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Straßenblockaden – Widerstand durch Festkleben

Klimaaktivistin wegen Straßenblockaden verurteilt! Das Kammergericht Berlin entschied, dass sich Aktivisten durch das Festkleben auf der Fahrbahn des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig machen. Mit Sekundenkleber auf der Straße – eine neue Form des Protests mit strafrechtlichen Folgen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Kammergericht Berlin
  • Datum: 10.07.2024
  • Aktenzeichen: 3 ORs 30/24 – 161 SRs 26/24
  • Verfahrensart: Revision im Strafverfahren
  • Rechtsbereiche: Strafrecht

Beteiligte Parteien:

  • Angeklagte: Mitglied der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“. Die Angeklagte wurde wegen gemeinschaftlich begangener Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt. Sie wollte durch Straßenblockaden mediale Aufmerksamkeit für den Klimaschutz gewinnen. Ihr Verteidiger argumentierte gegen die Verwerflichkeit der Nötigungshandlungen und bestritt die Gewaltanwendung.
  • Staatsanwaltschaft: Forderte die Verwerfung der Revision als unbegründet. Sie vertrat die Auffassung, dass die Aneinanderkettungsaktionen der Angeklagten Gewalt darstellten und die Rechtsordnung verletzen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Angeklagte beteiligte sich an nicht angemeldeten Straßenblockaden, bei denen sie und andere Aktivisten sich auf Fahrbahnen festklebten, um den Verkehr zu blockieren und Aufmerksamkeit für den Klimaschutz zu schaffen. Die Aktionen führten zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Handlungen der Angeklagten als Gewalt im Sinne des § 113 StGB zu werten und ob die Nötigungshandlungen verwerflich gemäß § 240 StGB sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Revision der Angeklagten wurde als unbegründet verworfen. Die Verurteilung wegen Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wurde aufrechterhalten.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass die Aktionen der Angeklagten durch das Ankleben auf die Straße eine Form von Gewalt darstellen, die die Vollziehung rechtsmäßiger Polizeimaßnahmen erheblich erschwerten. Die Blockaden waren geeignet, die Fortbewegungsfreiheit anderer erheblich zu beeinträchtigen, und wurden als verwerflich bewertet.
  • Folgen: Die Angeklagte muss die Kosten des Rechtsmittels tragen. Das Urteil unterstreicht die Grenzen des Versammlungsrechts, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele.

Gerichtsurteil zu Straßenblockaden: Rechtliche Perspektiven auf gewaltfreien Widerstand

Aktivist hält Hand auf der Straße, mit Sekundenkleber befestigt.
(Symbolfoto: Flux gen.)

Straßenblockaden sind eine Form des gewaltfreien Widerstands, die in den letzten Jahren vermehrt im Kontext von Klimaprotesten und sozialer Mobilisierung zu beobachten ist. Aktivisten nutzen Techniken wie das Festkleben, um Protestaktionen durchzuführen, die politische Teilhabe und öffentliche Aufmerksamkeit auf wichtige Umweltfragen lenken. Diese direkte Aktion stellt eine Möglichkeit dar, die gesellschaftlichen und politischen Bewegungen zu unterstützen und die Notwendigkeit von Veränderungen zu betonen.

Kritiker und Befürworter diskutieren leidenschaftlich über die Auswirkungen dieser Blockade-Techniken auf das öffentliche Leben und die Rechtmäßigkeit solcher Maßnahmen. Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen, die mit diesen Formen des zivilen Ungehorsams verbunden sind. Der folgende Fall bietet einen vertieften Einblick in die Thematik und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen.

Der Fall vor Gericht


Straßenblockade mit Festkleben ist strafbarer Widerstand

Das Kammergericht Berlin hat entschieden: Wer sich bei einer Straßenblockade auf der Fahrbahn festklebt, macht sich des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig. Dies geht aus einem Beschluss vom 10. Juli 2024 hervor, in dem das Gericht die Revision einer Klimaaktivistin gegen ihre Verurteilung zu einer Geldstrafe zurückwies.

