Landgericht Bonn – Az.: 25 Ns – 790 Js 802/19 – 69/21 – Urteil vom 08.06.2021
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil, soweit der Angeklagte freigesprochen worden und das Verfahren hier noch anhängig ist, aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Der Angeklagte wird wegen zweier Straftaten nach § 33 KUG zu einer Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 40,00 € verurteilt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Angeklagte ebenso zu tragen wie seine ihm darin entstandenen eigenen, notwendigen Auslagen.
Dies gilt nicht, soweit einzelne Vorwürfe gem. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind. Insoweit werden die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die dem Angeklagten darin entstandenen eigenen, notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt.
– §§ 22, 23, 33 Abs. 1 und 2 KUG, 53, 54 StGB –
Gründe:
A.
Durch das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 10.02.2021 ist der Angeklagte wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften sowie einer Straftat nach § 148 Abs. 1 TKG zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Soweit dem Angeklagten darüber hinaus in 7 weiteren Fällen vorgeworfen worden ist, gegen § 33 KUG verstoßen zu haben, ist der Angeklagte freigesprochen worden.
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Bonn form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Der Angeklagte hat dagegen, soweit er verurteilt worden ist, form- und fristgerecht Sprungrevision eingelegt und diese auch form- und fristgerecht begründet. Zu Beginn der Berufungshauptverhandlung ist der Angeklagte gemäß § 335 Abs. 3 Satz 1 StPO darauf hingewiesen worden, dass seine Sprungrevision solange als Berufung behandelt werde, wie die Staatsanwaltschaft Bonn ihre Berufung weder zurückgenommen habe noch diese als unzulässig verworfen worden sei.
In der Berufungshauptverhandlung sind 5 Vorwürfe des Verstoßes gegen § 33 KUG auf Antrag der Staatsanwaltschaft gem. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
Bezüglich der beiden noch anhängigen zwei Vorwürfe des Verstoßes gegen § 33 KUG ist das vorliegende Verfahren zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt worden. Das verbliebene Verfahren wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften sowie einer Straftat nach § 148 Abs. 1 TKG ist durch beiderseitige Rücknahme der eingelegten Rechtsmittel in der Berufungshauptverhandlung am 08.06.2021 wirksam beendet worden, so dass die Verurteilung des Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung rechtskräftig ist.
Die Kammer hatte im vorliegenden Verfahren also nur noch über die zwei Vorwürfe des Verstoßes gegen § 33 KUG zu entscheiden hatte.
Die insoweit noch anhängige Berufung der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg.
Eine Verständigung i.S.v. § 257 c StPO hat nicht stattgefunden.
B.
I.
( diverse Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten )
( weitere Angaben zum Lebenslauf des Angeklagten )
Er bezeichnet sich selber als freien Journalisten. Seine Haupteinnahmequelle besteht in dem Betreiben des W-Channels „Q“, auf dem er selbst erstellte Videos von Einsätzen der Polizei und Rettungskräfte aus E und der Umgebung hochlädt. Je mehr clicks (also das Aufrufen durch W-Nutzer) ein Video verzeichnet, desto mehr Geld bekommt der Angeklagte dafür. Nach Angaben des Angeklagten ist die Abrechnung mit den Betreibern von W nicht ganz einfach und durchsichtig, er geht aber davon aus, dass er etwa 0,10 Euro-Cent pro click erhält. Der Angeklagte, der ledig ist und keine Kinder hat, gibt sein monatlichen Durchschnittsverdient mit etwa 1.000,00 – 1.500,00 € netto an. Dabei verkauft er seine Videos und sonstiges Bildmaterial nicht nur an W, sondern auch an andere Anbieter. Der Angeklagte hat nach seinen Angaben keine Schulden und keine Probleme mit Alkohol oder Drogen und leidet unter keinen Erkrankungen.
Der Angeklagte ist strafrechtlich bisher wie folgt in Erscheinung getreten:
Am ##.##.2015 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht E wegen tateinheitlichen Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften (§§ 184b Abs. 4 S. 2, 6 S. 2 in der Fassung vom 27.12.2003 und 31.10.2008, 184c Abs. 4 S. 1, Abs. 5 in der Fassung vom 31.10.2008, 74 StGB) im Strafbefehlswege zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten mit Bewährung verurteilt (### Js ###/14 StA E). Die Bewährungszeit war zunächst auf 3 Jahre angesetzt. Die Strafe ist zwischenzeitlich mit Wirkung vom 11.12.2020 erlassen worden.
Das Konkretum des Strafbefehls vom 08.06.2015 lautet:
„Sie waren am ##.##.2015 in Ihrer Wohnung in der P Straße in E im Besitz eines USB Sticks „K“ und eines USB Sticks „no name“ (Ziffern 7.1 und 7.2 des Asservatenverzeichnisses Bl. ### der Ermittlungsakte), auf denen Sie insgesamt 298 kinderpornographische Bilddateien, 31 jugendpornographische Bilddateien, 73 kinderpornographische Videodateien und 14 jugendpornographische Videodateien gespeichert hatten.
