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Straßenrennen – Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässige Tötung

LG Hamburg, Az.: 709 Ns 28/17, Urteil vom 05.01.2018

1. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 07.11.2016 gegen die Angeklagten X Q und A S aufgehoben. Die Berufung des Angeklagten Q wird verworfen.

2. Der Angeklagte X Q wird wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt.

Dem Angeklagten Q wird die Fahrerlaubnis entzogen. Der Führerschein wird eingezogen. Die Verwaltungsbehörde wird angewiesen, dem Angeklagten Q vor Ablauf einer Sperrfrist von 2 Jahren und 6 Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

3. Der Angeklagte A S wird wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Dem Angeklagten S wird die Fahrerlaubnis entzogen. Der Führerschein wird eingezogen. Die Verwaltungsbehörde wird angewiesen, dem Angeklagten S vor Ablauf einer Sperrfrist von 2 Jahren nach Rechtskraft der Entscheidung keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

4. Die Angeklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich ihrer eigenen notwendigen Auslagen sowie der notwendigen Auslagen der beiden Nebenkläger.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek verurteilte den Angeklagten zu 1. am 07.11.2016 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben wurde die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von 2 Jahren ab Rechtskraft der Entscheidung verhängt. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte zu 1. als auch die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufung des Angeklagten zu 1. blieb ohne Erfolg; auf die diejenige der Staatsanwaltschaft wurde das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek gegen den Angeklagten zu 1. aufgehoben.

Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek verurteilte den Angeklagten zu 2. am 07.11.2016 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben wurde die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von noch 1 Jahr verhängt. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte zu 2. als auch die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Der Angeklagte zu 2. hat seine Berufung in der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft zurückgenommen. Auf die die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek gegen den Angeklagten zu 2. aufgehoben.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Berufungen gegen die Urteile des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek gegen beide Angeklagte auf die Rechtsfolge beschränkt. Die Kammer hat diese Beschränkungen als materiell unwirksam angesehen, weil das Amtsgericht hinsichtlich der Fahrlässigkeitsdelikte keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Gestalt der Vorhersehbarkeit und auch keine Feststellungen zur Vermeidbarkeit und Kausalität getroffen hat.

II.

1. Der Angeklagte zu 1., Q, wurde 1985 geboren. Er ist verlobt und hat mit seiner Partnerin zwei Söhne und eine Tochter im Alter von 9, 6 und 4 Jahren.

Straßenrennen – Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässige Tötung
Symbolfoto: kadmy/Bigstock

Er kam im Alter von 5 Jahren mit seiner Familie nach Deutschland und wuchs mit zwei älteren Schwestern in H auf. Er erreichte den Hauptschulabschluss und war 1 Jahr bei der Bundeswehr. Danach besuchte er zwei Jahre die Handelsschule, die er jedoch nicht abschließen konnte. Nach einer Haftverbüßung von 3 Jahren absolvierte er eine Umschulung und war 4 Jahre als Kurierfahrer bei der Bäckerei S tätig. Er kündigte diese Arbeit zum 31.12.2016, weil er davon ausging, dass er aufgrund der erstinstanzlichen Verurteilung in diesem Verfahren seinen Führerschein verlieren werde; tatsächlich wurde vom Amtsgericht jedoch trotz Verurteilung keine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet. Nach 6 Monaten Arbeitslosigkeit ist der Angeklagte seit 01.09.2017 als Revierfahrer bei der Sicherheitsfirma S – Sicherheit und Service tätig. Er fährt mit dem Auto zu Baustellen und Einkaufszentren, um diese auf- oder abzuschließen und nach dem Rechten zu sehen. Er legt dabei 70 bis 100 km täglich zurück und arbeitet an 6 Tagen in der Woche. Er ist allein unterwegs und benötigt für diese Tätigkeit eine Fahrerlaubnis. Er verdient mit dieser Tätigkeit 1.100 € netto.

Der Angeklagte Q ist in der Vergangenheit wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

Am 26.01.2005 verurteilte ihn das Amtsgericht H -W wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von 8 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist am 03.02.2005 rechtskräftig geworden. Die Bewährungszeit wurde einmal verlängert und die Bewährungsstrafe dann widerrufen. Ein Strafrest wurde mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 04.11.2010 zur Bewährung ausgesetzt und mit Wirkung vom 23.07.2014 erlassen.

Am 20.11.2006 verurteilte ihn das Amtsgericht H -B wegen gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist am 28.11.2006 rechtskräftig geworden. Daneben wurde auch ein Bewährungshelfer bestellt. Die Strafaussetzung wurde widerrufen. Ein Strafrest wurde mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 14.11.2010 zur Bewährung ausgesetzt, ein Bewährungshelfer bestellt und mit Wirkung vom 23.07.2014 erlassen.

Am 26.10.2007 verurteilte ihn das Landgericht H wegen zweifacher tateinheitlicher besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten. Das Urteil ist am 26.10.2007 rechtskräftig geworden.

Am 27.11.2007 verurteilte ihn das Landgericht H wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahren und 9 Monaten. Das Urteil ist am 07.05.2008 rechtskräftig geworden.

Mit Beschluss vom 17.07.2008 führte das Landgericht H die Strafen aus den beiden letztgenannten Verurteilungen zu einer nachträglichen Gesamtstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten zusammen. Die Entscheidung ist am 01.08.2008 rechtskräftig geworden. Ein Strafrest wurde mit Beschluss vom 04.11.2010 unter Bestellung eines Bewährungshelfers zur Bewährung ausgesetzt und mit Wirkung vom 23.07.2014 erlassen.

Der Auszug aus dem Fahreignungsregister (FAER) für den Angeklagten Q vom 11.10.2017 weist keine Eintragungen auf.

Die Feststellungen zur Person des Angeklagten Q beruhen auf dessen glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung sowie der Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs vom 10.10.2017 sowie des FAER-Auszugs vom 11.10.2017.

2. Der Angeklagte zu 2., S, wurde 1987 geboren. Er ist verlobt und lebt seit etwa 2 Jahren mit seiner Partnerin zusammen. Er kam im Alter von 9 Jahren mit seiner Familie aus K nach Deutschland und wuchs mit einer älteren und einer jüngeren Schwester in H auf. Er absolvierte hier die Schule und erreichte das Abitur. Anschließend absolvierte er erfolgreich eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Firma M, wo er auch heute noch beschäftigt ist. Er ist dort in der Obst- und Gemüseabteilung tätig, wo er eine Führungsposition als stellvertretender Abteilungsleiter anstrebt. Sein Arbeitgeber ist von ihm über das laufende Verfahren informiert worden. Er verdient 1500 € netto im Monat.

Der Angeklagte S hat unmittelbar nach dem hier in Rede stehenden Vorfall seelsorgerische Gespräche mit einer Pastorin geführt. Er lebt seither abstinent, nimmt keine Drogen und trinkt keinen Alkohol mehr. Vor dem hier in Rede stehenden Vorfall nahm er bei Feiern regelmäßig Alkohol zu sich bis er betrunken war, was etwa einmal im Monat vorkam. Seit März 2016 besucht er einmal wöchentlich eine Selbsthilfegruppe, die sich mit der Problematik und den Folgen von Alkohol am Steuer beschäftigt und hat vom 14.03. bis zum 18.04.2016 auch einen Schulungskurs zum gleichen Thema besucht. Über seinen Hausarzt lässt er regelmäßig sein Blut auf Alkohol und Drogen untersuchen; alle durchgeführten Untersuchungen erbrachten ein negatives Ergebnis. Der Angeklagte treibt regelmäßig Sport und macht nach einem Bandscheibenvorfall auch Physiotherapie. Er hat am Abend vor der Berufungshauptverhandlung gemeinsam mit seiner Verlobten die beiden Nebenkläger, die Eltern des Getöteten K, aufgesucht und mit ihnen gesprochen. Er möchte einen dauerhaften Kontakt zu ihnen aufbauen und mit ihnen gemeinsam das Grab des K in P besuchen. Die Nebenkläger K stehen solchen Kontakten grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.

Der Angeklagte S ist in der Vergangenheit weder straf- noch verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten.

Die Feststellungen zur Person des Angeklagten S beruhen auf dessen glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung sowie der Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs vom 10.10.2017, des FAER-Auszugs vom 11.10.2017 sowie der Bescheinigungen von A -F e.V. vom 24.10.2017 und vom 18.04.2016 und dem Anlagenkonvolut 12 zum Protokoll vom 12.12.2017, das eine Vielzahl von ärztlichen Bescheinigungen über negative Urinkontrollen enthält.

III.

Zur Sache hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen:

Am Abend des 17.10.2015 fand eine Feier statt, weil die Verlobte des Angeklagten zu 1., Q J N, in ihren Geburtstag am 18.Oktober „hineinfeiern“ wollte. Als Gäste waren neben Q und der J N auch deren Schwester J -S N, der langjährige Freund des Q, PC, sowie der Angeklagte zu 2., S, und dessen Verlobte M U zugegen. Gegen 23 Uhr kam auch der Nachbar des Q, D K, hinzu. Auf der Feier wurde gegessen und auch Alkohol getrunken. Kurz nach Mitternacht wurde auf den Geburtstag angestoßen und dann – wie zuvor geplant – der Weg in eine Diskothek in V angetreten. Hierfür benutzte die Festgesellschaft den auf J N zugelassenen BMW 346 L mit dem amtlichen Kennzeichen und einer Leistung von 170 PS sowie den auf den Q zugelassenen Mercedes Benz CLK 55 AMG mit dem amtlichen Kennzeichen und einer Leistung von 367 PS. Dieser war mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) ausgerüstet, das ein Schleudern und Ausbrechen des Fahrzeugs in kritischen Verkehrssituationen verhindern soll.

Auf dem Parkplatz vor der Diskothek in V traf die Gruppe auf den P J, einen langjährigen Freund des K, den dieser zum Mitkommen überredet hatte und der keinen der anderen Gäste außer dem K kannte.

K und C betraten die Diskothek, um die Stimmung dort zu testen, während die anderen auf dem Parkplatz warteten. Nach kurzer Zeit kamen sie zurück und vermeldeten, das Lokal sei zu leer. Die Gruppe beschloss daraufhin, zu einer anderen Diskothek in der Nähe des B T zu fahren. Der J wollte mit dem K im Mercedes mitfahren, wurde jedoch auf den BMW verwiesen, da kein Platz mehr sei. Daraufhin fuhr der J mit den Schwestern N im BMW mit, der vom Angeklagten Q gesteuert wurde, obwohl dieser zuvor Alkohol getrunken hatte, wie er auch wusste. J N saß auf dem Beifahrersitz, hinter welchem ein Kindersitz angebracht war. Hinten in der Mitte saß J -S N, hinten links hinter dem Fahrersitz der Zeuge J. Der Mercedes wurde vom Angeklagten S gesteuert, obwohl diesem bereits bei Fahrtantritt bewusst war, dass er wegen seines vorangegangenen Alkoholkonsums möglicherweise nicht mehr in der Lage war, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Dies war ihm jedoch letztlich gleichgültig. M U saß auf dem Beifahrersitz, hinten rechts hinter ihr D K, hinten links hinter dem Fahrersitz P C. Es hat nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können, ob die späteren Geschädigten D K und P C beim Einsteigen wussten, dass der S alkoholbedingt nicht mehr fahrtüchtig gewesen ist und sich gleichwohl entschieden, mitzufahren.

Der Angeklagte S fuhr den Mercedes mit starker Beschleunigung vom Parkplatz, woraufhin der Angeklagte Q gespielt überrascht äußerte „Was macht der denn mit meinem Wagen?“ und dann selbst mit starker Beschleunigung vom Parkplatz auf die Straße abbog und dem mit einem Vorsprung vorausfahrenden S mit nicht unwesentlich überhöhter Geschwindigkeit folgte, um ihn alsbald einzuholen. Zu diesem Zweck überholte er im Bereich einer zweispurigen Straße sogleich ein drittes Fahrzeug, das zwischen dem Mercedes und dem BMW fuhr, an einer unübersichtlichen Stelle.

Die beiden Fahrzeuge bewegten sich über die vierspurig ausgebaute und geradlinig verlaufende A Straße, B Straße und S -H -Straße in Richtung Innenstadt. Die Fahrbahn war nass; aufgrund der nächtlichen Stunde war das Verkehrsaufkommen eher gering. Auf den genannten Straßen ist die Geschwindigkeit durch Verkehrszeichen auf 60 km/h beschränkt. In beiden Pkws wurde jeweils eine Flasche mit einer „Mische“ aus Whisky und Cola mitgeführt, von der die Insassen tranken. Im BMW tranken alle Insassen einschließlich des Q aus der Flasche; im Wagen lief sehr laute Musik. Ob der Angeklagte S während der Fahrt aus der Flasche trank, hat nicht geklärt werden können.

An einer Rot zeigenden Ampel kamen beide Fahrzeuge nebeneinander zum Stehen. Beide Angeklagte ließen während der Wartephase die Motoren laut aufheulen. Sie hatten sich spontan dazu entschlossen, bei dieser Gelegenheit die Geschwindigkeit der von ihnen gefahrenen Pkws in einem Wettstreit zu messen. Als es wieder grün wurde, fuhren beide mit sehr starker Beschleunigung mit bis zu 3000 Umdrehungen an und bewegten sich über eine Strecke von etwa 150 m mit stark überhöhter Geschwindigkeit nebeneinander her. Beim Beschleunigen wurde deutlich, dass der Mercedes deutlich stärker motorisiert und damit leistungsfähiger war als der BMW. Trotzdem überholte der Q anschließend den Mercedes, der seine Geschwindigkeit wieder etwas reduziert hatte, mit nahezu maximaler Beschleunigung und „schnitt“ den Mercedes, als er sehr knapp vor diesem einscherte. Danach reduzierte er die Geschwindigkeit des Wagens wieder etwas. Daraufhin überholte der S auch den BMW in einem ebensolchen Manöver, bei welchem er deutlich beschleunigte und ebenfalls sehr knapp vor dem BMW einscherte. Beide Angeklagten beschleunigten jeweils stark für den Überholvorgang und verringerten ihre Geschwindigkeit danach wieder etwas. Jeder der Angeklagten führte auf der Strecke von V bis an die Kreuzung S -H -Straße/ S Weg mindestens 3 solche Überholvorgänge durch. Bei diesen Manövern bewegten sich beide Fahrzeuge mit stark überhöhter Geschwindigkeit; zumindest bei einer Gelegenheit wurde der BMW von Q auf eine Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h beschleunigt. Der Sinn des spielerischen Wettstreits bestand darin, die Leistungsfähigkeit der hochmotorisierten Fahrzeuge und das fahrerische Können der beiden Angeklagten zu demonstrieren. Insgesamt fuhr der Q dabei schneller und aggressiver als der S, um zu zeigen, dass er trotz der leistungsmäßigen Überlegenheit des Mercedes der bessere Fahrer von beiden sei.

Der im BMW mitfahrende Zeuge J bekam aufgrund dieses risikoreichen und aggressiven Fahrstils des Q Angst, legte diesem von hinten die Hand auf die Schulter und bat ihn, er möge doch bitte etwas langsamer fahren. Auch die Schwestern N reagierten ängstlich auf das Fahrverhalten des Q und baten diesen, er möge bitte langsamer fahren. Dieser reduzierte daraufhin kurzfristig die Geschwindigkeit etwas, änderte seine Fahrweise jedoch nicht. Vielmehr erzählte er dem J in beifallheischender Weise, er habe aufgrund seines Fahrstils schon zahlreiche Unfälle gehabt. Bei der Unterhaltung mit dem J drehte er sich immer wieder halb zu dem hinter ihm sitzenden Zeugen um und reduzierte so seine Aufmerksamkeit auf die Verkehrssituation. Bei einer Gelegenheit verzog er den BMW kurzfristig mit etwa einer halben Fahrzeugbreite auf die Gegenfahrbahn, worauf er erst aufmerksam wurde, als ein entgegenkommendes Fahrzeug die Lichthupe betätigte.

Beide Fahrzeuge überholten den Pkw des Zeugen A, der von der Straße B Allee auf die S -H -Straße eingebogen war und sich ebenfalls stadteinwärts bewegte. Der Q scherte sehr knapp vor dem Wagen des A ein und „schnitt“ diesen. Dem Zeugen fielen die deutlich überhöhte Geschwindigkeit und die riskanten Überholmanöver des BMW auf. Nach seinem Eindruck versuchte der deutlich aggressiver fahrende Führer des BMW, den etwas defensiver fahrenden Führer des Mercedes durch sein Fahrverhalten zu einem Kräftemessen nach dem Motto „Ich gebe jetzt mal etwas Gas, damit du mitmachst“ zu motivieren.

An der Kreuzung S -H -Straße /S Weg kam der BMW, der dem Mercedes und dem Pkw des Zeugen A etwas voraus fuhr, auf der einer der beiden geradeaus in Richtung W führenden Spuren an der Rot anzeigenden Ampel zum Stehen. Der S und der A ordneten sich auf der Linksabbiegerspur in Richtung J ein. Der Angeklagte S betätigte die Lichthupe, um den Q so aufzufordern, sich ebenfalls zum Abbiegen nach links einzuordnen. Dieser kam der Aufforderung nach und scherte rückwärts nach links auf die Linksabbiegerspur ein und kam vor dem Mercedes zum Stehen, hinter dem der Zeuge A mit seinem Pkw an der Rot anzeigenden Lichtzeichenanlage anhielt.

Als die Ampel etwa um 0.55 Uhr auf Grün schaltete, fuhr der Angeklagte Q mit sehr starker Beschleunigung an und bog nach links in den S Weg ein, der zunächst in eine etwa 150 m lange Unterführung unter der rechtwinklig darüber belegenen Bahnstrecke verläuft. In diesem Bereich und auch im weiteren Verlauf gilt die allgemeine innerstädtische Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h. Mit diesem rasenden Start wollte er den Angeklagten S dazu bewegen, den bereits im Vorfeld der Kreuzung begonnenen Wettstreit über Fahrzeugleistung und Fahrvermögen zwischen den beiden Angeklagten auch im weiteren Verlauf der Strecke fortzusetzen und zu sehen, wer schneller an der Diskothek am B T ankommen könne.

Dem Angeklagten Q war in dieser Situation bewusst, dass ein solches Kräftemessen aufgrund der damit einhergehenden sehr großen Geschwindigkeitsüberschreitungen im großstädtischen Verkehrsbereich und der nassen Fahrbahn dazu führen würde, dass sowohl er selbst wie auch der Angeklagte S ihre Sorgfaltspflichten als Fahrzeugführer erheblich verletzen würden. Es war ihm in dieser Situation unproblematisch möglich, die Entstehung der beschriebenen konkreten Gefahrensituation dadurch zu vermeiden, dass er auf die Provokation des S durch den rasenden Start verzichtete und sein Fahrverhalten stattdessen der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit und den Straßenverhältnissen gemäß gestaltete. Ihm war auch bewusst, dass ein solcher Wettstreit für beide Fahrzeuge objektiv ein sehr hohes Unfallrisiko barg, das schwere oder sogar tödliche Verletzungen für die Fahrzeuginsassen und auch andere Verkehrsteilnehmer nach sich ziehen konnte. Für ihn war insbesondere subjektiv vorhersehbar, dass die hochmotorisierten Fahrzeuge durch die überhöhten Geschwindigkeiten und die nasse Fahrbahn ins Schleudern geraten und dadurch mit einem der im großstädtischen Verkehrsraum zahlreichen Hindernisse kollidieren konnten. Die Eingehung dieses Risikos war ihm jedoch letztlich gleichgültig, weil er aus Selbstüberschätzung pflichtwidrig darauf vertraute, diese Gefahr werde sich schon nicht realisieren. Schließlich war dem Q bewusst, dass er zu diesem Zeitpunkt zumindest leicht alkoholisiert war und dass diese Alkoholisierung seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen konnte. Es hat nicht ausgeschlossen werden können, dass diese Alkoholisierung eine gewisse Enthemmung des Angeklagten Q bewirkte und so zu seiner erhöhten Risikobereitschaft beitrug. Es hat nicht festgestellt werden können, wie hoch seine Blutalkoholkonzentration war. Ebenfalls nicht festgestellt werden konnte, ob der Q wusste, dass auch der Angeklagte S Alkohol getrunken hatte.