Die Blockadeaktionen im Detail

Die Verurteilte hatte sich im Juli 2022 an zwei Straßenblockaden der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“ beteiligt. Bei beiden Aktionen setzte sie sich zusammen mit weiteren Personen auf Berliner Autobahnabfahrten und klebte sich mit Sekundenkleber auf der Fahrbahn fest. An der BAB 111 im Bereich H-Damm blockierten sieben Personen am 12. Juli 2022 gegen 8:45 Uhr alle drei Fahrspuren. Drei Tage später, am 15. Juli, beteiligte sich die Angeklagte an einer weiteren Blockade an der Ausfahrt Sachsendamm der BAB 103.

Polizeiliche Maßnahmen und Konsequenzen

Bei beiden Aktionen erklärte die Polizei die nicht angemeldeten Versammlungen für aufgelöst, nachdem die Teilnehmer der Aufforderung, sich auf den Gehweg zu begeben, nicht nachgekommen waren. Das Ablösen der festgeklebten Hand dauerte im ersten Fall 26 Minuten, im zweiten Fall 44 Minuten. Durch die Blockaden entstanden erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen. Zahlreiche Fahrzeuge mussten von der Polizei rückwärts von den Autobahnabfahrten abgeleitet werden.

Rechtliche Bewertung des Gerichts

Das Kammergericht stufte das Festkleben als Aktive Widerstandshandlung ein. Entscheidend sei die Intensität der Kraftentfaltung durch das Klebemittel und die Kraft, die zu dessen Überwindung aufgewendet werden muss. Die Dauer des Ablösens sei dabei ein Indikator für die Stärke der zu überwindenden Kräfte. Auch wenn das Ankleben bereits vor der polizeilichen Räumung erfolgte, liege ein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor, da es gezielt zur Erschwerung der erwarteten Räumung eingesetzt wurde.

Strafrechtliche Konsequenzen

Das Landgericht Berlin hatte die Angeklagte wegen gemeinschaftlicher Nötigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Diese Strafe bestätigte das Kammergericht nun als rechtmäßig. Das Gericht betonte dabei, dass eine inhaltliche Bewertung der politischen Ziele der Versammlungsteilnehmer bei der rechtlichen Prüfung keine Rolle spielen dürfe.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Kammergericht Berlin stellt klar: Das Festkleben bei Straßenblockaden geht über passiven Widerstand hinaus und erfüllt den Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte durch Gewalt. Entscheidend ist dabei nicht die politische Motivation der Protestierenden, sondern die Intensität der Erschwerung polizeilicher Maßnahmen. Die lange Ablösedauer von 26-44 Minuten zeigt die erhebliche Beeinträchtigung der Polizeiarbeit. Das Gericht betont zudem, dass bewusst herbeigeführte Verkehrsbehinderungen nicht mit alltäglichen Staus vergleichbar sind.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wer an Demonstrationen teilnimmt oder von Straßenblockaden betroffen ist, muss wissen: Das Festkleben auf der Straße ist eine Straftat, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann – unabhängig von der Motivation. Autofahrer müssen zwar gewisse Beeinträchtigungen durch Versammlungen hinnehmen, haben aber einen Anspruch darauf, nicht gezielt und langandauernd blockiert zu werden. Für Demonstrierende bedeutet dies: Die Grenze zwischen erlaubtem Protest und strafbarem Handeln wird durch das Festkleben überschritten. Polizeibeamte dürfen die Ablösung mit angemessener Kraft durchsetzen.