Auf den Bilddateien ist neben zahlreichen Darstellungen von Kindern und Jugendlichen in unnatürlichen, die unbekleideten Geschlechtsteile fokussierenden Posen beispielsweise zu sehen, wie weibliche und männliche Kinder im Kindergarten- oder Grundschulalter bei erwachsenen Männern oder auch aneinander den Oralverkehr ausüben, oder die Männer manuell befriedigen. Auf mehreren Bildern ist die vaginale Penetration eines Kleinkindes bis zur Ejakulation angedeutet, während weitere Fotos analen und vaginalen Geschlechtsverkehr zwischen erwachsenen Männern und Kindern im vollkommen unbekleideten Zustand zeigen. Auch auf den auf den Speichermedien enthaltenen Videodateien zeigen Filme u. a. vaginalen Geschlechtsverkehr und Oralverkehr zwischen Kindern und Erwachsenen, wobei das Kind augenscheinlich und jedenfalls dem Dateinamen nach in einem Fall sechs oder sieben Jahre alt ist.“
II.
1.
Wie oben bereits erwähnt, beschäftigt sich der Angeklagte hauptsächlich damit, von ihm für wichtig bzw. spektakulär gehaltene Einsätze der Polizei und sonstigen Rettungskräfte in E und Umgebung zu filmen und auf dem von ihm betriebenen W-Channel „Q“ hochzuladen. Dabei hofft er auf möglichst viele Clicks von Usern, um möglichst viel Geld zu generieren. Die erforderlichen Informationen betreffend die Einsätze bekommt der Angeklagte über eine sog. Presse-SMS auf sein Handy. In der Zeit, in der er von der Polizei aus dem Verteiler genommen worden war, benutzte er vorübergehend einen Funkfrequenzscanner, mit dem er illegal den BOS-Funk abhörte. Deswegen ist er in dem Ausgangsverfahren wegen Verstoßes gegen § 148 TKG zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
Mittlerweile ist der Angeklagte wieder in den Verteiler der Polizei aufgenommen und wird von der Polizei wieder per Presse-SMS über Einsätze informiert, die diese für berichtenswert hält. Über alltägliche Routineeinsätze informiert die Polizei dagegen in aller Regel nicht.
Am ##.##.20## fand in einem weiteren, bei der Staatsanwaltschaft E gegen den Angeklagten geführten Ermittlungsverfahren (### Js ###/19 StA E) eine Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten statt. Im Rahmen dessen wurde der vor Ort angetroffene Angeklagte von Staatsanwalt Z, der an der Durchsuchung teilnahm, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Veröffentlichen von Bildaufnahmen von Routineeinsätzen der Polizei, bei der einzelne Polizeieinsatzkräfte unverpixelt zu erkennen seien, nach Auffassung der Staatsanwaltschaft E grundsätzlich bei entsprechendem Strafantrag der Betroffenen strafbar sei. Diese Belehrung nahm der Angeklagte zur Kenntnis.
2.
Am ##.##.2020 veröffentlichte der Angeklagte gleichwohl gegen 11:00 Uhr eine gegen 8:30 Uhr desselben Tages gefertigte Videoaufnahme einer polizeilichen Unfallaufnahme in E auf der X-Straße auf dem von ihm betriebenen W-Channel „Q“. Sowohl die Einsatzkräfte des Rettungsdienstes als auch das Gesicht des geschädigten Polizeibeamten PK V sind hierbei zwischen Sekunde 17 bis 22 des Videos klar und unverpixelt unter dem W-Link https://W.com/$$$$$?$=$$###_$$#Y$ zu sehen. Wie der Angeklagte von diesem Polizeieinsatz Kenntnis erlangt hat, konnte nicht aufgeklärt werden, jedenfalls ist der Angeklagte von der Polizei per Presse-SMS nicht informiert worden.
Das Video zeigt von Sekunde 0 bis Sekunde 11 einen Rettungswagen, der mit Martinshorn die Straße entlang fährt. Von Sekunde 10 bis Sekunde 15 sind ein roter Behindertentransporter sowie ein Pkw zu sehen, die offensichtlich miteinander kollidiert sind. Am rechten Bildrand stehen einige Polizeibeamte bei der Unfallaufnahme. In Sekunde 17 bis Sekunde 22 schließt der Polizeibeamte V die Tür des grauen Pkw und geht zwischen dem Pkw und dem roten Behindertentransporter durch. Sein Gesicht ist klar und unverpixelt zu sehen. Sekunden 22 bis 38 zeigen die verunfallten Fahrzeuge. Von Sekunde 38 bis 42 ist zu sehen, wie eine Polizeibeamtin die Tür des verunfallten Pkw schließt. Das Video ist weder kommentiert noch sonst wie redaktionell bearbeitet, es handelt sich lediglich um eine Aneinanderreihung von nicht professionell zusammengeschnittenen Bildsequenzen. Die Außengeräusche sind ungefiltert zu vernehmen, Gesprächsmitschnitte enthält das Video nicht. Insgesamt gibt das Video einen Routineeinsatz der Polizei wieder, bei dem weder Polizeigewalt noch spektakuläre Bilder von einer besonderen Örtlichkeit oder Unfallsituation zu sehen sind. Auch sind keine bekannte oder prominente Personen des öffentlichen Lebens abgebildet.
