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Strafzumessung Straßenverkehrsdelikt – Strafmilderung bei gewerblicher Tätigkeit

Ein alkoholkranker Familienvater, mehrfach vorbestraft, hinterlässt eine Schneise der Verwüstung: Erst kracht es, dann flieht er – ohne Führerschein, aber mit einem Berg Schulden und einem wachsenden Problem. Kann ein Geständnis und Therapie ihn vor dem endgültigen Absturz bewahren?

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: AG Kleve
  • Datum: 05.04.2023
  • Aktenzeichen: 12 Ds – 302 Js 151/23 – 56/23
  • Verfahrensart: Strafverfahren wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort
  • Rechtsbereiche: Strafrecht, Verkehrsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Angeklagter: Person, die ohne gültige Fahrerlaubnis ein Fahrzeug geführt und sich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat. Neben den Tatumständen wurden seine persönlichen Lebensumstände – Alter, geschiedener Familienstand, Unterhaltszahlungen für seine Kinder, begrenzte finanzielle Mittel sowie seine medizinische Behandlung als Alkoholiker – im Verfahren berücksichtigt. Er trägt zudem die Kosten des Verfahrens.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Der Angeklagte fuhr ohne Fahrerlaubnis und verließ nach einem Unfallort unerlaubt die Unfallstelle. Der Fall wurde unter Einbeziehung eines bereits verhängten Strafbefehls beurteilt.
    • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Bewertung der kombinierten Tatbestände (Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis und Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) sowie um die Frage, inwieweit die damit verbundenen straf- und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen – insbesondere das Fahrerlaubnisverbot für 15 Monate – gerechtfertigt sind.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Der Angeklagte wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, wobei die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist. Zudem darf ihm die Verwaltungsbehörde vor Ablauf von 15 Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen. Er trägt die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen.
    • Folgen: Die Aussetzung der Strafe bedeutet, dass der Angeklagte nicht unmittelbar inhaftiert wird, jedoch während der Bewährungszeit und bei einem Rückfall mit verschärften Konsequenzen rechnen muss. Das Fahrverbot für 15 Monate beeinträchtigt seine Mobilität, und er muss die finanziellen Belastungen des Verfahrens übernehmen.

Der Fall vor Gericht


Fahrten ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht: Bewährungsstrafe für Wiederholungstäter

Mittelgroßes, beschädigtes Auto rasant an Kreuzung, Fahrer in Panik. Fußgänger beobachten schockiert.
Fahren ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Amtsgericht Kleve hat einen Mann wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht berücksichtigte bei der Strafzumessung die Vorstrafen des Angeklagten, minderte die Strafe jedoch aufgrund seines Geständnisses und seiner Alkoholtherapie.

Hintergrund: Mehrfache Vorstrafen und Alkoholproblematik

Der Angeklagte, ein x-jähriger geschiedener Vater, ist bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sein Strafregister weist Verurteilungen wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung durch Trunkenheit am Steuer und Körperverletzung auf. Zum Zeitpunkt der aktuellen Verurteilung stand er zudem unter dem Einfluss eines laufenden Fahrverbots. Das Gericht stellte fest, dass der Angeklagte alkoholabhängig ist und sich deswegen in medizinischer Behandlung befindet. Sein monatliches Einkommen als Selbstständiger beträgt rund 2.000 Euro, wovon er etwa 1.100 Euro Unterhalt für seine Kinder zahlt.

Der Vorfall: Unfall mit LKW ohne Fahrerlaubnis und anschließende Flucht

Am Abend des 20. Dezember 2022 verursachte der Angeklagte mit einem Lastkraftwagen (LKW) einen Verkehrsunfall. Er befuhr die L.-straße in Kleve, als er unaufmerksam war und einen Unfall verursachte. Dabei entstand ein Sachschaden von rund 10.810 Euro. Obwohl der Angeklagte den Unfall bemerkte, flüchtete er vom Unfallort, ohne die notwendigen Feststellungen zu ermöglichen. Ihm war bewusst, dass er keine Fahrerlaubnis besaß, weder zum Zeitpunkt des Unfalls noch bei der anschließenden Flucht.

