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Strafbarkeit wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: Journalist verurteilt

In einem vor Kurzem ergangenen Urteil des Amtsgerichts Tiergarten, wurde ein Journalist zu einer Geldstrafe verurteilt, da er sich nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit gegen eine polizeiliche Maßnahme zur Durchsetzung von Platzverweisen wehrte. Der Fall wirft ein Licht auf das schwierige Zusammenspiel zwischen der Ausübung der Pressefreiheit und der Notwendigkeit, die öffentliche Ordnung zu wahren.

Direkt zum Urteil Az: (243 Cs) 231 Js 341/21 (121/21) springen.

Der Beschuldigte: Ein Journalist im Fokus der Justiz

Der zur Zeit des Urteils 49-jährige Angeklagte ist Redakteur bei einer Zeitschrift und wurde während einer Demonstration gegen die Räumung des Szeneobjekts „Syndikat“ in Berlin-Neukölln straffällig. Nach Abschluss seiner journalistischen Tätigkeit und ohne äußerlich erkennbare Presseidentifikation, befand er sich in einer unerlaubten Menschenansammlung, die von der Polizei aufgelöst werden sollte.

Der Vorfall: Zwischen Demonstration und Platzverweis

Im Zuge der Ereignisse blieb der Angeklagte trotz mehrfacher Aufforderungen und Androhungen von körperlichem Zwang seitens der Polizei auf der Straße. Als ein Beamter versuchte, den Angeklagten wegzuschieben, leistete dieser Widerstand, indem er wild gestikulierte, die Hände des Beamten wegschlug und schließlich versuchte, die Hand des Beamten zu verdrehen.

Die Verhandlung: Anerkennung der Rechtmäßigkeit, aber trotzdem Widerstand

Entscheidend für das Urteil war, dass der Angeklagte die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme anerkannte, jedoch dennoch Widerstand leistete. Da der Angeklagte nicht mehr als Journalist tätig war und auch keine äußerlichen Merkmale einer Presseaktivität aufwies, konnte er sich nicht auf seine Rechte als Journalist berufen.

Das Urteil: Geldstrafe für den Angeklagten

Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 Abs.1 StGB). Zudem muss der Angeklagte die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen tragen. Da es sich um die erste strafrechtliche Verurteilung des Angeklagten handelte, blieb das Gericht im Rahmen der Geldstrafe.


Das vorliegende Urteil

AG Tiergarten – Az.:  (243 Cs) 231 Js 341/21 (121/21) – Urteil vom 04.11.2021

Der Angeklagte wird wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20,00 EURO verurteilt.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen..

Angewendete Vorschrift: § 113 Abs.1 StGB

Gründe

(abgekürzte Fassung gemäß § 267 Abs.4 StPO)

I.

Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 49 Jahre alte Angeklagte wurde XXX geboren. Er ist deutscher Staatsbürger, ledig und hat keine Kinder. Der Angeklagte ist in Teilzeit als Redakteur bei der Zeitschrift XXX angestellt und verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 780,00 €. Zur Finanzierung der von ihm sonst nicht zu finanzierenden monatlichen Mietkosten bezieht der Angeklagte ergänzend Wohngeldleistungen.

Ausweislich des in der Hauptverhandlung gemäß § 249 StPO verlesenen und mit dem Angeklagten erörterten Bundeszentralregisterauszuges vom 4. Oktober 2021 ist der Angeklagte bislang nicht mit Strafe belegt worden.

II.

Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts zu den folgenden Feststellungen geführt:

Am 6. und 7. August 2020 kam es in den Abend- und Nachtstunden zu verschiedenen demonstrativen Aktionen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Räumung des Szeneobjekts „Syndikat“ in Berlin-Neukölln. Der Angeklagte war an diesem Abend zunächst als Journalist für die Zeitschrift XXX tätig und im Schillerkiez in Berlin-Neukölln mit der Berichterstattung über die Räumung der Kiezkneipe „Syndikat“ beauftragt.

Strafbarkeit wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte
(Symbolfoto: Pradeep Thomas Thundiyil/Shutterstock.com)

