründete dies damit, dass der neue gesetzliche Strafrahmen deutlich milder ist und daher eine Neubeurteilung erforderlich macht.
Zudem kritisierte das Gericht, dass die Vorinstanz die Frage einer möglichen verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht ausreichend geprüft hatte. Dies könnte zu einer weiteren Strafmilderung führen.
Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen. Dort muss nun unter Berücksichtigung der neuen gesetzlichen Bestimmungen eine angemessene Strafe festgelegt werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Diese Entscheidung verdeutlicht die unmittelbare Auswirkung des neuen Konsumcannabisgesetzes auf laufende Strafverfahren. Sie zeigt, dass Gerichte verpflichtet sind, auch in Revisionsverfahren die für den Angeklagten günstigere neue Rechtslage anzuwenden. Der Fall unterstreicht die Notwendigkeit, bei Gesetzesänderungen alle anhängigen Verfahren neu zu bewerten und gegebenenfalls Schuldsprüche anzupassen sowie Strafmaße zu überprüfen. Dies kann zu erheblichen Strafmilderungen führen und erfordert eine sorgfältige Prüfung aller relevanten Umstände, einschließlich der Schuldfähigkeit.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie wegen Cannabisbesitzes angeklagt oder verurteilt wurden, könnte dieses Urteil Ihre Situation erheblich beeinflussen. Das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG) erlaubt nun den Besitz kleinerer Mengen Cannabis für den Eigenkonsum. Selbst bei größeren Mengen sieht das Gesetz mildere Strafen vor. Ihre laufenden Verfahren oder bestehenden Urteile müssen daher möglicherweise neu bewertet werden. Dies könnte zu geringeren Strafen oder sogar zur Einstellung des Verfahrens führen. Zudem wird Ihre persönliche Situation, wie etwa eine mögliche Abhängigkeit, stärker berücksichtigt. Es ist ratsam, sich rechtlichen Rat zu holen, um die konkreten Auswirkungen auf Ihren Fall zu prüfen.
FAQ – Häufige Fragen
Du interessierst dich für legalen Cannabiskonsum? Dann bist du hier genau richtig. In unserer FAQ-Rubrik beantworten wir die wichtigsten Fragen zu diesem Thema klar, verständlich und umfassend.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was bedeutet die neue Gesetzeslage für den Besitz von Cannabis?
- Welche Mengen von Cannabis sind jetzt legal und was passiert bei Überschreitung?
- Welche Strafen drohen bei unerlaubtem Besitz von Cannabis nach dem neuen Gesetz?
- Können alte Schuldsprüche wegen Cannabisbesitzes jetzt neu bewertet werden?
- Was passiert, wenn bei einer Verurteilung die neue Rechtslage nicht berücksichtigt wurde?
Was bedeutet die neue Gesetzeslage für den Besitz von Cannabis?
Die neue Gesetzeslage zum Besitz von Cannabis in Deutschland bringt wesentliche Änderungen mit sich. Erwachsene ab 18 Jahren dürfen nun legal bis zu 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum besitzen. Diese Menge bezieht sich auf getrocknete Cannabisblüten oder vergleichbares Pflanzenmaterial. Im privaten Bereich ist der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis erlaubt. Diese Regelung gilt für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort der Person.
Zusätzlich zum Besitz von getrocknetem Cannabis ist es Erwachsenen nun auch gestattet, bis zu drei lebende Cannabispflanzen zu Hause anzubauen. Dies ermöglicht den privaten Eigenanbau in begrenztem Umfang. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Gesamtmenge des besessenen Cannabis, unabhängig davon ob es sich um getrocknetes Material oder lebende Pflanzen handelt, 50 Gramm nicht überschreiten darf.
Die neuen Bestimmungen zielen darauf ab, den Schwarzmarkt einzudämmen und gleichzeitig den Jugendschutz zu stärken. Für Minderjährige bleibt der Besitz von Cannabis weiterhin verboten. Zudem gelten für junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren strengere Regeln bezüglich der erlaubten Besitzmengen und des THC-Gehalts.
Es ist zu beachten, dass der Konsum von Cannabis in der Öffentlichkeit Einschränkungen unterliegt. In bestimmten Bereichen, wie beispielsweise in der Nähe von Schulen, Kindertagesstätten oder öffentlichen Sportanlagen, ist der Konsum generell untersagt. Diese Regelungen dienen dem Schutz von Kindern und Jugendlichen.
Die Gesetzesänderung hat auch Auswirkungen auf die strafrechtliche Beurteilung von Cannabisdelikten. Gerichte müssen nun prüfen, ob das neue Cannabisgesetz oder das bisherige Betäubungsmittelgesetz für den Angeklagten günstiger ist. Dies kann in einigen Fällen zu einer Reduzierung der Strafe führen, insbesondere wenn es sich um Besitzdelikte handelt, die nun innerhalb der erlaubten Grenzen liegen.