Geständnis und Beweislage: Angeklagter räumt Taten ein

Das Gericht stützte seine Feststellungen auf das glaubhafte Geständnis des Angeklagten. Zusätzlich wurden weitere Beweismittel im Rahmen der Hauptverhandlung erhoben, die das Geständnis stützten. Auf eine detaillierte Begründung der Beweisaufnahme verzichtete das Gericht gemäß § 267 Abs. 4 Satz 3 StPO.

Rechtliche Würdigung: Vorsätzliches Handeln und Tateinheit

Das Gericht wertete das Verhalten des Angeklagten als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen. Der erste Fall bezieht sich auf die Fahrt bis zum Unfall, der zweite auf die Weiterfahrt nach dem Unfall. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort steht in Tateinheit mit dem ersten Fall des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Tateinheit bedeutet, dass mehrere Gesetzesverstöße gleichzeitig durch dieselbe Handlung begangen werden.

Strafzumessung: Gesetzlicher Strafrahmen und individuelle Umstände

Der gesetzliche Strafrahmen für unerlaubtes Entfernen vom Unfallort sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Für vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis beträgt der Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht gemäß § 46 StGB das Maß der Schuld des Angeklagten und alle für und gegen ihn sprechenden Umstände.

Milderungsgründe: Geständnis und Alkoholtherapie führen zu Bewährungsstrafe

Strafmildernd wirkte sich das Geständnis des Angeklagten aus. Besonders positiv wertete das Gericht, dass der Angeklagte sein Alkoholproblem erkannt hat und sich in Therapie begeben hat. Diese Einsicht und der Wille zur Veränderung führten dazu, dass das Gericht die Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzte. Ohne diese Milderungsgründe wäre eine höhere Strafe, möglicherweise ohne Bewährung, in Betracht gekommen.

Gesamtstrafe und Führerscheinsperre: Sechs Monate Haft auf Bewährung und verlängerte Sperrfrist

Unter Einbeziehung einer früheren Strafe aus einem Strafbefehl wurde der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die für eine Bewährungszeit ausgesetzt wurde. Zusätzlich zur Bewährungsstrafe wurde eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von 15 Monaten festgesetzt. Das bedeutet, dass die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf dieser Frist keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Der Angeklagte muss zudem die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen tragen.

Bedeutung für Betroffene: Konsequenzen von Alkoholfahrten und Fahren ohne Fahrerlaubnis

Dieses Urteil verdeutlicht die ernsthaften Konsequenzen von Alkoholfahrten und dem Fahren ohne Fahrerlaubnis, insbesondere für Wiederholungstäter. Es zeigt, dass Gerichte Alkoholprobleme und die Bereitschaft zur Therapie zwar strafmildernd berücksichtigen können, aber wiederholte Verstöße und zusätzliche Delikte wie Unfallflucht dennoch zu empfindlichen Strafen führen. Betroffene, die ebenfalls mit Alkoholproblemen und Verkehrsdelikten zu kämpfen haben, können aus diesem Urteil ableiten, dass die Auseinandersetzung mit der Sucht und die Kooperation mit den Behörden wichtige Faktoren für eine positive Strafzumessung sein können. Gleichzeitig macht das Urteil deutlich, dass Fahren ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht nicht bagatellisiert werden und auch bei Vorliegen mildernder Umstände zu Freiheitsstrafen führen können. Die lange Sperrfrist für die Fahrerlaubnis unterstreicht zudem die Gefahr, die von Personen ohne Fahrerlaubnis im Straßenverkehr ausgeht, und dient dem Schutz der Allgemeinheit.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass bei wiederholten Verkehrsdelikten die Gerichte von Geldstrafen zu Freiheitsstrafen übergehen, wenn frühere Sanktionen keine ausreichende abschreckende Wirkung hatten, selbst wenn diese zur Bewährung ausgesetzt werden können. Besonders schwerwiegend werden Fahrten ohne Fahrerlaubnis in Verbindung mit Unfallfluchten gewertet, wobei für die Strafzumessung sowohl positive Faktoren (wie ein Geständnis und Therapiebemühungen) als auch negative Aspekte (wie Vorstrafen und schnelle Rückfälligkeit) berücksichtigt werden. Bei alkoholbedingten Verkehrsdelikten mit hoher Rückfallgeschwindigkeit kann eine längere Sperrfrist für die Fahrerlaubnis verhängt werden, unabhängig davon, ob die Fahrten im privaten oder beruflichen Kontext stattfanden.