Der Q fuhr mit so stark überhöhter Geschwindigkeit durch die Unterführung, dass die Bodenhaftung des BMW beim Überfahren der am Ausgang des Tunnels kurz vor der Kreuzung S Weg/ T Straße belegenen Kuppe deutlich reduziert wurde und das Fahrzeugheck leicht ausbrach. Der Q äußerte daraufhin „Oha!“, fing den Wagen ab und fuhr weiter mit einer sehr stark überhöhten Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h die in einer leichten Verschwenkung nach links und leicht abschüssig verlaufenden J Allee entlang, die die Verlängerung des S Wegs darstellt. Der Zeuge J hatte beim Überfahren der Kuppe den Eindruck, der Wagen hebe gleich ab und hatte erneut Angst, der Q könnte die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren. Er legte diesem deshalb erneut die Hand auf die Schulter und bat ihn, etwas langsamer zu fahren. Dieser kam der Bitte jedoch nicht nach.

Als der Angeklagte Q an der Kreuzung S -H -Straße/ S Weg unter sehr starker Beschleunigung anfuhr, verstand der Angeklagte S sofort, dass dieser ihn durch dieses Verhalten auffordern wollte, den Wettstreit darum, welches Auto stärker beschleunigen und schneller fahren und welcher Fahrer seinen Wagen besser steuern konnte, im weiteren Verlauf der Strecke zum B T fortzusetzen. Deshalb entschloss er sich spontan, bei diesem Kräftemessen um Fahrkünste, Beschleunigung und Geschwindigkeit weiter mitzumachen und zu versuchen, den bereits mit einem Vorsprung von etwa einer Fahrzeuglänge davonrasenden BMW einzuholen. Auch er bog unter starker Beschleunigung nach links in die Unterführung ab, beschleunigte den Mercedes sehr stark und durchfuhr diese mit stark überhöhter Geschwindigkeit. Er hatte zu diesem Zeitpunkt einen Blutalkoholgehalt von mindestens 1,0 Promille.

Dem Angeklagten S war in dieser Situation bewusst, dass er aufgrund seines vorangegangenen Alkoholgenusses möglicherweise nicht mehr in der Lage war, ein Kraftfahrzeug sicher zu steuern. Seine Alkoholisierung bewirkte eine gewisse Enthemmung, durch die seine erhöhte Risikobereitschaft zum Fahren mit sehr stark überhöhter Geschwindigkeit erheblich gefördert wurde. Ihm war darüber hinaus auch bewusst, dass ein solches Kräftemessen mit dem Q aufgrund der damit einhergehenden sehr großen Geschwindigkeitsüberschreitungen im großstädtischen Verkehrsbereich, der nassen Fahrbahn und seiner eigenen Alkoholisierung dazu führen würde, dass er seine Sorgfaltspflichten als Fahrzeugführer erheblich verletzen würde. Es war dem Angeklagten S in dieser Situation unproblematisch möglich, die Entstehung der beschriebenen konkreten Gefahrensituation dadurch zu vermeiden, dass er nicht auf das „Angebot“ des Q durch den rasenden Start einging und sein Fahrverhalten stattdessen der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit und den Straßenverhältnissen gemäß gestaltete. Dem Angeklagten S war auch bewusst, dass ein solcher Wettstreit objektiv für beide Fahrzeuge ein hohes Unfallrisiko barg, das schwere oder sogar tödliche Verletzungen für die Fahrzeuginsassen und auch andere Verkehrsteilnehmer nach sich ziehen konnte. Für ihn war insbesondere subjektiv vorhersehbar, dass der von ihm gesteuerte hochmotorisierten Mercedes durch die sehr hohen Geschwindigkeiten, seine alkoholbedingte Fahrunsicherheit und die nasse Fahrbahn ins Schleudern geraten und dadurch mit einem der im großstädtischen Verkehrsraum zahlreichen Hindernisse kollidieren konnte. Die Eingehung dieses Risikos war ihm jedoch letztlich gleichgültig, weil er pflichtwidrig und aus Selbstüberschätzung darauf vertraute, diese Gefahr werde sich schon nicht realisieren.

Als der Angeklagte S den Mercedes über die kurz vor der Kreuzung S Weg/ T Straße am Ausgang der Unterführung belegene Kuppe fuhr, die etwa 200 m von der Linksabbiegerspur der S -H –Straße entfernt ist, bewegte sich der Wagen mit einer Geschwindigkeit von mindestens 77 und höchstens 98 km/h. Auf der maximal 50 m dahinter belegenen Kreuzung beschleunigte er das Fahrzeug weiter, bis dieses eine Geschwindigkeit von mindestens 90 und höchstens 120 km/h erreichte, um den bereits mit einem Vorsprung vorausfahrenden BMW schnell einholen zu können. Da durch das Überfahren der Kuppe die Bodenhaftung der Räder des Wagens bereits etwas reduziert war, drehten diese aufgrund der weiteren starken Beschleunigung in dieser Situation durch, das Fahrzeugheck brach nach rechts aus und der Pkw geriet ins Schleudern. Diese Situation geschah höchstens 20 Sekunden nach dem „Blitzstart“ an der Kreuzung.

Das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) des Mercedes funktionierte in dieser Situation nicht. Es hat nicht aufgeklärt werden können, ob dies die Folge eines technischen Defekts oder einer bewussten Deaktivierung gewesen ist, wie sie in der sogenannten Raser-Szene durchgeführt wird, um mit dem Fahrzeug kontrollierte Schleudervorgänge, sogenanntes „Driften“, durchführen zu können. Ebenso hat sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufklären lassen, ob der Angeklagte Q wusste, dass das ESP des Wagens nicht funktionierte und das Fahrzeug deshalb dazu neigte, bei Nässe mit dem Heck auszubrechen. Wäre das ESP in Funktion gewesen, hätte es das Ausbrechen des Fahrzeughecks mit Sicherheit verhindern können.

Es hat sich auch nicht aufklären lassen, ob der Angeklagte S eine Vollbremsung durchführte, als der Wagen ins Schleudern geriet oder nicht. Die Geschwindigkeit des Mercedes verringerte sich durch den Schleudervorgang. Der Wagen überfuhr den Kantstein der rechten Fahrbahnseite 15,5 m hinter der Kreuzung S Weg/ T Straße mit dem rechten Hinterrad. Zu diesem Zeitpunkt bewegte er sich noch mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h. Das Fahrzeug drehte sich weiter gegen den Uhrzeigersinn, verlor weiter an Geschwindigkeit und kollidierte 35 m hinter der Kreuzung im Bereich der B-Säule auf der Beifahrerseite mit einem dort auf dem Gehweg neben der Fahrbahn befindlichen Laternenmast. Die Entfernung zwischen diesem und der Linksabbiegerspur an der Kreuzung S -H -Straße/ S Weg beträgt 310 m. Die Anprallgeschwindigkeit bei der Kollision des Mercedes mit dem Mast betrug etwa 60 km/h. Der schmale Laternenmast drang etwa 65 cm tief in das Fahrzeuginnere ein und deformierte die Fahrgastzelle sehr stark.

Durch die große Wucht des Aufpralls erlitt der hinten rechts im Wagen sitzende D K ein Polytrauma mit schwerstem offenem Schädelhirntrauma, komplettem Schädeltrümmerbruch sowie ausgedehnten Hirngewebseinblutungen und -zerreißungen. Er verstarb unmittelbar an der Unfallstelle an seinen schweren Verletzungen. Er wies zu diesem Zeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille auf und stand auch unter dem Einfluss von Ecstasy (MDMA). Der hinten links im Fahrzeug sitzende P C erlitt durch den Aufprall einen offenen Schädel-Basis-Bruch, Brüche des Brustbeins, des Sprunggelenks sowie vierer Wirbel im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule und eine ausgekugelte Schulter. Er befand sich mehrere Wochen im Krankenhaus und leidet bis heute unter starken Rückenbeschwerden sowie Beschwerden beim Laufen und Stehen. Er kann aufgrund dieser Beschwerden nicht mehr in seinem Beruf arbeiten und ist zu 40 % schwerbehindert. Der Angeklagte S selbst erlitt Verletzungen an Lunge und Milz, die stationär behandelt werden mussten.

Der BMW hatte zum Zeitpunkt der Kollision des Mercedes mit dem Laternenmast bereits einen Vorsprung herausgefahren, dessen Entfernung nicht genau bestimmt werden konnte. Diese betrug jedenfalls nicht mehr als 115 m Keiner der Fahrzeuginsassen des BMW bemerkte den Unfall des Mercedes. Der Q fuhr den BMW über den S Weg auf die A 24 und von dort zum B T.

Unterwegs äußerte er Verwunderung darüber, dass der Mercedes nicht wieder aufschloss. An der Diskothek angekommen, versuchten die Insassen des BMW ohne Erfolg, über Nachrichten und telefonisch mit denen des Mercedes in Verbindung zu treten. Sie machten sich nun Sorgen über den Verbleib ihrer Freunde und fuhren nach einer kurzen Wartezeit von etwa 10 Minuten zurück, um diese zu suchen. Der J, der die Hinfahrt aufgrund der aggressiven Fahrweise des Q als sehr unangenehm empfunden hatte, überredete diesen, ihn, den J, zurückfahren zu lassen, weil der Q alkoholisiert sei, worauf der Q auch einging. Der J fuhr den Wagen über dieselbe Strecke zurück, die sie zum B T zurückgelegt hatten. Als sie sich der Unfallstelle näherten, sahen sie das Blaulicht der unterdessen eingetroffenen Rettungskräfte, die die Insassen des Mercedes inzwischen geborgen hatten. Da alle Insassen des BMW alkoholisiert waren, stellte der J den BMW in einer Seitenstraße ab und alle vier Insassen begaben sich zu Fuß zur Unfallstelle. Sie trafen dort auf die Polizeibeamten S und S, die sie zum Unfallhergang befragten. Alle vier Insassen reagierten betroffen auf die Nachricht vom Tod des K. Keiner von ihnen war auf Nachfrage der Polizeibeamten bereit, anzugeben, wer von ihnen den BMW gefahren habe. Als die Polizeibeamten, die bei allen vier Insassen des BMW deutlichen Atemalkoholgeruch festgestellt hatten, den Fahrzeugschlüssel beschlagnahmten, um eine Trunkenheitsfahrt zu verhindern, reagierte der Angeklagte Q uneinsichtig und verbal aggressiv.

IV.

Die beiden Angeklagten haben in der Berufungshauptverhandlung wie auch schon vor dem Amtsgericht von ihrem Schweigerecht Gebrauch und keine Angaben zur Sache gemacht.

1. Der festgestellte Sachverhalt zum Verlauf der Fahrt von V über T zum B T und wieder zurück zur Unfallstelle in der J Allee beruht im Wesentlichen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen P J.

Dieser hat in der Hauptverhandlung nachvollziehbar und detailreich berichtet, dass er die Gruppe auf dem Parkplatz der Diskothek in V angetroffen habe und in dem von Q gesteuerten BMW mitgefahren sei, in dem eine Plastikflasche mit Cola-Whisky-Gemisch herumgegangen sei, aus der alle Insassen, auch der Q getrunken hätten. Im Wagen sei sehr laute Musik abgespielt worden. Er hat bekundet, dass beide Fahrer von Beginn an mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf den Ausfallstraßen von V in Richtung Innenstadt unterwegs gewesen seien; so sei der Q einmal, als er, der J von hinten auf den Tacho gesehen habe, mehr als 100 km/h gefahren. Die Geschwindigkeit sei durchgängig vergleichbar stark erhöht gewesen und nur kurzfristig ermäßigt worden. Es sei zu den beschriebenen Überholmanövern und auch zu dem beschriebenen Schnellstart gekommen. Insgesamt sei der Q deutlich aggressiver als der Führer des Mercedes gefahren, er habe die gesamte Strecke „dominiert“, obwohl der Mercedes deutlich stärker motorisiert gewesen sei. Der Q habe während der Fahrt ihm gegenüber „geprahlt“, dass er aufgrund seines Fahrstils schon mehrere Unfälle gehabt habe. Er, der J, habe aufgrund der von ihm als völlig unangemessenen und sehr risikoreich empfundenen Fahrweise Angst bekommen und habe deshalb den Q mehrfach gebeten, doch bitte etwas langsamer zu fahren; auch die mitfahrenden Frauen hätten ängstlich reagiert und den Fahrer um Mäßigung gebeten. Dieser habe daraufhin zwar jeweils für einen kurzen Moment das Gas etwas reduziert, sei dann aber gleich wieder zum alten Fahrstil zurückgekehrt.

Der Zeuge J hat das Zurücksetzen des BMW nach Lichthupe durch den Mercedes, den Abbiegevorgang des BMW von der S -H -Straße nach links auf den S Weg, den Weg durch die Unterführung hindurch, über die Kreuzung S Weg/T Straße weiter auf die J Allee beschrieben. Die Lichthupe sei das letzte gewesen, was er vom Mercedes gesehen habe. Er hat bekundet, dass der Pkw beim Überfahren der Kuppe aufgrund der sehr hohen Geschwindigkeit „fast abgehoben“ sei und der Q diesen gerade noch habe abfangen können und dies mit „Oha!“ kommentiert habe. Er, der Zeuge J, habe dann wirklich Angst bekommen und in gerade dieser Situation dem Q die Hand auf die Schulter gelegt und diesen gebeten, doch bitte langsamer zu fahren. Dem sei dieser nicht nachgekommen und weiterhin so aggressiv wie zuvor gefahren. Aufgrund der rasenden Fahrt und der sehr lauten Musik habe er nicht mehr darauf geachtet, wo sich der Mercedes befinde und diesen auch nicht mehr gesehen. Der Zeuge J hat dann auch den weiteren Verlauf der Fahrt zum B T und von dort zurück zur Unfallstelle beschrieben.

2. Die Angaben des Zeugen J sind glaubhaft. Er hat den Verlauf des Abends der Autofahrt von V zum B T und zurück zur Unfallstelle in T in einer polizeilichen Vernehmung durch den Polizeibeamten H am 27.10.2015 und zwei sehr ausführlichen richterlichen Vernehmungen vor dem Amtsgericht am 03.11.2016 und in der hiesigen Berufungshauptverhandlung in den wesentlichen Punkten konsistent, nachvollziehbar und detailreich auch zum Randgeschehen geschildert. Die polizeilichen Vernehmungen – auch zwei sehr kurze in der Nacht des 18.10.2015 – durch die Polizeibeamten S und S und die richterliche Vernehmung vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek sind durch Vorhalt sowie durch die Vernehmung der Polizeibeamten S und S und des Richters am Amtsgericht P in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Der Zeuge J hat in der hiesigen Hauptverhandlung über Stunden Rede und Antwort gestanden und zahlreiche Nachfragen spontan beantworten können. Andererseits hat er aber auch nachvollziehbare Erinnerungslücken offen eingeräumt und nicht versucht, diese unter Rückgriff auf frühere Antworten zu füllen. Seine Schilderungen haben keinen Belastungseifer gegenüber den beiden Angeklagten erkennen lassen, obwohl bei dem Unfall der langjährige gute Freund des J getötet worden ist, was den Zeugen erkennbar nach wie vor emotional belastet. Seine Angaben haben eine Vielzahl sogenannter Realitätskennzeichen wie zum Beispiel die Schilderung eigener Gefühle oder origineller Details und Komplikationen aufgewiesen.

a. So hat der Zeuge bekundet, dass er sich bei der mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durchgeführten Abfahrt des Mercedes vom dem Parkplatz der Diskothek in V, die der den BMW steuernden Q mit „Was macht denn der mit meinem Auto!“ kommentiert habe, noch darüber gewundert habe, warum der Q denn zwei Autos habe. Weiter sei es ihm peinlich gewesen, als der Q auf der Fahrt von V zur Unfallstelle nach T ihm gegenüber damit geprahlt habe, dass er aufgrund seiner aggressiven Fahrweise schon zahlreiche Unfälle gehabt habe. Ein originelles Detail liegt in der Schilderung, dass sich der Q während der Unterhaltung mit ihm immer wieder halb nach hinten zu ihm umgedreht habe, sei dessen Aufmerksamkeit von der Straße weggegangen, wodurch er bei einer Gelegenheit mit der halben Fahrzeugbreite in den Gegenverkehr geraten sei. Ein entgegenkommendes Fahrzeug habe daraufhin die Lichthupe betätigt. Schließlich hat der J von der Komplikation berichtet, dass er eigentlich zu seinem Freund K in den Mercedes steigen wollte, dann aber gebeten worden sei, im BMW mitzufahren, weil im Mercedes kein Platz mehr sei. Alle diese Details, die die Randbereiche des Geschehens betreffen, zeigen, dass der Zeuge hier keine ausgedachte Geschichte erzählt, die typischerweise detailliert zum Kerngeschehen und detailarm zum Randbereich sein dürfte, sondern von eigenem Erleben berichtet hat.

b. Der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen J steht auch nicht entgegen, dass diese auch Widersprüche aufweisen. Denn diese lassen sich nachvollziehbar erklären.

Der Zeuge hat in der förmlichen polizeilichen Vernehmung am 27.10.2015 auf Nachfrage angegeben, er könne keine Angaben zur Geschwindigkeit machen, die der BMW auf dem Weg von V nach T gehabt habe, während er sowohl vor dem Amtsgericht als auch in der hiesigen Vernehmung bekundet hat, er habe durch einen Blick auf den Tacho gesehen, dass die Geschwindigkeit mehr als 100 km/h betragen habe. Auf diesen Widerspruch hingewiesen, entgegnete der Zeuge J in der hiesigen Hauptverhandlung, seine Äußerung in der polizeilichen Vernehmung sei doch zutreffend gewesen, er könne doch auch nicht angeben, welche Geschwindigkeit der Pkw gefahren sei; er wisse eben nur, dass es mehr als 100 km/h gewesen seien. Diese Reaktion zeigt das sehr ausgeprägte Bestreben des Zeugen J nach Genauigkeit, das ihn eine aus seiner Sicht nicht hinreichend präzise Information als gar keine Information bewerten lässt. Dieses Aussageverhalten des J hat sich auch in der hiesigen Hauptverhandlung gezeigt. Der Zeuge hat in der hiesigen Vernehmung bei mehreren Gelegenheiten zunächst angegeben hat, er wisse etwas nicht, um dann auf weitere Nachfragen doch eine Information geben zu können und auf dieses Verhalten angesprochen sinngemäß entgegnete, er wisse es eben nicht ganz genau, deshalb habe er zunächst angegeben, er wisse es nicht. So hat er zum Beispiel auf die Frage, welches Getränk sich in der Flasche befunden habe, aus der die Insassen des BMW während der Fahrt getrunken hatten, zunächst bekundet, er wisse es nicht. Auf weitere Nachfragen berichtete er dann, es habe sich um ein Gemisch aus Cola und einem „harten“ alkoholischen Getränk gehandelt, er vermute es sei Whisky gewesen, aber das könne er nicht ganz sicher sagen; es könne auch Rum gewesen sein. Da es sich bei dem beschriebenen Verhalten des Zeugen um ein eher ungewöhnliches Aussageverhalten handelt, das sich auch erst durch geduldiges und präzises Nachfragen hat aufdecken lassen, ist die Kammer davon überzeugt, dass es sich bei der Angabe, er wisse nicht, welche Geschwindigkeit das Auto gefahren sei, letztlich nicht um einen inhaltlichen Widerspruch, sondern um eine missverständliche Äußerung des Zeugen gehandelt hat. Diese konnte jedoch in der polizeilichen Vernehmung vom 27.10.2015 mangels präziser Nachfragen durch den Vernehmungsbeamten nicht aufgelöst werden, während dies jedoch in den gerichtlichen Vernehmungen gelungen ist. Hinzu kommt, dass die hiesige Vernehmung des Zeuge J sehr zeitaufwendig gewesen ist, weil er vor der Beantwortung der ihm gestellten Fragen jeweils eine ungewöhnlich lange Bedenkzeit in Anspruch genommen hat und das Warten auf eine Antwort viel Geduld erfordert hat, die ein womöglich überlasteter und unter Zeitdruck stehender polizeilicher Vernehmungsbeamter in der Situation nicht hat aufbringen können. Der Zeuge P hat glaubhaft bestätigt, dass der Zeuge J sich auch in der Vernehmung vor dem Amtsgericht in der beschriebenen Weise verhalten hat.

