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Störung des Bahnbetriebes und Nötigung durch Anketten an Bahnschienen

LG Flensburg . Az.: III Ns 62/10 – Urteil vom 17.12.2010

Auf die Berufung der Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Husum vom 03.06.2010 im Rechtsfolgenausspruch geändert:

Die Angeklagte wird zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verurteilt.

Die unter der Nummer …/.. bei der Staatsanwaltschaft asservierten Gegenstände werden eingezogen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Angeklagte.

Gründe

Die Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Husum vom 03. Juni 2010 wegen Störung öffentlicher Betriebe in Tateinheit mit Nötigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verurteilt. Die unter der Nummer …/.. bei der Staatsanwaltschaft Flensburg asservierten Gegenstände wurden eingezogen. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufung blieb weitgehend erfolglos.

Hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Ergänzende Auskünfte hat die Angeklagte auch gegenüber der Kammer nicht vorgenommen, sondern sich umfassend auf ihr Aussageverweigerungsrecht bezogen. Die Angeklagte ist nicht vorbestraft.

Bei der Bahnverbindung von H. nach J. handelt es sich um eine eingleisige Strecke, die von der DB Netz AG betrieben wird und auf der die NOB den Zugverkehr von H. nach J. wahrnimmt. Sonntags fährt der erste Zug ab H. um 05.35 Uhr, die Folgezüge im Stundentakt. Von J. fährt der erste Zug um 06.01 Uhr Richtung H., die Folgezüge gleichfalls im Stundentakt. In Fahrtrichtung J. befindet sich unmittelbar hinter dem Bahnübergang O. eine Weiche für die Abzweigung einer Bahntrasse zum Bundeswehrdepot O.. Nach der Weiche im Hauptgleis zum Zufahrtsgleis zum Bundeswehrdepot O. folgt unmittelbar danach eine zweite, sogenannte Schutzweiche, die nur bedient werden kann, wenn sie zuvor von der Fahrdienstleitung Sch. freigegeben wird. Die Freigabe erfolgt in der Weise, dass von der Fahrdienstleitung in Sch. der Zugriff auf einen in einem Behältnis befindlichen Schlüssel frei gegeben wird, mit dessen Hilfe die Weiche umgelegt werden kann.

In der Nacht vom 09. auf den 10. Februar 2008 hatten die Zeugen S. und Sa. den Auftrag, mit einem leeren Transportzug das Bundeswehrdepot in O. anzufahren, um von dort Bundeswehrfahrzeuge nach N. zu bringen. In Erfüllung dieses Auftrages fuhren die Zeugen mit dem leeren Transportzug in den Abendstunden des 09. Februar 2008 über J. nach O.. Dort wechselten sie mittels der beiden beschriebenen Weichen unter Freischaltung der Schutzweiche durch die Fahrdienstleitung in Sch. auf das Zufahrtsgleis zum Bundeswehrdepot. Die Schutzweiche wurde nach Passieren des Zuges wieder in die Ursprungslage zurückgestellt und der Schlüssel an der vorgesehenen Stelle deponiert. Die Hinfahrt zum Bundeswehrdepot verlief problemlos, Besonderheiten oder Auffälligkeiten nahmen die Zeugen S. und Sa. nicht wahr. Im Bundeswehrdepot wurde der Zug mit Militärfahrzeugen beladen und verließ gegen 02.30 Uhr mit schiebender Lok das Depot. Der Zeuge Sa. war Lokführer, der Zeuge S. stand als Rangierleiter auf dem ersten Waggon. Beide Zeugen waren mit Funkgeräten ausgestattet, sodass sie sich miteinander verständigen konnten. In einer langgezogenen Linkskurve vor O. nahm der Zeuge S. einen Lichtschein im Gleisbett wahr, wovon er den Zeugen Sa. verständigte, der daraufhin den Zug sofort anhielt. Der Lichtschein stellte sich als eine Fackel heraus. Der Zeuge S. sah auch eine Person weglaufen, die sich jedoch trotz Anrufens weiter entfernte. Nach Beseitigen der Fackel fuhr der Zug langsam weiter. Nach einigen Metern überrollte der erste Waggon eine sogenannte Knallkapsel, die früher der Warnung des Zugführers vor Gefahren im Gleisbett diente. Den Lichtblitz der Explosion dieser Knallkapsel nahm auch der Zeuge Sa. wahr, der daraufhin den Zug erneut stoppte. Der Zeuge S. hielt nach Gefahrenstellen Ausschau, konnte jedoch keine Feststellungen treffen, sodass auf seine Weisung hin der Zug langsam weiterfuhr. Wenig später nahm der Zeuge S. eine Person im Gleisbett wahr, die ihm entgegenlief. Die Person hatte ein Signalmittel in der Hand, durch deren kreisende Bewegung sie ein Haltesignal gab. Der Zeuge S. gab dem Zeugen Sa. daraufhin die Weisung, den Zug erneut anzuhalten. Nach Stillstand des Zuges ungefähr 150 m vor der Schutzweiche, ging der Zeuge S. auf die Person zu, die ihm mitteilte, es würde sich um eine gewaltfreie Demonstration handeln und es befänden sich Personen im Gleis. Von dieser Information setzte der Zeuge S. den Zeugen Sa. in Kenntnis, der daraufhin den Fahrdienstleiter, den Zeugen H., in Sch. anrief, um die Sperrung der Strecke H.-J. zu veranlassen. Der Zeuge H. sperrte daraufhin gegen 03.00 Uhr den Streckenabschnitt H.-J. und informierte die Notfallleitzentrale in Ha..

Der Transportzug der Zeugen S. und Sa. stand nunmehr etwa 150 Meter vor der Schutzweiche. Bei ungestörter Fahrt wäre der Zug bis zur Schutzweiche vorgefahren, dort wäre von dem Fahrdienstleiter in Sch. die Freigabe der Schutzweiche eingeholt worden. Nach deren Freigabe und Umstellen der Weiche wäre der Transportzug über beide Weiche auf das Streckengleis H.-J. gefahren, um dann nach Zurückstellen der Weiche seine Fahrt in Richtung J. und weiter nach N. fortzusetzen, wo mit einer Ankunft des Zuges gegen 04.30 Uhr zu rechnen gewesen wäre.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts begab sich der Zeuge S. in Richtung des Bahnübergangs O.. Im Bereich der Weiche des Hauptgleises traf er neben jener weiblichen Person, die die Anhaltesignale gegeben hatte, auf weitere drei Personen. Während eine Person die Ereignisse mit einer Videokamera filmte, hielten zwei Personen ein Transparent über die Gleise mit der Aufschrift „DEUTSCHE SOLDATEN DEUTSCHES GELD MORDEN MIT IN ALLER WELT“. Ferner lag die Angeklagte in Längsrichtung auf der rechten in Fahrtrichtung J. gesehenen Schiene des Hauptgleises. In Fahrtrichtung J. hatte sie im Bereich des letzten Schwellenfaches vor der Weiche die Schiene umarmt und ihre Hände unterhalb der Schiene in einem in das Schotterbett des Gleises eingelassenen, ca. 43 cm langen Stahlrohr mit einem Durchmesser von etwa 10 cm. Etwa mittig des Rohres war ein Metallstift senkrecht in das Rohr eingebracht und an der äußeren Hülle des Rohres an zwei Punkten festgeschweißt. Die Hände der Angeklagten waren in dem Rohr mittels eines Drahtseils, einer Schelle und einem Vorhängeschloss fixiert. Das Drahtseil war zudem mehrfach um das äußere des Stahlrohres gewickelt und anschließend war das Stahlrohr mit Klebeband ummantelt. Wann die Angeklagte das in der Röhre befindliche Schnappschloss verriegelt hat, ließ sich nicht mehr feststellen.