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Verkehrsdelikte wie das Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie das unerlaubte Entfernen vom Unfallort berühren grundlegende Fragestellungen des Verkehrsrechts. Der Umgang mit strafrechtlichen Folgen, die Bewertung vergangener Verfehlungen und das Erkennen persönlicher Problembereiche stellen häufig komplexe Herausforderungen dar, die eine präzise juristische Einschätzung erfordern.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Strafe droht beim Fahren ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht?

Wenn Sie ohne Fahrerlaubnis fahren und zusätzlich Unfallflucht begehen, drohen Ihnen erhebliche rechtliche Konsequenzen. Fahren ohne Fahrerlaubnis ist nach § 21 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) eine Straftat, die mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden kann.

Unfallflucht hingegen ist eine separate Straftat nach § 142 des Strafgesetzbuchs (StGB) und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden. Beide Vergehen können in Tateinheit stehen, was bedeutet, dass sie zusammen verhandelt werden können, was die Gesamtstrafe erhöhen kann.

Vorstrafen spielen eine wichtige Rolle bei der Strafzumessung. Wenn Sie bereits vorbestraft sind, insbesondere wegen einschlägiger Vergehen, kann dies zu einer härteren Bestrafung führen, einschließlich einer Freiheitsstrafe.

In einem solchen Fall ist es wichtig, sich der rechtlichen Situation bewusst zu sein und die möglichen Konsequenzen zu verstehen. Wenn Sie in eine solche Situation geraten, sollten Sie sich über die rechtlichen Grundlagen informieren und die möglichen Folgen abwägen.


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Was bedeutet Bewährung und unter welchen Bedingungen wird sie gewährt?

Bewährung bedeutet die Aussetzung einer Freiheitsstrafe, die nicht in einer Justizvollzugsanstalt verbüßt werden muss. Stattdessen bleibt der Verurteilte in Freiheit und hat die Möglichkeit, sich in einem festgelegten Zeitraum zu bewähren, indem er keine weiteren Straftaten begeht. Diese Zeit wird als Bewährungszeit bezeichnet und kann zwischen zwei und fünf Jahren betragen.

Wenn Sie eine Bewährungsstrafe erhalten, bedeutet dies, dass Sie weiterhin in Ihrem gewohnten Umfeld leben können, solange Sie die Bewährungsauflagen erfüllen. Diese Auflagen können beispielsweise Geldzahlungen, Therapien oder andere Weisungen umfassen. Verstoßen Sie gegen diese Auflagen oder begehen Sie während der Bewährungszeit eine neue Straftat, kann die Bewährung widerrufen werden, was bedeutet, dass Sie die ursprünglich ausgesetzte Strafe antreten müssen.

Die Entscheidung für eine Bewährung hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Positive Sozialprognose: Das Gericht muss davon überzeugt sein, dass Sie auch ohne den Vollzug der Strafe keine weiteren Straftaten begehen werden.
  • Vorstrafen: Wenn Sie keine oder nur wenige Vorstrafen haben, ist die Chance auf eine Bewährung höher.
  • Geständnis und Schadenswiedergutmachung: Ein Geständnis und Bemühungen zur Schadenswiedergutmachung können positiv bewertet werden.
  • Freiheitsstrafendauer: In der Regel können nur Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden.

In einem Fall wie Fahren ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht könnte eine Bewährung in Betracht gezogen werden, wenn die Strafe nicht zu lang ist und eine positive Sozialprognose besteht. Es ist jedoch wichtig, dass Sie sich an die Bewährungsauflagen halten, um einen Widerruf zu vermeiden.