Die Grenzen zwischen erlaubtem Protest und strafbarem Handeln sind oft fließend. Gerade bei Straßenblockaden ist die Rechtslage komplex und die Konsequenzen können gravierend sein – sowohl für Demonstranten als auch für Autofahrer. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte zu verstehen und die richtige Handlungsweise zu wählen, sei es bei der Teilnahme an Demonstrationen oder im Umgang mit Verkehrsbehinderungen. Sprechen Sie uns an, um Ihre individuelle Situation rechtlich bewerten zu lassen.
Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was macht eine Straßenblockade zu strafbarem Widerstand?

Eine Straßenblockade wird zum strafbaren Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB, wenn Sie sich während einer polizeilichen Räumung aktiv gegen die Maßnahmen der Beamten stemmen.

Voraussetzungen für strafbaren Widerstand

Das bloße Sitzen oder Liegen auf der Straße stellt für sich genommen noch keinen strafbaren Widerstand dar. Erst wenn Sie eine körperliche Kraftentfaltung gegen die Polizeibeamten richten, kann der Tatbestand erfüllt sein.

Festkleben als besonderer Fall

Wenn Sie sich mit Sekundenkleber auf der Fahrbahn festkleben, kann dies als Widerstandshandlung gewertet werden. Die Gerichte sehen darin eine durch den Sekundenkleber bewirkte Kraftäußerung, die das Wegtragen durch die Polizeibeamten erschwert.

Zeitlicher Aspekt

Eine Besonderheit beim Festkleben ist, dass die Handlung bereits vor dem Eintreffen der Polizei erfolgt. Dies steht einer Strafbarkeit nicht entgegen, wenn Sie die Handlung gezielt vornehmen und sie beim Einschreiten der Beamten noch fortwirkt. Entscheidend ist dabei Ihr Wille, den Widerstand vorzubereiten.

Rechtliche Bewertung

Die Gerichte prüfen bei der Bewertung einer Widerstandshandlung:

  • Die konkrete körperliche Kraftentfaltung gegen die Polizeibeamten
  • Die Dauer der Blockade und der Räumungsmaßnahmen
  • Die Intensität der Behinderung der Vollstreckungshandlung
  • Das zielgerichtete Vorgehen zur Erschwerung der polizeilichen Maßnahmen

Die reine Anwesenheit oder passives Verhalten reicht für eine Strafbarkeit nicht aus. Die Handlung muss objektiv geeignet sein, die Durchführung der polizeilichen Maßnahme zu erschweren oder zu vereiteln.


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Welche Strafen drohen bei Widerstand durch Festkleben?

Bei Widerstand durch Festkleben auf der Straße drohen Ihnen in Deutschland Geldstrafen oder Freiheitsstrafen. Die genaue Strafe hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Strafbarkeit wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte

Das Festkleben auf der Fahrbahn kann als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB gewertet werden. Dies gilt auch, wenn Sie sich bereits vor Eintreffen der Polizei festkleben. Das Kammergericht Berlin sieht das Festkleben als vergleichbar mit einem Selbstanketten an.

Entscheidend für die Strafbarkeit ist unter anderem:

  • Die Dauer, die die Polizei zum Lösen benötigt
  • Ob Sie sich gezielt festgeklebt haben, um die Räumung zu erschweren
  • Die konkrete Behinderung der polizeilichen Maßnahmen

Wenn das Lösen etwa eine Minute dauert, kann dies laut Kammergericht Berlin bereits als „gewichtiges Indiz für einen gewaltsamen Widerstand“ gewertet werden.

Mögliche Strafen

Bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte droht Ihnen:

  • Eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
  • Oder eine Geldstrafe

In der Praxis werden häufig Geldstrafen verhängt. So wurde beispielsweise eine 22-jährige Aktivistin zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt. Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach Ihrem Einkommen.

Weitere mögliche Straftatbestände

Neben dem Widerstand kann Ihr Verhalten auch als Nötigung nach § 240 StGB gewertet werden. Hierfür drohen ebenfalls Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren.

Wenn Sie durch Ihre Aktion den Verkehr behindern, kann zusätzlich eine Strafbarkeit wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) in Betracht kommen. Dies kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.