Die Kammer hat das Video in der Berufungshauptverhandlung unter dem W-Link https:// W.com/$$$$$?$=$$###_$$#Y$ aufgerufen und insgesamt in Augenschein genommen. Dabei war zu erkennen, dass sich unter dem Video mehrere Schriftzeilen befanden, von denen eine lautete: „MEHR ANSEHEN“. Beim Anklicken dieser Zeile stellte sich heraus, dass es sich tatsächlich um einen Button handelte, hinter dem sich folgende Beschreibung des Videos durch den Angeklagten verbarg:
„Am ##.##.2020 gegen 8:22 Uhr fuhr ein Behindertentransportkraftwagen BTW auf der X-Straße in E-R auswärts, als aus der Straße „T“ ein PKW Richtung Rhein fuhr und dem BTW die Vorfahrt nahm. Es kam zu einer Kollision bei dem der PKW-Fahrer verletzt wurde.“
Der Polizeibeamte V hat am ##.##.2020 einen Strafantrag gestellt, dessen Einwilligung zur Veröffentlichung der Bildaufnahmen lag und liegt nicht vor.
3.
Des Weiteren filmte der Angeklagte am ##.##.2020 gegen 15.30 Uhr einen Routineeinsatz der Polizei in E, bei dem ein Hochzeitskorso gestoppt und ein damit zusammenhängender Verkehrsunfall mit Sachschaden durch die Polizei aufgenommen wurde. Auf dem Video sind neben dem Anzeigenerstatter L zudem Einsatzkräfte der Einsatzhundertschaft sowie aus den Wachen E-Innenstadt und EK zu sehen. Im unmittelbaren Anschluss daran veröffentlichte er die gefertigte Videoaufnahme auf dem von ihm betriebenen W-Channel „Q“. Die Einsatzkräfte der Polizei waren zumindest in der Vergangenheit auf dem unter dem W-Link https:// W.com/$$$$$?$=$$###_$$#Y$ abrufbaren Video klar und unverpixelt zu sehen. Wie der Angeklagte auch von diesem Polizeieinsatz Kenntnis erlangt hat, konnte ebenfalls nicht aufgeklärt werden, jedenfalls ist der Angeklagte von der Polizei per Presse-SMS nicht informiert worden.
Das Video zeigt von Sekunde 1 – 5 den Blick von E Richtung Tbrücke. Man sieht einen Polizeiwagen mit eingeschaltetem Blaulicht. Von den Sekunden 5 – 10 sind 2 polizeiliche Einsatzfahrzeuge zu sehen. Ein Polizeibeamter wird von hinten gefilmt, wie er an der geöffneten Beifahrertür eines schwarzen Pkw steht. Am rechten Bildrand kommt ein weiterer Polizeibeamter ins Bild. Von den Sekunden 10 – 17 ist ein Verkehrsstau abgebildet. Am linken Rand steht eine Gruppe von Polizeibeamten (unverpixelt). Anschließend wird bis Sekunde 34 ein Schwenk über stehende Polizeibeamte im Rahmen einer Verkehrsstauung gezeigt. Es fährt dann ein Polizeiwagen mit Blaulicht durch die Szenerie und biegt in eine Seitenstraße ab. Von Sekunden 40 – 45 ist am rechten Bildrand eine Gruppe unverpixelter Polizeibeamter zu sehen. Eine Zivilperson ist verpixelt dargestellt. Von Sekunden 46 – 51 steht eine unverpixelte Polizeibeamtin mitten auf der Straße, offenbar mitten in einer Verkehrsstauung. Von Sekunden 0:52 – Minute 1:05 wird ein Schwenk über mehrere Polizeifahrzeuge gezeigt. Von Minute 1:06 – Minute 1:25 werden mehrere unverpixelte Polizeibeamte bei der Kontrolle mehrerer stehender Fahrzeuge abgebildet. Anschließend werden bis Minute 1:39 mehrere Fahrzeuge gezeigt, ohne dass Personen zu sehen sind. Von Minute 1:40 – Minuten 2:27 werden Polizeibeamte unverpixelt neben stehenden Fahrzeuge gezeigt. Von Minuten 2:27 – Minuten 2:40 zoomt der Film auf eine Überwachungskamera der Polizei. Am Beginn dieser Sequenz sind rechts am Rand unverpixelte Polizeibeamte zu sehen. Von Minuten 2:40 – Minuten 2:44 wird erneut die Tbrücke gezeigt. Von Minuten 2:45 bis zum Ende des Videos sind am rechten Bildrand unverpixelte Polizeibeamte sowie Zivilisten zu sehen. Auch dieses Video ist weder kommentiert noch sonst wie redaktionell bearbeitet, es handelt sich lediglich um eine Aneinanderreihung von nicht professionell zusammengeschnittenen Bildsequenzen. Die Außengeräusche sind ungefiltert zu vernehmen, Gesprächsmitschnitte enthält das Video nicht. Insgesamt gibt auch dieses Video einen Routineeinsatz der Polizei wieder, bei dem weder Polizeigewalt noch spektakuläre Bilder von einer besonderen Örtlichkeit oder Unfallsituation zu sehen sind. Auch sind keine bekannte oder prominente Personen des öffentlichen Lebens abgebildet.
