Leitsatz:
Ein Kfz-Führer, der vom Beschleunigungsstreifen einer Bundesautobahn direkt auf die Überholspur wechselt, handelt regelmäßig grob verkehrswidrig und rücksichtslos.
Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 06.08.2020 (32 Cs 510 Js 17581/20) im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch abgeändert:
Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 70 € verurteilt.
Dem Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein wird eingezogen. Die Verwaltungsbehörde darf dem Angeklagten vor Ablauf von drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seiner Berufung; die Berufungsgebühr wird um 1/3 ermäßigt. Von den ihm durch sein Rechtsmittel erwachsenen eigenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte 2/3, die Staatskasse 1/3.
Angewendete Vorschriften: §§ 315c Abs. 1 Nr. 2 b), Abs. 3 Nr. 2, 69, 69a StGB
Gründe
I.
Der Angeklagte ist mit Urteil des Amtsgerichts Freiburg i. Br. vom 06.08.2020 (32 Cs 510 Js 17581/20) wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 70 € verurteilt worden. Dem Angeklagten wurde die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein wurde eingezogen. Die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, dem Angeklagten für die Dauer von noch 7 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte form- und fristgemäß Berufung eingelegt. Er erstrebte einen Freispruch bzw. die Verurteilung lediglich wegen einer Ordnungswidrigkeit.
Die Berufung hatte nur teilweise Erfolg.
II.
Der heute 73-jährige Angeklagte ist in … geboren … Der Angeklagte ist seit 55 Jahren im Besitz der Fahrerlaubnis-Klasse B. Er legt jährlich zwischen 15 – 20 000 km mit seinem Fahrzeug zurück und ist … auf sein Fahrzeug angewiesen.
Der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten weist keine Eintragung auf. Die Auskunft aus dem Fahreignungsregister vom 20.07.2020 ergibt fünf Einträge, denen zwei Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot und die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis im vorliegenden Verfahren zugrunde liegen: Am 22.04.2016 hielt der Angeklagte den erforderlichen Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein, woraufhin gegen ihn ein Bußgeld von 240,00 €, ein Fahrverbot von einem Monat und zwei Punkte im Fahreignungsregister verhängt wurden (Rechtskraft 02.07.2016). Mit Datum vom 27.11.2019 wurde das Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr am 21.09.2019 mit einer Geldbuße von 500,00 €, einem Monat Fahrverbot und wiederum zwei Punkten geahndet (Rechtskraft: 17.12.2019). Die festgestellte Atemalkoholkonzentration betrug 0,29 mg/l. Zwei weitere Eintragungen enthalten lediglich die Fahrverbotsmitteilungen zu den vorgenannten Verstößen.
III.
Am 02.06.2020 fuhr der Angeklagte gegen 15:08 Uhr mit dem PKW Mercedes Benz E400, amtliches Kennzeichen …, der mit ca. 333 PS motorisiert ist, im Bereich der Anschlussstelle … auf die Bundesautobahn … auf. Dabei versuchte der Angeklagte unter mäßiger Beschleunigung seines Fahrzeugs unmittelbar nach dem Ende der durchgezogenen Linie zwischen Beschleunigungsstreifen und rechter Fahrspur in einem Zug – oder allenfalls mit einer nicht nennenswerten Verweildauer auf der rechten Spur – vom Beschleunigungsstreifen über die rechte Fahrspur auf die linke Fahrspur zu wechseln, um die langsameren vorausfahrenden Fahrzeuge auf der rechten Spur sogleich zu überholen. Dabei leitete der Angeklagte den Überholvorgang ein, ohne sich ausreichend mit Blick in den Außenspiegel und Schulterblick nach hinten zu vergewissern und trotz Sichtbehinderung durch andere Fahrzeuge.
Der Angeklagte fasste den Entschluss zu diesem Fahrmanöver lediglich um des eigenen ungestörten und flüssigen Vorankommens willen, ließ aus Gleichgültigkeit von vornherein Bedenken gegen sein Verhalten nicht aufkommen und setzte seine eigenen Interessen unbekümmert um die Folgen seiner Fahrweise über die anderer Verkehrsteilnehmer. Der Angeklagte wollte insbesondere seine Fahrt nicht abbremsen, sich hinter den langsamer fahrenden Fahrzeugen einordnen und die Mühe machen, den Verkehrsraum hinter sich vor dem Überholen sorgfältig zu beobachten. Die Pflichtwidrigkeit seiner Fahrweise hätte der Angeklagte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten erkennen können.