Trotz der Legalisierung bleibt der Handel mit Cannabis außerhalb der genehmigten Strukturen strafbar. Das Gesetz sieht vor, dass Cannabis nur über lizenzierte Anbauvereinigungen oder im Rahmen des Eigenanbaus erworben werden darf. Der Verkauf auf dem Schwarzmarkt bleibt illegal und wird weiterhin strafrechtlich verfolgt.
Die neue Gesetzeslage erfordert von den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Fälle. Sie müssen nun genau prüfen, ob die Tathandlung nach dem neuen Recht noch strafbar ist oder ob sie in den Bereich der erlaubten Mengen fällt. Dies kann in der Praxis zu Herausforderungen führen, da die Abgrenzung zwischen legalem und illegalem Besitz nun genauer definiert werden muss.
Welche Mengen von Cannabis sind jetzt legal und was passiert bei Überschreitung?
Das neue Cannabisgesetz in Deutschland erlaubt Erwachsenen ab 18 Jahren den Besitz bestimmter Mengen Cannabis für den Eigenkonsum. Im öffentlichen Raum dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis mitgeführt werden. Zu Hause ist die Aufbewahrung von maximal 50 Gramm gestattet. Zusätzlich ist der private Anbau von bis zu drei weiblichen, blühenden Cannabispflanzen pro volljähriger Person erlaubt.
Bei Überschreitung dieser Mengen drohen rechtliche Konsequenzen. Der Besitz größerer Mengen Cannabis gilt weiterhin als Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz. Die genauen Strafen hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie der Menge des überschüssigen Cannabis und möglichen Vorstrafen. In der Regel werden Geldstrafen oder Freiheitsstrafen verhängt.
Besonders streng geahndet wird die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige. Das Gesetz sieht hierfür ein erhöhtes Mindeststrafmaß von zwei Jahren Freiheitsstrafe vor, wobei eine Bewährungsstrafe ausgeschlossen ist. Diese Verschärfung unterstreicht den Fokus auf den Jugendschutz im neuen Cannabisgesetz.
Das Gesetz differenziert zwischen verschiedenen Altersgruppen. Für junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren gelten strengere Regeln bezüglich der erlaubten Mengen und des THC-Gehalts. Diese Abstufung soll dem erhöhten Gefährdungspotenzial für jüngere Konsumenten Rechnung tragen.
Der Konsum von Cannabis in der Öffentlichkeit unterliegt ebenfalls Einschränkungen. In bestimmten Bereichen, wie in der Nähe von Schulen, Kindertagesstätten oder öffentlichen Sportanlagen, ist der Konsum generell verboten. Verstöße gegen diese Regelungen können mit Bußgeldern geahndet werden.
Für den Straßenverkehr gelten besondere Vorschriften. Das Führen eines Fahrzeugs unter Cannabiseinfluss bleibt verboten. Die Bundesregierung plant, einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut festzulegen. Bei Überschreitung dieses Werts drohen empfindliche Geldbußen von bis zu 3.000 Euro, Fahrverbote und Punkte in Flensburg.
Die neuen Regelungen zielen darauf ab, den Schwarzmarkt einzudämmen und gleichzeitig den Jugend- und Gesundheitsschutz zu stärken. Durch die kontrollierte Freigabe soll die Qualität des konsumierten Cannabis verbessert und der Zugang zu verunreinigten Produkten erschwert werden.
Es ist wichtig zu betonen, dass trotz der Teillegalisierung der Konsum von Cannabis weiterhin gesundheitliche Risiken birgt. Das Gesetz sieht daher verstärkte Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen vor, insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene.
Die Umsetzung und Auswirkungen des Gesetzes werden wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Nach einem Jahr ist eine erste Bewertung geplant, gefolgt von weiteren Auswertungen nach zwei und vier Jahren. Diese Evaluationen sollen mögliche Anpassungen des Gesetzes ermöglichen, um auf unerwünschte Entwicklungen reagieren zu können.
Welche Strafen drohen bei unerlaubtem Besitz von Cannabis nach dem neuen Gesetz?
Das neue Cannabisgesetz (CanG) sieht abgestufte Sanktionen für den unerlaubten Besitz von Cannabis vor. Bei geringfügigen Überschreitungen der erlaubten Mengen drohen zunächst Bußgelder. Der Besitz von mehr als 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum oder mehr als 50 Gramm zu Hause kann mit Bußgeldern zwischen 500 und 1000 Euro geahndet werden.
Strafrechtlich relevant wird der Besitz größerer Mengen Cannabis. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) ist der Besitz von mehr als 30 Gramm Cannabis außerhalb des Wohnsitzes oder mehr als 60 Gramm am Wohnsitz strafbar. Gleiches gilt für den Besitz von mehr als drei lebenden Cannabispflanzen. In diesen Fällen droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Besonders streng geahndet wird der Cannabiskonsum in der Nähe von Kindern und Jugendlichen. Wer vor Minderjährigen Cannabis konsumiert, muss mit einem Bußgeld von 1000 Euro rechnen. Der Konsum in der Nähe von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen oder Jugendeinrichtungen kann mit 500 Euro Bußgeld belegt werden.