Der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen J steht auch nicht entgegen, dass er in seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht angegeben hat, auf dem Linksabbieger-Streifen habe sich neben dem Mercedes und dem BMW noch ein Pkw Polo befunden, der vor dem BMW in die Unterführung eingefahren und dort von diesem überholt worden sei, während er in der hiesigen Hauptverhandlung bekundet hat, nicht mehr genau sagen zu können, ob dieser Pkw überhaupt vor Ort gewesen und falls ja, wo er sich genau befunden habe. Ein solcher Erinnerungsverlust eines für das Tatgeschehen letztlich nur untergeordnet bedeutsamen Umstands ist nach einem Zeitablauf von mehr als 2 Jahren seit dem Unfallgeschehen und 1 Jahr nach der Hauptverhandlung erster Instanz durchaus nachvollziehbar. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass der J nachvollziehbar bekundet hat, er habe das Geschehen in dieser Nacht wegen des Todes seines Freundes, der ihn immer noch sehr belaste, so weit wie möglich verdrängt und habe nach der Verhandlung vor dem Amtsgericht auch nicht damit gerechnet, noch einmal in dieser Sache aussagen zu müssen. Der Umstand, dass der Zeuge diesen Erinnerungsverlust freimütig eingeräumt und nicht versucht hat, diesen durch Rückgriff auf das in früheren Vernehmungen Angegebene zu schließen, zeigt sein Bestreben, in seiner gerichtlichen Vernehmung nur das anzugeben, an das er sich jetzt noch konkret erinnern kann und stützt damit die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen.

c. Die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen J wird auch dadurch untermauert, dass sie in verschiedenen Einzelheiten durch objektivierbare Beweismittel und Bekundungen der Zeugen J N, H A und P C gestützt wird.

(1) So hat der Unfall-Sachverständige M W detailliert und nachvollziehbar ausgeführt, dass das Überfahren der am Ende der Unterführung gelegenen Kuppe mit stark überhöhter Geschwindigkeit genau den von J beschriebenen Effekt eines gefühlten „Abhebens“ in Form einer verminderten Traktion der Reifen auf dem Straßenbelag mit sich bringt. Er hat auch angegeben, dass es in einer solchen Situation zu einem beginnenden Ausbrechen des Fahrzeugs kommen kann, das jedoch vom Fahrer durch geschicktes Einlenken abgefangen werden kann. Er hat zum eigentlichen Unfallgeschehen weiter ausgeführt, dass er von einer aufgrund der Deformation der Fahrgastzelle geschätzten Anprallgeschwindigkeit von 60 km/h unter Rückgriff auf das Simulationsprogramm PC Crash in der Version 10.1 errechnet hat, dass sich der Mercedes im Zeitpunkt des Ausbrechens des Fahrzeugs eine Geschwindigkeit von mindestens 90 und höchstens 120 km/h bewegte. Der unmittelbar vor dem Mercedes gestartete, vom Angeklagten Q gesteuerte, BMW hat zum Unfallzeitpunkt bereits einen Vorsprung herausgefahren gehabt, durch den die Insassen die Kollision des Mercedes gar nicht bemerkten. Dies lässt den Rückschluss zu, dass der BMW auf der Strecke vom Abbiegen von der S -H -Straße in den S Weg bis zur Unfallstelle mindestens genauso schnell wie der Mercedes, also mindestens 90 und höchstens 120 km/h gefahren sein muss, um einen solchen Vorsprung herauszufahren. Das Erreichen einer so deutlich überhöhten Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h spricht indiziell dafür, dass der Angeklagte Q auch vor dieser Unfallsituation bereits Geschwindigkeiten derselben Größenordnung gefahren ist, wie es der Zeuge J berichtet hat.

(2) Die Zeugin J N hat sich als Verlobte des Angeklagten Q nach entsprechender Belehrung in der hiesigen Hauptverhandlung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO berufen und keine Angaben gemacht. Die Bekundungen, die sie nach ebensolcher Belehrung in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek gemacht hat, sind durch Vernehmung des Richters am Amtsgericht P in die Hauptverhandlung eingeführt worden.

Dieser hat glaubhaft, nachvollziehbar, detailliert und ohne emotionale Beteiligung von der Vernehmung berichtet. Er hat eine Vielzahl von Nachfragen spontan beantworten können. Es ist deutlich geworden, dass der Zeuge eine intakte Erinnerung an das außergewöhnliche Verfahren, den Verlauf der Hauptverhandlung und die einzelnen Vernehmungen gehabt hat.

Danach hat die Zeugin J N in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht angegeben, der Q sei den BMW auf der Strecke von V nach T mit einer Geschwindigkeit von 80 bis 90 km/h unterwegs gewesen. Im Wagen sei laute Musik gelaufen. Der Zeuge J habe ihn im Bereich der Unfallstelle einmal an die Schulter gefasst und ihn gebeten, etwas langsamer zu fahren.

(3) Der Zeuge A hat in der hiesigen Hauptverhandlung berichtet, sowohl der BMW als auch der Mercedes seien auf der S -H -Straße zur Unfallstelle mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen und hätten sich mehrfach bei wechselseitigen Überholmanövern geschnitten.

(4) Der Zeuge P C hat in der Hauptverhandlung angegeben, der Mercedes und der BMW hätten auf der Fahrt von V nach T nach dem Anhalten an einer roten Ampel einen Schnellstart durchgeführt, seien mit starker Beschleunigung von bis zu 3000 Umdrehungen angefahren und hätten sich dann über eine Strecke von mindestens 150 m mit stark überhöhter Geschwindigkeit nebeneinander her bewegt, um zu testen, wer schneller beschleunigen könne.

d. Der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen J steht demgegenüber auch nicht entgegen, dass die Zeugen J und J -S N, Al und C das Fahrverhalten der beiden Angeklagten auf dem Weg von V zur Unfallstelle teilweise anders geschildert haben.

(1) Die Zeugin J N, deren Angaben in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek durch die Vernehmung des Richters am Amtsgericht P in die hiesige Hauptverhandlung eingeführt worden sind, hat geschildert, die Fahrt von V zum B T sei völlig unauffällig verlaufen.

Man sei mit 80 bis 90 km/h unterwegs gewesen, habe laute Musik gehört, Überholmanöver oder einen spontanen Wettstreit über Beschleunigung, Geschwindigkeit und Fahrvermögen habe es nicht gegeben. Im Auto sei Whisky/Cola getrunken worden; sie habe zwei Plastikflaschen mit einem solchen Gemisch vorbereitet gehabt; eine für jeden Wagen. Ihre Schwester und J hätten viel getrunken, der Q nur wenig. Der J habe während der Fahrt keine Angst oder Anspannung gezeigt, sondern habe sich völlig normal verhalten und Spaß gehabt. Lediglich im Bereich der Unfallstelle habe er den Q einmal auf die Schulter getippt und ihn gebeten, etwas langsamer zu fahren. Sie selbst sei den Mercedes zu einem früheren Zeitpunkt einmal gefahren und habe dabei bemerkt, dass dieser bei nasser Fahrbahn sehr leicht ausbreche, wenn man Gas gebe. Auch sei sie vor dem Unfall öfter im BMW mitgefahren. Auch dabei habe sie bemerkt, dass der Wagen ausgebrochen sei, sobald man schneller fahre.

Diese Einlassung ist hinsichtlich des Verlaufs der Fahrt von V zum B T schon in sich widersprüchlich. Eine Fahrt, bei der bis zu 30 km/h über der erlaubten Geschwindigkeit von 60 km/h gefahren worden sein soll, als völlig unauffällig zu beschreiben, zeigt die deutliche Tendenz der Zeugin, erhebliche Verletzungen der Verkehrsregeln als unbedeutend darzustellen. Auch die Bekundung, der J habe nicht ängstlich auf die Fahrweise des Q reagiert, steht in gewissem Widerspruch zu der Angabe, der J habe diesen aber gebeten, langsamer zu fahren. Das Äußern einer solchen Bitte legt angesichts des Umstandes, dass sich J und Q nicht kannten, durchaus nahe, dass sich der J überaus unwohl mit der Fahrweise gefühlt haben dürfte. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung erscheint es unter Fremden schon sehr ungewöhnlich, den Fahrstil einer Person, in deren Auto man mitfährt, zu kommentieren, da solches von sehr vielen Fahrern als unhöflich angesehen werden dürfte. Zudem hat die Zeugin nicht von der Begebenheit beim Überfahren der Kuppe am Ausgang der Unterführung berichtet. Dass diese stattgefunden haben muss, steht jedoch, wie bereits erörtert, aufgrund Rückschlusses aus den objektivierbaren Erkenntnissen des Sachverständigen zur Überzeugung der Kammer fest. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass diese Auslassung durch die Zeugin nicht der Wahrheit entspricht. Die Kammer schließt auch mit Sicherheit aus, dass die Zeugin J N so betrunken gewesen sein könnte, dass sie sich nicht mehr an diese Begebenheit erinnern könnte. Zum Einen erinnert sie sich ja durchaus an andere Details der Fahrt, wie z.B. der Bitte des J, der Q möge doch bitte langsamer fahren. Zum anderen haben die Polizeibeamten S und S, die später an der Unfallstelle mit ihr zu tun hatten, zwar beschrieben, dass sie deutlichen Atemalkoholgeruch verströmte und auch etwas wankte. Sie haben jedoch nicht von so deutlichen alkoholbedingten Ausfallerscheinungen berichtet, die den völligen Erinnerungsverlust eines doch recht markanten Vorgangs rechtfertigen könnten. Daher ist die Kammer davon überzeugt, dass die Zeugin J N diese Begebenheit bewusst verschwiegen hat, um ihren Verlobten zu schützen. Vor dem Hintergrund dieser Falschaussage erachtet die Kammer die Angaben der Zeugin – jedenfalls soweit sie das Fahrverhalten der beiden Angeklagten auf der Fahrt von V zum B T als unauffällig geschildert hat – als unglaubhaft. Deshalb stützt die Kammer ihre Feststellungen lediglich insoweit auf die Bekundungen dieser Zeugin, wie diese mit anderen belastbaren Beweismitteln in Einklang stehen.

(2) Die Zeugin J -S N hat sich in der hiesigen Hauptverhandlung nach entsprechender Belehrung auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO berufen und keine Angaben gemacht. Sie war berechtigt, die Auskunft zu verweigern, weil die Staatsanwaltschaft am 18.04.2017 wegen ihrer Angaben in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht H -W am 03.11.2016 Anklage wegen uneidlicher Falschaussage gegen sie erhoben hat (Az. ). Ihre Angaben in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht sind durch die Vernehmung des Richters am Amtsgericht P in die hiesige Hauptverhandlung eingeführt worden. Dieser hat aus einer intakten Erinnerung heraus und ohne erkennbare emotionale Beteiligung nachvollziehbar, detailliert und widerspruchsfrei von der Vernehmung der Zeugin J -S N berichtet. Die Kammer hält seine Angaben für glaubhaft.

Danach hat die Zeugin bekundet, sie sei stark angetrunken gewesen. Schon auf der Geburtstagsfeier sei von allen außer M U Alkohol getrunken worden; auch der Angeklagten Q habe dort Alkohol getrunken; er habe aber nicht sehr betrunken auf sie gewirkt. Sie kenne ihn ja und wisse deshalb, wie er sei, wenn er viel getrunken habe. Sie habe beide Angeklagte mit Gläsern in der Hand gesehen, könne allerdings nicht sagen, wieviel oder was die beiden getrunken hätten. Um Mitternacht sei mit Sekt angestoßen worden. J -S N hat weiter angegeben, sich nicht mehr daran erinnern zu können, wie die Fahrweise des Angeklagten Q oder des Angeklagten S während der Fahrt von V zum B T gewesen sei. Sie habe eben einfach nicht darauf geachtet, wie gefahren worden sei. sie vermute, es sei nicht gerast worden, denn sonst wäre sie bestimmt ausgestiegen. Die Stimmung im Wagen sei gut gewesen; auch der J habe sich normal und gut gelaunt verhalten. Man habe so laut Musik gehört, dass man sich kaum habe unterhalten können, gemeinsam gelacht und von dem Wodka-Cola-Gemisch getrunken; die Flasche sei die ganze Zeit hin und her gereicht worden.

Diese Einlassung steht hinsichtlich der Fahrweise der beiden Angeklagten auf der Fahrt von V zur Unfallstelle nicht in Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen J, denn die Zeugin hat angegeben, keine Erinnerung mehr an den Verlauf der Fahrt zu haben. Die Kammer hat durchaus Zweifel daran, dass die Behauptung der J -S N, keine Erinnerung mehr an doch recht markante Vorgänge zu haben, der tatsächlichen Erinnerung der Zeugin entspricht. Als Schwester der Verlobten des Angeklagten Q hat sie ein starkes Motiv, diesen möglichst nicht zu belasten. Andererseits hat sie im Gegensatz zu ihrer Schwester keine Details über das Geschehen im Fahrzeug während der Fahrt berichtet, sondern nur, es sei bei lauter Musik und guter Stimmung getrunken und gefahren worden. Bei der geäußerten Bekundung, es sei wohl nicht gerast worden, handelt es sich erkennbar nicht um eine konkrete Erinnerung, sondern lediglich um eine Vermutung der Zeugin. Zudem haben die Polizeibeamten S und S auch im Hinblick auf J -S N angegeben, diese habe deutlichen Alkoholgeruch verströmt und sei im Stehen gewankt. Da auch keine Blutalkoholwerte der Schwestern N ermittelt worden sind, kann die Kammer nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass J -S stärker als ihre Schwester intoxikiert gewesen ist und deshalb tatsächlich keine Details der Fahrweise mehr erinnert. Jedenfalls sind ihre Bekundungen nicht geeignet, diejenigen des J zu entkräften.

Soweit die Zeugin vom Verlauf der Geburtstagsfeier ihrer Schwester berichtet hat, sind ihre Bekundungen nachvollziehbar und detailreich; in diesem Zusammenhang hat sie auch bekundet, die Teilnehmer der Geburtstagsfeier und auch beide Angeklagte hätten Alkohol getrunken und sie habe sie mit Gläsern in der Hand gesehen. Nur M U habe nicht getrunken. Da diese Geschehnisse auch zeitlich früher stattgefunden haben, ist es auch plausibel, dass die J -S N zu diesem Zeitpunkt noch weniger betrunken gewesen ist und daher noch eine bessere Erinnerung an diese Phase des Geschehens hat. Bei diesen – den Angeklagten Q belastenden – Angaben ist auch kein Motiv erkennbar, warum die Zeugin insoweit die Unwahrheit sagen sollte. Weiter stehen diese Angaben – beide Angeklagte waren bereits während der Fahrt alkoholisiert – in Einklang mit anderen belastbaren Beweismitteln.

Das Behördengutachten des Instituts für Rechtsmedizin vom 19.10.2015, das in der Hauptverhandlung verlesen worden ist, hat als objektives Beweismittel ergeben, dass der Angeklagte S zum Unfallzeitpunkt um 0.55 Uhr einen Blutalkoholgehalt von mindestens 1,0 Promille aufgewiesen hat. Das Erreichen dieses nicht unerhebliche Wert lässt sich – abgesehen von einem Sturztrunk erheblicher Mengen hochprozentigen Alkohols innerhalb von weniger als einer Stunde, für den es keinerlei Anhaltspunkte gibt – zwanglos nur mit einem Beginn des Alkoholkonsums bereits vor Fahrtantritt, also auf der Geburtstagsfeier, erklären.

Für den Angeklagten Q ist kein Blutalkoholwert ermittelt worden. Aus den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben der Polizeibeamten S und S hat sich jedoch zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Angeklagte Q bei seiner Rückkehr an die Unfallstelle so starken Atemalkoholgeruch verströmte, dass der Polizeibeamte S dessen Fahrzeugschlüssel beschlagnahmte, um eine Trunkenheitsfahrt zu verhindern. Auch ist die Kammer angesichts des von beiden Zeugen beschriebenen, sehr intensiven Alkoholgeruchs und mangels Anhaltspunkten dafür, dass der Angeklagte Q erst nach Fahrtantritt größere Mengen Alkohols innerhalb eines Zeitraums von etwas mehr als einer Stunde konsumiert haben könnte, davon überzeugt, dass auch dessen Alkoholkonsum bereits vor Fahrtantritt begonnen hat. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass weder der Zeuge J noch die Schwestern N von einem besonders intensiven Alkoholkonsum des Q während der Fahrt berichtet haben. Die Polizeibeamten S und S haben aus einer intakten Erinnerung heraus nachvollziehbar und detailreich vom Geschehen am Unfallort und ihren Kontakten mit den Insassen des BMW berichtet. Sie haben jeweils ohne erkennbare emotionale Beteiligung, ruhig und sachlich von ihren Wahrnehmungen berichtet. Die Kammer erachtet ihre Angaben für uneingeschränkt glaubhaft.

Vor diesem Hintergrund erachtet die Kammer die Angaben der Zeugin J -S N zum Verlauf der Geburtstagsfeier als glaubhaft.

(3) Auch die Angaben des Zeugen P C zum Fahrtverlauf stehen nicht im Widerspruch zu denjenigen des J.

(a) Er hat in der hiesigen Hauptverhandlung angegeben, er habe nur noch eine sehr lückenhafte und schwache Erinnerung an den Verlauf der Fahrt von V zum Unfallort. Er erinnere keine aggressive Fahrweise mit wechselseitigen Überholmanövern, sondern lediglich einen Schnellstart an einer roten Ampel, wo die Fahrzeuge nebeneinander gestanden und dann bei Grün mit hoher Drehzahl losgefahren und über eine Strecke von etwa 150 m mit überhöhter Geschwindigkeit nebeneinander hergefahren seien. Nach seiner Wahrnehmung fahre der Angeklagte S grundsätzlich sehr defensiv, deshalb halte er es für unwahrscheinlich, dass dieser auf der Fahrt gerast sei und waghalsige Überholmanöver durchgeführt habe. Zuvor auf der Geburtstagsfeier sei gegessen und Alkohol getrunken worden; er wisse aber nicht, ob und wieviel Alkohol die Angeklagten getrunken hätten. Jedenfalls hätten alle um Mitternacht mit Sekt auf den Geburtstag angestoßen. Während der Fahrt sei auch im Mercedes eine Plastikflasche mit Cola-WhiskyGemisch herumgereicht worden, er wisse aber nicht, ob der S auch davon getrunken habe. Er hat weiter bekundet, er sei beim Kauf des Mercedes durch den Angeklagte Q im Sommer 2015 zugegen gewesen und habe ihn gemeinsam mit dem Angeklagten zur Probe gefahren. Das Fahrzeug sei technisch hervorragend in Ordnung gewesen; insbesondere habe das ESP einwandfrei funktioniert. Auf den Vorhalt, dass er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht zu dieser Frage angegeben haben solle, das ESP des Mercedes sei bereits beim Kauf schlecht gewesen, so dass die Reifen bei der Prüfung des Getriebes durchgedreht seien und er diesen Umstand genutzt habe, um den ursprünglich vom Verkäufer verlangten Preis zu drücken, hat der Zeuge sinngemäß bekundet, er wolle seine seinerzeitigen Äußerungen zur Funktion des ESP hier nicht wiederholen, weil man ja im ersten Urteil gesehen habe, dass dies zum Nachteil seines Freundes Q ausgelegt worden sei, womit er gar nicht einverstanden sei.

(b) Die Angaben des Zeugen C, keine intakte, sondern nur eine sehr schwache und lückenhafte Erinnerung an die Fahrt zum Unfallort zu haben, erscheint vor dem Hintergrund, dass er bei dem daran anschließenden Unfall schwere, lebensbedrohliche Kopfverletzungen davongetragen hat, nachvollziehbar und glaubhaft. Inhaltlich besteht auch hier letztlich kein Widerspruch zu den Schilderungen des Zeugen J, denn der C hat eben nicht bekundet, er erinnere, dass keine Überholmanöver und keine deutlich überhöhte Geschwindigkeiten gefahren worden seien. Vielmehr hat er angegeben, er habe bis auf den Schnellstart keine konkrete Erinnerung mehr an den Fahrtverlauf und könne nur mutmaßen, wie dieser gewesen sei. Er vermute zwar wegen der grundsätzlich defensiven Fahrweise des S, dass dieser nicht aggressiv gefahren worden sei; eine konkrete Erinnerung hieran habe er aber nicht.