Strafzumessung im Einzelfall

Die konkrete Strafe hängt von vielen Faktoren ab, wie Ihrer Vorstrafe, den Auswirkungen der Tat und Ihren persönlichen Verhältnissen. Gerichte müssen eine umfassende Einzelfallprüfung vornehmen. Wenn Sie beispielsweise zum ersten Mal straffällig werden, ist eine Geldstrafe wahrscheinlicher als eine Freiheitsstrafe.


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Wann beginnt der strafbare Widerstand bei einer Blockadeaktion?

Der strafbare Widerstand nach § 113 StGB beginnt bereits vor der eigentlichen Räumungsmaßnahme, wenn Sie sich gezielt auf eine Widerstandshandlung vorbereiten, die später bei der polizeilichen Räumung noch wirkt.

Vorbereitende Handlungen

Wenn Sie sich beispielsweise mit Sekundenkleber auf der Fahrbahn festkleben, um eine erwartete polizeiliche Räumung zu erschweren, kann dies bereits als Widerstandshandlung gewertet werden. Die Strafbarkeit setzt dabei nicht erst ein, wenn die Polizei mit der Räumung beginnt.

Zeitliche Komponente

Entscheidend ist die Fortwirkung Ihrer vorbereitenden Handlung zum Zeitpunkt der polizeilichen Maßnahme. Wenn Sie sich etwa eine Stunde vor dem Einschreiten der Polizei festkleben, und diese Handlung bei Beginn der Räumung noch wirkt, liegt bereits ein strafbarer Widerstand vor.

Abgrenzung zur legalen Versammlung

Eine friedliche Blockade ohne zusätzliche Erschwernisse ist zunächst von der Versammlungsfreiheit geschützt. Der strafbare Widerstand beginnt erst dann, wenn Sie aktiv Maßnahmen ergreifen, die die polizeiliche Räumung erschweren sollen. Die reine Anwesenheit auf der Straße stellt noch keinen Widerstand dar.

Intensität der Widerstandshandlung

Die Dauer der erforderlichen Überwindungsmaßnahmen spielt eine wichtige Rolle. Wenn die Polizei beispielsweise ein bis eineinhalb Minuten benötigt, um Sie von der Fahrbahn zu lösen, ist dies ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer Widerstandshandlung. Die Erschwerung der Räumung muss dabei nicht unerheblich sein.


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Wie unterscheidet sich eine normale Sitzblockade vom Festkleben?

Eine normale Sitzblockade und das Festkleben auf der Straße unterscheiden sich rechtlich und praktisch erheblich voneinander.

Physische Barriere und Zwangswirkung

Bei einer normalen Sitzblockade setzen sich Demonstranten auf die Straße, um den Verkehr zu behindern. Sie können jedoch relativ einfach von der Polizei weggetragen werden. Das Festkleben hingegen schafft eine stärkere physische Barriere. Wenn Sie sich vorstellen, dass Aktivisten mit Sekundenkleber an der Fahrbahn fixiert sind, wird deutlich, dass dies die Räumung erheblich erschwert.

Rechtliche Bewertung

Während eine friedliche Sitzblockade in der Regel vom Schutz der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG erfasst ist, kann das Festkleben als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB gewertet werden. Das Kammergericht Berlin hat festgestellt, dass das Festkleben in seiner Wirkung einem Selbstanketten gleichkommt und somit einen gewaltsamen Widerstand darstellen kann.

Dauer und Intensität der Blockade

Ein weiterer wichtiger Unterschied liegt in der Dauer und Intensität der Blockade. Während Teilnehmer einer Sitzblockade relativ schnell entfernt werden können, benötigt die Polizei beim Festkleben deutlich mehr Zeit – oft etwa eine Minute pro Person. Diese verlängerte Blockadedauer kann bei der rechtlichen Bewertung, insbesondere hinsichtlich einer möglichen Nötigung, eine Rolle spielen.