Für den unsachgemäßen Umgang mit Cannabis im privaten Bereich sieht das Gesetz ebenfalls Sanktionen vor. Die nicht kindersichere Aufbewahrung von Cannabis zu Hause kann Bußgelder zwischen 500 und 750 Euro nach sich ziehen.
Es ist wichtig zu beachten, dass der Handel mit Cannabis weiterhin illegal bleibt und strafrechtlich verfolgt wird. Auch der Verkauf an Minderjährige wird nach dem neuen Gesetz strenger bestraft als bisher.
Das Gesetz zielt darauf ab, den Jugendschutz zu stärken und gleichzeitig den Schwarzmarkt einzudämmen. Durch die Teillegalisierung und kontrollierten Abgabe soll die Qualität des Cannabis besser überwacht und gesundheitliche Risiken minimiert werden.
Die Umsetzung und Kontrolle der neuen Regelungen obliegt den Ländern und Kommunen. Hamburg hat beispielsweise bereits ein detailliertes Bußgeldkonzept für Verstöße gegen das Cannabisgesetz vorgelegt.
Für Konsumenten ist es ratsam, sich genau über die erlaubten Mengen und Konsumregeln zu informieren, um unbeabsichtigte Gesetzesverstöße zu vermeiden. Bei Unsicherheiten bezüglich der rechtlichen Situation empfiehlt sich die Konsultation eines Rechtsbeistands.
Können alte Schuldsprüche wegen Cannabisbesitzes jetzt neu bewertet werden?
Das neue Cannabisgesetz ermöglicht tatsächlich eine Neubewertung früherer Schuldsprüche wegen Cannabisbesitzes. Die Justiz ist nun verpflichtet, zahlreiche Urteile zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Für Personen, die vor dem 1. April 2024 wegen Cannabisdelikten verurteilt wurden, die nach dem neuen Gesetz nicht mehr strafbar sind, besteht die Möglichkeit einer Amnestie. Dies bedeutet, dass bereits verhängte Haft- oder Geldstrafen erlassen werden können. Die Justizbehörden müssen diese Fälle so behandeln, als hätte die Tat nie stattgefunden.
Die Überprüfung betrifft insbesondere Urteile, bei denen der Besitz oder Anbau geringer Mengen Cannabis für den Eigenkonsum bestraft wurde. Nach dem neuen Gesetz ist der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für Erwachsene erlaubt. Auch der private Anbau von bis zu drei Cannabispflanzen ist nun legal. Schuldsprüche, die sich auf Mengen innerhalb dieser Grenzen beziehen, können aufgehoben werden.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle früheren Verurteilungen automatisch aufgehoben werden. Jeder Fall muss individuell geprüft werden. Die Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen die Akten sorgfältig durchgehen, um festzustellen, ob die Tat nach dem neuen Gesetz noch strafbar wäre. Dies stellt eine erhebliche Arbeitsbelastung für die Justiz dar, da tausende Fälle überprüft werden müssen.
Besonders komplex wird die Neubewertung bei sogenannten Mischfällen. Hierbei handelt es sich um Verurteilungen, bei denen neben Cannabisdelikten auch andere Straftaten begangen wurden. In diesen Fällen muss eine Neufestsetzung der Strafe erfolgen, was eine detaillierte juristische Prüfung erfordert.
Für Betroffene ist es ratsam, sich aktiv um eine Überprüfung ihres Falls zu bemühen. Sie können einen Antrag auf Überprüfung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft oder dem Gericht stellen, das das ursprüngliche Urteil gefällt hat. Es empfiehlt sich, dabei anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um die Erfolgsaussichten zu maximieren.
Es ist zu beachten, dass die Neubewertung nur für noch nicht vollstreckte Strafen gilt. Bereits verbüßte Haftstrafen oder gezahlte Geldstrafen werden nicht rückwirkend erstattet. Auch Einträge im Bundeszentralregister können unter Umständen gelöscht werden, was für die berufliche und soziale Rehabilitation der Betroffenen von großer Bedeutung sein kann.
Die Umsetzung dieser Amnestieregelung stellt die Justiz vor erhebliche praktische Herausforderungen. Die manuelle Durchsicht der Akten ist zeitaufwendig, und es fehlen oft die personellen Ressourcen für eine zügige Bearbeitung. Dies kann zu Verzögerungen bei der Neubeurteilung der Fälle führen.
Trotz dieser Herausforderungen bietet das neue Gesetz vielen Menschen die Chance auf eine Korrektur früherer Verurteilungen. Es spiegelt den gesellschaftlichen und rechtlichen Wandel im Umgang mit Cannabis wider und kann für viele Betroffene eine erhebliche Erleichterung bedeuten.