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Wie wirken sich Alkoholprobleme auf die Strafzumessung aus?

Alkoholprobleme können sich in verschiedenen Formen auf die Strafzumessung auswirken, insbesondere wenn es um Alkoholismus oder Trunkenheit bei der Tatbegehung geht. Hier sind einige wichtige Aspekte:

Wenn Sie unter Alkoholeinfluss eine Straftat begehen, kann dies sowohl strafmildernd als auch strafverschärfend wirken. Die Schuldfähigkeit spielt dabei eine zentrale Rolle. Verminderte Schuldfähigkeit kann bei einer Blutalkoholkonzentration ab 2,0 Promille angenommen werden, während eine Schuldunfähigkeit regelmäßig erst bei 3,0 Promille vorliegt.

Strafmilderung ist möglich, wenn die Tat unter erheblicher Beeinflussung durch Alkohol begangen wurde und dies zu einer verminderten Schuldfähigkeit führt. In solchen Fällen kann die Strafe gemäß § 49 Absatz 1 StGB gemildert werden. Allerdings entscheidet das Gericht im Einzelfall, ob eine Strafmilderung gerechtfertigt ist.

Andererseits kann Alkoholkonsum, insbesondere bei Fahrlässigkeit oder Vorsatz, die Strafe verschärfen. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand eine Tat begeht, ohne die möglichen Folgen zu berücksichtigen, während Vorsatz bedeutet, dass die Tat bewusst und mit Absicht begangen wird. Bei Fahrlässigkeit kann Alkoholkonsum die Strafe erhöhen, da es als Vorverantwortung angesehen wird, sich nicht in einem Zustand zu befinden, der die Fähigkeit zur Kontrolle beeinträchtigt.

Beispiel: Wenn jemand betrunken ein Fahrzeug führt und einen Unfall verursacht, kann dies als fahrlässige Körperverletzung oder fahrlässige Tötung angesehen werden. In solchen Fällen kann die Strafe höher ausfallen, da der Alkoholkonsum die Fähigkeit zur sicheren Fahrzeugführung erheblich beeinträchtigt hat.

In Bezug auf Therapie kann die Teilnahme an einer Alkoholtherapie positiv auf die Strafzumessung wirken, da dies als Zeichen der Reue und des Willens zur Veränderung angesehen werden kann. Dennoch hängt die Entscheidung über eine Strafmilderung vom Einzelfall ab.

Zusammengefasst ist es wichtig zu verstehen, dass Alkoholprobleme sowohl strafmildernd als auch strafverschärfend wirken können, abhängig von den Umständen der Tat und der persönlichen Situation des Täters.


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Was ist eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis?

Eine Sperrfrist ist ein Zeitraum, in dem Sie nach dem Entzug Ihrer Fahrerlaubnis keinen neuen Führerschein beantragen können. Dieser Zeitraum wird in der Regel vom Gericht festgelegt und kann je nach Schwere des Vergehens mindestens 6 Monate und höchstens 5 Jahre betragen. In besonders schweren Fällen kann sogar eine lebenslange Sperrfrist verhängt werden.

Wie wird die Länge der Sperrfrist bestimmt?

Die Länge der Sperrfrist hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Schwere der Tat und Vorstrafen. Beispielsweise kann bei einer Trunkenheitsfahrt mit hohen Promillewerten eine längere Sperrfrist verhängt werden. Auch die persönliche Situation des Betroffenen, wie die berufliche Abhängigkeit vom Führerschein, kann berücksichtigt werden.

Kann die Sperrfrist verkürzt werden?

Ja, es ist möglich, die Sperrfrist zu verkürzen. Dazu müssen Sie überzeugend darlegen, dass Sie nicht mehr ungeeignet sind, am Straßenverkehr teilzunehmen. Dies kann durch den Besuch von Kursen oder eine reflektierte Auseinandersetzung mit der Tat geschehen. Ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) kann ebenfalls hilfreich sein. Die Sperrfrist kann jedoch niemals unter drei Monate verkürzt werden.

