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Strafzumessung im Jugendstrafverfahren – Verhängung von Jugendarrest

AG München, Az.: 10 VRJs 1488/2014, Beschluss vom 20.08.2014

Von der Vollstreckung des mit Urteil des Amtsgerichts Memmingen vom 18.6.2014 gegen P. G. ausgesprochenen Arrestes gemäß § 16 a JGG von 2 Wochen Dauer wird gemäß § 87 Abs. 3 JGG abgesehen.

Gründe

Strafzumessung im Jugendstrafverfahren - Verhängung von Jugendarrest
Symbolfoto: Von Jan H Andersen /Shutterstock.com

1. Der Verurteilte wurde mit rechtskräftigem Urteil des AG Memmingen vom 18.6.2014 neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von 2 Jahren zu einem zweiwöchigen Arrest gemäß § 16 a JGG verurteilt. Die Tatzeiten lagen Im Jahre 2009 sowie am 24.1.2013 und damit vor Inkrafttreten des § 16 a JGG am 7.3.2013.

Das Vollstreckungsersuchen ist am 8.8.2014 hier eingegangen, Vollstreckungsverjährung nach § 87 IV JGG tritt am 25.9.2014 ein.

Die Übernahme der Vollstreckung wurde zunächst mit Beschluss vom 11.8.2014 abgelehnt, die Einwendungen wurden mit Beschluss des AG Memmingen vom 18.8.2014 unter Hinweis auf Eisenberg, § 83 JGG, Rn 2 zurück gewiesen.

2. Aufgrund eines Verstoßes gegen das in § 2 I StGB, Art. 103 II GG als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips niedergelegten Rückwirkungsverbot kann der Warnschussarrest nicht vollstreckt werden.

Es ist das zur Tatzeit für den Verurteilten günstigste Recht anzuwenden, Meistbegünstigungsprinzip. Für Taten, die ausschließlich vor Inkrafttreten des § 16 a JGG begangen wurden, kann nur dann ein Warnschussarrest verhängt werden, wenn anderenfalls eine Jugendstrafe ohne Bewährung zu verhängen gewesen wäre. Nur dann stellt sich die Anwendung des § 16 a JGG für Taten vor seinem Inkrafttreten als mildere Gesetzesanwendung dar. Als Ausnahme vom Tatzeitprinzip bedarf dies jedoch einer ausdrücklichen Begründung im Urteil. Ein Fall des § 21 I 3 JGG, wonach eine Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung erst und kausal durch die Verbüßung eines Warnschussarrestes möglich geworden wäre, lässt sich der Urteilsbegründung nicht entnehmen.

3.

Eine obergerichtliche Rechtsprechung ist nicht erkennbar, zur Problematik wird auf den Aufsatz von Holste, Der § 16a-Arrest, das strafrechtliche Rückwirkungsverbot und der Umgang mit fehlerhaften Urteilen in ZJJ 3/2013, S. 289 ff Bezug genommen.

Eine obergerichtliche Entscheidung ist anzustreben.

Die Einwendungen des Vollstreckungsleiter als Organ der Justizverwaltung wurden vom erkennenden Gericht zurückgewiesen. In seiner Funktion als Organ der Justizverwaltung kann der Arrestvollstreckungsleiter die Zweifel an der Zulässigkeit der Vollstreckung nicht gerichtlich klären lassen, vgl. Meyer-Gossner/Schmidt, § 468 StPO, Rn. 7.

Ein Hinweis an der Verurteilten, Einwendungen zu erheben, wird als untunlich angesehen.

Der von Holste aaO empfohlene Weg, zunächst alle anderen Arreste zu vollstrecken und die nicht vollstreckungsfälligen Arreste zurück zu stellen, bis gegebenenfalls Verjährung eintritt, wird nicht befürwortet, da in diesem Falle ein Recht der Staatsanwaltschaft zur sofortigen Beschwerde abgeschnitten würde.

Jedoch erlaubt § 87 Abs. 3 JGG dem Vollstreckungsleiter in seiner jugendrichterlichen Funktion (§ 83 Abs. 1 JGG), von der Vollstreckung des Jugendarrestes abzusehen, wenn seit Urteilserlass Umstände hervorgetreten sind, die dies aus Gründen der Erziehung rechtfertigen. Dabei ist zwar in erster Linie an veränderte Lebensumstände und nicht an eine Korrektur der Entscheidung des erkennenden Gerichts gedacht. Es ist jedoch fraglich, ob eine Sanktion, die unter Verletzung des Rückwirkungsverbotes ergangen ist, der Legalbewährung eines Jugendlichen überhaupt dienlich sein kann, so auch Holste aaO, S. 291.

Zudem eröffnet diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit einer sofortigen Beschwerde, § 83 III JGG.

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