Was passiert, wenn bei einer Verurteilung die neue Rechtslage nicht berücksichtigt wurde?
Bei einer Verurteilung, die die neue Rechtslage nicht berücksichtigt, ergeben sich für Betroffene wichtige Handlungsmöglichkeiten. Das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (CanG) ist am 1. April 2024 in Kraft getreten und hat die rechtliche Situation grundlegend verändert.
Betroffene, deren Urteil noch nicht rechtskräftig ist, können eine Revision einlegen. Dies ermöglicht es, den Schuldspruch an die neue, für den Angeklagten günstigere Rechtslage anzupassen. Das Revisionsgericht ist verpflichtet, gemäß § 2 Abs. 3 StGB und § 354a StPO die Änderungen der anwendbaren Normen zu berücksichtigen.
Ein konkretes Beispiel verdeutlicht diesen Prozess: In einem Fall vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht wurde der Schuldspruch eines Amtsgerichts aufgrund der Gesetzesänderung modifiziert. Der ursprüngliche Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln wurde in „unerlaubter Besitz von Cannabis“ umgewandelt. Gleichzeitig wurden die angewandten Vorschriften aktualisiert, um die neuen gesetzlichen Bestimmungen widerzuspiegeln.
Für Personen in laufenden Verfahren ist es ratsam, ihre Verteidigung auf die neue Rechtslage auszurichten. Sie sollten darauf hinweisen, dass bestimmte Handlungen im Zusammenhang mit Cannabis, die vorher strafbar waren, nun unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sind. Das KCanG (Konsumcannabisgesetz) sieht beispielsweise vor, dass der Besitz von Cannabis in begrenztem Umfang legal ist.
Es ist von großer Bedeutung, dass Betroffene oder ihre Rechtsvertreter aktiv werden. Sie sollten prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Anpassung des Schuldspruchs oder sogar für einen Freispruch vorliegen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf das Strafmaß oder sogar auf die grundsätzliche Strafbarkeit haben.
In Fällen, in denen das Urteil bereits rechtskräftig ist, könnte unter Umständen eine Wiederaufnahme des Verfahrens in Betracht gezogen werden. Die Erfolgsaussichten hierfür müssen im Einzelfall sorgfältig geprüft werden, da die Hürden für eine Wiederaufnahme generell hoch sind.
Betroffene sollten sich bewusst sein, dass die Gerichte verpflichtet sind, das mildere Recht anzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn das mildere Gesetz erst nach der Tat, aber vor der abschließenden Entscheidung in Kraft getreten ist. Diese Regelung findet sich in § 2 Abs. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) und dient dem Schutz des Angeklagten vor einer unverhältnismäßigen Bestrafung.
Die Anpassung des Schuldspruchs kann weitreichende Folgen haben. Sie kann nicht nur zu einer Reduzierung des Strafmaßes führen, sondern in manchen Fällen sogar dazu, dass eine Handlung, die zum Tatzeitpunkt strafbar war, nach neuem Recht nicht mehr strafbar ist. In solchen Fällen muss das Gericht einen Freispruch aussprechen.
Für eine effektive Verteidigung ist juristische Unterstützung unerlässlich. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann die komplexen rechtlichen Änderungen analysieren und die bestmögliche Strategie entwickeln, um die Interessen des Betroffenen zu wahren. Er kann auch einschätzen, ob und wie die neuen gesetzlichen Bestimmungen im konkreten Fall anwendbar sind.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Unerlaubter Besitz von Cannabis: Das bedeutet, dass jemand Cannabis besitzt, ohne die dafür erforderliche Genehmigung oder ohne dass es durch das Gesetz erlaubt ist. Der unerlaubte Besitz ist strafbar, und die genaue Menge des Cannabis bestimmt die Schwere der Strafe.
- Konsumcannabisgesetz (KCanG): Dieses Gesetz regelt den kontrollierten Umgang mit Cannabis für den Eigenkonsum. Es legt fest, wie viel Cannabis eine Person besitzen darf, ohne strafrechtlich verfolgt zu werden, und welche Strafen bei Verstößen drohen. Seit April 2024 erlaubt es Erwachsenen den Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis zu Hause.
- Betäubungsmittelgesetz (BtMG): Das BtMG regelt den Umgang mit Betäubungsmitteln in Deutschland. Es verbietet den Besitz, Anbau und Handel von Cannabis, außer zu medizinischen Zwecken. Mit dem Inkrafttreten des KCanG wurde Cannabis aus diesem Gesetz entfernt.
- Schuldspruch: Das ist das Ergebnis eines Strafverfahrens, bei dem das Gericht entscheidet, ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht. Im vorliegenden Fall wurde der Schuldspruch aufgrund einer Gesetzesänderung angepasst, was bedeutet, dass die Strafe neu bewertet wurde.
