Straftatbestand der Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 und 6 InsO
Das Insolvenzverfahren ist zweifelsohne kein Schritt, den ein Unternehmer gern geht. Neben dem beruflichen Scheitern, aus welchen Gründen auch immer dieses Scheitern zustande kam, gibt es für den Unternehmer im Rahmen des Insolvenzverfahrens eine wahre Vielzahl von Dingen, die beachtet werden wollen. Auch die Gefahr von sogenannten Insolvenzstraftaten besteht und ein wesentlicher Aspekt dieser Insolvenzstraftaten ist die Insolvenzverschleppung. Kaum ein Unternehmer beschäftigt sich zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit mit dem Gedanken, dass die Insolvenz irgendwann einmal drohen könnte. Ist es dann jedoch soweit ist es auch wichtig zu wissen, was genau sich hinter der Insolvenzverschleppung verbirgt und welche Konsequenzen drohen können.
Die Insolvenzverschleppung gehört zu denjenigen Tatvorwürfen, welche in einem derartigen Verfahren am häufigsten zum Tatgegenstand werden. Dieser Vorwurf wird dann gegenüber den Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder gegen den zuständigen Geschäftsführer der Gesellschaft bzw. des Unternehmens gerichtet. Nicht selten verbirgt sich hinter der Handlungsweise des Geschäftsführers oder der Gesellschafter nicht einmal eine böswillige Absicht. In der Regel versuchen die Gesellschafter bzw. der Geschäftsführer lediglich, das Unternehmen im Vorfeld einer drohenden Insolvenz wirtschaftlich wieder in die richtigen Bahnen zu lenken bzw. das Unternehmen oder die Gesellschaft irgendwie zu retten. Diese gute Absicht jedoch wird seitens des Gesetzgebers nicht etwa honoriert, sondern vielmehr mit Unverständnis entlohnt.
Wenn dauerhafte Zahlungsausfälle auftreten bewerten die zuständigen Beamten die wirtschaftliche Gesamtsituation bzw. Handlungsfähigkeit eines Unternehmens in der Regel gänzlich anders als der Geschäftsführer bzw. die Gesellschafter eines Unternehmens. Die Grundlage der Bewertung von Beamten ist stets die Aktenlage im Nachhinein.
Die Insolvenzverschleppung
Der Vorwurf einer Insolvenzverschleppung wird auf der Basis des § 15a InsolvenzOrdnung (InsO) getätigt. Dieser Paragraf beinhaltet den Tatbestand einer Insolvenzverschleppung, der in der gängigen Praxis durchaus schnell erfüllt werden kann. Auf der Grundlage des § 15a InsO hat ein Geschäftsführer die gesetzliche Verpflichtung, binnen drei Wochen ab dem ersten Anzeichen der wirtschaftlichen Krise des Unternehmens einen Antrag auf die Insolvenz bei dem zuständigen Gericht zu stellen. Diese Fristsetzung ist sehr knapp bemessen und stellt Geschäftsführer bzw. Gesellschafter eines Unternehmens sehr schnell vor große Probleme.
Versäumt ein Geschäftsführer bzw. versäumen die Gesellschafter eines Unternehmens diese Frist, so gibt es sehr erhebliche Strafbarkeitsrisiken. Diese Strafbarkeitsrisiken gehen nicht selten mit sehr stark existenzbedrohenden Haftungsrisiken auf zivilrechtlicher Basis einher.
Als erste Voraussetzung gilt jedoch die Pflicht zu einem entsprechenden Insolvenzantrag, welcher sich auf der sogenannten Insolvenzreife des Unternehmens begründet. Die Insolvenzreife ist zwingend mit der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens bzw. der Gesellschaft verbunden. Hierbei gibt es rechtlich betrachtet bereits durchaus Spielraum für Diskussionen. Der Gesetzgeber nimmt die Überschuldung jedoch auf der Grundlage des § 19 Absatz 2 InsolvenzOrdnung dann an, wenn das Schuldvermögen zur Deckung der bereits bestehenden wirtschaftlichen Verbindlichkeiten des Unternehmens nicht mehr ausreichend ist. Eine Ausnahme von dieser Annahme kann jedoch der Umstand sein, dass das Unternehmen auch nach der wirtschaftlichen Krise mit hoher Wahrscheinlichkeit weitergeführt werden kann.
Im Zuge der Wirtschaftskrise, welche 2012 weltweit wütete, gab es eine Neudefinition des Überschuldungsbegriffs. Die sogenannte positive Fortführungsprognose kann bereits ausreichend sein, eine wirtschaftliche Überschuldung einer Gesellschaft oder eines Unternehmens trotz formal negativer Bilanzen zu verneinen.