(c) Soweit der C in der hiesigen Hauptverhandlung diametral von seinen Angaben in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht, das ESP am Mercedes habe schon beim Kauf des Fahrzeugs nicht richtig funktioniert und er habe dadurch den Preis drücken können, abgewichen ist, hat er seine Angaben erkennbar dem Verfahrensverlauf anpassen wollen und dies auch klar zum Ausdruck gebracht. Seine Bekundungen vor dem Amtsgericht sind einerseits durch Vorhalt und andererseits durch die auch insoweit glaubhaften Angaben des Richters am Amtsgericht P in die hiesige Hauptverhandlung eingeführt worden. Dieser hat bekundet, dass der C dort mit erkennbarem Stolz und nach seinem richterlichen Eindruck aus einer intakten Erinnerung heraus davon berichtet habe, wie er durch sein überlegenes technisches Verständnis und Wissen diesen Defekt des Fahrzeugs erkannt und zum Wohl seine Freundes Q eingesetzt und den Kaufpreis so reduziert habe. Auch die Bekundungen des Zeugen C in der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 07.03.2016 sind durch Vorhalt in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Auch dort hatte er angegeben, er habe bereits beim Kauf bemerkt, dass das ESP sehr schwach gewesen sei und nicht richtig geregelt habe. In der hiesigen Hauptverhandlung hat der Zeuge auch auf mehrfache Nachfragen keine nachvollziehbare Erklärung für seine nunmehr entgegengesetzten Angaben geben können. Er wisse heute ganz genau, dass der Wagen keine Defekte gehabt habe. Gleichwohl sei es ihm gelungen, den ursprünglich verlangten Kaufpreis zu drücken; er wisse aber nicht mehr, welche Argumente er dafür angeführt habe. Es könne sein, dass er als Trick das ESP manuell ausgeschaltet habe, damit die Räder dann durchdrehen würden und er dies dann als Mangel monieren könne. Das wisse er aber nicht mehr so genau. Er könne nicht sagen, warum er vorher das Gegenteil angegeben habe. Auf nachdrückliche Nachfrage zu diesem Widerspruch und dem Hinweis, dass ein solcher Erinnerungsverlust hinsichtlich eines zeitlich lange vor dem Unfall aufgetretenen Ereignisses schwerlich mit seinen Verletzungen zu erklären sei, sondern eher auf eine Anpassung seines Aussageverhaltens hindeuten könne, fiel dann die Äußerung, er wolle eben nichts mehr zum ESP sagen, denn seine ursprünglichen Äußerungen hätten sich ja im ersten Urteil zum Nachteil des Q ausgewirkt und das finde er nicht gut.

(d) Es sprechen einige Faktoren dafür, dass die Angaben des C in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht der Wahrheit entsprochen haben. Als nach eigenen Angaben guter und langjähriger Freund des Angeklagten Q hat der C ein starkes Motiv dafür, diesen nicht belasten zu wollen. Ein weiteres Indiz dafür, dass die ursprünglichen Angaben des Zeugen, das ESP habe bereits beim Kauf nicht richtig funktioniert, zutreffend sein könnten, liegt auch darin, dass die Zeugin J N übereinstimmend vor dem Amtsgericht bekundet hat, nach ihren Beobachtungen bei mehreren früheren Gelegenheiten als Fahrerin und Beifahrerin sei der Mercedes bei Nässe auch schon bei mäßiger Geschwindigkeit sehr leicht mit dem Heck ausgebrochen. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen W verhindert ein funktionierendes ESP solches Fahrverhalten bei einem Mercedes jedoch zuverlässig und problemlos.

(e) Andererseits sprechen auch gewichtige Umstände gegen die Glaubhaftigkeit der ursprünglichen Angaben des C, das ESP sei von Anfang an defekt gewesen.

(aa) Der Zeuge J hat in der hiesigen Hauptverhandlung bekundet, der K habe ihm am Vormittag des 17.10.2015 berichtet, sein Nachbar, der Albaner, dessen Freundin abends ihren Geburtstag feiere, sei so ein bisschen Autoverrückt; dort würden Kennzeichen getauscht und solche Sachen. Er habe ihm auch ein Video gezeigt, auf dem man habe sehen können, wie der Mercedes AMG so gefahren worden sei, dass bei dem Fahrzeug die Räder durchgedreht seien. Diese Angaben legen nahe, dass eine bewusste Abschaltung zur Erhöhung des Nervenkitzels beim Fahren erfolgt sein könnte.

(bb) Der Unfall-Sachverständige W hat ausgeführt, dass ein Defekt des ESP sehr unwahrscheinlich sei, weil das System redundant aufgebaut sei, d.h. zwei voneinander unabhängige Rechner führten das Programm aus und kontrollierten sich gegenseitig. Ein Ausfall entstehe nur dann, wenn beide Einheiten defekt seien. Eine Auslesung des Bordcomputers hätte hier ein eindeutiges Ergebnis zu der Frage liefern können, ob und gegebenenfalls wann eine bewusste Abschaltung des ESP erfolgt sei. Eine solche Abschaltung könne nicht durch die Betätigung des entsprechenden Schalters am Armaturenbrett vorgenommen werden. Dieser erlaube nicht die vollständige Deaktivierung des Systems, sondern ermögliche nur das Anfahren mit Schneeketten. Durch die Veränderung der Einstellungen in einem etwas versteckten Servicemenü des Bedienprogramms könne aber die vollständige Abschaltung des ESP bewirkt werden. Anleitungen hierfür kursierten frei zugänglich im Internet und seien in der sogenannten Raser-Szene beliebt, weil sie die Möglichkeit eröffneten, die Reifen zum Durchdrehen zu bringen und so Drift- und Schleudervorgänge zu erzeugen und bei deren Kontrolle überlegenes Fahrvermögen zu demonstrieren. Solches sei mit intaktem ESP nicht möglich, weil das Programm verhindere, dass übermäßiges Gasgeben durch den Fahrer an den Motor weitergegeben werde oder bewirke, dass einzelne Räder durch das System abgebremst würden, um eine etwaige Schrägstellung des Fahrzeugs zu korrigieren. Bei der bewussten Abschaltung des ESP würden grundsätzlich zwei gelbe Warnleuchten am Armaturenbrett aktiviert, diese könnten allerdings auch z.B. durch Unterbrechung der Stromversorgung für die Leuchten dauerhaft ausgeschaltet werden. Die Kammer hat diese überzeugenden Ausführungen selbst nachvollzogen und schließt sich ihnen an.

Der Sachverständige hat schließlich berichtet, die Auslesung des Bordcomputers des Unfallwagens sei in diesem Fall trotz seines ausdrücklichen Hinweises auf diese Möglichkeit vom zuständigen Staatsanwalt nicht veranlasst worden. Da sich aufgrund dieser Umstände keine weiteren Feststellungen darüber haben treffen lassen, wann und von wem eine etwaige bewusste Abschaltung des ESP durchgeführt worden sein könnte, hat sich die Kammer insoweit keine hinreichende sichere Überzeugung bilden können.

(cc) Gegen die Glaubhaftigkeit der ursprünglichen Angaben des Zeugen C spricht auch der Umstand, dass sowohl die Zeugin J N als auch der Zeuge C selbst durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie bereit gewesen sind, vor Gericht die Unwahrheit zu sagen, um den ihnen nahe stehenden Q zu schützen. Die J N hat die Fahrt von V zur Unfallstelle vor dem Amtsgericht, wie bereits erörtert, unzutreffend als unauffällig beschrieben, obwohl sie zur Überzeugung der Kammer noch detaillierte Erinnerungen an die Begebenheit gehabt hat. Deshalb erscheint es auch durchaus möglich und nicht unwahrscheinlich, dass die Zeugin auch zur Frage eines Defekts des ESP ihre Erinnerung bewusst unzutreffend wiedergegeben haben könnte, um ihren Verlobten zu schützen. Der Umstand, dass das ESP schon beim Kauf defekt gewesen sei, würde bedeuten, dass hier keine bewusste Abschaltung des Systems erfolgt wäre, um ein „Driften“ des Fahrzeugs zu ermöglichen. Dieser Rückschluss würde den Q insoweit entlasten und wäre damit vorteilhaft für ihn.

Gleiches gilt für die Bekundung des Zeugen C, der entweder vor dem Amtsgericht oder in der hiesigen Hauptverhandlung bewusst unwahre Angaben gemacht haben muss, weil das ESP des Mercedes beim Kauf nicht gleichzeitig intakt und defekt gewesen sein kann. Für einen zwischenzeitlichen völligen Erinnerungsverlust gibt es keine plausible Erklärung. Welche dieser beiden gegensätzlichen Angaben den Tatsachen entspricht, lässt sich aber nicht mit der für eine Überzeugungsbildung erforderlichen Sicherheit feststellen. Wäre das ESP von Anfang an defekt gewesen, spräche dies gegen eine bewusste Abschaltung des Systems. Wäre das ESP ursprünglich intakt gewesen, würde dies die Frage aufwerfen, ob der Q davon wusste, dass dieses zwischenzeitlich nicht mehr funktionierte. Die Angaben der Zeugin J N und C bieten insoweit keine als glaubhaft einzustufende Grundlage für die Beantwortung dieser Fragen.

(f) Im Ergebnis hält die Kammer die Angaben des Zeugen C zu der Frage, ob das ESP beim Kauf des Mercedes intakt gewesen ist, insgesamt nicht für glaubhaft und stützt deshalb im Ergebnis nichts auf sie. Gleiches gilt für die Angaben der Zeugin J N zu der Frage, ob das ESP vor dem Unfall bereits defekt gewesen ist.

(4) Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen J sprechen auch nicht die Bekundungen des Zeugen A . Dieser hat in der hiesigen Hauptverhandlung übereinstimmend mehrere wechselseitige Überholmanöver mit knappem Einscheren („Schneiden“) sowie eine deutlich überhöhte Geschwindigkeit beider Fahrzeuge während der Fahrt auf der S -H -Straße beschrieben.

(a) Diese Angaben stehen zwar in Widerspruch dazu, dass der A in seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht, die durch Vorhalt und durch die Vernehmung des Zeugen P in die hiesige Hauptverhandlung eingeführt worden sind, bekundet hat, er selbst sei vor dem Abbiegen etwa 50 – 65 km/h, der Mercedes und der BMW seien etwa 70 km/h gefahren. Hier handelt es sich um eine Schätzung, die vom Zeugen getätigt wurde, ohne dass er zuvor über sein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO belehrt worden ist. Eine solche Belehrung war hier aber deshalb angezeigt, weil die wahrheitsgemäße Angabe einer etwaig deutlich überhöhten Geschwindigkeit des Mercedes und des BMW, denen der A mit seinem Pkw über eine Strecke von deutlich mehr als einem Kilometer folgen konnte, im Rückschluss unweigerlich die Frage nach einer eigenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit aufwirft. In der hiesigen Hauptverhandlung hat der Zeuge A nach entsprechender Belehrung angegeben, er könne die Geschwindigkeit der beiden anderen Fahrzeuge nicht schätzen; sie habe aber deutlich über einer sozial akzeptierten und weit verbreiteten Überschreitung der angeordneten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h gelegen. Zu seiner eigenen Geschwindigkeit wolle er nichts sagen. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer seine Angaben zur Geschwindigkeit in der hiesigen Hauptverhandlung für glaubhaft.

(b) Der Zeuge A hat, anders als der Zeuge J auch nicht von der Begebenheit berichtet, in der der Angeklagte Q den BMW kurzfristig in den Gegenverkehr steuerte. Dies lässt sich jedoch dadurch erklären, dass der Zeuge J nicht mehr sagen konnte, wo auf der Strecke zwischen V und der Kreuzung S -H -Straße/ S Weg sich dieser Vorgang ereignet hat.

Da der Zeuge A erst etwa im letzten Drittel der Strecke auf die beiden Angeklagten getroffen ist, dürfte sich das Versteuern bereits davor ereignet haben, so dass der Al es nicht hat wahrnehmen können. Der Zeuge A hat auch keine Erinnerung an die Lichthupe, durch die der Angeklagte S nach den Bekundungen des Zeugen J den Q, der sich an der Kreuzung S -H -Straße/ S Weg zunächst geradeaus an der Rot anzeigenden Ampel eingeordnet hatte, dazu bewegte, mit dem BMW rückwärts vor den Mercedes auf die Linksabbiegerspur einzuscheren. Dies erscheint angesichts des Umstandes erklärlich, dass der Zeuge A mit seinem Fahrzeug hinter dem Mercedes gestanden hat, so dass das Aufleuchten der Scheinwerfer für ihn nicht direkt sichtbar gewesen ist und ihm in einem Moment der Unaufmerksamkeit ohne weiteres entgangen sein kann.

(c) Die Angaben des Zeugen A zum Fahrverhalten des BMW und des Mercedes beim Abbiegen in den S Weg und beim Durchfahren der Unterführung in der hiesigen Hauptverhandlung sind sehr deutlich von denjenigen abgewichen, die er in seinen polizeilichen Vernehmungen am Unfallort am 18.10.2015 und in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht am 03.11.2016 bekundet hat. Letztere sind durch Vorhalt und durch die auch insoweit glaubhaften Angaben der Vernehmungsbeamten S und S sowie denjenigen des Richters am Amtsgericht P in die hiesige Hauptverhandlung eingeführt worden.

(aa) Dort hatte der A übereinstimmend angegeben, der BMW habe beim Abbiegen in den S Weg „richtig Gas gegeben“ und sei mit stark überhöhter Geschwindigkeit durch die Unterführung gefahren. Auf ihn, den Zeugen A, habe das Verhalten des Fahrers auf der Strecke, die er beobachtet habe, insgesamt so gewirkt, als ob er den anderen habe provozieren und ihm habe signalisieren wollen „Ich gebe jetzt mal Gas, damit Du mitmachst.“. Dies mache er auch daran fest, dass der Mercedes vor dem Abbiegen eigentlich ganz normal gefahren sei, bis der BMW von hinten gekommen sei und ihn provoziert habe; erst danach hätten die wechselseitigen Überholmanöver angefangen. Nach dem sehr schnellen Start des BMW beim Abbiegen in den S Weg habe auch der Fahrer des Mercedes richtig Gas gegeben und sei mit stark überhöhter Geschwindigkeit hinter den BMW hergefahren. In der Unterführung habe sich etwa eine Fahrzeuglänge zwischen den beiden Fahrzeugen befunden. Er selbst sei mit einer Geschwindigkeit von 60 oder 65 km/h durch die Unterführung gefahren, weil er gewusst habe, dass direkt danach eine Ampel komme. In seinen polizeilichen Vernehmungen, die durch Vorhalt und die glaubhaften Angaben der Polizeibeamten S und Sc in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, hat der A bekundet, er habe beim Ausfahren aus der Unterführung noch gesehen, wie der Mercedes ein Stück vor ihm nochmal extra Gas gegeben habe, dann ins Schleudern geraten und mit dem Mast kollidiert sei. In seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht konnte er sich nur noch daran erinnern, dass er die Kollision des mit dem Mast gesehen habe. Den BMW habe er nach dem Ausfahren aus der Unterführung nicht mehr gesehen.

(bb) In der hiesigen Hauptverhandlung hat der Zeuge A bekundet, er könne sich an den gesamten Abbiegevorgang, die Durchfahrt durch die Unterführung und die Kollision nicht mehr erinnern. Er habe leider gar keine Erinnerung mehr daran, wer in welcher Art und Weise und wie schnell gefahren sei; auch an ein provozierendes Verhalten durch den BMW-Fahrer könne er sich gar nicht mehr erinnern. Er erkläre sich diesen totalen Erinnerungsverlust so, dass er als erster an der Unfallstelle gewesen sei und den Anblick des Fahrzeugwracks, des Getöteten und der Verletzten als sehr belastend empfunden habe. Er habe auch Angst gehabt, das Wrack könne in Brand geraten. Deshalb habe er wohl alles, was direkt davor gewesen sei, vergessen.

(cc) Dieser vom Zeugen behauptete völlige Erinnerungsverlust ist zur Überzeugung der Kammer nicht glaubhaft. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der Zeuge A in der hiesigen Hauptverhandlung nicht mehr gewillt gewesen ist, seine Wahrnehmungen im Hinblick auf den Abbiegevorgang und den Unfall zu schildern. Zunächst lässt sich der behauptete völlige Erinnerungsverlust zwischen der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht im November 2016 und der hiesigen Hauptverhandlung im November 2017 durch die vom Zeugen A angeführten Gründe nicht nachvollziehbar erklären. Der Zeuge hat direkt nach dem Unfall detaillierte Angaben zum Abbiegevorgang und zum Fahrverhalten der beiden Fahrzeugführer machen können; die Polizeibeamten S und S haben auf Nachfrage angegeben, der Zeuge sei zwar erschrocken über das Geschehen und auch wütend über den seiner Ansicht nach mit dem hochmotorisierten Fahrzeug überforderten Mercedes-Fahrer gewesen. Der A habe aber keine auffälligen Verhaltensweisen gezeigt, die auf das Vorliegen eines Schocks oder gar einer Traumatisierung durch das Erlebte hingewiesen hätten. Er habe sich kontrolliert und gefasst verhalten, seine Wahrnehmungen klar und präzise schildern können und habe noch zur Eile gedrängt, weil er nun weg müsse.

Gegen das Vorliegen eines traumatisierungsbedingten Erinnerungsverlustes spricht hier auch, dass der A vor dem Amtsgericht über ein Jahr nach dem Unfallereignis trotz gewisser Erinnerungseinbußen immer noch detailliert und stringent von den Geschehnissen beim und nach dem Abbiegevorgang hat berichten können. Der Zeuge P hat auch insoweit glaubhaft und aus einer intakten Erinnerung heraus berichtet, dass bei der Vernehmung des Zeugen in der dortigen Hauptverhandlung weder eine deutliche Betroffenheit über das Unfallereignis noch auffällige Erinnerungs-Schwierigkeiten oder emotionale Belastungsreaktionen erkennbar gewesen seien.

Es ist kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich, wodurch noch nach dieser problemlosen Aussage vor dem Amtsgericht plötzlich ein vollständiger Erinnerungsverlust beim Zeugen ausgelöst worden sein sollte. Hinzu kommt, dass der Zeuge A auch in der hiesigen Hauptverhandlung nach dem Eindruck der Kammer keinerlei Anzeichen einer emotionalen Involvierung in das Unfallgeschehen hat erkennen lassen. Er hat vielmehr auffallend ruhig und höflich gewirkt und alle Fragen nach dem Geschehen während und nach dem Abbiegevorgang sofort, ohne Bedenkzeit oder erkennbares Erinnerungsbemühen immer stereotyp gleichlautend mit dem Satz „Es tut mir sehr leid, aber daran habe ich leider gar keine Erinnerung mehr.“ beantwortet.

(dd) Die so bei der Kammer entstandene Überzeugung einer bewussten Aussageverweigerung zum Tatgeschehen im engeren Sinne wird auch dadurch indiziell gestützt, dass die Polizeibeamtin S in der hiesigen Hauptverhandlung glaubhaft bekundet hat, der A habe vor Ort ihr gegenüber zunächst mündlich detaillierte Angaben gemacht. Als sie diese dann als Vernehmung schriftlich habe aufnehmen wollen, habe der A sich vehement geweigert, seine Angaben zu wiederholen und dies damit begründet, er wolle nichts mit der Polizei zu tun haben und erst recht nicht später vor Gericht erscheinen müssen. Auch auf den eindringlichen Hinweis der Beamtin S, hier sie schließlich ein Mensch getötet worden, was doch aufgeklärt werden müsse, sei der A nicht bereit gewesen, seine Angaben aufnehmen zu lassen. Sie habe sich schließlich nach einigem Hin und Her hilfesuchend an ihren Vorgesetzten gewandt, der den A schließlich doch mit robuster mündlicher Ansprache habe umstimmen können. Dieses Verhalten zeigt, dass die Aussage- und Kooperationsbereitschaft des Zeugen A von vornherein brüchig gewesen und zwischen den beiden Hauptverhandlungen jedenfalls im Hinblick auf das eigentliche Tatgeschehen verloren gegangen ist. Welche Umstände diese Entwicklung ausgelöst haben, hat im Rahmen der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden können. Auf Nachfrage hat der A angegeben, er habe zunächst nicht aussagen wollen, weil er seinen Eltern dann hätte erklären müssen, warum er mit der Polizei und dem Gericht zu tun habe; diese würden sich dann Sorgen um ihm machen, was er habe vermeiden wollen.