Wann kann die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis beantragt werden?

Sie können den Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate vor Ablauf der Sperrfrist stellen. Nach Ablauf der Sperrfrist ist es notwendig, die Fahrerlaubnis neu zu beantragen, da sie nicht automatisch wieder erteilt wird.


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Welche Kosten kommen auf mich zu, wenn ich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht verurteilt werde?

Wenn Sie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht verurteilt werden, müssen Sie mit erheblichen finanziellen Belastungen rechnen. Diese Kosten können sich auf mehrere Bereiche erstrecken:

Straf- und Verfahrenskosten

  • Geldstrafen: Das Fahren ohne Fahrerlaubnis kann mit einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen geahndet werden. Bei Unfallflucht droht zusätzlich eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.
  • Gerichts- und Anwaltskosten: Sie müssen die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen, einschließlich Anwalts- und Gerichtskosten.

Schadensersatzforderungen

  • Reparaturkosten: Sie haften für die Reparaturkosten des beschädigten Fahrzeugs sowie für andere Schäden, die durch den Unfall entstanden sind.
  • Gutachter- und Sachverständigenkosten: Diese Kosten können zwischen 500 und 2.000 Euro betragen, abhängig von der Komplexität des Schadens.
  • Mietwagenkosten und Nutzungsausfall: Wenn das beschädigte Fahrzeug nicht mehr fahrbereit ist, müssen Sie auch die Kosten für einen Mietwagen oder den Nutzungsausfall übernehmen.

Versicherungsregress

  • Kfz-Haftpflichtversicherung: Obwohl die Versicherung zunächst für die Schäden aufkommt, kann sie bis zu 5.000 Euro von Ihnen zurückfordern, wenn Sie ohne Fahrerlaubnis gefahren sind. Bei zusätzlichen Verstößen, wie Unfallflucht, kann sich dieser Betrag verdoppeln.

Weitere finanzielle Belastungen

  • Personenschäden und Schmerzensgeld: Wenn Personen verletzt wurden, kommen zusätzliche Kosten für Heilbehandlungen und Schmerzensgeld hinzu.
  • MPU-Kosten: In manchen Fällen kann eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) erforderlich sein, um die Fahrerlaubnis wiederzuerlangen. Diese Kosten müssen Sie selbst tragen.

Insgesamt können die finanziellen Belastungen durch Fahren ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht erheblich sein und Ihre finanzielle Situation nachhaltig beeinträchtigen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis

Das vorsätzliche Fahren ohne Fahrerlaubnis ist ein Straftatbestand nach § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG). Es liegt vor, wenn jemand bewusst und willentlich ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, obwohl er keine gültige Fahrerlaubnis besitzt. „Vorsätzlich“ bedeutet, dass der Täter weiß, dass er keine Fahrerlaubnis hat, aber trotzdem fährt. Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.

Beispiel: Ein Autofahrer, dessen Führerschein entzogen wurde, fährt dennoch mit seinem Auto zum Einkaufen und wird von der Polizei kontrolliert.


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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Dieser umgangssprachlich als „Fahrerflucht“ bezeichnete Tatbestand ist in § 142 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Er liegt vor, wenn sich ein Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, ohne zuvor seinen gesetzlichen Pflichten zur Feststellung seiner Identität, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung nachzukommen. Die Strafe kann bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe betragen.

Beispiel: Ein Fahrer beschädigt beim Einparken ein anderes Fahrzeug und fährt weg, ohne seine Kontaktdaten zu hinterlassen oder die Polizei zu informieren.


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Gesamtfreiheitsstrafe

Eine Gesamtfreiheitsstrafe wird verhängt, wenn jemand mehrere Straftaten begangen hat und dafür eigentlich mehrere Einzelstrafen verhängt werden müssten. Nach § 53 StGB bildet das Gericht aus den Einzelstrafen eine Gesamtstrafe, die höher ist als die höchste Einzelstrafe, aber niedriger als die Summe aller Einzelstrafen. Sie darf die Grenze von 15 Jahren nicht überschreiten.