- Entziehungsanstalt: Eine Einrichtung, in der Personen untergebracht werden, die eine Suchttherapie benötigen. Das Gericht kann anordnen, dass ein Angeklagter dort untergebracht wird, wenn er eine Abhängigkeit von Drogen hat. In diesem Fall wurde diese Maßnahme in der Berufung aufgehoben.
- Revision: Ein Rechtsmittel, das gegen ein Urteil eingelegt wird, um es von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Im Fall des Münchners hat die Revision dazu geführt, dass das Urteil teilweise aufgehoben und der Fall zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen wurde.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 3 StGB (Strafgesetzbuch): Das Strafgesetzbuch regelt, welches Verhalten in Deutschland strafbar ist und welche Strafen dafür drohen. § 2 Abs. 3 StGB besagt, dass bei einer Gesetzesänderung nach der Tat, aber vor dem Urteil, das mildere Gesetz anzuwenden ist. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass das neue Cannabisgesetz (KCanG) gilt, da es milder ist als das alte Betäubungsmittelgesetz (BtMG).
- § 354a StPO (Strafprozessordnung): Die Strafprozessordnung regelt das Verfahren vor Gericht in Strafsachen. § 354a StPO erlaubt dem Revisionsgericht, das Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, das das Urteil gefällt hat, wenn es Rechtsfehler feststellt. Im vorliegenden Fall hat das Bayerische Oberste Landesgericht von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, da das Landgericht das neue Cannabisgesetz nicht berücksichtigt hatte.
- § 318 StPO (Strafprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte nur gegen das Strafmaß, nicht aber gegen den Schuldspruch Berufung eingelegt haben. Das Landgericht war daher an den Schuldspruch des Amtsgerichts gebunden, musste aber das Strafmaß aufgrund des neuen Cannabisgesetzes neu überprüfen.
- § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (Betäubungsmittelgesetz): Dieser Paragraph definierte den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Straftat. Da Cannabis nicht mehr unter das BtMG fällt, ist dieser Paragraph im vorliegenden Fall nicht mehr relevant.
- § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) KCanG (Konsumcannabisgesetz): Dieser Paragraph stellt den unerlaubten Besitz von Cannabis unter Strafe. Im vorliegenden Fall ist er relevant, da der Angeklagte mehr als die erlaubte Menge Cannabis besessen hat. Das Gericht muss nun prüfen, ob es sich um einen besonders schweren Fall handelt und welche Strafe angemessen ist.
Das vorliegende Urteil
BayObLG – Az.: 206 StRR 122/24 – Beschluss vom 12.04.2024
Lesen Sie hier das Urteil…
I. Auf die Revision des Angeklagten wird
1. das Urteil des Amtsgerichts München vom 29. Juni 2023 im Schuldspruch und in der Liste der angewendeten Strafvorschriften wie folgt geändert:
„Der Angeklagte ist schuldig des unerlaubten Besitzes von Cannabis.
Angewandte Vorschriften: § 1 Nrn. 4 und 8, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit.b) KCanG“,
2. das Urteil des Landgerichts München I vom 28. November 2023 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht – Schöffengericht – München hat mit Urteil vom 29. Juni 2023 gegen den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten verhängt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und die Einziehung sichergestellter Anbauutensilien angeordnet.
Das Amtsgericht hat hierzu festgestellt, dass der Angeklagte am 4. März 2022 in seiner Wohnung wissentlich die tatsächliche Sachherrschaft über 522,13 Gramm Marihuana ausübte, mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 32,8 Gramm Tetrahydrocannabinol, den der Angeklagte für möglich hielt und in Kauf nahm. Der Angeklagte beabsichtigte, das Marihuana selbst zu konsumieren.
Auf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, die jeweils die Beschränkung ihres Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch erklärt hatten, hat das Landgericht München I das Ersturteil im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass es eine Freiheitsstrafe in gleicher Höhe verhängt und sowohl die Maßregel der Unterbringung als auch die Einziehung – wegen insoweit erklärten Verzichts des Angeklagten auf Rückgabe – in Wegfall gebracht hat.
Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, die mit der nicht ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet wird.
Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Stellungnahme vom 6. März 2024, die Revision kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.
II.
Der aus dem Beschlusstenor ersichtliche Erfolg der Revision beruht maßgeblich auf der zum 1. April 2024 in Kraft getretenen Änderung der anwendbaren Normen durch das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 27. März 2024 (CanG; Bundesgesetzblatt 2024 Teil I Nr. 109), welchen das Revisionsgericht gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO Rechnung zu tragen hatte. Darüber hinaus zwingt auch eine durchgreifende Erörterungslücke in den Gründen zur Strafzumessung zur Aufhebung des Strafausspruchs.