Gegen 03.05 Uhr wurden die Zeugin PM J. und PM W. von der Einsatzleitstelle benachrichtigt und trafen wenig später am Bahnübergang in O. ein. Die Zeugin PM J. wandte sich der Angeklagten zu, die ihr erklärte, sich nicht selbst befreien zu können. Um die Art und Weise der Fixierung der Hände der Angeklagten in der Metallröhre zu ergründen, die von der Angeklagten nicht offenbart wurde, griff die Zeugin PM J. mit ihren Händen in die Metallröhre und ertastete, dass die Hände der Angeklagten mit einem metallischen Seil umschlossen waren. Versammlungsrechtliche Anordnungen wurden weder von der Zeugin J. noch von dem Zeugen W. getroffen. 15 bis 20 Minuten später trafen die Bundespolizeibeamten B. und Gr. am Tatort ein, denen die Zeugen PM J. und PM W. die weitere Leitung des Einsatzes übertrugen. Einsatzleiter der Bundespolizei war der wenig später eintreffende PHK P., der die Angeklagte und die weiteren Mitdemonstranten dreimal erfolglos aufforderte, die Gleise zu verlassen. Weitere, insbesondere versammlungsrechtliche Anordnungen ergingen nicht. Dem Zeugen PK Gr. war aus vorangegangen Einsätzen bei Castortransporten die Art der Fesselung der Angeklagten an die Bahngleise geläufig, sodass er die Anordnung traf, Feuerwehr zu benachrichtigen, um die Schiene aufzusägen und teilweise von den Schwellen zu lösen, damit die Angeklagte von dem Gleis heruntergezogen werden konnte. Entsprechend wurde verfahren und die Angeklagte in die Wache der Bundespolizei nach Br. verbracht. Während der Befreiungsaktion der Angeklagten war ein Reporter der H. Nachrichten erschienen, wobei ungeklärt geblieben ist, durch wen dieser von den Ereignissen benachrichtigt wurde.

Nach einer notdürftigen Reparatur der Trennstelle wurde von dem Zeugen H. als Fahrdienstleiter die Streckensperrung um 06.48 Uhr aufgehoben. Von der Streckensperrung war der Zeuge Kl. über die Notfallzentrale benachrichtigt worden. Der Zeuge Kl. war als Disponent bei der NOB tätig und als solcher für Ersatzmaßnahmen im Zugverkehr auf dem gesperrten Streckenabschnitt verantwortlich. Der Zeuge Kl. sorgte für die Einrichtung eines Schienenersatzverkehrs zwischen J. und H.. Der Ersatzverkehr wurde für drei Züge ab H. mit Abfahrtszeiten um 05.35 Uhr, 06.35 Uhr und 07.35 Uhr sowie drei Züge ab J. mit Abfahrtzeiten um 06.01 Uhr, 07.01 Uhr und 08.01 Uhr eingerichtet. Es kamen jeweils zwei Großraumtaxen zum Einsatz, die jeweils acht Fahrgästen Platz boten, für die Zugverbindung um 08.01 Uhr ab J. ein Kleinbus mit 22 Sitzplätzen.

Nach Streckenfreigabe beabsichtigten die Zeugen S. und Sa., ihre Fahrt mit dem Transportzug fortzusetzen. Als der Zeuge S. die Schutzweiche umstellen wollte, musste er feststellen, dass diese mit einer metallenen Kette verschlossen war. Er durchschlug diese Kette mit einem Hemmschuh, der dem Blockieren von Güterwagen dient, sodass er nach Freigabe der Schutzweiche durch den Fahrdienstleiter diese auch umlegen konnte. Gegen 07.30 Uhr/08.00 Uhr setzten die Zeugen Sa. und S. daraufhin ihre Fahrt nach N. fort.

Auf der Polizeistation in Br. wurde die Angeklagte von dem Zeugen PHM Gö. in Empfang genommen. Die Hände der Angeklagten waren nach wie vor in dem Stahlrohr arretiert. Auf Befragen des Zeugen PHM Gö. erklärte die Angeklagte, dass sie selbst die Fixierung nicht lösen könne. Da auf Anordnung der Staatsanwaltschaft eine Beschlagnahme des Stahlrohres als Beweismittel erfolgen sollte, hatte der Zeuge Gö. für das Lösen der Fixierung zu sorgen. Durch die Freiwillige Feuerwehr wurden die beiden Schweißpunkte des quer durch die Röhre verlaufenden Metallstiftes gelöst, sodass die Hände der Angeklagten zur einen Seite aus dem Rohr herausgezogen werden konnten. Es gelang dann die Fixierung durch das Stahlseil zu trennen. Das Schnappschloss war verriegelt. Nach Durchtrennen des Stahlseils und der Schelle konnten die Hände der Angeklagten befreit werden, sodass sie ihren Arm aus der Metallröhre herausziehen konnte.