Die Kammer hat auch dieses Video in der Berufungshauptverhandlung unter dem W-Link https:// W.com/$$$$$?$=$$###_$$#Y$ aufgerufen und insgesamt in Augenschein genommen. Dabei war zu erkennen, dass sich auch unter diesem Video mehrere Schriftzeilen befanden, von denen eine lautete: „MEHR ANSEHEN“. Beim Anklicken dieser Zeile stellte sich ebenfalls heraus, dass es sich auch hier tatsächlich um einen Button handelte, hinter dem sich folgende Beschreibung des Videos durch den Angeklagten verbarg:
„Am ##.##.2020 gegen 15:15 Uhr stoppte die Polizei einen Hochzeitskorso aus ca. 15 Fahrzeugen und 50 Teilnehmern auf der Tbrücke in E, um den Teilnehmern noch vor der Begehung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten klar zu machen, dass sie sich angemessen im Straßenverkehr zu benehmen haben. Dabei handelt es such um eine neue Standardmaßnahme beim Umgang mit Autokorsos. Zudem wurden alle Personen und Fahrzeuge kontrolliert. Für die Maßnahme wurde die Tbrücke in Fahrtrichtung E für den Fahrzeugverkehr gesperrt. Im Rahmen des Korsos kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen 3 Teilnehmern. Nach ca. 1 Stunde waren die Maßnahmen abgeschlossen und alle durften ihre Fahrt fortsetzen. Im Einsatz waren 1 Einsatzhundertschaftszug und 4 Funkstreifenkraftwagen.“
Die erforderlichen Strafanträge der abgelichteten Polizeibeamten WX, FE, IY, XZ, UT, LZ, GH, QZ, JK, RP, ZY, ZZ, AA, KK, YY, WW und DD wurden in der Zeit vom 17. – 22.05.2020 gestellt, die Einwilligung der vorgenannten Beamten zur Veröffentlichung der Bildaufnahmen lag und liegt nicht vor.
C.
I.
Die getroffenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und seiner Vorstrafe beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung, denen die Kammer gefolgt ist, sowie ergänzend auf dem Inhalt der insoweit ausweislich des Sitzungsprotokolls verlesenen Urkunden, den der Angeklagte als richtig anerkannt hat.
Die getroffenen Feststellungen zur Sache beruhen in objektiver Hinsicht auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten, denen die Kammer gefolgt ist, sowie ergänzend auf dem Inhalt der insoweit ausweislich des Sitzungsprotokolls verlesenen Urkunden und in Augenschein genommenen Videos.
Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er die Videos so, wie sie heute noch im Netz zu sehen sind, erstellt und sodann unter dem von ihm betriebenen W-Channel „Q“ veröffentlicht hat. Auch sei es richtig, dass er die Beschreibungen ins Netz gestellt habe, die nach Anklicken des Buttons „MEHR ANSEHEN“ zum Vorschein treten. Schließlich treffe es auch zu, dass er über die beiden hier gefilmten Polizeieinsätze von der Polizei nicht mittels Presse-SMS informiert und er von Herrn Staatsanwalt Z im Rahmen der Durchsuchung am ##.##.2019 darauf hingewiesen worden sei, dass die Staatsanwaltschaft E das Veröffentlichen von Bildaufnahmen von Routineeinsätzen der Polizei, bei der einzelne Polizeieinsatzkräfte unverpixelt zu erkennen seien, grundsätzlich bei entsprechendem Strafantrag der Betroffenen für strafbar halte.
Der Umstand, dass die betroffenen Polizeibeamten fristgerecht Strafanträge gestellt haben, ergibt sich aus dem Inhalt der insoweit ausweislich des Sitzungsprotokolls verlesenen Urkunden.
In subjektiver Hinsicht hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, dass er bis zum ##.##.2019 insoweit überhaupt kein Problembewusstsein gehabt habe. Im Gegenteil sei er von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt gewesen, zumal er im Jahr 2018 noch zwei Anfragen – was von der Kammer als zutreffend gewertet wird – von der Polizei in E und U erhalten habe, ob diese von ihm erstellte Videos zu polizeiinternen Schulungszwecken verwenden dürften.
Nach der Aufklärung durch Herrn Staatsanwalt Z habe er zu diesem Thema intensiv im Internet recherchiert und habe dort sehr unterschiedliche Meinungen vorgefunden. Er sei daher zu der Auffassung gelangt, dass sein Verhalten weiterhin nicht strafbar sei, weil Polizeibeamte als Hoheitsträger grundsätzlich im Rahmen öffentlicher Einsätze kein Recht am eigenen Bild hätten.
II.
1.
Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen Verstoßes gegen § 33 KUG in zwei Fällen strafbar gemacht. Der Angeklagte hat entgegen den §§ 22, 23 KUG Bildnisse von Polizeibeamten i.S.v. § 33 KUG veröffentlicht, indem er die vorgenannten Videos auf seinem W-Channel „Q“ hochgeladen und damit für eine breite Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt hat.