1. Der rechtskräftige Schuldspruch des Ersturteils und die Rechtsfolgenbestimmung des Berufungsurteils stützen sich auf rechtliche Grundlagen, die infolge der seit 1. April 2024 geänderten Gesetzeslage für den Besitz von Marihuana nicht mehr anwendbar sind.
a) Das Landgericht ist, zum Entscheidungszeitpunkt ohne Rechtsfehler, aufgrund der gemäß § 318 StPO wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufungen von der Teilrechtskraft des Schuldspruchs aus dem Urteil des Amtsgerichts und seiner Bindung an die zugrundeliegenden Feststellungen ausgegangen. Nach diesen Feststellungen war der Angeklagte zum Tatzeitpunkt im Besitz von 522,13 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 32,8 Gramm Tetrahydrocannabinol und war damit schuldig des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß dem Qualifikationstatbestand § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Das Landgericht hat seiner Strafzumessung den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG, der eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht, zugrunde gelegt und die Anwendung des Strafrahmens des § 29a Abs. 2 BtMG für minder schwere Fälle, der von drei Monaten bis zu fünf Jahren reicht, abgelehnt.
b) Zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung entspricht dies nicht mehr geltendem Recht. Artikel 3 des CanG hat die Anlage I zum BtMG dahingehend geändert, dass die Position „Cannabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen)“ gestrichen wurde. Das BtMG ist damit auf den gegenständlichen Fall nicht mehr anwendbar. Es gilt nunmehr statt dessen das unter Artikel 1 des CanG beschlossene Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG). Gemäß § 1 Nr. 4 KCanG erstreckt sich dessen Anwendung auf Marihuana, verstanden als die getrockneten Blüten und die blütennahen Blätter der Cannabispflanze. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 KCanG ist der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis (Gewicht nach dem Trocknen) durch Erwachsene an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt – wie es gegenständlich der Fall war – erlaubt. Der Besitz von mehr als 60 Gramm der bezeichneten Substanz unter den bezeichneten Voraussetzungen erfüllt den Straftatbestand des § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) KCanG, der als Rechtsfolge Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe androht. Bezieht sich der Besitz auf eine nicht geringe Menge, kommt, ausgestaltet als Strafzumessungsnorm, die Annahme eines besonders schweren Falls mit einer Strafandrohung von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe in Betracht, § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG. Einen Qualifiktionstatbestand für den Fall des Besitzes von Cannabis in nicht geringer Menge, der sich im Schuldspruch niederzuschlagen hätte, sieht das KCanG nicht vor.
2. Das Revisionsgericht hat auf die vom Revisionsführer erhobene Sachrüge hin den Schuldspruch, auf den das Erstgericht erkannt hat, an die geänderte, dem Angeklagten günstigere Rechtslage angepasst.
a) Die infolge der beschränkten Berufung eingetretene Teilrechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils im Schuldspruch steht dem nicht entgegen.
Das Revisionsgericht hat auch ohne entsprechende Rüge von Amts wegen zu prüfen, ob eine Beschränkung des Rechtsmittels, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist, wirksam ist (KK-StPO/Paul, 9. Aufl. 2023, § 318 Rn. 11 m.w.N.). Die Beschränkung eines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch kann dann keinen Bestand haben, wenn es sich bei dem angewendeten Gesetz um eine nichtige oder – wie vorliegend – nicht mehr geltende Strafvorschrift handelt (BayObLG, Urteil vom 26. September 1962, RevReg 1 St 156/62, BayObLGSt 1962, 216, 217 = NJW 1962, 2213; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl. 2023, § 318 Rn. 17; MünchKomm-StPO/Quentin, 2. Aufl. 2024, § 318 Rn. 52, je m.w.N.; für den Fall einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision vgl. KK-StPO/Gericke a.a.O. § 354 Rn. 16; MünchKomm-StPO/Knauer/Kudlich, 1. Aufl. 2019, § 354a Rn. 6; BGH, Urteil vom 12. Februar 1974, 1 StR 610/73, juris Rn. 7; Urteil vom 22. Januar 1974, 1 StR 490/73, juris Rn. 4).
Zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Berufungsgericht ist dieses zutreffend von einer wirksamen Rechtsmittelbeschränkung ausgegangen und hat zurecht davon abgesehen, eigene Feststellungen zu treffen und eine neue Entscheidung über den Schuldspruch zu treffen. Insoweit kann auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft (Vorlageschreiben S. 2 f.) Bezug genommen werden.