Die Angeklagte hat umfassend von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Die Feststellungen der Kammer beruhen auf den Bekundungen der Zeugen S., Sa., H., Kl., W., J., B., Gr. und Gö., der Augenscheinseinnahme der asservierten Stahlröhre nebst Zubehör, der Lichtbilder Blatt 31, 32, 33 und 70 Band II der Akte, des Videos der bei den Akten befindlichen DVD sowie eines weiteren von der Angeklagten vorgespielten Videos der Ereignisse in der Nacht zum 10. Februar 2008. Die Zeugen S. und Sa. haben hinsichtlich der Örtlichkeiten übereinstimmend bekundet, dass die Abzweigung des Zufahrtsgleises zu dem Munitionsdepot O. durch zwei nacheinander folgende Weichen von dem Streckengleis H.-J. erfolge, wobei die zweite Weiche als Schutzweiche ausgestaltet sei. Diese Weiche könne nur dadurch bedient werden, dass nach Freigabe durch den Fahrdienstleiter in Sch. ein Schlüssel aus einem Behältnis genommen werde, sodass erst nach dessen Einsatz die Weiche umgelegt werden könne. In den Abendstunden des 09. Februar 2008 hätten sie den Transportzug über J. nach O. gefahren und dann nach Bedienen der beiden Weichen zum Munitionsdepot gebracht. Bei der Hinfahrt hätten sie keinerlei Auffälligkeiten bemerkt. Nach Beladen des Transportzuges seien sie gegen 02.30 Uhr aus dem Depot rausgefahren. Der Zeuge S. sei Rangierleiter, der Zeuge Sa. Lokführer gewesen, der Zug sei durch die Lok geschoben worden. Der Zeuge S. habe sich als Rangierleiter auf dem ersten Waggon befunden. Hinsichtlich seiner dortigen Wahrnehmungen bekundete der Zeuge S., er habe in einer Linkskurve vor O. einen Lichtschein im Gleis gesehen und darüber den Lokführer informiert. Dieser habe den Zug angehalten. Er, der Zeuge S., habe eine Person weglaufen sehen, die jedoch trotz Anrufens nicht stehen geblieben sei. Im Gleisbett habe eine Fackel gelegen, die er beseitigt habe. Der Zug sei dann weitergefahren, nach wenigen Metern jedoch über eine Knallkapsel gefahren, die früher zur Warnung vor Gefahrenstellen im Gleisbett gedient hätten. Sogleich habe er wieder den Zeugen Sa. davon unterrichtet, der den Zug angehalten habe. Er, der Zeuge S., habe die Örtlichkeiten abgesucht, jedoch nichts Auffälliges feststellen können. Der Zug sei dann wieder langsam angefahren, als wenig später eine Person im Gleisbett entgegengekommen sei und mit einem Signalmittel in der Hand kreisende Bewegungen als Anhaltesignal gemacht habe. Wiederum habe er den Zeugen Sa. zum Anhalten des Zuges aufgefordert. Nach Anhalten des Zuges sei er auf die Person zugegangen. Die weibliche Person habe ihm erklärt, es seien Personen im Gleis, es handele sich um eine gewaltfreie Demonstration. Davon habe er den Zeugen Sa. unterrichtet mit der Bitte, den Fahrdienstleiter zur Sperrung des Gleises zu veranlassen. Mit der weiblichen Person sei er in Richtung Bahnübergang O. gegangen und dort auf weitere drei Personen getroffen, die im Gleis gestanden hätten und eine weitere, auf einer Schiene liegende Person, die sich an die Schienen angekettet gehabt hätte. Zwei Personen hätten ein Transparent gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr festgehalten. Eine Person hätte das Geschehen per Videokamera gefilmt. Die Person habe auf der rechten Schiene des Streckengleises in Fahrtrichtung J. unmittelbar vor der ersten Weiche zum Zufahrtsgleis zum Munitionsdepot gelegen. Im letzten Schwellenfach vor der Weiche hätte die Person die Schiene umklammert. Unter der Schiene sei ein Rohr im Schotterbett eingelassen gewesen, in dem die Hände der Person gesteckt hätten. Nachfolgend seien dann Polizei, Feuerwehr und Feldjäger vor Ort erschienen. Gegen 07.30 Uhr/08.00 Uhr hätten sie ihre Fahrt nach N. fortsetzen können. Als er die Schutzweiche hätte umlegen wollen, habe er bemerkt, dass diese mit einer Art Baumarktkette festgesetzt worden sei. Diese habe er mit einem Hemmschuh durchgeschlagen, da die Polizeibeamten über kein ausreichendes Werkzeug verfügt hätten. Im Anschluss daran hätten sie dann die Weiche umstellen und die Weiterfahrt antreten können.

Der Zeuge Sa. hat bekundet, er habe den Blitz der Explosion der Knallkapsel wahrgenommen und daraufhin den Zug angehalten. Nach dem neuerlichen Anhalten des Zuges aufgrund der Haltesignale einer Person habe der Zug etwa 150 Meter vor der Weiche gestanden. Er habe nach Information durch den Zeugen S. den Fahrdienstleiter angerufen und die Strecke sperren lassen. Dann habe er den Zug gegen Wegrollen gesichert und sei zu dem Zeugen S. gegangen. Zwischen dem Bahnübergang und der Weiche in Fahrtrichtung J. unmittelbar vor der Weiche habe eine Person auf einer Schiene gelegen. Es habe sich um das Streckengleis H.-J. gehandelt. Zwei andere Personen hatten ein Plakat mit Protesten gegen den Einsatz der Bundeswehr im Ausland hochgehalten. Eine Person habe das Geschehen mit einer Videokamera gefilmt. Bei ungehinderter Weiterfahrt wären sie gegen 04.30 Uhr in N. gewesen. Nach Auflösen der Behinderung hätten sie gegen 07.30 Uhr/08.00 Uhr die Fahrt mit dem mit Militärfahrzeugen beladenen Zug nach N. fortsetzen können.

Der Zeuge H. hat ausgesagt, er sei als Fahrdienstleiter in Sch. in der Tatnacht tätig gewesen und habe gegen 03.00 Uhr einen Anruf erhalten, dass er das Streckengleis H.-J. wegen dort befindlicher Personen im Gleis sperren müsste. Davon habe er sogleich die Notfallzentrale in Ha. unterrichtet. Sonntags fahre der erste Zug auf der Strecke von H. nach J. um 05.35 Uhr. Die Strecke sei bis 06.48 Uhr gesperrt gewesen. Über die Notfallzentrale sei die NOB unterrichtet worden. Der erste Zug sei um 08.35 Uhr wieder ab H. gefahren.

Der Zeuge Kl. hat ausgesagt, er sei in der fraglichen Nacht als Disponent bei der NOB tätig gewesen. Von der Notfallzentrale in Ha. sei er über die Streckensperrung H.-J. informiert worden. Zu seinen Aufgaben zähle die Einrichtung eines Schienenersatzverkehrs. Nachdem klar gewesen sei, dass der Zugverkehr planmäßig nicht würde aufgenommen werden können, habe er Großraumtaxen nach J. und H. geordert, um den Schienenersatzverkehr wahrnehmen zu können. Insgesamt seien die drei ersten Züge aus J. und die drei ersten Züge aus H. ausgefallen. Der Schienenersatzverkehr sei mit Großraumtaxen für maximal acht Fahrgäste wahrgenommen worden, es seien jeweils zwei Großraumtaxen zum Einsatz gekommen. Lediglich bei der letzten Fahrt ab J. sei ein Kleinbus mit 22 Plätzen einzusetzen gewesen.

Die Zeugin J. hat ausgesagt, gegen 03.05 Uhr seien sie und ihr Kollege PM W. von der Einsatzleitstelle alarmiert worden und sofort nach O. gefahren. Vor Ort seien vier bis fünf Personen gewesen, von denen eine auf dem Gleis gelegen und sich an eine Schiene angekettet gehabt habe. Zwei Personen hätten ein Transparent über das Gleis gehalten, bei dem es inhaltlich um den Einsatz der Bundeswehr im Ausland gegangen sei. Die Angeklagte habe die Schiene umarmt gehabt und ihre Hände seien in einem Metallrohr unterhalb des Gleises gewesen. Da sie – die Zeugin – die kleinsten und schlanksten Hände aller Anwesenden gehabt habe, sei ihr die Aufgabe zugefallen, in das Rohr hineinzufassen und die Fesselung der Hände zu ertasten. Sie hätte fühlen können, dass die Hände der Angeklagten mit einem metallischen Seil umschlossen gewesen seien. Die Angeklagte hätte geäußert, dass sie sich nicht selbst befreien könne. Die Personen vor Ort hätten von einer friedlichen Demonstration gegen die Bundeswehr gesprochen, weder sie noch ihr Kollege, der Zeuge W., hätten jedoch versammlungsrechtliche Maßnahmen angeordnet. Ihr sei nicht die Idee gekommen, die Demonstration als Versammlung anzusehen. Eine Person hätte mit einer Kamera Aufnahmen oder Filme gemacht, diese Person habe geäußert, von der Presse zu sein. 15 bis 20 Minuten nach ihrem Eintreffen seien Beamte der Bundespolizei erschienen, denen sie die Einsatzleitung übergeben hätten.