Grundsätzlich dürfen gemäß § 22 Abs. 1 KUG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder zur Schau gestellt werden. Die Frage, ob das KUG im journalistischen Bereich neben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) fort gilt, ist durch die Rechtsprechung bereits bejaht worden (BGH, Urteil vom 07.07.2020, VI ZR 246/19, beck-online; OLG Köln, Beschluss vom 18.06.2018, 15 W 27/18, BeckRS 2018, 12712). Danach erlauben die umfangreichen Abwägungsmöglichkeiten im Rahmen des KUG eine Berücksichtigung auch der unionsrechtlichen Grundrechtspositionen. Eine Verdrängung des KUG durch die DSGVO findet somit nicht statt. Im Gegenteil fügen sich die Regelungen des KUG in die Öffnungsklausel des Artikel 85 Abs. 2 DSGVO ein, die ausdrücklich Ausnahmen der Mitgliedsstaaten unter anderem für die Verarbeitung von Daten zu journalistischen Zwecken vorsieht.
Eine Einwilligung der vom Angeklagten in beiden Videos unverpixelt abgebildeten Polizeibeamten liegt nicht vor, im Gegenteil haben sie alle form- und fristgerecht i.S.v. § 77 b StGB Strafantrag gegen den Angeklagten gestellt.
Der Angeklagte handelte bei Begehung der beiden Taten, die im Verhältnis der Tatmehrheit gem. § 53 StGB zueinanderstehen, vorsätzlich, rechtswidrig und uneingeschränkt schuldhaft.
Im Einzelnen:
2.
Ohne die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung dürfen allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte verbreitet und zur Schau gestellt werden. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27.12.2019, VI ZR 504/18, Beck Online) hat sich für die Einordnung eines Bildes als solches aus dem Bereich der Zeitgeschichte am abgestuften Schutzkonzept der §§ 22,23 KUG orientiert. Nach dieser Entscheidung dürften Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen eines Abgebildeten verletzt werden. Schon die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Artikel 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Grundgesetz, Artikel 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Artikel 5 Abs. 1 GG, Artikel 10 Abs. 1 EMRK andererseits. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarfs der Öffentlichkeit umfasst er alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Es gehört zum Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presserzeugnis bebildert wird. Eine Bedürfnisprüfung, ob eine Bebilderung veranlasst war, findet nicht statt.
Das Informationsinteresse besteht jedoch nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Eingriff in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Es bedarf mithin einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen. Im Rahmen der Abwägung kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, wobei der Informationsgehalt der Bildberichterstattung unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln ist. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit sie den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, oder ob sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier der Leser befrieden.
Hierbei ist die Bedeutung des Informationswerts der Berichterstattung für die Interessenabwägung hervorzuheben. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter die Informationsbelange der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist.
Hinsichtlich der Veröffentlichung von Aufnahmen von Polizeibeamten scheint es so, dass die Kommentarliteratur den Wandel in der Rechtsprechung unter anderem des BGH noch nicht nachvollzogen zu haben scheint. So heißt es beispielsweise, dass ein Polizeibeamter nicht schon aufgrund seines Einsatzes „relative Person der Zeitgeschichte“ werde, sondern erst dann, wenn er an besonderen Ereignissen oder Handlungen teilnehme (Engels, in: Beck OK Urheberrecht, Stand 15.09.2020, § 23 KUG Randnummer 17, beck-online). Der Begriff „relative Person der Zeitgeschichte“ wird allerdings in der aktuellen Rechtsprechung nicht mehr verwendet. Stattdessen wird mit dem Begriff des „Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ gearbeitet, so wie er nun auch im Gesetzestext des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verwendet wird. Hierdurch wird deutlich, dass der Fokus für die Einordnung als zeitgeschichtlich nicht mehr auf der abgebildeten Person, sondern auf dem dargestellten Ereignis liegt. Die in der Literatur stets in Bezug genommene Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 02.10.1979 (4 Ss 200/79, NJW 1980, 1701), die damit argumentierte, dass ein Kriminalkommissar nicht als „relative Person der Zeitgeschichte“ anzusehen sei, kann vor dem Hintergrund des Wandels der BGH-Rechtsprechung nicht mehr der maßgebende Referenzpunkt sein. Es kommt nur darauf an, ob ein zeitgeschichtliches Ereignis vorliegt.
Das Vorliegen eines solchen Ereignisses wird nicht eng gefasst. Wenn ein Polizist im Rahmen von Tätlichkeiten oder einer Einkesselung im Einsatz ist, soll dies ausreichen, ebenso, wenn sich der Polizeibeamte pflichtwidrig verhält (Engels, a. a. O.). Über solche Sachverhalte informiert zu werden, habe die Öffentlichkeit nicht nur ein Interesse, sondern ein Recht (Engels, ebenda). Die Bildberichterstattung der Presse sei daher Teil der Kontrolle öffentlich rechtlicher Machtausübung (Engels, ebenda).