Das Revisionsgericht trifft jedoch gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO Verpflichtung und Befugnis, bei seiner Prüfung das erst im Laufe des Revisionsverfahrens, und im Übrigen erst nach Abfassung der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft in Kraft getretene (mildere) Recht anzuwenden. Dies führt dazu, dass die eingetretene Rechtskraft des Schuldspruchs zu durchbrechen ist.
b) Der Senat kann aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls den Schuldspruch des Erstgerichts selbst ändern.
aa) Stellt das Revisionsgericht fest, dass die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, ist die Sache regelmäßig gemäß § 354 Abs. 2 StPO an das Berufungsgericht zur Nachholung der unterlassenen Entscheidung zurückzuverweisen. Eine eigene Entscheidung über den verwirklichten Straftatbestand ist dem Revisionsgericht in einem solchen Fall grundsätzlich nicht möglich, denn das Berufungsgericht hat sich an die Feststellungen des Erstgerichts gebunden erachtet und keine eigenen Feststellungen zur Schuldfrage, die das Rechtsmittelgericht zugrunde legen könnte, getroffen.
bb) Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in seinem Urteil vom 26. September 1962, ebenfalls für den Fall einer zwischenzeitlichen Gesetzesänderung, erwogen, ob von einer Zurückverweisung abgesehen und die Schuldfrage durch das Revisionsgericht entschieden werden kann, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Berufungsgericht denselben Sachverhalt wie das Amtsgericht festgestellt hätte. Da im konkreten Fall jedoch die Gründe des Berufungsurteils keine ausreichende Grundlage für eine solche Annahme boten, hat es die Frage offengelassen. (BayObLG a.a.O., BayObLGSt 1962, 216, 218).
Für die vorliegende Sache bejaht der Senat die eigene Entscheidungszuständigkeit. Die Feststellungen des Amtsgerichts zum Tathergang sind, ungeachtet eines noch aufzuzeigenden geringfügigen Darstellungsfehlers, widerspruchsfrei und vollständig. Sie lassen die Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen sowohl des damals maßgeblichen § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als auch des nun anzuwendenden § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) KCanG lückenlos erkennen. Das Landgericht hat diese Feststellungen erkennbar einer eigenen Prüfung und Beurteilung unterzogen, denn es hat eine geringfügige Berechnungsungenauigkeit hinsichtlich des Wirkstoffgehalts verschiedener vom Angeklagten aufbewahrter Betäubungsmittel-Teilmengen aufgezeigt und zutreffend dargelegt, dass dies die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung nicht hindere (UA S. 4 f.). Wiedergegeben ist zudem die Einlassung des Angeklagten, in der er regelmäßigen Cannabiskonsum sowie den Anbau von Cannabis-Pflanzen einräumt (UA S. 17), der Umstand, dass die gegenständliche Menge bei einer Durchsuchung aufgefunden worden war (UA S. 18) sowie das vom Angeklagten bereits in erster Instanz abgegebene Geständnis (UA S. 19). Der Senat hat, auch im Hinblick auf die Überschaubarkeit des maßgeblichen Sachverhalts, unter diesen Umständen keine Zweifel, dass das Berufungsgericht, hätte es eigene Erhebungen getroffen, dieselben Umstände festgestellt hätte. Da die maßgeblichen Elemente des Tatgeschehens – Art des Betäubungsmittels, Menge, Wirkstoffgehalt, Ort der Aufbewahrung und Tatvorsatz – auch für die Beurteilung der Strafbarkeit nach der geänderten Rechtslage ausreicht und keine ergänzenden Feststellungen notwendig sind, legt der Senat im Wege des Durchgriffs auf das Ersturteil dessen festgestellten Sachverhalt seiner rechtlichen Wertung zugrunde.
Er stellt für das weitere Verfahren vorsorglich klar, dass damit auch die Fortgeltung der innerprozessualen Bindungswirkung dieser Feststellungen unberührt bleibt.
c) Die Formulierung des verwirklichten Tatbestandes, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, ergibt sich aus § 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b KCanG. Der Zusatz „in nicht geringer Menge“ ist entfallen, denn ein entsprechender Qualifikationstatbestand ist im KCanG nicht vorgesehen; bei § 34 Abs. 3 KCanG handelt es sich um eine bloße Strafzumessungsnorm.
Da im KCanG, anders als im BtMG, der Besitz von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, hält es der Senat zur Klarstellung zudem für erforderlich, anders als bei den Straftatbeständen nach dem BtMG (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2020, 3 StR 353/19, BeckRS 2020, 10148), in den Schuldspruch aufzunehmen, dass es sich um „unerlaubten“ Besitz handelt.
3. Der Strafausspruch des Berufungsurteils kann indessen keinen Bestand haben. Zum einen sind die von § 34 KCanG für den Regelfall und auch für den besonders schweren Fall vorgesehenen Strafrahmen erheblich milder als der vom Landgericht gewählte Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG. Zum anderen erweisen sich die Urteilsgründe zur Nichtanwendung des § 21 StGB als lückenhaft.
a) Das Landgericht hat seiner Strafbemessung den Strafrahmen des Qualifikationstatbestandes des § 29a Abs. 1 BtMG zugrunde gelegt, der eine Mindeststrafe von einem Jahr vorsieht. Einen minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG hat es nicht angenommen.