Der Zeuge W. hat ausgesagt, er sei gemeinsam mit der Zeugin J. als Erster an dem Einsatzort erschienen. Es seien fünf bis sieben Personen vor Ort gewesen. Von einer Menschentraube sei ein Banner hochgehalten worden. Nach der Aufschrift auf dem Banner und den Äußerungen der Personen habe es sich um eine Demonstration gegen Militärtransporte gehandelt. Eine Person habe auf den Gleisen gelegen und ihre Hände in einem Rohr unter der Schiene gehabt. Eine weitere Person sei mit einer Kamera vor Ort gewesen und habe Aufnahmen gemacht. Für ihn habe die Blockade der Gleisanlagen im Vordergrund gestanden, sodass er an versammlungsrechtliche Maßnahmen nicht gedacht habe. Nachfolgend seien Beamte der Bundespolizei erschienen, denen sie die Einsatzleitung übertragen hätten.

Störung des Bahnbetriebes und Nötigung durch Anketten an Bahnschienen
(Symbolfoto: Von hxdyl/Shutterstock.com)

Der Zeuge PHM B., Beamter der Bundespolizei, hat ausgesagt, bei seinem Eintreffen seien Beamte der Landespolizei bereits vor Ort gewesen. Die Angeklagte habe auf einer Schiene gelegen, ihre Hände seien unter dem Gleis in einer Metallröhre gewesen. Später sei die Feuerwehr erschienen. Feuerwehrleute hätten das Gleis durchtrennt und mit einer Art Wagenheber die Schiene angehoben. Die Angeklagte sei dann von der Schiene gezogen worden. Maßnahmen nach dem Versammlungsrecht habe er nicht getroffen. Es seien später auch der Pressesprecher der Bundespolizei und ein Reporter der H. Nachrichten vor Ort gewesen.

Der Zeuge PK Gr., gleichfalls Beamter der Bundespolizei, hat bekundet, es seien bei seinem Eintreffen mehrere Personen im Gleis gewesen. Die Angeklagte habe ihre Hände unter der Schiene in einer Metallröhre gehabt. Zwei Personen hätten ein Banner getragen, dessen Text sich gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr und Bundeswehrtransporte gerichtet habe. Die Leitung des Einsatzes habe PHK P. gehabt, der drei Aufforderungen zur Räumung des Tatortes getroffen habe, die jedoch nicht befolgt worden seien. Er gehe deshalb davon aus, dass der PHK P. die Versammlung auch aufgelöst habe, eine derartige Verfügung gegenüber den anwesenden Demonstranten habe er jedoch nicht gehört. Eine Person habe die Ereignisse gefilmt, es sei auch ein Pressevertreter der H. Nachrichten vor Ort gewesen. Über dessen Benachrichtigung könne er keine Angaben machen. Er sei bei ungefähr 10 Castortransporten mit im Einsatz gewesen, sodass er die Fesselung der Angeklagten an der Bahnschiene gekannt habe. Er habe deswegen die Anordnung getroffen, die Feuerwehr zu benachrichtigen, um die Schiene zu durchtrennen, von den Schwellen zu lösen und dann mittels einer Spreizschere anzuheben. Das sei auch ausgeführt worden. Dann sei die Angeklagte von der Schiene heruntergezogen worden. Seines Erachtens sei das die schnellste Möglichkeit zur Befreiung der Angeklagten gewesen.

Der Zeuge PHM Gö. hat ausgesagt, er habe die Angeklagte auf der Dienststelle der Bundespolizei in Br. in Empfang genommen und sie über ihr Aussageverweigerungsrecht belehrt. Die Hände der Angeklagten seien in einem Stahlrohr fixiert gewesen. Das Stahlrohr sei mit einem Klebeband umwickelt gewesen. Die Angeklagte hätte geäußert, sich nicht selbst aus dem Rohr befreien zu können. Er habe dann mit dem Bereitschaftsrichter in H. und mit der Staatsanwaltschaft telefoniert. Die Angeklagte hätte gehen wollen, der Bereitschaftsrichter in H. hätte jedoch die Meinung vertreten, die Angeklagte könne nicht mit den Händen in dem Rohr entlassen werden. Zur Abwendung einer Eigengefährdung sei eine Befreiung der Hände erforderlich gewesen. Die Staatsanwaltschaft in Flensburg hätte eine Beschlagnahme des Rohres als Beweismittel angeordnet. Deswegen sei es erforderlich gewesen, die Hände der Angeklagten aus dem Rohr zu befreien. Dafür sei zunächst der Querbolzen in dem Rohr dadurch gelöst worden, dass die Schweißpunkte des Bolzens an der Mantelhülle mit einer Flex entfernt worden seien. Dann sei dieser Metallbolzen zu entfernen gewesen, sodass die Hände der Angeklagten zu einen Seite hätten herausgezogen werden können. Dann sei die durch das Stahlseil bewirkte Fixierung und die Metalllasche durchtrennt worden. Das Schnappschloss sei verriegelt gewesen. Nach ihrer Befreiung hätten die Angeklagte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Die Aussagen der vernommenen Zeugen sind glaubhaft. Soweit sich die Wahrnehmungen der Zeugen überschnitten, decken sich deren Feststellungen und Bekundungen. Alle Zeugen haben eine ruhige und sachliche Aussage getätigt und in ihren Bekundungen teilweise an eigene Empfindungen und Erlebnisse angeknüpft. Das gilt insbesondere für die Zeugin J., die als Anlass für das Ertasten der Fixierung der Hände der Angeklagten in der Metallröhre bekundet hat, sie habe von allen Anwesenden die schlanksten und kleinsten Hände gehabt, sodass sie für diese Aufgabe auserkoren worden sei. Im Übrigen entsprechen die Bekundungen der Zeugen dem vorhandenen Bildmaterial in Form der bei der Akte befindlichen und im Termin in Augenschein genommenen Lichtbilder sowie den beiden in Augenschein genommenen Videofilmen, wobei der eine Videofilm vonseiten der Angeklagten zur Einsichtnahme gestellt worden ist. Auf diesen beiden Videofilmen ist die auf der Schiene liegende Angeklagte neben drei weiteren Personen erkennbar, von denen zwei ein Transparent halten mit der Aufschrift, wie es Blatt 70 d.A. abgelichtet ist. Letztlich entsprechen die Angaben der Zeugen zur Fixierung der Hände der Angeklagten in der Metallröhre jenen asservierten Gegenständen dieser Fixierung, kraft derer die Angaben der Zeugen uneingeschränkt nachvollziehbar sind.