Verwerflichkeit und Einzelfallprüfung

Bei der Beurteilung der Strafbarkeit einer Blockadeaktion müssen Gerichte eine sorgfältige Einzelfallprüfung vornehmen. Dabei werden Faktoren wie die Ankündigung der Blockade, deren Dauer und Ausmaß sowie die Motive der Beteiligten berücksichtigt. Das Festkleben kann aufgrund seiner intensiveren Wirkung eher als verwerflich im Sinne des Nötigungstatbestands eingestuft werden als eine normale Sitzblockade.

Wenn Sie an einer Demonstration teilnehmen möchten, ist es wichtig, diese Unterschiede zu kennen. Eine friedliche Sitzblockade genießt in der Regel einen höheren rechtlichen Schutz als das Festkleben, welches schneller strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.


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Welche Rechte haben Demonstranten bei einer Räumung?

Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG schützt das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Bei einer polizeilichen Räumung müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein.

Voraussetzungen für eine Räumung

Eine Räumung darf erst erfolgen, nachdem die Versammlung förmlich aufgelöst wurde. Die Polizei muss die Auflösung klar und deutlich bekannt geben und die Teilnehmer zum Verlassen des Ortes auffordern. Diese Auflösungsverfügung schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten und hat eine wichtige Warnfunktion.

Grenzen des Widerstands

Wenn Sie sich bei einer Demonstration festkleben, kann dies als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gewertet werden. Besonders wenn das Lösen länger als eine Minute dauert, wird dies als gewaltsamer Widerstand eingestuft.

Polizeiliche Maßnahmen

Die Polizei muss bei ihren Maßnahmen stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Bei der Räumung von friedlichen Blockaden sind übermäßige Schmerzgriffe oder unverhältnismäßige Gewaltanwendung nicht zulässig. Die Beamten müssen zunächst mildere Mittel ausschöpfen, bevor sie zu intensiveren Maßnahmen greifen.

Rechte der Demonstranten

Als Demonstrant haben Sie das Recht auf eine verhältnismäßige Behandlung. Die Polizei muss ihre Maßnahmen so wählen, dass sie die Versammlungsfreiheit möglichst wenig beeinträchtigen. Bei friedlichem Verhalten dürfen Sie nur mit angemessenen Mitteln weggetragen werden. Auch nach der Auflösung einer Versammlung bleiben Ihre Grundrechte geschützt.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Eine Straftat nach § 113 StGB, bei der sich jemand mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt gegen Amtsträger (z.B. Polizisten) wehrt, die rechtmäßige Diensthandlungen durchführen. Auch passive Widerstandsformen wie das absichtliche Festkleben können darunter fallen, wenn sie die Arbeit der Beamten erheblich erschweren. Die Strafe kann bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe betragen. Beispiel: Ein Demonstrant verklebt sich mit der Straße, um seine Räumung durch die Polizei zu verhindern.


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Gemeinschaftliche Nötigung

Eine nach § 240 StGB strafbare Handlung, bei der mehrere Personen gemeinsam andere Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung zu einem bestimmten Verhalten zwingen. Bei Straßenblockaden liegt dies vor, wenn Autofahrer am Weiterfahren gehindert werden. Die Täter müssen dabei zusammenwirken. Beispiel: Mehrere Aktivisten blockieren koordiniert eine Straße und zwingen dadurch Autofahrer zum Anhalten.


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Aktive Widerstandshandlung

Eine Form des physischen Widerstands, bei der aktiv Kraft eingesetzt wird, um behördliche Maßnahmen zu erschweren oder zu verhindern. Im Gegensatz zum passiven Widerstand (z.B. sich wegtragen lassen) wird hier eine Kraftwirkung erzeugt. Bei Klebstoff entsteht diese durch die Haftkraft. Die Einstufung ist wichtig für die strafrechtliche Bewertung nach § 113 StGB. Beispiel: Das Festkleben auf der Straße erzeugt eine aktive Kraft gegen polizeiliche Räumungsversuche.