(d) Schließlich steht der Glaubhaftigkeit der Schilderung des Zeugen J, die beiden Angeklagten hätten sich bereits auf der Fahrt von V zur Kreuzung S -H -Straße/ S Weg und dann erneut beim Start an der Ampel und dem Durchfahren der Unterführung einen spontanen Wettstreit darüber geliefert, wer stärker beschleunigen, schneller und technisch besser fahren könne, nicht entgegen, dass der Zeuge A in seiner polizeilichen Vernehmung am Unfallort gegenüber dem Polizeibeamten S und auch in seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht Hamburg am 03.11.2016 geäußert hat, nach seiner Einschätzung hätten sich die beiden Fahrzeugführer nach dem Abbiegevorgang kein „Rennen“ geliefert. Es sei eher in Richtung einer Provokation gegangen; es sei kein richtiges Rennen gewesen. Bei einem Rennen werde stark beschleunigt, hier habe der BMW aber von vornherein einen deutlichen Vorsprung gehabt. Diese Angaben des Zeugen sind durch Vorhalt und Vernehmung der Zeugen S und P in die hiesige Hauptverhandlung eingeführt worden. Diese Äußerung steht inhaltlich nach der Überzeugung der Kammer nicht in Widerspruch mit der Einschätzung des J.

Der A hat nämlich nicht bekundet, dass kein Wettstreit zwischen den beiden Fahrern stattgefunden habe. Er hat lediglich gemeint, dass sie kein Rennen im klassischen Sinn, bei dem beide Fahrzeuge nebeneinander stehen und gleichzeitig starten, um so zu testen, wer stärker beschleunigen kann, durchgeführt haben. Deshalb ist er der Ansicht gewesen, das Verhalten sei mit dem Begriff „Rennen“ nicht adäquat beschrieben. Er hat aber schon durch sein Wortwahl, es sei mehr in Richtung einer „Provokation“ gegangen, erkennen lassen, dass es dem Fahrer des BMW nach seinem, des Zeugen A, Eindruck sehr wohl darum gegangen sei, durch seinen sehr schnellen Start, eine Reaktion des Mercedes-Fahrers hervorzurufen. Diese hat sinnvollerweise nur darin bestehen können, ebenfalls rasant zu starten und zu versuchen, den Vorsprung des BMW einzuholen. Der Angeklagte S hat das Verhalten des Q auch genauso aufgefasst und genau in dieser Weise reagiert. Die Frage, ob ein Zeuge dieses Verhalten als „Rennen“ bezeichnet oder aufgrund der insoweit atypischen Vorsprung-Situation anders benennen will, ist für die rechtliche Frage, ob hier ein Rennen im Sinne von § 29 Abs. 1 StVO vorgelegen hat, im Übrigen bedeutungslos.

e. Der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen J steht auch nicht entgegen, dass dieser möglicherweise im Zeitpunkt des Unfalls an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) gelitten hat und möglicherweise aktuell noch leidet, dass er zum Unfallzeitpunkt möglicherweise das Medikament Cipralex eingenommen hatte und alkoholisiert gewesen ist. Die Kammer kann aufgrund der fachkundigen Beratung des psychiatrischen Sachverständigen Dr. C L mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass eine etwaig bestehende PTBS oder Medikamenteneinnahme und der Alkoholkonsum die Wahrnehmung des Zeugen so verzerrt hat, dass er eine objektiv ganz normale Autofahrt von V zur Unfallstelle subjektiv inadäquat als aggressiv und bedrohlich erlebt hätte oder in seiner Aussagefähigkeit bei der Polizei, vor dem Amtsgericht oder in der hiesigen Hauptverhandlung krankheitsbedingt beeinträchtigt gewesen wäre.

(1) Hier haben sich in der Hauptverhandlung Anzeichen dafür ergeben, dass der Zeuge P J an einer psychischen Beeinträchtigung leiden könnte. Es ist ihm schwergefallen, seine Erlebnisse im Zusammenhang zu schildern; er ist immer wieder ins Stocken geraten. Er hat auffallend lange Überlegungsphasen und ein stark gesteigertes Bedürfnis nach Präzision in seinen Antworten gezeigt.

Der Zeuge J selbst hat auf Nachfrage dazu angegeben, er sei als Soldat bei der Bundeswehr im Rahmen eines Einsatzes in A stationiert gewesen.

Danach habe er sich von 2011 bis Anfang 2015 in psychologischer Behandlung befunden, weil der Einsatz „ätzend“ gewesen sei und es für ihn schwierig gewesen sei, abzuschalten. Er habe zeitweise auch das Medikament Cipralex eingenommen. Dabei habe eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Diagnose im Raum gestanden; es sei jedoch zwischen ihm und der Bundeswehr immer noch streitig, was der Grund für seine Erkrankung gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Unfalls im Oktober 2015 sei er nicht mehr in Behandlung gewesen und habe auch keine Medikamente mehr genommen. Er habe sich aber durch hier in Rede stehenden Unfall und den Tod seines Freundes D so belastet gefühlt, dass er seine ehemalige Therapeutin nochmals aufgesucht habe. Er meine, dies sei erst nach seiner polizeilichen Vernehmung am 27.10.2015 erfolgt, könne dies aber heute nicht mehr sicher sagen. Vielleicht sei er auch schon vor der Vernehmung bei der Psychologin gewesen. Seit 15.12.2015 sei er nicht mehr bei der Bundeswehr tätig. Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht im November 2016 habe er unter Schlafstörungen gelitten und deshalb Tabletten genommen, er wisse nicht mehr, welche.

(2) Vor diesem Hintergrund hat die Kammer ein mündliches Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Neurologie Dr. C L in der Hauptverhandlung eingeholt. Dieser war mehrere Jahre als Oberarzt in der Psychiatrie des Bundeswehrkrankenhauses H tätig und in diesem Zusammenhang auch häufig mit der Behandlung von Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung befasst. Er ist dazu befragt worden, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen eine etwaige PTBS oder eine Depression und/ oder eine etwaige Einnahme des Medikamentes Cipralex und/ oder Alkohol die Aussagefähigkeit eines Zeugen beeinträchtigen kann. Er ist insbesondere dazu befragt worden, ob die genannten Erkrankungen oder die Einnahme von Cipralex und der Konsum von Alkohol zu Wahrnehmungsstörungen oder einer Verzerrung der Informationsverarbeitung führen können, durch die die Welt oder einzelne Situationen feindseliger, unberechenbarer und chaotischer wahrgenommen werden, als sie sich objektiv darstellen. Weiter ist der Sachverständige dazu befragt worden, ob im Fall einer Beeinträchtigung der Wahrnehmung durch die genannten Erkrankungen oder das genannten Medikament oder Alkohol irgendwelche Verhaltensauffälligkeiten zu erwarten wären und wenn ja, welche.

Hierzu hat der Sachverständige Folgendes ausgeführt:

(a) Die geschilderten Verhaltensweisen des Zeugen J würden zu häufig auftretenden Symptomen einer PTBS passen. Das auffällige Streben nach Präzision sei oft Ausdruck eines Kontrollzwangs, den Patienten, die im Rahmen eines Traumas einen völligen Kontrollverlust erlebt hätten, häufig als kompensatorisches Verhalten entwickeln würden. Die stark verlangsamten Reaktionen und langen Denkpausen passten in das Symptombild einer Depression, die häufig mit einer PTBS vergesellschaftet sei. Das Symptombild sei stimmig. Hierzu passe auch die Einnahme des Medikamentes Cipralex mit dem Wirkstoff Eszitalopram, einem Anti-Depressivum. Trotzdem könne er ohne eine Exploration und ohne den Zeugen selbst gesehen zu haben, nicht definitiv sagen, ob dieser tatsächlich an diesen Erkrankungen leide.

Eine PTBS setze als A-Kriterium zunächst voraus, dass eine Person ein sehr schwerwiegendes und belastendes Erlebnis gehabt habe. Der bloße Aufenthalt in einem Kriegsgebiet wie Afghanistan sei für sich genommen nicht geeignet, ein solches Trauma auszulösen. Etwa ein Drittel der Personen, die ein solches Trauma erlebten, entwickelten später eine PTBS.

Das Vorliegen einer solchen Erkrankung als solcher begründe keine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine veränderte, inadäquate Wahrnehmung der Realität oder eine damit einhergehende Beeinträchtigung der Aussagefähigkeit. Vielmehr komme eine Beeinflussung der Wahrnehmung eines Erkrankten erst dann in Betracht, wenn die Erkrankung auch symptomatisch sei, d.h. sich nach außen durch Verhaltensauffälligkeiten des Erkrankten manifestiere. Das bei Weitem häufigste Symptom der PTBS bestehe darin, dass Erkrankte durch Ereignisse, die das erlittene Trauma berühren, in dissoziative Zustände gerieten. Durch einen auslösenden Umstand werde das sehr belastende Erlebnis erneut erinnert und der Erkrankte dadurch in eine „Parallelwelt der Erinnerung“ versetzt und erlebe diese als Realität. Wenn dies passiere, sei er von realen Vorgängen völlig abgekoppelt und erleide während dieses Zustandes in aller Regel eine Amnesie, die sogenannte dissoziative Fuge. Neben diesem erneuten Durchleben der Vergangenheit zeigten Erkrankte auch sehr häufig Vermeidungsverhalten und unterließen alle mit dem Trauma verbundenen Aktivitäten. Auch komme es oft zu einer Hyper-Arousal, bei dem die Erkrankten durchgängig besonders ängstlich und schreckhaft seien und ein insgesamt deutlich gesteigertes allgemeines Aufmerksamkeitsniveau hätten.

Neben dem beschriebenen Vollbild des dissoziativen Zustandes sei auch denkbar, dass eine PTBS zu inadäquat ängstlichem Empfinden führen könne, wenn es um eine Gefahr gehe, die mit dem Trauma in Verbindung stehe. So könne beispielsweise eine schnelle Autofahrt als bedrohlich empfunden werden, wenn auch das Trauma mit einem solchen Erlebnis verknüpft sei. Es sei möglich, dass ein von anderen als ungefährlich und entspannt erlebter Vorgang vor dem Hintergrund des Traumas als aggressiv und gefährlich erlebt werde. In einer solchen Re-Trauma- Situation sei – ebenso wie beim dissoziativen Zustand selbst – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der PTBS-Erkrankte ein deutlich auffälliges, für andere Personen wahrnehmbares Verhalten zeige. In Betracht komme insbesondere eine völlige Sprachsperre und roboterhaftes oder versteinertes Verhalten sowie Rufen oder Schreien aus Angst oder Sich-Verstecken und das Äußern von Wahrnehmungen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen (Verfolgung, Todesangst, Angriff, Beschuss o.ä.). Zudem sei es hoch wahrscheinlich, dass ein Erkrankter dann eine von ihm nicht zu kontrollierende Autofahrt von vornherein vermeiden werde. Wenn während oder nach einer solchen Situation keine der beschriebenen Verhaltensweisen auftrete, sei es extrem unwahrscheinlich, dass hier eine Re-Traumatisierung erfolgt sei. Dies gelte vor allem auch, wenn man davon ausgehe, dass der Zeuge den BMW während der Rückfahrt vom B T zur Unfallstelle gesteuert habe und dies auch ohne irgendwelche Auffälligkeiten habe bewerkstelligen können.

(b) Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, bei dem Medikament Cipralex handele es sich um ein Antidepressivum, das bei Erkrankten eine stimmungsaufhelle Wirkung, bei gesunden Personen jedoch keine Wirkung habe. Es könne nach wissenschaftlichen Erkenntnissen – auch im Zusammenspiel mit Alkohol – nicht zu Wahrnehmungsstörungen führen. Angesichts der stimmungsaufhellenden Wirkung des Medikamentes wäre ein inadäquat bedrohliches Erleben von Situationen darüber hinaus auch völlig unplausibel. Ein Alkoholkonsum als solcher könne erst in der Form der – dann auch unabhängig von einer aktuellen Alkoholisierung bestehenden – Alkoholpsychose zu Wahrnehmungsstörungen in Form von wahnhaftem Erleben und Halluzinationen führen.

(c) Diese Angaben des erfahrenen Sachverständigen beantworten die aufgeworfenen Fragen rational und nachvollziehbar unter Heranziehung medizinischer Fakten und gutachterlicher Erfahrung. Die Kammer schließt sich ihnen nach eigener Prüfung an.

Die Ausführungen des Sachverständigen lassen es als erwiesen erscheinen, dass die Aussagefähigkeit oder Wahrnehmung des Zeugen P J weder durch eine PTBS noch durch eine Depression und auch nicht durch die Einnahme von Cipralex oder den Konsum von Alkohol aktuell erheblich beeinträchtigt oder aufgehoben sein kann oder zum Unfallzeitpunkt gewesen sein kann.

(aa) Zunächst hat keiner der gehörten Zeugen von Verhaltensauffälligkeiten des Zeugen J während der Autofahrt oder im weiteren Verlauf des Abends berichtet. Sein Benehmen ist weder als stumm oder versteinert noch als überängstlich oder panisch beschrieben worden. Es gibt keine objektiven Anknüpfungspunkte dafür, dass der Zeuge J die Situation während der Autofahrt völlig inadäquat bewertet haben könnte. Vielmehr sprechen die bereits erörterten Angaben der Zeugen J N, H A und P C dafür, dass seine Bewertung der Fahrweise der beiden Angeklagte als aggressiv und gefährlich objektiv zutreffen gewesen ist. Denn auch die genannten Zeugen haben beschrieben, dass es auf der Fahrt von V zur Unfallstelle zu deutlich überhöhter Geschwindigkeit, wechselseitigen Überholmanövern und einem Schnellstart gekommen sei. Auch nach den Feststellungen des Unfallsachverständigen W war der Mercedes Benz im Zeitpunkt des Ausbrechens des Fahrzeughecks mit einer sehr hohen Geschwindigkeit von mindestens 90 und höchstens 120 km/h unterwegs.

(bb) Auch die übereinstimmenden Angaben der Zeuginnen J und J -S N in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht und des Zeugen J, letzterer habe nach dem erfolglosen Warten an der Diskothek das Steuer des BMW vom Angeklagten Q übernommen und den Wagen vom B T zurück nach T gefahren, lassen eine Re-Traumatisierung des Zeugen durch die aggressive Autofahrt ausgeschlossen erscheinen. Denn keine der beiden Schwestern hat nach den auch insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen P in ihrer Vernehmung vor dem Amtsgericht von irgendwelchen Verhaltensauffälligkeiten während der Fahrt berichtet. Mit solchen wäre aber nach den überzeugenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen im Nachgang zu einer Re-Traumatisierung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu rechnen gewesen.

(cc) Auch die Angaben des Zeugen J in seiner Vernehmung in der hiesigen Hauptverhandlung ergeben keine Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingt beeinträchtigte Wahrnehmung. Der Zeuge hat gerade keine größeren Erinnerungslücken gezeigt oder ist gedanklich in eine parallele Erinnerungswelt abgedriftet, sondern hat in allen wesentlichen Punkten konstant, nachvollziehbar und widerspruchsfrei vom Verlauf der Autofahrt, der Ankunft am Unfallort und dem weiteren Verlauf des Abends berichtet. Er leidet bis heute unter dem Verlust des Geschädigten K, mit dem er jahrelang gut befreundet gewesen ist, und hat die Notwendigkeit, erneut über die Umstände dessen Todes zu berichten, erkennbar als belastend empfunden. Er hat jedoch seine diesbezüglichen Gefühle artikulieren können und hat insbesondere keine auffälligen Verhaltensweisen gezeigt, die auf eine übermäßig emotionalisierte oder sonst überraschende Reaktion auf den Tod seines Freundes hindeuten würden. Hierzu passt, dass alle vernommenen Polizeizeugen übereinstimmend berichtet haben, dass die Verletzten und der Leichnam des Geschädigten K bereits geborgen gewesen seien, als der Zeuge J in Begleitung des Angeklagten Q und der Schwestern N an der Unfallstelle erschien. Eine (Re)-Traumatisierung durch den bloßen Anblick des leeren Autowracks erscheint schon an sich als sehr unwahrscheinlich.

(dd) Vor diesem Hintergrund kann die Kammer mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass der Zeuge J während der Autofahrt an einer krankheitsbedingt oder medikamentenbedingt oder alkoholbedingt verfälschten Wahrnehmung gelitten hat oder in seiner Aussagefähigkeit krankheitsbedingt erheblich beeinträchtigt gewesen ist oder aktuell noch ist.

3. Die Feststellungen zum Unfallgeschehen, zur technischen Leistungsfähigkeit der beiden Pkws und den örtlichen Gegebenheiten beruhen auf den überzeugenden Ausführungen des Unfall-Sachverständigen M W, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht, der Inaugenscheinnahme der im Protokoll bezeichneten Fotos zur Unfallstelle und zum Fahrzeugwrack sowie der zum Gutachten gehörigen, ebenfalls im Protokoll bezeichneten Skizzen vom Unfallverlauf. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf die Fotos und Skizzen Bezug genommen. Daneben ist die zusätzliche Stellungnahme des Sachverständigen W vom 11.12.2017 in der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Angeklagten, Verteidiger und der Vertreterin der Staatsanwaltschaft verlesen worden.

a. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der Mercedes mindestens 90 und höchstens 120 km/h gefahren ist, als er auf der Kreuzung S Weg/ T Straße ins Schleudern geriet, und dass der Unfallverlauf bei intaktem ESP in dieser Form nicht hätte vorkommen können. Die Unfallstelle sei 310 m von der Abbiegerspur an der Kreuzung S Weg/ S -H Straße entfernt. Er habe die Unfallstelle in der Unfallnacht ausgewertet und das Wrack persönlich besichtigt. Letzteres habe keine Kontaktspuren anderer Fahrzeuge aufgewiesen. Die vorderen Gurte hätten Belastungsspuren getragen, aus denen sich ergebe, dass diese beim Unfall angelegt gewesen seien. Die hinteren Gurte hätten keine solchen Belastungsspuren aufgewiesen, so dass davon auszugehen sei, diese seien nicht angelegt gewesen. Allerdings sei hier ein seitlicher Aufprall erfolgt, so dass die Sicherheitsgurte ohnehin keine Schutzwirkung hätten entfalten können. Die Fahrgastzelle des Fahrzeugwracks sei im Bereich der B-Säule sehr stark deformiert gewesen; der sehr schmale Lichtmast sei „wie ein Messer“ bis zu 65 cm tief darin eingedrungen. Die messbare Eindringtiefe habe zwar nur 50 cm betragen, jedoch sei das Material dynamisch und federe etwa um ein Drittel wieder zurück. Er habe die beschriebene Deformation der Fahrgastzelle mit Bildern von Fahrzeugwracks aus wissenschaftlichen Versuchen zur Anprallgeschwindigkeit verglichen. So habe er eine Anprallgeschwindigkeit von 60 km/h ermittelt.