Generell ist deshalb davon auszugehen, dass das Persönlichkeitsrecht von Polizeibeamten hinter dem öffentlichen Interesse der Verbreitung von Informationen und Bildaufnahmen jedenfalls dann zurücktreten muss, wenn ein Vorgang von gesellschaftlicher Tragweite und Bedeutung betroffen ist (Payandeh, NVWZ 2013, 1458, 1459). Ein solches überwiegendes öffentliches Interesse ist regelmäßig bei Überschreitung polizeilicher Befugnisse und Polizeigewalt anzunehmen (Payandeh, ebenda; Specht, in: Dreyer/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 6. Auflage 2018, § 23 KUG RdNr. 41; Fricke, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Auflage 2019, § 23 KUG RdNr. 40; Reuschel, NJW 2021, 17, 20). Darüber hinaus spricht für einen abgeschwächten Schutz des Persönlichkeitsrechts von Polizeibeamten, dass die Aufnahmen die Tätigkeit der Polizisten in ihrer hoheitlichen Funktion betreffen und nicht als Privatpersonen (Payandeh, ebenda).
3.
Darüber hinaus dürfen nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG Bilder von Versammlungen, Auszügen und ähnlichen Vorgängen veröffentlicht werden, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben. Diese Begriffe sind weit zu verstehen und umfassen alle Ansammlungen von Menschen, die den kollektiven Willen haben, etwas gemeinsam zu tun; die Ansammlung muss sich in der Öffentlichkeit abspielen und für diese wahrnehmbar sein (Fricke, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, A. a. o., § 23 KUG RdNr. 39). Hierunter fallen Demonstrationen, Karnevalsumzüge, Sportveranstaltungen und größere Tagungen (Fricke, ebenda). Für in der Öffentlichkeit stattfindende private Feiern besteht Abbildungsfreiheit dann, wenn ein Informationsinteresse aufgrund der Bekanntheit der Beteiligten oder anderer besonderer Umstände gegeben ist (Fricke, ebenda). Sichern Polizisten diese Veranstaltung ab, umfasst die Abbildungsfreiheit nicht nur die eigentliche Versammlung selbst, sondern auch den Rahmen, also auch die Polizeibegleitung (Fricke, ebenda). Nach diesen Maßstäben ist eine Abbildung begleitender Polizeibeamter zulässig, sofern nicht berechtigte Interessen entgegenstehen (Fricke, ebenda). Das Veröffentlichen von Protaitaufnahmen von Polizeibeamten, die anlässlich einer solchen Veranstaltung angefertigt werden, unterliegen allerdings wiederum den Einschränkungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.
4.
Den Rechtspositionen der abgebildeten Personen stehen Grundrechte des Angeklagten gegenüber, die mit diesen in eine praktische Konkordanz zu bringen sind. Die bloße Verbreitung von W-Videos, wie sie der Angeklagte hier jeweils vorgenommen hat, ist nach h. M. allerdings weder der Presse- noch der Rundfunkfreiheit, sondern lediglich der allgemeinen Meinungsäußerungsfreiheit zuzuordnen (Grabenwarter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, 92. Ergänzungslieferung August 2020, Art. 5, RdNr. 666; vergleiche auch EGMR, Urteil vom 01.12.2015, 48226/10, NJOZ 2017, 1214 (Cengiz u. a. ./. Türkei), da es an einem Mindestmaß an planhafter Programmgestaltung fehlt. Für das Vorliegen eines Presseerzeugnisses fehlt es an der physischen Fassbarkeit der Videos beim Betrachtenden. An dieser Einordung vermögen auch die – von dem Video körperlich getrennten und nicht als zugehörig zum Video erkennbaren – Beschreibungen des Angeklagten, die bei Anklicken des nicht als Button gekennzeichneten Schriftzuges „MEHR ANSEHEN“ erscheinen, nichts zu ändern. Allein durch diese körperliche und räumliche Trennung handelt es sich nicht um eine kommentierte, journalistische Bildberichterstattung, die den Schutz der Pressfreiheit für sich in Anspruch nehmen kann.
5.
Nach den vorgenannten Grundsätzen stellt sich das Hochladen und Veröffentlichen der beiden Videos durch den Angeklagten als strafbar nach § 33 KUG dar.
a)
Auf die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG kann sich der Angeklagte nicht berufen, weil es sich bei den dargestellten Ereignissen nicht um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt.
Es werden lediglich alltägliche Routineeinsätze der Polizei gezeigt, die keinen Vorgang von gesellschaftlicher Tragweite und Bedeutung zum Gegenstand haben. So ist an keiner Stelle eine Überschreitung von allgemeinen polizeilichen Befugnissen oder gar Polizeigewalt gegen Bürger dargestellt oder auch nur im Ansatz erkennbar. Auch der Gegenstand der Polizeieinsätze, jeweils die Aufnahme von schlichten Verkehrsunfällen, ist in beiden Fällen weder aufsehenerregend oder gar spektakulär. Schließlich waren auch nicht bekannte oder prominente Persönlichkeiten an den Unfällen beteiligt. Dementsprechend schätzte auch der Presse-Dienst der Polizei die Fälle nicht als berichtenswert ein, weil er zu beiden Einsätzen jeweils keine Presse-SMS in den Verteiler gestellt hat. Aus Sicht der Kammer stellt der in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG definierte Begriff „Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ eine Hürde für die Relevanz und Tragweite eines zu berichtenden Ereignisses dar, die zunächst genommen werden muss, um eine Ausnahme von dem in § 22 KUG geregelten Grundsatz zu rechtfertigen. Wenn ansonsten jedes beliebige Ereignis, an dem lediglich Polizeibeamte beteiligt sind und welches sich auf den Straßen einer Stadt und damit in der Öffentlichkeit abspielt, als ein Ereignis der Zeitgeschichte gewertet würde, käme dem Begriff „Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ keine eigenständige Bedeutung mehr zu. Das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG wäre dann in der Praxis nur noch eine blutleere Worthülse.