Aufgrund dieses Sachverhalts hat sich die Angeklagte der Störung öffentlicher Betriebe gemäß § 316 b Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Nötigung gemäß § 240 StGB schuldig gemacht. Eine Störung öffentlicher Betriebe ist dadurch bewirkt worden, dass die Angeklagte einen Betrieb, der dem öffentlichen Verkehr dient, dadurch gestört hat, dass sie eine dem Betrieb dienende Sache verändert hat. Das Hauptgleis zwischen J. und H. ist eine Anlage, die dem öffentlichen Verkehr dient. Auf diesem Streckengleis vollzog die NOB den Personennahverkehr zwischen H. und J.. Damit diente diese Gleisanlage dem öffentlichen Verkehr.

Den Betrieb dieser Anlage hat die Angeklagte gestört, indem sie eine dem Betrieb dienende Sache verändert hat. Eine Veränderung der Sache ist gegeben, wenn der bisherige Zustand durch einen abweichenden Zustand ersetzt und hierdurch die Funktion bzw. die Brauchbarkeit der den Betrieb des Unternehmens dienenden Sache beeinträchtigt oder ausgeschlossen wird. Dieses Merkmal hat das OLG Celle in seinem Urteil vom 12. August 2003 – Az.: 22 Ss 86/03 – dadurch als erfüllt angesehen, dass Personen das Gleisbett blockiert und sich an den Schienenstrang angekettet haben, sodass der Lokführer zu einer Reaktion veranlasst und die Weiterfahrt nicht möglich war. Ein Eingriff in die Sachsubstanz ist für eine Veränderung einer dem Betrieb dienenden Sache nicht erforderlich. Diese Wertung ist von dem Bundesverfassungsgericht (NVwZ 2006, 583) insbesondere vor dem Hintergrund des § 103 Abs. 2 Grundgesetz nicht beanstandet worden. Nach Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts schließt der Wortsinn des Merkmals „verändern“ es nicht aus, die Verhaltensweise des Betretens der Bahnschienen und der Arretierung an den Gleiskörper als Verändern zu werten, da das Verhalten darauf angelegt war, die Funktionsfähigkeit der Gleisanlage durch eine Manipulation an der Sache selbst für möglichst lange Dauer einzuschränken. Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an. Durch das Aushöhlen des Schotterbettes unter dem Schienenstrang, das Einbringen der Metallröhre und die Arretierung der Hände und Arme in dieser Metallröhre nach Umklammerung der Schiene ist eine direkte Einwirkung auf die Gleisanlage gegeben. Mit dem OLG Celle liegt damit keine nur psychisch vermittelte Einwirkung auf den Fahrdienstleiter oder Zugführer vor, wie es in den Fällen angenommen wird, dass sich Personen nur in den Gleisanlagen aufhalten. Für diese Fallkonstellation hatte das OLG Celle (NStZ 2005, 217) eine Veränderung einer dem Betrieb der Anlage dienenden Sache verneint. Auch wenn der Zeitpunkt der Verriegelung des Schnappschlosses nicht mehr genau feststellbar ist, so hat auch die Angeklagte von Anbeginn an bereits gegenüber der Zeugin J. verneint, sich selbst befreien zu können. Bei Entfernung der Metallröhre war das Schnappschloss verriegelt. Die Konstruktion zur Fixierung der Angeklagten an dem Schienenstrang unter dem Einbringen der Metallröhre in das Schotterbett unter dem Gleis hat die Funktionsfähigkeit der Gleisanlage beeinträchtigt, indem die Angeklagte ihren so an das Gleis arretierten Körper selbst als Teil des Schlosses mit eingesetzt hat. Ob neben der Tathandlung des Veränderns mit dem Amtsgericht auch noch die Tatbestandsalternative des Beschädigens anzunehmen ist, kann dahinstehen.

Die Angeklagte hat vorsätzlich gehandelt. Wissentlich und willentlich hat sie sich auf die Schiene gelegt, sie wusste, dass der Militärzug die Blockadestelle passieren musste, um von dem Zufahrtsgleis zur Munitionsdepot auf das Streckengleis nach J. wechseln zu können. Die Angeklagte wusste auch, dass sie auf dieser bekanntermaßen eingleisigen Strecke den Zugverkehr von J. nach H. unterband. Willentlich hat sie sich auf die Schiene gelegt und ihre Hände in der Metallröhre fixiert. Gegenüber der Zeugin J. hat sie bekundet, sich nicht selbst befreien zu können. Anhaltspunkte für einen Tatbestandsirrtum der Angeklagten bestehen nicht. Auch soweit es sich bei dem Merkmal des Veränderns einer dem Betrieb dienenden Sache um ein normatives Tatbestandsmerkmal handelt, hat die Angeklagte den sozialen Sinngehalt dieses Merkmals im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erfasst. Zielgerichtet hat sie ihre Arme in die in dem Gleisbett eingelassene Metallröhre gesteckt und sich auf die Schiene gelegt, so dass die Benutzung des Gleises für den Zugverkehr nicht mehr möglich war. Sie hat damit vorsätzlich gehandelt.

Das Verhaltend er Angeklagten ist rechtswidrig. Rechtfertigungsgründe stehen der Angeklagten nicht zur Seite. Selbst wenn die Demonstration der Angeklagten als Versammlung im Sinne des Art. 8 GG anzusehen ist, erwächst ihr daraus kein Rechtfertigungsgrund. Art. 8 GG schafft keinen Rechtfertigungsgrund für strafbares Verhalten (OVG Schleswig-Holstein NordÖR 2006, 166, Bundesverfassungsgericht NJW 2002, 1031). Rechtfertigungsgründe des Notstands oder gar des übergesetzlichen Notstandes liegen erkennbar nicht vor. Es fehlt bereits an einer gegenwärtigen Gefahr für eines der in § 34 StGB genannten Rechtsgüter.

Ebenso wenig bestehen Entschuldigungsgründe. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte für einen Verbotsirrtum gegeben. Nach einem in der Hauptverhandlung verlesenen Zeitungsinterview der Angeklagten vom 12. Februar 2008 mit dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag war sie zum Tatzeitpunkt seit sechs Jahren in der Anti-Atom-Bewegung aktiv, zudem seit ihrem 16. Lebensjahr bei der Umweltschutzorganisation Robin Wood und in der Friedensbewegung. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Angeklagten die einschlägige Rechtsprechung zur Strafbarkeit des Ankettens an Gleise, wie sie insbesondere im Zusammenhang mit den sogenannten Castortransporten ergangen ist, bekannt ist. Dass das OVG Schleswig (a.a.O.) eine Kostenersatzpflicht für einen Polizeieinsatz wegen Ankettens an Gleisanlagen bei einem Castortransport mangels rechtmäßiger Auflösung einer Versammlung verneint hat, eröffnet keine Anhaltspunkte für einen Verbotsirrtum der Angeklagten. Die Voraussetzungen eines Kostenersatzanspruchs sind zu jenen einer Strafbarkeit aus § 316 b StGB oder § 240 StGB völlig unterschiedlich, so dass mit der Verneinung einer Kostenersatzpflicht keinerlei Entscheidung über die Strafbarkeit des Verhaltens gefallen ist. Zudem betont auch das OVG Schleswig, dass Art. 8 GG keinen Rechtfertigungsgrund für strafbares Verhalten schafft. Die fehlende Übertragbarkeit der Entscheidung des OVG Schleswig auf die strafrechtliche Ebene wird also in der Entscheidung selbst herausgestellt, so dass die Entscheidung keine Grundlage für einen entsprechenden Verbotsirrtum liefern kann. Weitergehende Anknüpfungstatsachen für das Vorliegen eines Verbotsirrtums hat die Angeklagte nicht dargetan.