Diese habe er ebenso wie die Spuren an der rechten Bordsteinkante der J Allee, die er zuvor vermessen habe, und die technischen Daten des Mercedes in das Simulationsprogramm PC Crash in der Version 10.1 eingegeben, welches aus diesen Daten ein Unfallgeschehen errechnet habe. 25 m vor dem Lichtmast seien erste Radkontaktspuren, 20 m bzw. 17 m vor dem Lichtmast seien Streifspuren auf der Bordsteinkante feststellbar gewesen, die auf ein Hinüberschleudern erst des rechten und dann des linken Hinterrades zurückgingen. Bremsspuren hätten sich auf der Straße nicht feststellen lassen, was jedoch aufgrund der Nässe keinen Rückschluss darauf zulasse, ob eine Bremsung eingeleitet worden sei oder nicht. Deshalb könne er hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeiten nur jeweils nur Margen angeben, die von der Mindestgeschwindigkeit ohne Bremsung bis zur Höchstgeschwindigkeit mit Bremsung reichten. Die Berechnungen hätten gezeigt, dass der Mercedes bereits mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit über die Kuppe am Ende des Tunnels gefahren sei. Auf der dahinter liegenden Kreuzung S Weg/ T Straße sei der Pkw dann noch weiter beschleunigt worden. Hierdurch sei das Heck des Mercedes auf der Kreuzung nach rechts ausgebrochen, vom Fahrer aber nicht während der Driftphase durch gefühlvolles Einlenken nach rechts wieder abgefangen worden, obwohl dies sei in einer ersten Phase noch möglich gewesen sei. Der Wagen sei dann ins Schleudern und in eine Drehbewegung gegen den Uhrzeigersinn geraten und mit der Beifahrerseite nahezu rechtwinklig gegen den Lichtmast geprallt. Die Berechnungen hätten auch ergeben, dass der Mercedes sich beim Anprall gegen die Bordsteinkante 25 m vor dem Lichtmast mit einer Geschwindigkeit von mindestens 80 und höchstens 100 km/h bewegt habe. Da er diese letzten 25 m bereits deutlich schräg zur Fahrbahn ausgerichtet gewesen und gerutscht sei, sei bereits durch diese Schrägstellung eine deutliche Geschwindigkeitsverringerung eingetreten, so dass eine zusätzliche Bremsung hier keinen erheblichen Unterschied hätte bewirken können. Die vor dem Bordsteinanprall liegende Schleuderphase nach dem Ausbrechen des Fahrzeugs und die davor liegende Beschleunigungsphase bis zum Ausbrechen seien demgegenüber nicht mehr durch Unfallspuren belegt gewesen. Deshalb ergäben sich für diese Geschehensabschnitte weitere Toleranzen. Für den Fall, dass der Fahrer eine Vollbremsung eingeleitet habe, als er das Herausdrehen des Fahrzeughecks bemerkte, hätte sich eine Anfangsgeschwindigkeit von mindestens 87 km/h und höchstens beim Überfahren der Kuppe am Tunnelausgang ergeben, die dann auf mindestens 100 und höchstens 120 km/h auf der dahinter liegenden Kreuzung beschleunigt worden sei. Für den Fall, dass keine Vollbremsung erfolgt sei, habe sich eine Anfangsgeschwindigkeit von mindestens 77 km/h und höchstens 98 km/h beim Überfahren der Kuppe am Tunnelausgang ergeben, die dann auf mindestens 90 und höchstens 110 km/h auf der dahinter liegenden Kreuzung beschleunigt worden sei. Durch den Schleudervorgang und die Vollbremsung sei dann jeweils eine Geschwindigkeitsverringerung auf 60 km/h erfolgt.

Der Unfall könne hier nur durch starke Beschleunigung ausgelöst worden sein, weil die Straße zwar hinter der Kreuzung S Weg/T Straße eine Verschwenkung nach links aufweise, im Unfallbereich aber keine Kurve, deren Durchfahren das Entstehen hinreichend starker Querkräfte erklären könne. Hier sei durch übermäßige Beschleunigung die Bodenhaftung der hinteren Reifen so weit reduziert worden, dass zunächst ein Drift- und dann ein Schleudervorgang eingeleitet worden sei. Das ESP des Mercedes hätte diesen Vorgang zwingend verhindert, wenn es funktioniert hätte. Das Programm hätte bereits die Ausführung des übermäßigen Gasstoßes auf der Kreuzung verhindert, indem es einfach die Weitergabe des durch das Treten des Gaspedals gegebenen Signals an die Steuerung verhindert hätte. Weiter hätte das System auch in der Driftphase durch das gezielte Abbremsen einzelner Räder den Pkw wieder gerade zur Fahrtrichtung gezogen. Der ermittelte Unfallverlauf sei mit einem funktionierenden ESP sicher ausgeschlossen.

Der Sachverständige hat auch ausgeführt, dass der Mercedes CLK 55 AMG in etwa 5 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen kann und dafür etwa 77 m benötigt.

b. Die Feststellungen zu den örtlichen Gegebenheiten sowie den auf den einzelnen Streckenabschnitten geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen beruhen auch auf den glaubhaften Angaben des Polizeibeamten S. Dieser hat ruhig und sachlich geschildert, wie die Unfallstelle und die davor und dahinter belegenen Streckenabschnitte aussehen, dass der Straßenbelag nass gewesen sei und dass auf dem S Weg und der J Allee die allgemeine örtliche Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h gelte, während auf der A -, B – und S -H -Straße durch Verkehrszeichen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 km/h vorgeschrieben sei. Daneben sind auch zahlreiche Lichtbilder zu den örtlichen Gegebenheiten, die ihm Protokoll bezeichnet sind, in Augenschein genommen worden; wegen der Einzelheiten wird auch insoweit gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf diese Bezug genommen. Der Zeuge S hat viele Einzelheiten zu den örtlichen Gegebenheiten schildern können und verschiedene Nachfragen beantwortet. Er konnte sich trotz der Vielzahl von Einsätzen noch an diese Begebenheit erinnern, weil der Unfall ungewöhnlich schwer gewesen sei und sich deshalb stark negativ von dem abhebe, was er normalerweise zu bearbeiten habe.

c. Die Feststellung, dass der Mercedes maximal 20 Sekunden nach dem „Blitzstart“ von der Linksabbiegerspur ins Schleudern geraten ist, beruht auf folgender Überlegung: Selbst wenn man sehr vorsichtig zugunsten des Angeklagten S annimmt, dass sich der Mercedes auf den etwa 260 m zwischen Abbiegerspur und der Kreuzung S Weg/ T Straße, wo der Schleudervorgang eingesetzt hat (Entfernung zur Unfallstelle 310 m abzüglich 50 m Schleudervorgang) mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nur 50 km/h bewegt hat, hätte er bis zum Übergehen in die Schleuderphase nur 18,73 Sekunden gebraucht. Bei 50.000 m pro Stunde und 833 m pro Minute hätte der Mercedes bei dieser Durchschnittsgeschwindigkeit 13,88 m pro Sekunden zurückgelegt (50.000 bzw. 833 geteilt durch 60). Wenn man die Entfernung von ca. 260 m bis zur Kreuzung S Weg/ T Straße durch 13,88 m teilt, ergibt sich ein Wert von 18,73 Sekunden.

d. Es hat nicht genau aufgeklärt werden können, wieviel der Abstand zwischen dem vorausfahrenden BMW und dem Mercedes betrug als Letzterer gegen den Lichtmast prallte. Die Kammer ist jedoch davon überzeugt, dass der Abstand nicht mehr als ca. 115 m betragen haben kann.

(1) Der Zeuge A hat vor dem Amtsgericht nach den glaubhaften Angaben des Zeugen P bekundet, dass der Abstand zwischen den beiden Pkw bei der Durchfahrt der Unterführung etwa eine Wagenlänge, also ca. 5 m betragen habe. Dies spricht dafür, dass der Abstand höchstens 200 m weiter an der Unfallstelle, selbst wenn man davon ausgeht, dass der BMW deutlich schneller als der Mercedes gefahren ist und deshalb seinen Vorsprung auf dieser Strecke hat vergrößern können, nicht mehr als ca. 115 m betragen haben kann. Wenn man zugunsten des Angeklagten Q die vom Sachverständigen ermittelte geringstmögliche Geschwindigkeit bei Tunnelausfahrt von 77 km/h (77000 : 60= 1283 : 60 = 21 m/s) für den Mercedes und für den Q selbst eine deutlich höhere Geschwindigkeit von 110 km/h (110000 : 60 = 1833 : 60 = 30,5 m/s) annimmt, dann legte der Mercedes die ca. 200 m bis zur Unfallstelle in etwa 10 Sekunden zurück. Diese Annahme lässt zugunsten des Angeklagten Q außer Acht, dass der Mercedes in der Folge auf mindestens 90 km/h beschleunigt worden ist. In derselben Zeit von 10 Sekunden hätte der BMW dann knapp 310 m zurückgelegt, so dass sich ein Abstand von 110 m ergibt, zu dem noch der Ausgangsabstand von 5 m hinzuaddiert werden muss.

(2) Dieser Maximalabstand ist auch mit den anderen Ergebnissen der Beweisaufnahme vereinbar.

(a) Der Zeuge J hat berichtet, er habe den Mercedes zuletzt auf der Linksabbiegerspur gesehen, als dieser die Lichthupe betätigt habe. Er habe sich dann nach vorn orientiert und sei abgelenkt gewesen, weil er wegen der rasenden Geschwindigkeit und des Fast-Unfalls große Angst gehabt habe und den Q direkt danach erneut aufgefordert habe, doch bitte etwas langsamer zu fahren. Dem sei dieser aber nicht nachgekommen und sei unverändert schnell weitergefahren. Von dem Unfall habe weder er noch ein anderer der Insassen des BMW etwas mitbekommen. Der Zeuge A hat vor dem Amtsgericht glaubhaft angegeben, er habe gesehen, wie der Mercedes mit dem Lichtmast kollidiert sei, als er aus der Unterführung ausgefahren sei; den BMW habe er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gesehen. Diese Angaben sprechen zunächst dafür, dass der Abstand noch größer gewesen sein könnte. Denn die Kollision müsste auch sehr laute Geräusche verursacht haben, die die Insassen eines nur mit einem Abstand von etwa 100 m vorausfahrenden Wagens eigentlich gehört haben müssten.

(b) Andererseits hat der Zeuge J glaubhaft bekundet, im Auto sei sehr laute Musik gespielt worden; die Zeuginnen N haben dies nach den glaubhaften Angaben des Zeugen P in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht übereinstimmend bestätigt. Die Zeugin J -S N hat bekundet, die Musik sei so laut gewesen, dass man sich kaum habe unterhalten können. Eine so intensive Geräuschkulisse kann durchaus geeignet sein, auch sehr laute Unfallgeräusche zu übertönen, zumal wenn, wie der Zeuge J angegeben hat, die Fenster des Wagens geschlossen gewesen sind. Außerdem sind die Insassen wahrscheinlich durch die aggressive Fahrweise des Q, den kurz zuvor aufgetretenen Fast-Unfall auf der Kreuzung S Weg/ T Straße und die anschließende Ansprache des J, dieser möge doch bitte langsamer fahren, abgelenkt gewesen.

(c) Auch der Umstand, dass der Zeuge A den BMW nicht mehr gesehen hat, nachdem er aus der Unterführung ausfuhr, lässt nicht zwingend auf einen Abstand von mehr als ca. 115 m schließen. Der Zeuge hat angegeben, dass er die Kollision und dann das völlig deformierte Autowrack am Straßenrand gesehen hat. Diese alles andere als alltägliche Wahrnehmung dürfte seine Aufmerksamkeit sehr weitgehend gebunden haben, so dass der Umstand, dass er den BMW nicht mehr wahrgenommen hat, nicht zwingend darauf schließen lässt, dass dieser auch tatsächlich nicht mehr zu sehen gewesen ist. Schließlich hat der Polizeibeamte S glaubhaft bekundet, die J Allee verlaufe nach der Unfallstelle in einer leichten Verschwenkung nach links und etwas abschüssig. Auch hierdurch kann die visuelle Wahrnehmbarkeit des Unfalls durch die Insassen des BMW und die Wahrnehmbarkeit des BMW durch den Zeugen A eingeschränkt gewesen sein.

Im Ergebnis lässt sich zwar kein exakter Abstand feststellen; die Kammer kann jedoch vor diesem Hintergrund mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass der Abstand mehr als ca. 115 m betragen hat.

4. Die Feststellungen zu den Verletzungen des Geschädigten K beruhen auf der Verlesung des Sektionsprotokoll des Instituts für Rechtsmedizin vom 26.10.2015, dort insbesondere ab IV. sowie der Inaugenscheinnahme der dazugehörigen und im Protokoll bezeichneten Lichtbildern, auf die wegen der Einzelheiten gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen wird. Die Feststellungen zu seinem Blutalkoholgehalt und Drogenkonsum beruhen auf der Verlesung des Blutalkoholgutachtens des Instituts für Rechtsmedizin vom 26.10.2015 und der chemisch-toxikologischen Untersuchung vom 05.01.2016. Die Feststellungen zu den Verletzungen des Zeugen C beruhen auf dessen insoweit glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung. Die Verletzungen des Angeklagten S ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Polizeibeamtin A . Diese hat detailliert und aus einer intakten Erinnerung heraus angegeben, sie sei die erste Beamtin am Fahrzeugwrack gewesen. Die beiden Personen auf der Rückbank seien bewusstlos und ersichtlich sehr schwer verletzt gewesen. Der Mann hinten rechts habe erkennbar nicht mehr geatmet. Der Fahrer sei zunächst nicht in der Lage gewesen, die verklemmte Fahrertür zu öffnen. Als die gemeinsam gelungen sei, sei er ausgestiegen und habe zunächst angegeben, nicht verletzt zu sein. Er habe erkennbar unter Schock gestanden und immer wieder wiederholt, er habe auf der Rückbank gesessen und sei nicht gefahren, obwohl schon aufgrund der starken Deformation der Fahrgastzelle klar gewesen sei, dass dies nicht habe stimmen können. Er habe dann aber doch über Schmerzen geklagt und die Notärztin habe daraufhin seinen Transport ins Krankenhaus veranlasst. Der Fahrer sei durch andere Beamte lückenlos ins Krankenhaus begleitet worden. Von dort habe sie dann die Rückmeldung erhalten, dass dieser an Lunge und Milz verletzt sei und stationär behandelt werden müsse.

Die Zeugin A hat ruhig und sachlich von der Begebenheit berichtet und konnte trotz des recht langen Zeitablaufs zahlreiche Fragen spontan beantworten. Sie hat das Fortbestehen ihrer Erinnerung an diesen Unfall trotz der Vielzahl von Einsätzen plausibel damit begründet, dass sie in einer Dienstzeit von nunmehr 14 Jahren erst 3 oder 4 Unfälle gesehen habe, die vergleichbar schwer gewesen wären.

5. Die Feststellungen zur Alkoholisierung des Angeklagten S beruht auf der Verlesung des Blutalkoholgutachtens des Instituts für Rechtsmedizin vom 19.10.2015 in der Hauptverhandlung. Der Umstand, dass der S bereits vor der Fahrt Alkohol getrunken hatte, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass der für den Tatzeitpunkt um 0.55 Uhr ermittelte Blutalkoholwert von 1,0 Promille zwanglos nur so zu erklären ist, dass der Angeklagte S bereits vor dem Ende der Geburtstagsfeier, das nach dem Anstoßen um Mitternacht frühestens gegen 0.10 Uhr gewesen sein kann, Alkohol zu sich genommen hat. Anderenfalls hätte er in einem Zeitraum von maximal 45 Minuten während zweier Autofahrten eine sehr große Menge Alkohol getrunken haben müssen, wofür es keinerlei Anhaltspunkte gibt. Dieser Rückschluss wird auch indiziell durch die Angaben der Zeugin J -S N gestützt, die insoweit glaubhaft berichtet hat, dass auf der Geburtstagsfeier Alkohol getrunken worden sei und sie im Verlauf der Feier auch den Angeklagten S mit einem Glas in der Hand gesehen habe, wobei sie allerdings nicht genau wisse, was sich darin befunden habe.

a. Die Feststellung, dass auch der Angeklagte Q im Unfallzeitpunkt zumindest leicht alkoholisiert gewesen ist, ergibt sich schon aus den glaubhaften Angaben des Zeugen J, der berichtet hat, dass im BMW auf der Fahrt von V zur Unfallstelle und auch danach eine Flasche mit einem Gemisch aus Cola und Whisky herumgereicht worden sei, von dem alle einschließlich des Fahrers Q mehrmals getrunken hätten. Der Umstand, dass auch der Angeklagte Q bereits auf der Feier Alkohol getrunken hat, ergibt sich aus der Angabe der Zeugin J -S N. Diese hat glaubhaft angegeben, der Q habe bereits auf der Feier Alkohol getrunken; sie könne allerdings nicht sagen, was und wieviel. Er habe aber nicht angetrunken auf sie gewirkt und sie kenne ihn ja und wisse, wie er sich dann verhalte. Die Polizeibeamten S, S und A haben glaubhaft bekundet, dass die vier Insassen des BMW und dabei auch der Halter des Mercedes sehr intensiven Atemalkoholgeruch verströmt hätten, als sie an der Unfallstelle erschienen seien. Der Polizeibeamte Sc hat bekundet, dass er deshalb den Schlüssel des BMW beschlagnahmt habe, um eine Trunkenheitsfahrt zu verhindern. Es hat sich nicht genau feststellen lassen, um wieviel Uhr die Insassen des BMW wieder an der Unfallstelle angekommen sind. Allerdings haben sowohl der Zeuge J wie auch die Polizeibeamten S, A und S übereinstimmend und glaubhaft berichtet, dies sei erst nach Abtransport des Toten und der Verletzten der Fall gewesen. Da die Feststellung des Todes des K ausweislich der in der Hauptverhandlung verlesenen vorläufigen Bescheinigung des Todes des Arztes Dr. S vom 18.10.2015 um 1.15 Uhr erfolgte, kann die Rückkehr erst danach erfolgt sein. Die Feststellung von Atemalkoholgeruch erlaubt keinen verlässlichen Rückschluss auf den Grad der Alkoholisierung; jedoch erscheint es vor dem Hintergrund der geschilderten Beweisergebnisse absolut plausibel, dass der intensive Atemalkoholgeruch des Angeklagten Q zu einem Zeitpunkt nach 1.15 Uhr nicht ausschließlich durch den Konsum des Cola-Whisky-Gemischs während der Autofahrt von etwa einer Stunde Dauer verursacht worden ist.

b. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass einer der beiden Angeklagten im Zeitpunkt des Unfalls alkoholbedingt erheblich in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen sein könnte.

(1) Beim Angeklagten S ergibt sich dies zum einen aus dem Blutalkoholwert von 1,0 Promille, der für sich genommen zwar für eine alkoholbedingte Enthemmung, nicht jedoch für einen erheblichen Kontrollverlust spricht. Der Angeklagte hat auch angegeben, dass er im Zeitraum vor dem hier in Rede stehenden Unfall bei Feiern regelmäßig Alkohol zu sich genommen hat, so dass hier von einer gewissen Alkoholgewöhnung auszugehen ist. Sein etwas verwirrtes Verhalten gegenüber der Polizeibeamtin A direkt nach dem Unfall, bei dem er trotz der eindeutigen Sachlage immer wieder wiederholte, er habe hinten gesessen und sei nicht gefahren, ist zur Überzeugung der Kammer einem Schockzustand nach dem schweren Unfall geschuldet gewesen. Weitere Ausfallerscheinungen, die auf einen erheblichen Verlust der Steuerungsfähigkeit hinweisen würden, haben nicht festgestellt werden können.

(2) Der Zeuge J hat glaubhaft berichtet, dass sich der Angeklagte Q auf der Fahrt von V zur Unfallstelle mit ihm unterhalten und gleichzeitig den BMW gesteuert habe; dabei seien ihm keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen aufgefallen. Auch die Beamten S, A und S haben übereinstimmend glaubhaft geschildert, dass der Mann, der sich an der Unfallstelle als Halter des verunfallten Mercedes zu erkennen gegeben habe, zwar deutlich und intensiv nach Alkohol gerochen, jedoch ansonsten keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen wie verwaschene Aussprache oder Standunsicherheit aufgewiesen habe; er habe auf alle Fragen stringent und nachvollziehbar antworten können. Daneben hat der Zeuge J auch glaubhaft berichtet, dass der Q an der Unfallstelle den mit dem Heck ausbrechenden BMW durch geschicktes Einlenken abgefangen habe; nach den Ausführungen des Sachverständigen steht für ein solches Lenkmanöver nur ein recht kleines Zeitfenster zur Verfügung und es ist viel Feingefühl erforderlich. Dieses geistesgegenwärtige, geschickte und gefühlvolle Verhalten in einer gefährlichen Situation zeigt, dass der Angeklagte Q durch den Alkoholgenuss nicht erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen ist.

c. Es hat nicht sicher festgestellt werden können, ob die Geschädigten K und C beim Einsteigen in den Mercedes gewusst haben, dass der Angeklagte S so stark alkoholisiert gewesen ist, dass er nicht mehr fahrtüchtig war. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Geschädigten auf der Geburtstagsfeier wahrnehmen konnten und wahrgenommen haben, ob der S Alkohol getrunken hat. Dies lässt sich jedoch nicht durch Beweismittel belegen. Andererseits erscheint es bei einer Festgesellschaft von 6 Personen auch nicht ausgeschlossen, dass die Teilnehmer nicht darauf achten, ob und vor allem wieviel Alkohol die anderen Gäste zu sich nehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Gast bereits selbst erheblich alkoholisiert ist. Der Geschädigte K hat im Zeitpunkt seines Todes um 0.55 Uhr einen Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille aufgewiesen und unter dem Einfluss der Droge Ecstasy gestanden. Dies ergibt sich aus den in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin vom 26.10.2015 und dem Bericht über die chemisch-toxikologischen Untersuchung vom 05.01.2016, die in der Hauptverhandlung verlesen worden sind. Vor diesem Hintergrund ist nicht sicher auszuschließen, dass er aufgrund seiner eigenen Intoxikation den Alkoholisierungsgrad des Angeklagten S nicht wahrgenommen hat. Der Zeuge C hat angegeben, er wisse nicht, ob und was beide Angeklagten getrunken hätten. Auch dies ist weder völlig unplausibel oder mit hinreichender Sicherheit widerlegbar. Im Ergebnis wird zugunsten des Angeklagten S davon ausgegangen, dass die Geschädigten gewusst haben, dass dieser in einem solchen Maße alkoholisiert war, dass er nicht mehr fahrtüchtig gewesen ist und sie das damit verbundene Risiko bewusst eingegangen sind.