Sein Manöver hatte für den Angeklagten vorhersehbar und vermeidbar zur Folge, dass der ordnungsgemäß auf der linken Fahrspur mit ca. 150 km/h fahrende Zeugen Z01 mit dem von ihm geführten Pkw Audi A4, amtliches Kennzeichen …, nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte. Das Fahrzeug wurde trotz eines Ausweichens nach links von dem vom Angeklagten geführten PKW, der seinerseits etwa 110 – 120 km/h fuhr, seitlich touchiert und kollidierte sodann durch eine Gegenbewegung des Zeugen Z01 mit dem Heck mit der Mittelleitplanke der Fahrbahn. Am vom Geschädigten geführten, neuwertigen Fahrzeug entstand ein geschätzter Schaden in Höhe von 7.000 Euro. Personenschäden sind nur durch Zufall ausgeblieben.
Durch die Tat hat sich der Angeklagte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.
IV.
1. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Angeklagten und den Auszügen aus dem Bundeszentral- und dem Fahreignungsregister.
2. Der Angeklagte hat die Tat bestritten. Er wurde durch die erhobenen Beweise überführt.
a. Der Angeklagte hat sich wie folgt eingelassen:
Am Mittag habe er einen Termin … gehabt und im Anschluss daran keine weiteren …termine. Er habe deshalb auch keinen Grund gehabt, besonders schnell wieder in … zu sein. Er sei ganz normal auf dem Autobahnzubringer Richtung … gefahren. Der Zubringer verlaufe ein Stück parallel zur Autobahn. Noch vor Beginn des Beschleunigungsstreifens habe er nach links geschaut, es sei überhaupt kein Verkehr gewesen. Dort sei ein einzelner Lkw auf der rechten Fahrbahnspur gefahren. Er habe ein wenig beschleunigt, damit er problemlos auf die rechte Spur habe auffahren können. Der Lkw hinter ihm sei überhaupt kein Thema gewesen. Nachdem der Beschleunigungsstreifen begonnen habe, sei er auch gleich auf die rechte Spur der Autobahn gefahren. Vorneweg sei ein Transporter und dahinter das Fahrzeug des Zeugen Z02 gefahren. Diese Fahrzeuge dürften so um die 80 km/h gefahren sein. Deshalb habe er auch die Entscheidung getroffen, den Fahrzeugen erst einmal hinterher zu fahren und sie dann irgendwann zu überholen. Er sei längere Zeit auf der rechten Spur geblieben, wie lange, lasse sich im Nachhinein kaum sagen, vielleicht 3, 4 oder 5 Sekunden. Da er nicht bis zum Zeugen Z02 aufgeschlossen habe, gehe er davon aus, dass er vielleicht mit 110-120 km/h unterwegs gewesen sei. Er habe es nicht besonders eilig gehabt, sonst hätte er die Fahrzeuge in null Komma nichts eingeholt. Irgendwann sei dann eben der Moment gekommen, dass er gesagt habe, dass er jetzt auf die linke Spur gehe.
Soweit die Zeugen behaupteten, er sei direkt auf die linke Spur gefahren, sei das aus seiner Sicht rein vom Geschehensablauf her nicht möglich. Wenn er tatsächlich auf der linken Spur gewesen wäre, d.h. innerhalb von Sekundenbruchteilen von rechts auf die linke Spur gewechselt wäre, dann wären die Beteiligten sicher alle im Krankenhaus gelandet. Diese Schilderung, er sei rübergegangen, sei völlig unlogisch, denn dann hätte er dem anderen Fahrzeug in die Seite fahren müssen oder dieses in seine oder es hätte bei ihm hinten auffahren müssen. Soweit ein Zeuge in einer früheren Vernehmung ausgesagt habe, vor dem Unfall habe er – der Zeuge – geäußert „Hoffentlich fährt der nicht rüber!“, spreche das für seine Darstellung, weil der Zeuge dann eben links von Angeklagten gewesen sei und dieser auf der rechten Spur, nicht auf dem Beschleunigungsstreifen. Denn dass man vom Beschleunigungsstreifen auf die rechte Fahrbahn fährt, sei ja völlig normal und könnte diese Äußerung nicht erklären. Der Angeklagte sei auf der rechten Spur gefahren und habe nach einer bestimmten Zeit den Blinker gesetzt. Er vermute, dass das der Moment gewesen sei, als der Zeuge gesagt habe „Hoffentlich zieht der nicht rüber!“ Allein diese Äußerung dürfte bereits 3 Sekunden gedauert haben und sei ein Indiz dafür, dass er nicht direkt die Spur gewechselt habe. Im Übrigen sei er allenfalls 50 cm über die Spurmarkierung auf der linken Spur gefahren, sei also nie mit seinem Fahrzeug komplett auf der linken Spur gefahren.