Die Angeklagte ist des Weiteren der Nötigung schuldig. Durch ihr Verhalten hat die Angeklagte Gewalt verübt. Ausgangspunkt ist dabei, dass Gewalt im Grundsatz der physisch vermittelte Zwang zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstands ist. Dabei ist das Merkmal der Gewalt dann nicht mehr erfüllt, wenn sich im Falle von Blockadeaktionen das Verhalten der Blockierer ohne Einsatz ihrer Körperkraft in ihrer körperlichen Anwesenheit erschöpft und sie hierdurch eine nur psychisch vermittelte Zwangswirkung auf das Opfer ausüben (BVerfGE 92, 1). Strafbar bleiben aber Blockadeaktionen, die eine Kraftentfaltung seitens der Demonstranten erfordern und bei denen ein physisch spürbares Hindernis gebildet wird, das schon aufgrund seiner Körperlichkeit geeignet ist, den Willen zu beeinflussen. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht (NJW 2002, 1031) in einem Anketten eine körperliche Kraftentfaltung von Demonstranten gesehen und auch die Wertung als Gewaltanwendung akzeptiert, da die Ankettung der Demonstration eine über den psychischen Zwang hinausgehende Eignung ergeben habe, Dritten den Willen der Demonstranten aufzuzwingen und den Demonstranten die Möglichkeit genommen habe, beim Heranfahren von Kraftfahrzeugen auszuweichen, wodurch die Räumung der Einfahrt erschwert worden sei. Das OLG Celle hat in seiner Entscheidung vom 12.08.2003 (a.a.O.) ausgeführt, dass beim Anketten an Eisenbahngleise sich das Verhalten der Personen nicht auf deren bloße Anwesenheit beschränke. Vielmehr erfolge eine körperliche Kraftentfaltung, indem vor Annäherung des Zuges das Gleisbett unterhöhlt und ein Stahlrohr in den Schienenbereich eingebracht werde, in dem die Hände der Demonstranten fixiert würden. Damit sei ein komplexer den Einsatz von Körperkraft und technischen Hilfsmitteln bedingender Vorgang in Gang gesetzt und weitgehend abgeschlossen. Zudem sei es unmöglich, die festgeketteten Personen einfach von den Schienen wegzutragen und dadurch die Gleisstrecke zu räumen. Dadurch sei ein zusätzliches, tatsächliches und äußerlich fassbares Hindernis entstanden, das der Lokführer als körperlichen Zwang hätte empfinden müssen. Die Kammer schließt sich dieser Wertung an. Die Ankettaktion der Angeklagten entspricht der Vorgehensweise jener Täter, deren Verhalten dem Urteil des OLG Celle vom 12.08.2003 (a.a.O.) zugrunde liegt. Auch vorliegend ist eine Metallröhre in das Schotterbett unter das Gleis eingebracht worden, in dem sich die Angeklagte auf dem Gleis liegend nach Umklammerung des Gleises mit ihren Händen fixiert hatte. Damit ist eine Kraftentfaltung und gleichzeitig eine körperliche Zwangswirkung bei den Zeugen S. und Sa. gegeben. Unerheblich ist soweit, dass die Zeugen den Militärzug wegen der Schutzweiche ohnehin vor der Weiche hätten anhalten müssen. Nach Freigabe der Schutzweiche durch den Fahrdienstleiter und Umstellen der Weiche hätten die Zeugen S. und Sa. ihre Fahrt fortgesetzt. Infolge der körperlichen Zwangswirkung unterblieb die Weiterfahrt, sodass der Krafteinsatz der Angeklagten zu einer körperlichen Zwangswirkung bei den beiden Zeugen geführt hat.

Der Nötigungserfolg ist dadurch eingetreten, dass die Zeugen S. und Sa. die Weiterfahrt unterlassen haben. Planmäßig hätten sie nach Freigabe und Umlegen der Weiche umgehend ihre Fahrt in Richtung J. fortgesetzt und wären gegen 04.30 Uhr in N. angekommen. Aufgrund der Blockadeaktion der Angeklagten war die Hauptstrecke nach J. bis 06.48 Uhr gesperrt, sodass die Zeugen S. und Sa. erst gegen 07.30 Uhr ihre Fahrt fortgesetzt haben, da die Blockade der Weiche durch eine Art Bauhauskette zu einer weiteren Verzögerung geführt hat, die jedoch nicht der Angeklagten anzurechnen ist. Der von der Angeklagten verursachte Nötigungserfolg ist jedenfalls durch die Fahrtunterbrechung bis zur Streckenfreigabe um 06.48 Uhr eingetreten.

Die Angeklagte hat vorsätzlich gehandelt. Wissentlich und willentlich hat sie sich an dem Gleis angekettet mit dem Ziel, die Weiterfahrt des Bundeswehrtransportzuges zu unterbinden und damit mit direktem Vorsatz gehandelt.

Das Verhalten der Angeklagten ist rechtswidrig. Das ist gemäß § 240 Abs. 2 StGB der Fall, wenn die Anwendung der Gewalt zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Dabei ist eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen, die für die Zweck- Mittel- Relation wesentlich sind. Die Blockadeaktion der Angeklagten war darauf angelegt, die Fortbewegung des Militärzuges zu beeinträchtigen, um auf diese Weise die Bevölkerung auf ihr politisches Anliegen aufmerksam zu machen, sodass die in Artikel 5, 8 Grundgesetz geschützte Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit in die Abwägung einzubeziehen ist. Dabei ist die Demonstration der Angeklagten und ihrer vier Mitstreiter als öffentliche Versammlung im Sinne von § 8 Abs. 1 Grundgesetz anzusehen. Eine Versammlung ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Wie das Banner und die Pressemitteilung dokumentieren, waren die Angeklagte und ihre Mitstreiter zusammengekommen, um auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr hinzuweisen und die diesbezügliche Meinungsbildung zu beeinflussen. Die Zusammenkunft war auch öffentlich, da Dritten der Zutritt ermöglicht war. Auch wenn der Zeitpunkt der Demonstration zur Nachtzeit und der Ort der Demonstration in einem dünn besiedelten Bereich Nordfrieslands eine nachhaltige Kenntnisnahme und erst recht Mitwirkung Dritter nicht erwarten ließ, blieb jedoch Dritten der Zutritt möglich, sodass eine öffentliche Versammlung besteht. Diese hat auch nicht die Grenze der Unfriedlichkeit überschritten. Die Ankettung einer Versammlungsteilnehmerin der Blockadeaktion führte nicht zu einer solchen Gefährlichkeit, dass aggressive Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten vorgelegen hätten. Erst dann wäre die Grenze der Unfriedlichkeit überschritten (Bundesverfassungsgericht NJW 2002, 1031).