Beispiel: Für Fahren ohne Fahrerlaubnis werden 3 Monate und für Unfallflucht 4 Monate Freiheitsstrafe festgesetzt; daraus wird eine Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten gebildet.


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Bewährung

Bewährung bedeutet, dass eine verhängte Freiheitsstrafe nicht vollstreckt wird, wenn der Verurteilte während einer festgesetzten Bewährungszeit keine weiteren Straftaten begeht. Geregelt ist die Strafaussetzung zur Bewährung in §§ 56 ff. StGB. Bei Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren kann das Gericht die Strafe zur Bewährung aussetzen, wenn eine günstige Sozialprognose vorliegt.

Beispiel: Ein Verurteilter erhält 6 Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung für 3 Jahre. Bleibt er in dieser Zeit straffrei, muss er nicht ins Gefängnis.


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Vorstrafe

Eine Vorstrafe ist eine bereits rechtskräftig abgeschlossene strafrechtliche Verurteilung durch ein Gericht. Diese wird im Bundeszentralregister eingetragen. Vorstrafen werden bei der Strafzumessung in neuen Verfahren berücksichtigt und können strafverschärfend wirken, besonders bei einschlägigen (ähnlichen) Delikten. Sie zeigen, dass bisherige Strafen keine ausreichende Wirkung hatten.

Beispiel: Ein bereits dreimal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilter Täter erhält beim vierten Mal eine höhere Strafe, da frühere, mildere Strafen offensichtlich nicht gewirkt haben.


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Tateinheit

Tateinheit liegt vor, wenn durch eine einzige Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzt werden. Dies ist in § 52 StGB geregelt. Im Gegensatz zur Tatmehrheit, bei der mehrere selbständige Handlungen vorliegen, wird bei Tateinheit nur nach dem Gesetz bestraft, das die schwerste Strafe androht.

Beispiel: Ein Fahrer ohne Führerschein verursacht einen Unfall und flüchtet. Die Handlung des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und die anschließende Unfallflucht stehen in Tateinheit.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG: Diese Norm sanktioniert das Führen eines Kraftfahrzeugs ohne die erforderliche Fahrerlaubnis. Es handelt sich um eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Angeklagte wurde wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt, da er wissentlich ohne gültige Fahrerlaubnis ein Lastkraftwagen führte.
  • § 142 Abs. 1 StGB: Diese Vorschrift regelt das unerlaubte Entfernen vom Unfallort. Sie stellt es unter Strafe, wenn sich ein Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr entfernt, bevor er die Feststellung seiner Person und Beteiligung ermöglicht hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Angeklagte entfernte sich nach dem Unfall, den er verursacht hatte, vom Unfallort, ohne die notwendigen Feststellungen zu ermöglichen, was als unerlaubtes Entfernen vom Unfallort geahndet wird.
  • § 69a StGB: Dieser Paragraph bestimmt, dass das Gericht neben einer Strafe zusätzlich eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis anordnen kann. Dies geschieht, wenn die Tat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs steht und die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat eine Sperrfrist von 15 Monaten festgesetzt, innerhalb derer dem Angeklagten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf, was seine Berechtigung, am Straßenverkehr teilzunehmen, zusätzlich einschränkt.
  • §§ 52, 53 StGB: Diese Paragraphen regeln die Tateinheit und die Bildung einer Gesamtstrafe. Tateinheit liegt vor, wenn mehrere Strafgesetze durch dieselbe Handlung verletzt werden; in diesem Fall wird eine Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen gebildet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat die Strafen für das Fahren ohne Fahrerlaubnis und das unerlaubte Entfernen vom Unfallort in Tateinheit gesehen und unter Einbeziehung einer früheren Strafe eine Gesamtstrafe von 6 Monaten Freiheitsstrafe gebildet.

Das vorliegende Urteil


AG Kleve – Az.: 12 Ds – 302 Js 151/23 – 56/23 – Urteil vom 05.04.2023


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