Aus den Aufzeichnungen des unfallaufnehmenden Beamten, insbesondere des Fotos Aktenseite 49, Nr. 2, ergebe sich ein Anstoßpunkt an der Mittelleitplanke (und damit der Unfallort) ein erhebliches Stück hinter dem Ende des Beschleunigungsstreifens, so dass die Fahrstrecke – und damit die Zeitverhältnisse – sich anders darstellen als vom Erstrichter zugrundegelegt. Auch das spreche dafür, dass er längere Zeit auf der rechten Spur gefahren sei. Dafür spreche schließlich auch, dass die Stelle, an der sich die unfallbeteiligten Fahrzeuge nachher auf dem Standstreifen befanden, in einiger Entfernung zum Ende des Beschleunigungsstreifens liege, obwohl er nach dem Unfall sofort rechts raus sei.
Natürlich sei es ein Fehler gewesen, daran gebe es nichts zu rütteln, dass, als er auf der rechten Fahrspur gefahren sei und irgendwann den Blinker gesetzt habe, er den rückwärtigen Verkehr nicht hinreichend beachtet habe, als er dann auf die linke Spur habe fahren wollen. Er habe nur in den Innenspiegel geschaut, aber nicht in den Außenspiegel. Das sei ein Fehler gewesen, wie es ihn sicher zigtausendfach gebe, wenn man mal nicht aufpasse. Das sei ein Fehler gewesen, aber das sei nicht rücksichtslos im Sinne der Strafvorschrift gewesen. Es sei sicher nicht sein Ziel gewesen, hier rücksichtslos vorbeizufahren. Wenn er es wirklich eilig gehabt und er Gas gegeben hätte, wenn er wirklich möglichst schnell an den Autos vor ihm hätte vorbeifahren wollen, dann wäre angesichts der Motorisierung seines Fahrzeugs wahrscheinlich gar nichts passiert.
Beim Zusammenstoß habe er einen Schlag gespürt, hinten links, was völlig unerklärlich sei. Er habe sofort gesagt: „Scheiße, ich habe einen übersehen.“ und sei direkt rechts rüber gefahren. Offensichtlich sei das Fahrzeug des Zeugen mit dem rechten vorderen Reifen gegen seinen hinteren linken draufgefahren. Die Beschädigung sei lächerlich wenig. Der Aufprall könne nur Reifen zu Reifen gewesen sein, der heute noch funktioniere, außerdem gebe es ein paar Kratzer ab der hinteren rechten Türe. Dass das Fahrzeug des Zeugen Z01 noch die Leitplanke touchiert habe, habe er nicht mitbekommen, er habe das Fahrzeug ja zunächst auch nicht gesehen.
b. Diese Einlassung des Angeklagten zum Ablauf und zu seinem Fahrverhalten wird durch die Aussagen der Zeugen und das Gutachten des Sachverständigen widerlegt.