Die Angeklagte kann sich auch für die gesamte Blockadeaktion auf das Versammlungsrecht aus Artikel 8 Grundgesetz stützen, da eine Auflösung der Versammlung nicht erfolgt ist. Die Zeugen J. und W. haben ausgesagt, an versammlungsrechtliche Maßnahmen nicht gedacht zu haben. Der Zeuge Gr. hat bekundet, er sei davon ausgegangen, dass sein Kollege PHK P. die Versammlung aufgelöst hätte, da er die anwesenden Demonstranten dreimal aufgefordert hätte, die Bahngleise zu verlassen. Eine derartige Auflösungsanordnung hätte er jedoch nicht gehört. Der Zeuge PHM B. hat ebenso wenig eine Auflösung der Versammlung wahrgenommen. Nach alledem muss davon ausgegangen werden, dass die eingesetzten Polizeibeamten unabhängig von ihrer sachlichen Zuständigkeit versammlungsrechtliche Anordnungen nicht in Erwägung gezogen haben, insbesondere eine Auflösung der Versammlung nicht erfolgt ist.

Artikel 8 Grundgesetz eröffnet das Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt sowie Art und Inhalt der Veranstaltung. Dieses Selbstbestimmungsrecht ist aber begrenzt durch den Schutz der Rechtsgüter Dritter und der Allgemeinheit. Insbesondere umfasst die Versammlungsfreiheit nicht die Entscheidung, welche Beeinträchtigungen die Träger kollidierender Rechtsgüter hinzunehmen haben. Auch wenn der Schutzbereich des Artikel 8 eröffnet ist, sind die Schranken der Versammlungsfreiheit zu beachten. Der Ausgleich zwischen der Versammlungsfreiheit und dem Schutz der Rechtsgüter Dritter und der Allgemeinheit wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt, dessen Ausdruck die Verwerflichkeitsklausel des § 240 Abs. 2 StGB ist (Bundesverfassungsgericht NJW 2002, 1031). Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist zu fragen, ob das Selbstbestimmungsrecht im Rahmen der Versammlungsfreiheit unter hinreichender Berücksichtigung der gegenläufigen Interessen Dritter oder der Allgemeinheit ausgeübt worden ist. Der Einsatz des Mittels der Beeinträchtigung dieser Interessen ist zu dem angestrebten Versammlungszweck bewertend in Beziehung zu setzen, um zu klären, ob eine Strafsanktion zum Schutz der kollidierenden Rechtsgüter angemessen ist. In diesem Rahmen sind insbesondere Art und Ausmaß der Auswirkungen auf betroffene Dritte und deren Grundrechte zu berücksichtigen, Dauer und Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten, die Dringlichkeit des blockierten Transports, der Sachbezug zwischen Fortbewegungsfreiheit und Protestgegenstand, die Wahl des Versammlungsortes sowie die von ihr betroffenen Personen (Bundesverfassungsgericht a. a. O.). In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass jedenfalls teilweise ein Sachbezug zwischen den in ihrer Fortbewegungsfreiheit beeinträchtigten Personen und dem Protestgegenstand gegeben ist. Die Protestaktion der Angeklagten richtete sich gegen einen Transportzug mit Bundeswehrfahrzeugen, der vom Bundeswehrdepot in O. Richtung N. fahren sollte, und hatte zum Ziel, die öffentliche Meinung gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu beeinflussen. Soweit also die Zeugen S. und Sa. mit ihrem Zug von der Protestaktion betroffen waren, ist dieser Sachbezug gegeben. Da die Angeklagte sich jedoch nicht an das Zufahrtsgleis zu dem Bundeswehrdepot gekettet hat, sondern das Hauptstreckengleis zwischen H. und J. ausgewählt und dadurch gleichfalls den Bundeswehrzug blockiert hat, waren von der Protestaktion auch Dritte betroffen, die zu der Bundeswehr in keinerlei Beziehung standen. Das gilt zum einen für die NOB und die in Art. 12, 14 Grundgesetz geschützte Gewerbefreiheit und Eigentumsgarantie. Der von der NOB auf der Strecke H.-J. wahrgenommene Zugverkehr war jedenfalls für die ersten drei Züge am 10. Februar 2008 aufgrund der Streckensperrung nicht durchführbar. Die NOB war dadurch gehalten, einen Schienenersatzverkehr einzurichten. Dadurch waren aber auch die Fahrgäste betroffen, die entgegen ihrer Planung und ihrer in Artikel 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit nicht per Bahn von oder nach H. über die Strecke nach J. reisen konnten, sondern auf den Schienenersatzverkehr umsteigen mussten. Durch diese Einrichtung des Schienenersatzverkehrs relativiert sich jedoch deren Beeinträchtigung, da die Fahrgäste jedenfalls ihr Fahrtziel erreicht haben.