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Tagessätze

Das System zur Berechnung von Geldstrafen nach § 40 StGB. Die Anzahl der Tagessätze (zwischen 5 und 360) richtet sich nach der Schwere der Tat, die Höhe des einzelnen Tagessatzes (1-30.000€) nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Eine Geldstrafe von „50 Tagessätzen zu je 15 Euro“ bedeutet also eine Gesamtstrafe von 750 Euro. Beispiel: Bei einem Nettoeinkommen von 1.500€ beträgt ein Tagessatz etwa 50€.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte): Dieser Paragraph sanktioniert Gewalt oder Drohung mit Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte während der Ausübung ihrer Diensthandlung. Er dient dem Schutz der staatlichen Autorität und der reibungslosen Durchführung von hoheitlichen Maßnahmen. Verhindern oder Erschweren der Amtshandlung durch körperlichen Einsatz wird als Widerstand betrachtet, auch wenn die Gewalt nicht direkt gegen die Person des Beamten gerichtet ist. Im vorliegenden Fall wird die Angeklagte wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt, weil sie sich auf der Straße festklebte und damit die polizeiliche Räumung der Straße erheblich erschwerte. Das Festkleben wird als Anwendung von Gewalt im Sinne des Strafgesetzbuches gewertet.
  • § 240 StGB (Nötigung): Die Nötigung unter Strafe stellt die Erzwingung eines Verhaltens, Dulden oder Unterlassens durch Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel. Dabei ist die Beeinträchtigung relevant, nicht die Erfüllungswilligkeit des Genötigten. Dieses Gesetz schützt die freie Willensbetätigung und die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen. Im beschriebenen Fall ist die Blockade der Autobahnabfahrt und die Behinderung des Verkehrs durch die Angeklagte als Nötigung relevant, da sie das Handeln anderer Verkehrsteilnehmer beeinträchtigte.
  • Art. 8 GG (Versammlungsfreiheit): Dieses Grundrecht garantiert das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Es sichert das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Teilhabe am politischen Diskurs. Das Grundrecht kann jedoch durch Gesetze eingeschränkt werden, insbesondere zum Schutz anderer Rechtsgüter wie der Sicherheit und Ordnung. Die nicht angemeldete Versammlung der Angeklagten auf der Autobahn fällt unter den Schutzbereich, wird jedoch durch die Blockade und die damit einhergehende Störung des Verkehrs eingeschränkt.
  • § 15 VersG (Versammlungsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Anmeldepflicht für Versammlungen unter freiem Himmel. Durch die Anmeldepflicht sollen öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleistet und die reibungslose Durchführung von Versammlungen ermöglicht werden. Versammlungen ohne vorherige Anmeldung können Auflagen oder ein Verbot zur Folge haben. Die Versammlung der Angeklagten war nicht angemeldet und wurde aufgrund der Verkehrsbehinderung aufgelöst, was die Rechtswidrigkeit der Versammlung unterstreicht.
  • § 16 VersG (Auflösung und Verbot von Versammlungen): Dieser Paragraph gibt den Ordnungsbehörden die Befugnis, Versammlungen aufzulösen oder zu verbieten, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet ist. Diese Gefährdung kann etwa durch die Behinderung des Verkehrs entstehen. Die Polizei kann dann rechtmäßig Auflagen erteilen oder Versammlungen auflösen. Im Urteil wurde die Versammlung auf der Autobahn aufgrund der Verkehrsbeeinträchtigung aufgelöst und die Angeklagte aufgefordert, die Straße zu verlassen, was diese jedoch verweigerte.

Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 3 ORs 30/24 – 161 SRs 26/24 – Beschluss vom 10.07.2024


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