6. Die Feststellungen zur Vermeidbarkeit und zur objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit des Todes des K und der Verletzung des C, zur bedingt vorsätzlichen Gefahrschaffung durch beide Angeklagten sowie zur bedingt vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung durch den Angeklagten S beruhen auf Rückschlüssen aus dem geschilderten objektiven Tatgeschehen.

a. Beide Angeklagte haben beim Anhalten an der Kreuzung S -H -Straße/ S Weg ohne weiteres auf die Fortsetzung des Wettstreits verzichten können und gemäß der Geschwindigkeitsbegrenzung und den Witterungsverhältnissen fahren können. Es gab keine nachvollziehbaren Druck oder Zwang durch äußere Umstände, dieses hohe Risiko einzugehen. Die Angeklagten waren weder aus einer nachvollziehbaren Notwendigkeit heraus in Eile noch sonst gezwungen, um die Wette zu rasen.

b. Jeder besonnene und gewissenhafte Autofahrer konnte in der Situation abstrakt erkennen, dass bei einer Fortführung des Wettbewerbs, wer schneller und risikoreicher fahren und beschleunigen und die Leistungsfähigkeit des von ihm geführten Fahrzeugs besser zur Geltung bringen könne, große Geschwindigkeitsüberschreitungen vorkommen würden, durch die ein sehr stark erhöhtes Unfallrisiko entstehen würde.

c. Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass auch beide Angeklagte dies in der konkreten Situation erkannt haben. Für den Angeklagten Q war bei der Durchführung seines Blitzstarts von der Linksabbiegerspur vorhersehbar, dass der Angeklagte S ihm in gleicher Weise folgen würde. Zum einen hatte dieser bereits zuvor auf der Strecke von V bei dem Schnellstart an einer Ampel und den wechselseitigen Überholmanövern mitgemacht. Zum anderen hatte der S durch die Lichthupe von der Linksabbiegerspur an den BMW, der sich auf einer der geradeaus führenden Fahrspuren eingeordnet hatte, signalisiert, dass er den Weg zum B T weiter gemeinsam mit dem BMW fortsetzen wollte. Das Verhalten des Q war dazu gedacht, den Angeklagten S zu einer weiteren Fortsetzung des Wettstreits, diesmal in der Form eines „Verfolgungsrennens“, zu provozieren. Dieses Verhalten des Q zeitigte auch die gewünschte Reaktion des S. Subjektiv war beiden Angeklagten in der konkreten Situation klar, dass durch die die hohen Geschwindigkeiten, die mit dem hochmotorisierten Fahrzeugen gefahren werden würden, den großstädtischen Verkehrsraum, der trotz der nächtlichen Stunde viele Hindernisse, wie Masten, Mauern und sonstige Bebauung aufwies, die nasse Fahrbahn und die jeweils eigene Alkoholisierung für die Fahrzeuginsassen und auch unbeteiligte Dritte ein hohes Risiko eines Verkehrsunfalls mit schweren oder sogar tödlichen Verletzungen entstand. Demgegenüber hat nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden können, dass der Angeklagte Q auch von der Alkoholisierung des Angeklagten S gewusst hat. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Erkenntnisfähigkeit der Angeklagten in der konkreten Situation eingeschränkt gewesen sein könnte; insoweit wird auf die Erörterungen zu der Frage, ob hier eine alkoholbedingte Einschränkung der Schuldfähigkeit vorgelegen haben könnte, verwiesen. Die beiden Angeklagten konnten zwar nicht jedes Detail der bevorstehenden Entwicklung des Geschehens voraussehen. Sie wussten aber, dass insbesondere durch starke Beschleunigung ein Ausbrechen des Hecks der hochmotorisierten Pkws wahrscheinlich war, das in einen Schleudervorgang und in der Folge in die Kollision mit einem Hindernis wie einem Mast oder einer Hauswand führen konnte. Ihnen war auch klar, dass eine solche Kollision aufgrund der immensen Kräfte, die durch die hohen Geschwindigkeiten entstehen würden, sehr gravierende und in letzter Konsequenz auch tödliche Verletzungen für alle Personen haben konnte, die in einen solchen Unfall als Fahrzeuginsasse oder Passant verwickelt werden würden. Ein solcher Geschehensverlauf war durchaus wahrscheinlich und keineswegs fernliegend. Letztlich war es beiden Angeklagten jedoch gleichgültig, dass ihr Verhalten diese ausgeprägte Gefahrenlage entstehen ließ, weil sie vor allem ihre Freude an dem Wettstreit genießen wollten. Sie vertrauten aus Selbstüberschätzung pflichtwidrig darauf, dass sich diese Gefahr schon nicht realisieren werde.

d. Auch der Umstand, dass der Unfall nicht hätte vorkommen können, wenn das ESP des Mercedes ordnungsgemäß funktioniert hätte, führt hier nicht zu einem Entfallen der subjektiven Vorhersehbarkeit der Tötung oder Verletzung von Mitfahrern. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass hier entweder ein vollständiger Ausfall des technisch doppelt gesicherten Systems oder eine bewusste komplette Deaktivierung durch die Veränderung der Einstellungen in einem versteckten Service-Menu vorgelegen haben muss. Es haben sich – wie bereits erörtert – keine belastbaren Feststellungen darüber treffen lassen, wann und wodurch der Ausfall des Systems verursacht worden ist. Deshalb ist die Kammer zugunsten beider Angeklagten davon ausgegangen, dass diese nicht gewusst haben, dass das ESP des Mercedes nicht funktionierte. Gleichwohl kann sich ein Fahrzeugführer aber nicht dadurch von seinen mit dieser Tätigkeit verbundenen Verpflichtungen, wie Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung und das Unterlassen von Geschwindigkeits-Wettstreiten im öffentlichen Straßenverkehr befreien, dass er auf die Funktionstüchtigkeit technischer Systeme vertraut, die die hierdurch entstehenden Risiken reduzieren können. Er hat vielmehr sein Fahrverhalten normkonform zu gestalten.

e. Das Verhalten der Angeklagten S und Q verwirklicht keine bedingt vorsätzliche Körperverletzung oder Tötung. Beide Angeklagte haben bewusst – wie geschildert – ganz erhebliche Gefahren für ihre Mitfahrer und sich selbst, aber auch für andere Verkehrsteilnehmer geschaffen. Diese Gefahrschaffung war gleichwohl noch nicht so intensiv, dass sie darauf schließen ließe, dass es den Angeklagten letztlich gleichgültig war, ob jemand verletzt oder getötet werden würde. Dies wird vor allem daran erkennbar, dass die Angeklagten nach den glaubhaften Angaben des Zeugen J an allen rot anzeigenden Lichtzeichenanlagen angehalten haben und damit zumindest einen gewissen Willen zur Risikoreduzierung gezeigt haben.

f. Der Angeklagte S hielt es zumindest für möglich, dass er aufgrund seines Alkoholgenusses in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sein und dieser Umstand zu einer konkreten, erheblichen Gefahr für Leib und Leben anderer führen konnte; beides war ihm jedoch letztlich gleichgültig. Der Angeklagte wies mit 1,0 Promille einen Wert auf, der kurz unter der Grenze zur absoluten Fahrtüchtigkeit von 1,1 Promille liegt. Dies belegt zur hinreichenden Überzeugung der Kammer, dass er selbst Anzeichen seiner Alkoholisierung an sich wahrgenommen hat. Die bewusste Eingehung eines besonders hohen Risikos einer Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h bei Nässe zeigt, dass seine innere Haltung zu einer konkreten Gefahr nicht von sorglosem Vertrauen, sondern letztlich von Gleichgültigkeit geprägt gewesen ist.

V.

Beide Angeklagte haben sich durch das festgestellte Verhalten der fahrlässigen Tötung des D K gemäß § 222 StGB und der tateinheitlich verwirklichten fahrlässigen Körperverletzung des P C gemäß § 229 StGB schuldig gemacht. Hinsichtlich der fahrlässigen Körperverletzungen hat die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift vom 10.05.2016 eine Strafverfolgung wegen Vorliegens eines besonderen öffentlichen Interesses für geboten erachtet. Der Angeklagte S hat sich zusätzlich der ebenfalls in Tateinheit stehenden vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht.

1. Beide Angeklagten haben durch ihr pflichtwidriges Verhalten eine Gefahr geschaffen, deren Risiko sich gerade im Tod des K und den Verletzungen des C ausgewirkt hat. Das Risiko ist für beide vermeidbar sowie subjektiv und objektiv vorhersehbar gewesen. Das Verhalten der beiden Angeklagten ist auch für den Eintritt des Todes des K und der Verletzungen des C kausal und zurechenbar gewesen.

a. Beide Angeklagte haben in erheblichem Maß gegen ihre Pflichten als Fahrzeugführer verstoßen. Gerade dieser Verstoß hat zur Schädigung der Betroffenen geführt.

(1) Der Angeklagte Q hat durch den Blitzstart nach dem Anhalten der beiden Pkw auf der Linksabbiegerspur an der Kreuzung S -H -Straße/S Weg den Angeklagten S zur Fortsetzung des bereits zuvor begonnen Kräftemessens der beiden Fahrer motiviert. Mit diesem Verhalten hat er an einem Rennen mit Kraftfahrzeugen im öffentlichen Verkehrsraum im Sinne von § 29 Abs. 1 StVO teilgenommen und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen. Ein solches Rennen kann auch ein unorganisiertes „wildes“ Kräftemessen von Verkehrsteilnehmern sein und setzt weder eine ausdrückliche Absprache noch einen simultanen Start nebeneinander voraus. Vielmehr ist ausreichend, dass es sich um einen Wettstreit handelt, bei dem Höchstgeschwindigkeit zumindest mitbestimmend ist (Hentschel/König/Dauer, Verkehrsrecht, 44. Auflage 2017, § 29 StVO, Rdnr. 2 m.w.N.) Bereits zuvor auf der Fahrt von V waren beide Fahrer übereingekommen, dass sie einen spielerischen Wettstreit über Geschwindigkeit, Beschleunigung und Fahrvermögen austragen wollten. Dies geschah nicht durch ausdrückliche Absprache, sondern durch konkludentes Verhalten. Der Angeklagte S fuhr mit bereits mit sehr starker Beschleunigung von Parkplatz der Diskothek in V, woraufhin der Q sofort mit ebenso starker Beschleunigung hinter ihm her fuhr, um ihn alsbald einzuholen zu können. Zu diesem Zweck führte er auch sogleich ein waghalsiges Überholmanöver an einer unübersichtlichen Stelle durch. Im weiteren Verlauf kam es zu einem Schnellstart an einer Ampel und zu jeweils mindestens 3 mit starker Beschleunigung und sehr knappen Abständen durchgeführten Überholvorgängen, die nicht aus der Verkehrslage heraus entstanden sind, sondern aus dem Wunsch, sich wechselseitig durch Geschwindigkeit, Waghalsigkeit und Fahrvermögen auszustechen. Im Lichte dieser Vorgeschichte war beim Blitzstart des Q an der Kreuzung allen Beteiligten und insbesondere dem Angeklagten S sofort klar, dass er durch dieses Verhalten aufgefordert werden sollte, ebenso schnell hinter dem Q herzufahren, um diesen alsbald einzuholen.

Daneben hat der Q auch durch das Erreichen einer Höchstgeschwindigkeit von mindestens 90 km/h an der Unfallstelle in hohem Maße gegen § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO verstoßen, da dort die allgemeine innerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h gilt.

Eine Pflichtverletzung durch Alkohol am Steuer ist demgegenüber nicht erwiesen, da nicht festgestellt werden konnte, wie hoch seine Blutalkoholkonzentration gewesen ist.

(2) Auch der Angeklagte S hat eine Ordnungswidrigkeit in Form eines Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 StVO begangen, indem er auf die geschilderte konkludente Aufforderung eingegangen ist und durch seinen eigenen Blitzstart die Verfolgung des BMW aufnahm und so an der Fortsetzung des bereits dargestellten, spontan und konkludent verabredeten Rennens mit dem Q teilgenommen hat. Auch insoweit ist das Anhalten an der Ampel S -H -Straße/ So Weg als Zäsur anzusehen, nach der die Angeklagten erneut entschieden haben, ob sie ihren Wettstreit fortsetzen wollten.

Daneben hat auch der Angeklagte S durch das Erreichen einer Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h zu Beginn des Schleudervorgangs auf der Kreuzung S Weg/ T Straße einen erheblichen Verstoß gegen die dort geltende allgemeine innerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h begangen.

Schließlich hat der Angeklagte S eine vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklicht, indem er mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,0 Promille fuhr, obwohl er wusste, dass er alkoholisiert und womöglich fahruntüchtig war. Seine in der stark überhöhten Geschwindigkeit trotz Nässe und der Teilnahme an einem illegalen Wettstreit um Geschwindigkeit auf einer öffentlichen Straße zum Ausdruck kommende Selbstüberschätzung und Kritiklosigkeit lässt zur Überzeugung der Kammer den Rückschluss auf einen alkoholtypischen Fahrfehler zu, weil es sich hierbei um für übermäßigen Alkoholgenuss charakteristische psychische Defizite handelt.

(3) Die von den Angeklagten verletzten Verbote verfolgen genau den Zweck, zu verhindern, dass durch zu schnelles, aggressives Fahren bzw. Fahren unter Alkoholeinfluss schwere Unfälle mit Personenschaden im öffentlichen Straßenverkehr vorkommen.

b. Beide Angeklagten konnten die Entstehung des durch ihre Pflichtwidrigkeit entstandenen Risikos vermeiden, indem sie auf die Fortführung des Wettstreits mit dem S verzichteten. Durch das Anhalten beider Fahrzeuge an der rot anzeigenden Ampel war eine zumindest kurzzeitige Unterbrechung des Geschehens eingetreten, die es den Angeklagten erlaubte, erneut zu entscheiden, ob das Rennen fortgesetzt werden sollte oder nicht. Es war ihnen in dieser Situation möglich, durch einfachen Verzicht auf die Fortsetzung des von ihnen als sehr gefährlich erkannten Handelns zu verzichten und die Gefahrensituation auf diese Weise beenden. Sie entschieden sich jedoch anders. Es war wie – bereits erörtert – objektiv und für beide Angeklagte in der konkreten Situation auch subjektiv vorhersehbar, dass sich die von ihm bewusst geschaffene Gefahrensituation in der Weise auswirken konnte, wie dies letztlich auch geschah.

c. Das Verhalten der beiden Angeklagten war auch kausal für die Tötung des K und die Verletzung des C . Die Folgen sind ihnen auch zurechenbar.

(1) Für den Angeklagten S ergibt sich dies zwanglos aus dem Umstand, dass er selbst den Mercedes gesteuert hat, durch dessen Kollision mit dem Lichtmast die beiden Geschädigten beeinträchtigt wurden. Damit hat er durch den Blitzstart und die dann folgende „Verfolgungsjagd“ nach dem BMW mit der weiteren Beschleunigung auf der Kreuzung S Weg/ T Straße eine nicht wegzudenkende Bedingung für das Auftreten des Unfalls und seiner Folgen gesetzt, die sich auch in sozial adäquater Weise ausgewirkt hat.

(2) Obwohl der Angeklagte Q nicht der Fahrer des Unfallwagens gewesen ist, stellt auch sein Verhalten eine Ursache für den Tod des K und die Verletzungen des C dar. Diese Erfolge sind ihm auch zurechenbar.

(a) Der Blitzstart des Q motivierte den S dazu, mit sehr starker Beschleunigung anzufahren, die Unterführung mit stark überhöhter Geschwindigkeit zu durchqueren und auf der direkt dahinter liegenden Kreuzung weiter zu beschleunigen, um den bereits mit einem Vorsprung und unvermindert hoher Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h vorausfahrenden BMW einzuholen. Der geschilderte Vorgang entwickelte sich in einem ununterbrochenen Geschehensfluss und nahm insgesamt eine Entfernung von 310 m und eine Dauer von weniger als 20 Sekunden in Anspruch. Das Verhalten des S während der Fahrt von V zur Kreuzung S -H -Straße/ S Weg sowie seine konkludente Aufforderung per Lichthupe an den Q, dieser möge doch denselben Weg zum B T nehmen, wie der Mercedes, zeigt, dass der S Gefallen an dem Wettstreit um Geschwindigkeit, Beschleunigung und Fahrvermögen fand und diesen grundsätzlich fortsetzen wollte. Der Blitzstart des Q löste dann die gleichgelagerte Reaktion des S aus, die dann unmittelbar zum Unfall und damit zum Tod des K und den Verletzungen des C führte.

(b) Diese Erfolge sind dem Q auch zuzurechnen.

(aa) Diese Zurechnung entfällt hier nicht etwa deshalb, weil hier eine Selbstgefährdung oder eine dieser ausnahmsweise gleichzustellende Fremdgefährdung der Geschädigten vorläge. Eine Selbstgefährdung könnte hier nur dann vorliegen, wenn die Geschädigten K und C den Geschehensablauf von Blitzstart auf der Linksabbiegerspur bis zum Unfallzeitpunkt im Sinne einer Tatherrschaft hätten kontrollieren können. Dies war indes nicht der Fall, da diese als Beifahrer keinen Einfluss auf die Entscheidungen des S oder des Q hatten. Diese allein bestimmten Geschwindigkeit und Lenkbewegungen, während die Beifahrer nicht die Möglichkeit hatten, die Gefahrensituation durch eigene Handlungen abzuwenden.

(bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht es der Zurechnung des Erfolges bei einem Fahrlässigkeitsdelikt auch nicht entgegen, wenn einer zweiten Person in der Gefahrensituation, die den Erfolg hervorbringt, ebenfalls Tatherrschaft zukommt; jedenfalls dann nicht, wenn dieser Zweitverursacher nicht mit dem Geschädigten identisch ist (BGHSt 53, 55, Rdnr. 20 ff, 25; zitiert nach juris). Deshalb lässt der Umstand, dass sich hier nicht das Verhalten des Q allein, sondern erst in Kombination mit dem Fehlverhalten des S im Erfolg niedergeschlagen hat, nicht die Zurechnung entfallen, sondern findet erst im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung (vgl. OLG Celle, StV 2013, 27, Rdnr. 40; zitiert nach juris).

(cc) Einer Zurechnung der nur mittelbar durch das Verhalten des Q verursachten Taterfolge steht auch nicht das sogenannte „Verantwortungsprinzip“ entgegen. Danach habe jeder sein Verhalten nur grundsätzlich darauf auszurichten, dass er selbst nicht Rechtsgüter gefährde, nicht aber darauf, dass andere dies nicht tun, denn dies falle in deren eigene Zuständigkeit. Dies gelte auch dann, wenn in einer solchen Situation nicht nur der eigentlich verantwortliche Letztverursacher, sondern zusätzlich Dritte zu Schaden kämen (OLG Stuttgart, DAR 2011, 415, Rdnr. 21 f.; zitiert nach juris). Diese Auffassung findet sich nicht in der zitierten Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs wieder und wird auch in Rechtsprechung und weiten Teilen der Lehre abgelehnt (vgl. OLG Celle aaO, Rdnr. 41 f. m.w.N.). Selbst wenn man die Kriterien des OLG Stuttgart für richtig hielte, führten sie hier zu entscheidenden Fall nicht zu einem Wegfall der Zurechnung. Denn dieser liegt in entscheidenden Punkten anders als der dort entschiedene.