Bei der Bewertung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens müssen auch diejenigen Vermögenswerte berücksichtigt werden, die nach steuer- oder handelsrechtlichen Bilanzvorschrift als unaktivierbar gelten. Materielle Wirtschaftsgüter müssen dementsprechend auch in der insolvenzrechtlichen Forderungsaufstellung eine entsprechende Berücksichtigung finden. Es ist in der gängigen Praxis durchaus denkbar, dass unterschiedliche wirtschaftliche Bewertungsmethoden bei einem Unternehmen auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Gleichermaßen verhält es sich auch bei
- stillen Reserven
- Forderungsverzichtserklärungen
- Patronatserklärungen
- Rangrücktrittserklärungen
Es kommt in der gängigen Praxis nicht selten vor, dass ein Geschäftsführer bzw. die Gesellschafter eines Unternehmens keine Chance auf die Einsicht der wirtschaftlichen Bewertung des Unternehmens hat. Dies kann bei der Verteidigung im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung ein Ansatzpunkt darstellen.
Ein weiterer Aspekt der Insolvenzreife ist die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens, welche ebenfalls einer gesetzlichen Definition unterliegt. Der Gesetzgeber definiert die Zahlungsunfähigkeit als dann vorliegend, wenn der Schuldner außer Stande ist, die noch offenen oder zu erwartenden Zahlungsverpflichtungen auch wirklich erfüllen zu können. In der gängigen Praxis wird davon ausgegangen, dass ein Unternehmen, welches die Zahlungen bereits vollständig eingezahlt hat, auch zahlungsunfähig ist. Eine Abgrenzung muss allerdings zu der reinen Zahlungsstockung vorgenommen werden. Die Zahlungsstockung begründet sich gem. Gesetzgeber aus einem kurzfristig vorhandenem aber durchaus behebbaren Mangel an entsprechenden wirtschaftlichen Mitteln eines Unternehmens. Die Abgrenzung ist Teil einer Prüfung, die im Rahmen der wirtschaftlichen Bewertung des Unternehmens seitens der zuständigen Behörden vorgenommen wird.
Im Rahmen dieser Prüfung wird auch erwogen, ob die Zahlungsstockung durch
- Eigenkapital der Gesellschafter bzw. des Geschäftsführers
- Kredite
- den zu erwartenden Einnahmen des Unternehmens bzw. der Gesellschaft
- die Veräußerung von Unternehmensvermögensgegenständen
behoben werden kann.
Obgleich vereinfacht gesagt werden könnte, dass sich die Insolvenzverschleppung bereits durch die Weigerung oder Verspätung eines entsprechenden Insolvenzantrages des Geschäftsführers bzw. der Gesellschafter begründet, so ist dies nicht ganz den Tatsachen entsprechend. Das Thema Insolvenzverschleppung ist sehr komplex und auch die Folgen für die entsprechend Verantwortlichen eines Unternehmens sind überaus weitreichend. Auf der Grundlage des § 14 GmbHG können persönliche Haftungen für noch offene Zahlungsverpflichtungen nach der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens entstehen. Eine weitere Folge kann auch eine Verurteilung auf der Grundlage des § 6 GmbH darstellen, welche die zukünftige Geschäftsführertätigkeit der verantwortlichen Person nach sich zieht. Für Gewerbetreibende kann überdies auch ein Verlust der Gewerbezulassung gem. § 35 GewerbeOrdnung drohen. Auch dies hat selbstverständlich weitergehende Folgen für die Zukunftsplanung eines Gewerbetreibenden, da in diesem Fall die Gewerbezulassung auf jeden Fall neu beantragt werden muss.
Da im Fall einer Insolvenz eines Unternehmens auch ein Insolvenzverwalter involviert wird kann es durchaus ratsam sein, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Gewerberecht bzw. einen Fachanwalt für Strafrecht hinzuziehen. Gerade der Rechtsanwalt für Strafrecht wird dann besonders wichtig, wenn der Verdacht der Insolvenzverschleppung erst einmal geäußert wird. Wenn Sie als Geschäftsführer oder Gesellschafter sich mit einem entsprechenden Vorwurf konfrontiert sehen sollten Sie daher auf gar keinen Fall Zeit verlieren und einen entsprechend engagierten und kompetenten Fachanwalt mit einem Mandat versehen. Unser Team steht Ihnen diesbezüglich sehr gern zur Verfügung und übernimmt Ihre Verteidigung in dem Fall. Wir treten für Ihr Recht ein und können Sie nach einer eingängigen Prüfung des gesamten Sachverhalts entsprechend beraten. Sie müssen uns diesbezüglich einfach nur kontaktieren und Ihren Fall schildern. Hierfür steht Ihnen selbstverständlich unsere Internetpräsenz sowie auch der fernmündliche bzw. E-Mail-Weg zur Verfügung.