Im Gegensatz zur Auffassung der Verteidigung kann als Maßstab, ab wann es sich um ein Ereignis der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt, auch nicht herangezogen werden, welches Ereignisse beispielsweise eine lokale Tageszeitung für berichtenswert hält. So gibt es täglich etliche Berichte über lediglich sehr partiell interessierende Ereignisse, wie etwa über das Vereinsleben von Taubenzüchtern, Kleingärtnern, Teckelfreunden und ähnliches, die sicherlich nach objektivierten Maßstäben nicht als zeitgeschichtlich relevantes Ereignis i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eingeordnet werden können. Die Veröffentlichung geschieht gleichwohl zur Befriedung der unterschiedlichen Partikularinteressen des gesamten Klientels, die die Zeitung abonniert haben, nicht aber, weil es sich um ein Ereignis der Zeitgeschichte handelt. Umgekehrt gibt es aber auch Großereignisse (wie etwa Veranstaltungen bestimmter Parteien, Demonstrationen bestimmter Gruppierungen und ähnliches), über die eine Tageszeitung, je nach politischer, gesellschaftlicher und /oder sozial-ethischer Ausrichtung, gar nicht berichtet. Es hat daher zur Überzeugung der Kammer bei einer objektivierten, sich an oben aufgezeigten Grundsätzen orientierenden Auslegung, wann es sich um ein Ereignis der Zeitgeschichte handelt, zu verbleiben.
b)
Auch die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG greift vorliegend nicht ein.
So handelte es sich im ersten Fall per se nicht um eine Versammlung, Aufzug oder ähnlichen Vorgang, den Polizeibeamte begleitet haben. Auch im zweiten Fall handelte es sich nicht um eine Versammlung, Aufzug oder ähnlichen Vorgang, den Polizeibeamte begleitet haben. Vielmehr haben die Polizeibeamten den Hochzeitskorso einer nicht allgemein bekannten oder prominenten Person gestoppt, um u.a. anderem einen Verkehrsunfall aufnehmen zu können. Auch in diesem Video wird an keiner Stelle eine Überschreitung von allgemeinen polizeilichen Befugnissen oder gar Polizeigewalt gegen Bürger dargestellt oder ist auch nur im Ansatz erkennbar.
Da sich der Angeklagte vorliegend auch nur auf seine allgemeine Meinungsfreiheit, nicht aber auf die weitergehende Pressefreiheit berufen kann, ist es ihm grundsätzlich erlaubt, Polizeieinsätze zu filmen, soweit er deren Abläufe nicht stört oder gar behindert. Die Veröffentlichung der aufgenommenen Videos ist hingegen nicht schrankenlos. Unter Einbeziehung des Schutzkonzeptes der §§ 22, 23 KUG und Abwägung aller entgegenstehenden Grundrechtspositionen wird der Angeklagte in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht unverhältnismäßig beschränkt, wenn er Polizeibeamte in Situationen, wie sie in den beiden hier gegenständlichen Videos gezeigt werden, uneingeschränkt filmen kann, sie dann aber im Rahmen der Veröffentlichung seiner Videos aufgrund des Persönlichkeitsschutzes verpixelt darstellen muss. Unverpixelt kann er sie nur dann darstellen, wenn er zuvor deren ausdrückliche Einwilligung eingeholt hat. Die Aussagekraft seiner Videos – wenn es denn eine solche überhaupt gibt – wird dadurch nicht oder nur unwesentlich eingeschränkt. Hinzu kommt, dass der Angeklagte seine inhaltlich eher schlichten gehaltenen Videos nicht hochlädt, um einen berechtigten Informationsanspruch der Öffentlichkeit zu befriedigen und so zu einem bestimmten Thema zur Bildung der öffentlichen Meinung beizutragen. Vielmehr bedient der Angeklagte – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlich relevanten Ereignis – lediglich die Neugier und Sensationslust seiner User. Sein vorrangiges Motiv ist es, mit der Veröffentlichung der Videos möglichst viel Geld zu verdienen, wobei die Wahrscheinlichkeit zum Geldverdienen umso mehr steigt, je drastischer bzw. dramatischer etwaige Videos sind. Es steht also nicht das journalistische Berichten über Ereignisse der Zeitgeschichte im Vordergrund, sondern der rein wirtschaftliche Profit.
In diesem Fall sind also auch Polizeibeamte im Einsatz durch § 22, 23, 33 KUG geschützt, wenn sie jedenfalls in solchen, von der Pressefreiheit nicht geschützten Videos unverpixelt gezeigt werden, wie sie Gegenstand dieses Urteils sind.
Die Kammer weist aber ausdrücklich darauf hin, dass es sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung handelt, die keinesfalls generell auf alle Fälle des Veröffentlichens von Bildnissen von Polizeibeamten im Einsatz übertragbar ist.