Die Ankettaktion der Angeklagten an den Schienenstrang und deren fehlende Mitwirkung zur Lösung der Fixierung erforderte einen beträchtlichen logistischen Aufwand, um diese Gleisblockade zu beseitigen. Durch die Feuerwehr musste die Schiene durchtrennt werden, mit einer Spreizschere musste die von den Weichen gelöste Schiene angehoben werden, um die Angeklagte von der Schiene herunterzuziehen. Um die Hände der Angeklagten aus dem Rohr zu befreien, galt es durch die Feuerwehr mit einer Flex die Schweißstellen des Querbolzens zu entfernen, um dann Stahlseil und die Manschette zu durchschneiden. Die Streckensperrung des Streckengleises H.-J. dauerte von 03.00 bis 06.48 Uhr. Da es sich um eine eingleisige Strecke handelt, bestanden keinerlei Ausweichmöglichkeiten, um den Zugverkehr aufrechtzuerhalten. Deshalb war es erforderlich, einen Schienenersatzverkehr einzurichten. Es hatte keine Vorwarnung der Angeklagten oder ihrer Mitstreiter gegeben, sodass sich weder die NOB noch die Bundeswehr in irgendeiner Weise auf die Aktion einstellen und für Vorkehrungen sorgen konnten. Der Kommunikationszweck der Versammlung, nämlich auf die Meinungsbildung der Bevölkerung in Bezug auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr einzuwirken, ließ sich unmittelbar durch die Blockadeaktion aufgrund des Ortes und des Zeitpunktes nur begrenzt erreichen. Zu der nächtlichen Stunde und aufgrund des Protestsortes sind Dritte zu der Protestaktion nicht hinzugestoßen. Eine unmittelbare Einwirkung auf die Meinungsbildung der Bevölkerung durch die Demonstration selbst war somit nicht gegeben. Eine Einwirkung auf deren Meinungsbildung erfolgte lediglich durch die Pressemitteilung der Angeklagten und ihrer Mitstreiter, durch die Veröffentlichung des während der Blockadeaktion gedrehten Videos im Internet und die Anwesenheit eines Reporters der H. Nachrichten und dessen nachfolgende Berichte. Eine solche mittelbare Einwirkung auf die Meinungsbildung durch die Information der Presse über das Ereignis und die Information der Bevölkerung über die Medien auf der Grundlage, einen Transportzug der Bundeswehr mit Bundeswehrfahrzeugen gestoppt zu haben, wäre aber auch bei einer Blockadeaktion mit Beschränkung auf das Zufahrtsgleis zum Bundeswehrdepot möglich gewesen. Rechtsgüter Dritter wären dann in wesentlich geringerem Umfang beeinträchtigt worden. Das kommunikative Anliegen der Angeklagten wäre dadurch aber in vergleichbarer Weise umsetzbar gewesen. Deshalb kommt es nach Ansicht der Kammer auch nicht entscheidend darauf an, dass im Zugverkehr der Bahn Verspätungen keineswegs die Ausnahme sind und die Bahn eine Entschädigung für Verspätungen nur gewährt, wenn diese den Zeitraum einer Stunde übersteigen. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Beeinträchtigungen der Reisenden durch den Schienenersatzverkehr abgefedert wurden. Ebenso wenig ist die inhaltliche Vertretbarkeit der Äußerungen der Angeklagten und der bei der Aktion unter anderem auf dem Transparent formulierten Thesen relevant, da insoweit der Staat gegenüber der Grundrechtsbetätigung der Bürger im Interesse der Offenheit kommunikativer Prozesse inhaltsneutral bleiben muss. Maßgebend ist allein der Kommunikationszweck der Blockadeaktion der Angeklagten. Da die Gerichte die Einschätzung der Träger des Grundrechts der Versammlungsfreiheit nur insoweit zu respektieren haben, wie sie ihre Aktion zur Verfolgung dieses Kommunikationszwecks gestalten wollen, vom Selbstbestimmungsrecht der Grundrechtsträger jedoch nicht die Entscheidung umfasst ist, welche Beeinträchtigung die Träger der kollidierenden Rechtsgüter hinzunehmen haben, führt die Gesamtabwägung im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung nach Auffassung der Kammer zu dem Ergebnis, dass die Anwendung der Gewalt zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Die Angeklagte hat bei der Beeinträchtigung der Rechtsgüter Dritter aus den dargelegten Gründen das Übermaßverbot nicht beachtet und ihr Selbstbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung der Blockadeaktion unter Missachtung der gegenläufigen Interessen Dritter wahrgenommen. Dabei haben die Fernziele der Angeklagten bei der Verwerflichkeitsprüfung unberücksichtigt zu bleiben und finden nur im Rahmen der Strafzumessung Beachtung (BGHSt 35, 270). Entgegen der Ansicht der Angeklagten ist dieser BGH-Beschluss nicht durch das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 92,1 aufgehoben worden, sondern ist weiterhin die tragende Entscheidung zur Berücksichtigung von Fernzielen im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung (vgl Fischer § 240 StGB Rn. 43, 44 m.w.N.).

Die Angeklagte hat schuldhaft gehandelt. Schuldausschließungsgründe sind nicht gegeben. Ein Irrtum über die Verwerflichkeit ihres Tuns würde allenfalls einen Verbotsirrtum begründen. Jedoch ist eine diesbezügliche Irrtumslage bei der Angeklagten aus den vorstehenden Gründen, wie sie im Rahmen der Erörterungen zu § 316 b StGB dargelegt wurden, zu verneinen. Des Weiteren waren der Angeklagten alle Umstände bekannt, die Eingang in die Abwägung bei § 240 Abs. 2 StGB gefunden haben. Dass die Angeklagte in ihrer Wertung zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt sein mag, begründet keinen Verbotsirrtum.

Die Angeklagte hat sich somit der Störung öffentlicher Betriebe und der Nötigung schuldig gemacht, wobei sie beide Straftatbestände durch dieselbe Handlung verwirklicht hat. Der Strafrahmen der Nötigung reicht von der Geldstrafe bis zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe, der Strafrahmen der Störung öffentlicher Betriebe von der Geldstrafe bis zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe, sodass gemäß § 52 Abs. 2 StGB die Strafe § 316 b StGB zu entnehmen ist. Dabei ist zulasten der Angeklagten berücksichtigt worden, dass die Durchführung der Tat eine erhebliche Planung und logistische Vorbereitung erforderte. Die Konstruktion der Fesselung an dem Schienenstrang und der Fixierung in dem Metallrohr war auszuarbeiten und umzusetzen. Ort und Zeitpunkt der Blockadeaktion waren auszukundschaften. Das notwendige Zubehör für die Blockadeaktion war zu besorgen. Sie hat neben der Störung öffentlicher Betriebe tateinheitlich den Tatbestand der Nötigung verwirklicht. Zugunsten der Angeklagten ist berücksichtigt worden, dass sie bislang nicht vorbestraft ist und sie bei ihrer Blockadeaktion ein kommunikatives Anliegen verfolgt hat, indem sie auf die Meinungsbildung der Bevölkerung hinsichtlich der Auslandseinsätze der Bundeswehr hat einwirken wollen, also keinerlei eigennützige Ziele verfolgt hat. Dabei hat die Angeklagte aber keinerlei Unrechtseinsicht erkennen lassen und auch nicht dem mehrfachen Hinweis der Kammer auf die inhaltliche Neutralität des Gerichtes gegenüber der Grundrechtsausübung der Angeklagten Rechnung getragen, sondern weiterhin wiederholt ihrer inhaltlichen Kritik an den Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der Notwendigkeit solcher Aktionen trotz des Eingriffs in die Rechtsgüter Dritter und der Allgemeinheit Ausdruck verliehen. Die Kammer hat ferner die Regelung des § 32 BZRG bedacht und im Hinblick auf das Lebensalter und die bisherige Straflosigkeit der Angeklagten in der Gesamtwürdigung der genannten Strafzumessungserwägungen eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen angesehen. Die Tagessatzhöhe hat die Kammer mit 15 Euro bemessen. Wenn die Angeklagte ohne staatliche Unterstützung von wenigen 100 Euro im Monat nach ihren eigenen Angaben lebt, so bleiben weitergehende Einkünfte durch eine mögliche Erwerbstätigkeit oder gegebenenfalls durch die Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu berücksichtigen, sodass von anrechenbaren Einkünften in Höhe von monatlich 450 Euro aufzugehen ist.

Die Einziehung der asservierten Gegenstände – Kette mit Schloss, Draht, Knallkörper, Fackeln, Befestigungsmaterial mit Draht und Schloss, Klebeband, Stahlrohr – beruht auf § 74 StGB. Es handelt sich um die Gegenstände, die zur Begehung und Vorbereitung der Straftat gebraucht wurden und bestimmt gewesen sind. Es besteht die Gefahr, dass die Angeklagte die Gegenstände zur Begehung weiterer Gleisblockadeaktionen einsetzen wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO.

 

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