aa) Nach § 34 Abs. 3 KCanG beträgt die Strafdrohung selbst bei Annahme eines besonders schweren Falls Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu 5 Jahren. Die vom angegriffenen Urteil verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten übersteigt diese Mindeststrafe so erheblich, dass das Revisionsgericht, nicht ausschließen kann, dass die Strafe selbst bei Anwendung dieses erhöhten Strafrahmens nach der geänderten Gesetzeslage milder ausgefallen wäre.
bb) Soweit das Landgericht in den Gründen vorsorgliche Ausführungen dahin gemacht hat, dass auch der mildere Strafrahmen nicht zu einer geringeren Strafe geführt hätte, halten diese (nicht näher begründeten) hypothetischen Erwägungen angesichts der beträchtlichen Höhe der verhängten Freiheitsstrafe rechtlicher Überprüfung nicht stand. Sie entsprechen nicht den Anforderungen, die nach der neuen Rechtslage gelten. Bei § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG handelt es sich lediglich um ein Regelbeispiel, das schon nach allgemeinen Regeln eine Gesamtabwägung aller im Einzelfall maßgeblichen subjektiven und objektiven Umstände voraussetzt. Zudem geht der Gesetzgeber davon aus, dass – infolge einer „geänderten Risikobewertung“, die dem CanG zugrunde liegt (BT-Drucksache 20/8704 S. 69) – die Höhe der nicht geringen Menge für Cannabisprodukte nach Inkrafttreten des KCanG deutlich höher liegen werde als nach der bisherigen Rechtsprechung (BT-Drucksache 20/10426 S. 140). Es liegt zwar nicht fern, dass die festgestellte Wirkstoffmenge von 32,8 Gramm THC die Grenze zur nicht geringen Menge überschreitet, gleichwohl wird eine Gesamtwürdigung der relevanten Strafzumessungstatsachen unter Berücksichtigung auch aller gewichtigen Milderungsgründe anzustellen sein.
b) Die Urteilsgründe zur Strafzumessung weisen zudem einen durchgreifenden Erörterungsmangel zur Frage der Anwendung der § 21, § 49 StGB auf.
Nach den zum persönlichen Werdegang und zur Persönlichkeit des Angeklagten getroffenen Feststellungen (UA S. 7 ff.) drängt sich eine Erörterung der Voraussetzungen des § 21 StGB auf; dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Stellungnahme vom 6. März 2014 zutreffend dargelegten engen Voraussetzungen für die Annahme eingeschränkter Schuldfähigkeit bei Betäubungsmittelabhängigkeit (Vorlageschreiben S. 4 f.). Das Landgericht hat gesehen, dass die Anwendung des § 21 StGB der Prüfung bedarf, doch greift der bloße Hinweis darauf, der Angeklagte sei bereits für die erste Instanz zur Klärung der Schuldfähigkeit begutachtet worden (UA S. 5 f.) insoweit zu kurz. Weder das Ergebnis des Gutachtens, noch die Anknüpfungstatsachen, von denen der Sachverständige ausgegangen ist, noch seine Schlussfolgerungen werden mitgeteilt (zur Erforderlichkeit entsprechender Darlegungen vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Auflage 2023, § 267 Rn. 13 m.w.N.)
Unter den bindend gewordenen Feststellungen des Amtsgerichts zitieren die Urteilsgründe aus dem Urteil des Amtsgerichts, dass die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, weder aufgehoben noch erheblich beeinträchtigt gewesen sei (UA S. 16). Dies lässt besorgen, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft von einer innerprozessualen Bindungswirkung dieser Feststellungen ausgegangen ist. Feststellungen des Erstgerichts zur Verminderung der Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB gehören jedoch nur zum Rechtsfolgenausspruch, über den das Berufungsgericht eigenständig und ohne Bindung zu befinden hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015, 3 StR 363/15, BeckRS 2015, 20784 Rn. 11).
Auch auf diesem Erörterungsmangel beruht die Bemessung der Strafhöhe. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei der gebotenen Erörterung der Voraussetzungen des § 21 StGB zur Anwendung eines milderen Strafrahmens und zur Festsetzung einer geringeren Strafe gelangt wäre.
4. Von der Aufhebung der Rechtsfolgenentscheidung ist auch die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB erfasst.
Für sich gesehen weisen die Urteilsgründe insoweit zwar keine Rechtsfehler auf. Die Aufhebung erfolgt, weil im vorliegenden Fall ein untrennbarer Zusammenhang mit der auszusprechenden Strafe besteht, und um dem neuen Tatgericht insoweit eine widerspruchsfreie Entscheidung auf der Grundlage der gesetzgeberischen Wertungen, die dem KCanG zugrunde liegen, zu ermöglichen.
III.
Auf die Revision des Angeklagten war daher der Schuldspruch an die geänderte Gesetzeslage anzupassen und das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben.
Die Sache wird im aufgehobenen Umfang an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zur neuen Verhandlung und Entscheidung nach Maßgabe der nunmehr geltenden Strafvorschriften des KCanG zurückverwiesen.