Das OLG Stuttgart lehnte die Zurechnung zum Einen ab, weil der unmittelbare Verursacher nach einem fahrerischen Wettstreit darüber, wer wen auf einer Landstraße überholen könne, den etwaigen mittelbaren Verursacher schließlich vor dem Unfall hatte überholen können, nachdem ihn dieser zuvor auf einer längeren Strecke insoweit blockiert hatte. Zwischen dem Überholvorgang und dem Unfall in einer mit zu hoher Geschwindigkeit angefahrenen Kurve lag eine Entfernung von mindestens 1 km und eine Dauer von mindestens 34 Sekunden, was aus Sicht des OLG zu einer räumlichen und zeitlichen Zäsur und damit zu einer Unterbrechung des unmittelbaren Zurechnungszusammenhangs führte. Zum anderen sei nicht feststellbar gewesen, dass das provozierende Verhalten des etwaigen mittelbaren Verursachers im Unfallzeitpunkt noch angedauert habe; vielmehr habe dieser offenbar seine Geschwindigkeit reduziert und sei nicht von hinten in bedrängender Weise auf den unmittelbaren Verursacher aufgefahren. Deshalb sei nicht festzustellen, dass der mittelbare Verursacher im Unfallzeitpunkt noch die Entscheidung des unmittelbaren Verursacher, zu schnell in die Kurve zu fahren, gefördert habe.

(dd) Im hier vorliegenden Fall lag mit 310 m und maximal 20 Sekunden zwischen dem Blitzstart und dem Unfallort ein deutlich engerer räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen der Provokation durch den Q und dem Erfolgseintritt vor; eine Zäsur ist gerade nicht erkennbar. Vielmehr befand sich der Mercedes nach dem Abbiegen und Durchfahren der Unterführung noch in der ursprünglichen Beschleunigungsphase nach dem Blitzstart, bevor er nach dem Überqueren der Kreuzung S Weg/T Straße in einen längeren vierspurig ausgebauten Streckenabschnitt ohne Kurven eingefahren wäre, wo das Erreichen noch höherer Geschwindigkeiten möglich war. Zudem ist im vorliegenden Fall durch die glaubhaften Angaben des Zeugen J erwiesen, dass das Heck des von Q gesteuerten BMWs an der Unfallstelle selbst leicht ausbrach, der Angeklagte es durch Einlenken abfing, die Bemerkung „Oha!“ äußerte und mit unvermindert hoher Geschwindigkeit weiterfuhr, also sein provozierendes Verhalten gegenüber dem S unverändert fortsetzte als dieser kurz darauf ebenfalls in Schleudern geriet.

Auch der Umstand, dass der Abstand zwischen dem vorausfahrenden BMW und dem Mercedes bis zu ca. 115 m betragen haben kann, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn angesichts der vom Sachverständigen ermittelten, stark überhöhten Geschwindigkeiten von mindestens 77 km/h handelt es sich um einen Abstand, den die in einem Verfolgungswettstreit begriffenen Pkws in weniger als 5 Sekunden zurücklegten.

Vor diesem Hintergrund ergibt auch eine wertende Betrachtung der Situation und des Verhaltens des Angeklagten Q vor, während und nach dem Unfall des Mercedes kein Abbrechen des Zurechnungszusammenhangs.

2. Die Rechtswidrigkeit der von den Angeklagten verwirklichten Taten entfällt nicht dadurch, dass die Geschädigten K und C bewusst in die Todesgefahr eingewilligt hätten, indem sie zu dem alkoholisierten S in dem hochmotorisierten Mercedes gestiegen sind. Zum einen sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die beiden Geschädigten mit ihrer Schädigung einverstanden gewesen wären. Zum anderen wäre eine solche Einwilligung auch wegen des grundsätzlichen Schutzes des Lebens im Allgemeininteresse unwirksam (Fischer, StGB, 65. Auflage 2018, § 222 Rdnr. 3 m.w.N.). Eine freiverantwortliche Selbstgefährdung der Geschädigten liegt nicht vor, weil – wie bereits erörtert – keiner von beiden Tatherrschaft über das Geschehen hatte.

3. Die Kammer hat die Strafe für die Tat des Angeklagten Q dem Strafrahmen des § 222 StGB entnommen; dieser war gemäß § 52 Abs. 2 S. 1 StGB zugrunde zu legen.

Die Kammer hat die Strafe für die Tat des Angeklagten S ebenfalls dem Strafrahmen des § 222 StBG entnommen; auch dieser war gemäß § 52 Abs. 2 S. 1 StGB zugrunde zu legen.

VI.

1. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung haben für beide Angeklagte insbesondere folgende strafmildernde Erwägungen Berücksichtigung gefunden:

Das Tatgeschehen ereignete sich gegen 1 Uhr nachts. Zu dieser Zeit herrscht auf dem S Weg und der J Allee typischerweise und herrschte auch in dieser konkreten Nacht nur geringes Verkehrsaufkommen im Vergleich zur Frequentierung tagsüber. Beide Angeklagten waren alkoholbedingt enthemmt, was ihre Risikobereitschaft steigerte, allerdings nicht in einem Maß, das ihre Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigte. Keiner der beiden Angeklagten weist aktuell Eintragungen im Fahreignungsregister auf. Die beiden Geschädigten K und C gefährdeten sich dadurch selbst, dass sie bewusst in einen hochmotorisierten Sportwagen einstiegen, dessen Fahrer, der Angeklagte S, – wie sie wussten – alkoholisiert war. Schließlich fällt ins Gewicht, dass inzwischen 2 Jahre und 2 Monate vergangen sind.

2. Für beide Angeklagten sind insbesondere folgende strafschärfende Erwägungen berücksichtigt worden:

Beide haben gegen mehrere ihrer Verpflichtungen als Kraftfahrer verstoßen und damit ein erhöhtes Maß an Pflichtwidrigkeit gezeigt. Beide haben die Gefahr, die sich in den Taterfolgen niedergeschlagen hat, nicht nur unbewusst, sondern ganz bewusst geschaffen. Schließlich musste sich auswirken, dass der Geschädigte C durch den Unfall schwere Verletzungsfolgen davongetragen hat, durch die er dauerhaft so beeinträchtigt ist, dass er als 40 % schwerbehindert anerkannt wurde und nicht mehr in seinem Beruf als Installateur arbeiten kann.

3. Für den Angeklagte Q war daneben insbesondere strafmildernd zu berücksichtigen, dass dieser nicht direkter, sondern nur mittelbarer Verursacher des Unfalls gewesen ist. Weiter war von Bedeutung, dass er in der Vergangenheit nicht mit einschlägigen Delikten aufgefallen ist.

Strafschärfend musste sich daneben insbesondere auswirken, dass der Angeklagte Q in der Vergangenheit bereits mehrfach – wenn auch nicht einschlägig – vorbestraft ist. Seine letzte Reststrafenbewährung war erst 1 Jahr vor der neuen Tat abgelaufen, was von einer nicht unerheblichen Rückfallgeschwindigkeit zeugt.

4. Für den Angeklagten S war daneben insbesondere strafmildernd zu berücksichtigen, dass dieser vor der hier in Rede stehenden Tat strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Weiter musste sich auswirken, dass er seine Berufung in der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft zurückgenommen hat, was wie ein Geständnis zu werten ist. Der Angeklagte S hat nach der hier in Rede stehenden Tat seelsorgerische Gespräche mit einer Gemeindepastorin geführt und besucht seit März 2016 eine wöchentliche Selbsthilfegruppe zum Thema die Folgen von Alkohol am Steuer. Vom 14. bis zum 18.03.2016 hat er auch einen Schulungskurs zum selben Thema besucht. Er lebt seit der Tat abstinent und lässt sein Blut von seinem Hausarzt regelmäßig auf Alkohol und Drogen untersuchen. Alle diese Kontrollen erbrachten ein negatives Ergebnis. In der Berufungshauptverhandlung wie auch bereits vor dem Amtsgericht hat sich der Angeklagte S öffentlich durch eine persönliche Erklärung bei den Eltern des getöteten Geschädigten K entschuldigt und diese auch am Vorabend der hiesigen Hauptverhandlung in deren Wohnung aufgesucht und das persönliche Gespräch gesucht. Hierdurch ist ein kommunikativer Prozess mit den Eltern in Gang gekommen, den auch diese nach ihren Angaben in der Berufungshauptverhandlung als positiv empfinden, weil sie sich in ihrem Schmerz wahrgenommen fühlen. Vor diesem Hintergrund und dem persönlichen Eindruck in der Hauptverhandlung hält die Kammer die vom Angeklagten S unter Tränen artikulierte Reue für sein Verhalten für authentisch.

Strafschärfend musste ins Gewicht fallen, dass der Angeklagte S neben den gegen Leib und Leben gerichteten Fahrlässigkeitsdelikten auch eine vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung verwirklicht hat, die zusätzlich zu den individuellen Rechtsgütern der Verkehrsteilnehmer auch das Rechtsgut der Sicherheit des Straßenverkehrs schützt.

5. Für den Angeklagten Q kam hier nur eine Freiheitsstrafe in Betracht, die unter umfassender Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände mit einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten als tat- und schuldangemessen festgesetzt worden ist.

a. Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe konnte nicht gemäß § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Zwar kann dem Angeklagten eine positive Legalprognose gestellt werden. Er lebt in einer stabilen familiären Struktur, ist berufstätig und weist keine Suchtmittelproblematik auf. Andererseits haben diese positiven Faktoren auch zum Tatzeitpunkt bestanden und den Angeklagten nicht von der Begehung der hier in Rede stehenden Straftat abhalten können. Zugunsten einer positiven Prognose fällt aber auch ins Gewicht, dass der aktuelle Auszug aus dem Fahreignungsregister für den Angeklagten keine Eintragung aufweist, was angesichts des Umstandes, dass er berufsbedingt sehr viel Auto gefahren ist, darauf hinweist, dass er sein Fahrverhalten seit der Tat vor etwas mehr als 2 Jahren normkonform gestaltet hat. Auch angesichts des Umstandes, dass seine frühere Delinquenz in einem gänzlich anderen Bereich angesiedelt gewesen ist, rechtfertigt diese Abwesenheit weiterer Verkehrsverstöße seit der Tat gerade eben die Erwartung der Kammer, dass der Angeklagte Q auch ohne die Vollstreckung der Freiheitsstrafe in Zukunft straffrei wird leben können.

Diese die positive Sozialprognose tragenden Faktoren sind jedoch nicht ausreichend, um besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB zu begründen, die die Aussetzung einer Freiheitsstrafe von deutlich mehr als einem Jahr rechtfertigen könnten. Auch bei Berücksichtigung der weiteren, bereits zur Strafmilderung herangezogenen Faktoren, z.B. dass der Q nicht einschlägig vorbestraft, lediglich mittelbarer Verursacher des Erfolgseintritts und alkoholbedingt enthemmt gewesen ist, ergibt sich kein anderes Bild. Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass § 56 Abs. 2 StGB nicht das Vorliegen ganz außergewöhnlicher Gründe erfordert, sondern sich die besonderen Umstände auch aus dem Zusammentreffen mehrerer, für sich genommen nicht außergewöhnlicher Milderungsgründe ergeben kann. Sie ist jedoch der Überzeugung, dass hier auch die Summe der relevanten Faktoren kein ausreichendes Gewicht entfaltet, um die Strafaussetzung einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten zu tragen. Dies gilt vor allem im Hinblick darauf, dass der Angeklagte Q hier als treibende Kraft bewusst eine ganz erhebliche Gefahrenlage herbeigeführt hat, aus der heraus die Taterfolge eingetreten sind. Die Kammer verkennt auch nicht, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe einen großen Einschnitt für die familiäre und auch berufliche Struktur des Angeklagten darstellt. Die Vollstreckung dieser Sanktion ist jedoch mangels hinreichend gewichtiger besonderer Umstände erforderlich, um sein besonders gravierendes Fehlverhalten zu ahnden.

Angesichts dieses Befundes braucht nicht entschieden zu werden, ob hier auch die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gebietet, § 56 Abs. 3 StGB.

b. Die Fahrerlaubnis war gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 StGB zu entziehen, der Führerschein einzuziehen, § 69 Abs. 3 S. 2 StGB. Der Angeklagte Q hat durch seine Teilnahme an einem konkludent verabredeten Autorennen im öffentlichen Straßenraum einen so gravierenden Verstoß gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen, dass er unzweifelhaft zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Daneben ist gemäß § 69 a Abs. 1 S. 1 StGB eine Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von 2 Jahren 6 Monaten verhängt worden. Durch die Tat des Angeklagten Q ist ein besonders hohes Maß an Verkehrsgefährdung eingetreten; sein Verhalten lässt auf ein so erhebliches Aggressionspotential im Straßenverkehr schließen, dass es trotz der inzwischen verstrichenen Zeit eine Sperre dieser Dauer rechtfertigt.

6. Auch für den Angeklagten S kam hier nur eine Freiheitsstrafe in Betracht, die unter umfassender Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände mit einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren als tat- und schuldangemessen festgesetzt worden ist.

a. Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe konnte hier gemäß § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.

(1) Dem Angeklagten S kann zunächst eine positive Legalprognose gestellt werden, § 56 Abs. 1 StGB. Er ist bislang unbestraft gewesen, lebt in einer festen Beziehung und hat ein seit Jahren bestehendes, festes Arbeitsverhältnis mit Aufstiegsperspektiven. Andererseits waren alle diese Faktoren auch zum Tatzeitpunkt gegeben und haben den S nicht davon abhalten können, sich so überaus verantwortungslos zu verhalten. Allerdings hat der Angeklagte S nicht nur durch die Rücknahme seiner Berufung faktisch ein Geständnis abgelegt, sondern nach der Tat sein Leben durch praktische Maßnahmen verändert. Er hat einen fünftägigen Kurs über Alkohol am Steuer und die möglichen Folgen absolviert und besucht seit März 2016 wöchentlich eine Selbsthilfegruppe zu diesem Thema. Zudem hat er durch ärztliche Befunde nachgewiesen, dass er seither abstinent von Drogen und Alkohol lebt. Diese umfassenden und nunmehr für eine Zeitdauer von immerhin einem Jahr und 10 Monaten andauernden Maßnahmen manifestieren einen ernsthaften Veränderungswillen, der die Erwartung rechtfertigt, dass der Angeklagte S in Zukunft nicht erneut straffällig werden wird.

(2) Im Fall des S sind auch besondere Umstände gegeben, die es hier rechtfertigen, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe von 2 Jahren zur Bewährung auszusetzen, § 56 Abs. 2 StGB. Der Angeklagte hat durch den Besuch bei den Eltern des Getöteten K einen kommunikativen Prozess angestoßen, der geeignet ist, über die juristische Aufarbeitung des Geschehens hinaus zum Rechtsfrieden beizutragen, das den Nebenklägers K zugefügte Leid anzuerkennen und im Rahmen des Möglichen zu lindern. Die Kammer verkennt nicht, dass der Zeitpunkt des Gesprächs am Vorabend der Berufungshauptverhandlung darauf hindeutet, dass eine Triebfeder für die Initiative des Angeklagten darin gelegen haben mag, die im hiesigen Verfahren zu gewärtigende Sanktion zu mildern. Gleichwohl erkennt die Kammer an, dass es durchaus mutig gewesen ist, den Eltern des Getöteten persönlich und ungeschützt gegenüber zu treten und Verantwortung für das tragische Geschehen zu übernehmen. Gleiches gilt für die persönlich und öffentlich in der Hauptverhandlung vorgetragene Entschuldigung bei den Nebenklägern. Dieser Umgang des Angeklagten S mit den Konsequenzen seines Verhaltens ist durchaus außergewöhnlich und vermag deshalb auch die Aussetzung einer am äußersten oberen Rand der Aussetzungsfähigkeit angesiedelten Freiheitsstrafe zu rechtfertigen.

(3) Trotz des besonders gravierenden Pflichtverstoßes des Angeklagten S, der alkoholisiert und bei Nässe an einem „wilden“ Straßenrennen mit tödlichen Folgen für einen seiner Mitfahrer teilgenommen hat, gebietet die Rechtsordnung hier nicht die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe. Zwar sind „wilde“ Straßenrennen, die in tödliche Unfälle mündeten, in den letzten Jahren im gesamten Bundesgebiet deutlich häufiger als zuvor vorgekommen und werden von der Bevölkerung sehr aufmerksam und mit zunehmender Sorge verfolgt. Auch der Gesetzgeber ist nunmehr aktiv geworden und hat einen neuen Straftatbestand sowie weitere flankierende Maßnahmen wie einen neuen Regelfall der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen in § 69 Abs. 2 Nr. 1 a StGB geschaffen. Insofern besteht hier durchaus Anlass für auch generalpräventive Erwägungen. Gleichwohl führt diese Situation nicht dazu, dass fahrlässige Tötungen im Zusammenhang mit illegalen Autorennen im öffentlichen Verkehrsraum deshalb quasi automatisch die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung zur Folge haben dürfen. Vielmehr ist im Einzelfall in einer allseitigen Würdigung von Tat und Täter zu ermitteln, ob im konkreten Einzelfall eine Strafaussetzung für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert und von der Allgemeinheit als ungerechtfertigtes Zurückweichen vor der Kriminalität angesehen werden könnte (vgl. zum Ganzen BGH, 4 StR 415/16 vom 06.07.2017, Rdnr. 29 und 31 m.w.N.; zitiert nach juris). Eine solche umfassende Abwägung ergibt hier, dass dem sehr gravierenden und verantwortungslosen Pflichtverstoß des Angeklagten S, durch den einer seiner Mitfahrer getötet und ein anderer sehr schwer verletzt und fortdauernd beeinträchtigt worden ist, eine ungewöhnlich konstruktive und konsequente Verhaltensänderung und Verantwortungsübernahme im Nachgang der Tat gegenüber steht. Er hat außerhalb der Gerichtsverhandlung den persönlichen Kontakt zu den Eltern des Getöteten K hergestellt und so einen kommunikativen Prozess eingeleitet, der zur Befriedung der Situation beitragen kann. Zudem ist der Angeklagte S bis zu dieser Tat weder straf- noch verkehrsrechtlich aufgefallen und hat die Tat durch die Zurücknahme seiner Berufung faktisch gestanden. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer überzeugt, dass die Strafaussetzungsentscheidung dem Rechtsempfinden der Bevölkerung nicht zuwider läuft, sondern unter Verweis auf diese ungewöhnlichen Umstände als angemessen vermittelt werden kann.

b. Die Fahrerlaubnis des Angeklagten S war gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 StGB zu entziehen, der Führerschein einzuziehen, § 69 Abs. 3 S. 2 StGB. Auch er hat durch seine Teilnahme an einem konkludent verabredeten Autorennen im öffentlichen Straßenraum mit tödlichen und dauerhaften schweren Verletzungsfolgen einen so gravierenden Verstoß gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen, dass er unzweifelhaft zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Daneben ist gemäß § 69 a Abs. 1 S. 1 StGB eine Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von 2 Jahren verhängt worden. Durch die Tat des Angeklagten S ist ein besonders hohes Maß an Verkehrsgefährdung eingetreten; sein Verhalten lässt auf ein so erhebliches Aggressionspotential im Straßenverkehr schließen, dass es trotz der inzwischen verstrichenen Zeit eine Sperre dieser Dauer rechtfertigt. Dies gilt auch im Hinblick auf den bereits erlittenen Verlust seiner Fahrerlaubnis durch vorläufige Entziehung seit dem 27.10.2015. Seine nachgewiesene Abstinenz und die Teilnahme an der Gesprächsgruppe sind positive Schritte hin zu einer Reduzierung seiner Gefährlichkeit, gleichwohl muss diese Haltung noch über einen längeren Zeitraum gefestigt werden, um eine hinreichende Reduzierung seines Gefahrenpotentials für andere Verkehrsteilnehmer zu erreichen.

VII.

Die Kostenentscheidungen folgen jeweils aus §§ 465 Abs. 1, 473 Abs. 1 StPO.

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