6.
Der Angeklagte handelte auch vorsätzlich. Insoweit kann er sich nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen, der seine Vorsatzschuld entfallen ließe.
Spätestens aufgrund der Ansprache am 18.12.2019 durch den Staatsanwalt Z im Rahmen der Durchsuchung seiner Wohnung war dem Angeklagten bewusst, dass er sich in Fällen wie den vorliegenden jedenfalls dann nach Auffassung der Staatsanwaltschaft E strafbar machen würde, wenn er Videos von Routineeinsätzen der Polizei, bei der einzelne Polizeieinsatzkräfte unverpixelt zu erkennen sind, veröffentlicht und der betroffene Beamte Strafantrag stellt.
Vor diesem Hintergrund kann es den Angeklagten nicht entlasten, dass er danach im Internet zu dem Thema recherchiert und auch andere Meinungen dazu gefunden haben will. So ist schon nicht ersichtlich, wessen Meinungen er recherchiert hat und was Gegenstand dieser Meinungen war. Zwar mag es sein, dass es – von wem auch immer geäußerte – Meinungen im Internet kursieren, die Polizeibeamte ganz allgemein und auch speziell im Hinblick auf §§ 22, 23, 33 KUG als völlig rechtlos darstellen. Um eine seriöse, juristisch haltbare Meinung handelt es sich dabei aber offensichtlich nicht, was der Angeklagte bei Anstrengung seiner geistigen Kenntnisse und Fähigkeiten – er hat immerhin jahrelang studiert – ohne weiteres auch hätte erkennen können und müssen. Denn es war ihm die dezidierte und anderslautende Stellungnahme der Staatsanwaltschaft E bekannt. Wenn er dann gleichwohl seine Videos in gewohnter Manier weiterhin unverpixelt veröffentlichte, handelte er uneingeschränkt vorsätzlich.
D.
I.
Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Der Verstoß gegen § 33 KUG wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Die Kammer hat zugunsten des Angeklagten gewertet, dass er den objektiven Tatbestand in beiden Fällen eingeräumt hat.
Gegen den Angeklagten sprach, dass
- er bereits – wenn auch nicht einschlägig – vorbestraft ist und
- er im zweiten Fall eine Vielzahl von Bildnissen von Polizeibeamten veröffentlicht hat.
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer in beiden Fällen noch die Verhängung einer Geldstrafe für ausreichend erachtet, die sie
für den ersten Fall mit 50 Tagessätzen zu je 40,00 € und
für den zweiten Fall mit 60 Tagessätzen zu je 40,00 €
für tat- und schuldangemessen gehalten hat.
Dabei hat die Kammer die Tagessatzhöhe gem. § 40 Abs. 2 StGB mit 40,00 € bemessen. Der Angeklagte hat seinen Durchschnittsverdienst im Monat mit 1.000,00 – 1.500,00 € netto angegeben. Aufgrund dieser Angaben geht die Kammer davon aus, dass dem ledigen und kinderlosen Angeklagten jedenfalls 1.200,00 € netto im Monat im Jahresdurchschnitt zu Verfügung stehen.
Unter erneuter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer unter lediglich maßvoller Erhöhung der Einsatzgeldstrafe von 60 Tagessätzen die beiden vorgenannten Einzelstrafen gem. §§ 53, 54 StGB sodann auf eine tat- und schuldangemessene Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 40,00 € zurückgeführt.
II.
Die Kammer hat gesehen, dass die am 10.02.2021 vom Amtsgericht Bonn in dem Ausgangsverfahren (25 Ns 49/21 LG Bonn) gegen den Angeklagten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr 10 Monaten auf Bewährung (wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften und einer Straftat nach § 148 TKG), die nach beiderseitiger Berufungsrücknahme in der Berufungshauptverhandlung am 08.06.2021 rechtskräftig geworden ist, mit den vorliegend verhängten Einzelgeldstrafen gesamtstrafenfähig i.S.v. §§ 53, 54, 55 StGB ist, weil sie weder vollstreckt noch in sonstiger Weise erledigt ist.
Die Kammer hat vorliegend jedoch nach ihrem Ermessen gem. §§ 53 Abs. 2 S. 2 1. HS., 55 StGB davon abgesehen, aus den dortigen Einzelstrafen von einem Jahr 9 Monaten Freiheitsstrafe und Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,00 € und den hiesigen Einzelgeldstrafen eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Diese wäre letztlich insgesamt zur Bewährung auszusetzen gewesen. Insoweit wäre der Angeklagte dann ohne jede unmittelbar spürbare Sanktion aus beiden Verfahren entlassen worden. Dies könnte bei dem Angeklagten den Eindruck erwecken, dass er durch die zeitnahe Begehung schwerwiegenderer Straftaten die Rechtsfolgen aus der Begehung kleinerer Straftaten quasi wegwischen kann. Um diesem vermeidbaren Eindruck entgegenzuwirken, hat die Kammer von der Möglichkeit der nachträglichen Gesamtstrafenbildung ganz bewusst abgesehen.
E.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473, 467 Abs. 1 und 4 StPO.