Nach Beendigung der Veranstaltungen hielten sich im Kreuzungsbereich Hermannstraße/ Mahlower Straße noch Mindestens 100 Personen in einer zu diesem Zeitpunkt unerlaubten Ansammlung auf. Die Personen wurden durch die eingesetzten Polizeibeamten der 33. Einsatzhundertschaft mehrfach aufgefordert, die Straße zu verlassen, sich auf die Gehwege zu begeben und sich in Richtung Flughafenstraße zu entfernen. Nachdem die Personen aus der Gruppe auch nach mehrfachen Lautsprecherdurchsagen der Aufforderung durch die Polizeibeamten nur teilweise nachkamen, erteilten die eingesetzten Polizeibeamten mehrere mündliche Platzverweise und begannen schließlich, die Platzverweise mit zwei hintereinander agierenden Polizeiketten durch Schieben und Drücken in Richtung Flughafenstraße durchzusetzen. In dieser Situation forderte der Zeuge PKA XXX gegen 02:05 Uhr der Ereignisnacht den Angeklagten auf, den Kreuzungsbereich Hermannstraße/Selchower Straße zu verlassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte seine journalistische Tätigkeit bereits beendet, trug auch äußerlich erkennbar keine Hinweise mehr auf eine Pressetätigkeit und war im Begriff, den Heimweg anzutreten. Nachdem der Angeklagte der Aufforderung zum Verlassen der Örtlichkeit auch nach mehreren mündlichen Platzverweise sowie der Androhung des Einsatzes körperlichen Zwangs nicht nachgekommen war, begann der Zeuge PKA XXX, den Angeklagten mit ausgestreckten Armen vor dessen Brust wegzuschieben. Obgleich die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme erkennend versuchte der Angeklagte, diese dadurch zu verhindern, dass er zunächst wild mit seinen Händen vor seinem Körper gestikulierte und dabei die Hände des Zeugen PKA XXX wegschlug. Anschließend stieß er den Zeugen PK XXX mit beiden Händen vor die Brust, so dass dieser einen Schritt nach hinten gehen musste. Kurz darauf ergriff der Angeklagte mit seiner rechten Hand die linke Hand des Zeugen PKA XXX und versuchte, diese zu verdrehen, was ihm aufgrund nur gering möglicher Kraftentfaltung nicht gelang. Um weitere körperliche Übergriffe auf den Zeugen PKA XXX zu unterbinden und den Angeklagten vorläufig festzunehmen, wurde der Angeklagte unmittelbar darauf durch Polizeibeamte aus der zweiten Reihe der Polizeikette ergriffen und an dem Zeugen PKA XXX vorbei nach hinten weggezogen. Erst jetzt äußerte der Angeklagte erstmals und zu diesem Zeitpunkt im Übrigen konkret nicht mehr zutreffend, als Journalist tätig zu sein. Der Angeklagte sollte nunmehr durch die Zeugen PM XXX und PM XXX dem Transportfahrzeug der Polizei zur weiteren Veranlassung zugeführt werden. Auch gegen diese Maßnahme setzte sich der Angeklagte zur Wehr, versteifte seinen Körper, stemmte sich gegen die Laufrichtung und setzte zu einem kraftvollen Rucken an, um seinen fixierten Arm freizubekommen. Anlässlich der sich anschließenden Eröffnung des Tatvorwurfes und der körperlichen Durchsuchung stemmte sich der Angeklagte erneut gegen den Zeugen PM XXX und versuchte, diesen mit seinem Körper zu schubsen, um die Durchführung auch dieser Maßnahme zumindest zu erschweren.

Im Zuge der Festnahme wurde der Angeklagte im Zusammenhang mit den zur Überwindung seiner Widerstandshandlungen getroffenen rechtmäßigen polizeilichen Maßnahmen selbst verletzt. Er erlitt multiple, etwa 1 bis 2 cm große Hämatome an der Innenseite des rechten Oberarms sowie im Bereich des rechten Unterarmes sowie eine etwa 1 cm lange Schramme im linken Schläfenbereich. Die Muskelstränge links und rechts der Wirbelsäule waren verhärtet und leicht Druck empfindlich.

III.

Die Feststellungen weisen aus, dass sich der Angeklagte eines Vergehens des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs.1 StGB schuldig gemacht hat.

Soweit die Staatsanwaltschaft Berlin dem Angeklagten mit dem durch das Amtsgericht Tiergarten am 23. Juni 2021 antragsgemäß erlassenen Strafbefehl weitergehend die Verwirklichung des Tatbestandes des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte gemäß § 114 Abs.1 StGB zur Last gelegt hat, trugen die in der Hauptverhandlung getroffenen Feststellungen zum Ausmaß des bewusst gegen den Zeugen PKA XXX gerichteten körperlichen Vorgehens des Angeklagten, welches die aufgrund der deutlich erhöhten Strafandrohung zu beachtende Erheblichkeitsschwelle nicht erreichte, eine Verurteilung auf dieser Grundlage nicht.

IV.

Der Strafzumessung war der sich aus § 113 Abs.1 StGB ergebende Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zugrunde zu legen.

Hierbei sprach für den bislang unbestraften Angeklagten, dass sich dieser in der Hauptverhandlung weitgehend geständig gezeigt hat. Der Angeklagte hat im Zuge der Festnahme am Ereignistag selbst körperliche Nachteile davongetragen, deren Entstehen er indes selbst verursacht hat. Schließlich war in Ansatz zu bringen, dass die Tathandlung bereits deutlich mehr als ein Jahr zurückliegt, ohne dass den Angeklagten eine Verantwortung für die lange Verfahrensdauer trifft. Zulasten des Angeklagten hatte sich demgegenüber auszuwirken, dass sich dessen Fehlverhalten über einen bereits erheblichen Zeitraum erstreckt und er dabei zugleich zum Nachteil von drei Polizeibeamten agiert.

Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände sowie nach Würdigung dessen Persönlichkeit genügte sowohl zur Ahndung der Tat als auch zur Einwirkung auf den Angeklagten die Verhängung einer Geldstrafe im noch unteren Bereich, welche zugleich erforderlich war, um dem Angeklagten nochmals deutlich das Tatunrecht und das Maß seiner Schuld vor Augen zu führen. Dementsprechend hat das Gericht eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen erachtet.

Die Höhe des im Einzelnen mit 20,00 € zu bemessenen Tagessatzes orientiert sich an den gegenwärtigen Einkommensverhältnissen des Angeklagten (§ 40 Abs. 2 StPO).

V.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus den §§ 464, 465 StPO.

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