aa. Der Zeuge Z01 hat zum Geschehensablauf ausgeführt, er sei zunächst mittig auf der linken Spur gefahren und habe eine Reihe von LKWs überholt. Er sei geschätzt ca. 140 – 160 km/h gefahren. Auf der rechten Fahrbahn sei der eine oder andere LKW gefahren, es sei insgesamt auf der Autobahn aber nicht so viel Verkehr gewesen. Er habe auf der rechten Seite ganz am Anfang des Beschleunigungsstreifens das Fahrzeug des Angeklagten sehen können, der auf die Fahrbahn habe wechseln wollen und dann auch beschleunigt habe. Der Beschleunigungsstreifen beginne aus seiner Sicht spätestens dann, wenn er parallel zur Autobahn verlaufe. Zunächst sei der Angeklagte noch hinter einem LKW gewesen. Der Angeklagte habe dann auf der Beschleunigungsspur zumindest einen LKW überholt und sei zwischen zwei LKWs auf die Autobahn eingeschert und nahtlos dann auch direkt auf die Überholspur gefahren, um den anderen LKW zu überholen. Da sei der Beschleunigungsstreifen zu Ende gewesen. Als der Angeklagte zwischen den LKWs aufgetaucht sei, sei es eigentlich schon zu spät gewesen. Danach sei schon der Zusammenstoß erfolgt. Der Angeklagte sei mit seinem Fahrzeug ca. 1/3 bis zur Hälfte auf der linken Spur gewesen. Die Geschwindigkeit der Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes sei nahezu gleich gewesen. Auch mit einer vollen Bremsung sei der Zusammenstoß nicht zu vermeiden gewesen. Das Fahrzeug des Angeklagten habe sein Fahrzeug vorne rechts erwischt und sei selbst hinten links beschädigt worden. Es sei ein ordentlicher Rumpler gewesen, so dass er dagegen gehalten habe, weil er Angst gehabt habe, in die Leitplanke zu donnern, sich zu drehen und dann vom nachfolgenden Verkehr überrollt zu werden. Das Fahrzeug sei instabil geworden, es sei dann mit der hinteren linken Seite gegen die Leitplanke gestoßen. Das dürfte am Ende des Beschleunigungsstreifens gewesen sein. Genau einordnen könne er das aber nicht mehr. Das Fahrzeug des Angeklagten sei am Ende des Beschleunigungsstreifens rübergekommen und dann sei es weitergefahren und habe ihn getroffen. Seiner Meinung nach habe der Angeklagte den Beschleunigungsstreifen bis zum Ende ausgenutzt.
Es sei aus einem Bauchgefühl des Zeugen heraus gewesen, als der Angeklagte noch auf dem Beschleunigungsstreifen gewesen sei, dort einen LKW überholt und den Blinker gesetzt habe, dass er zu seinem Beifahrer gesagt habe „Hoffentlich zieht der nicht rüber!“ Später habe der Angeklagte, nachdem man auf dem Standstreifen gehalten habe, sofort den Unfall eingestanden und auch den Unfallhergang genau so geschildert. Er habe gesagt, es täte ihm leid, er habe sich auf die LKWs konzentriert, nicht den rückwärtigen Verkehr. Er habe noch nie einen Unfall gehabt. Der Zeuge hat angegeben, dass das Fahrzeug vor dem Unfall vollkommen unbeschädigt und fast nagelneu gewesen sei.
Die Aussage des Zeugen ist detailliert und erlebnisbezogen, sie entspricht im Kerngeschehen den bisherigen Angaben bei der Polizei und fügt sich – jedenfalls was den Ablauf betrifft – bruchlos in die Beschreibung der Geschehnisse durch die übrigen Zeugen ein. Allein die Ortsbestimmung des Übertritts vom Beschleunigungsstreifen auf die Fahrbahn weicht von den Angaben der übrigen Beteiligten und der Beschädigung an der Mittelleitplanke ab. Das stellt die Aussage des Zeugen, der sich naturgemäß zentral auf das dynamische Geschehen konzentriert haben dürfte, aber nicht in Frage. Zwei Punkte sind hier besonders relevant: Zum einen die Aussage, dass es schon „zu spät“ gewesen sei, als er den PKW des Angeklagten zwischen den LKWs auftauchen habe sehen und dieser auf die linke Spur gezogen sei. Zum anderen der Zeitpunkt der Äußerung „Hoffentlich zieht der nicht rüber!“ als der Angeklagte mit seinem Fahrzeug noch auf dem Beschleunigungsstreifen war. Dass der Zeuge dies gesagt hätte, als der Angeklagte schon auf der rechten Spur fuhr und die Äußerung eine gewisse Verweildauer auf dieser Spur nahelegt, kann ausgeschlossen werden.
bb. Der Zeuge Z03 erklärte, an der Auffahrt hätten mehrere Fahrzeuge auf die Autobahn gewollt. Auf der rechten Spur seien auch LKWs gewesen. Als das Fahrzeug des Angeklagten aufgetaucht sei, habe der Zeuge Z01 geäußert: „Hoffentlich zieht der nicht durch!“ Dann habe es vorne rechts den Anprall gegeben. Der Angeklagte sei von der rechten Spur auf die linke Spur rübergezogen. Der Zeuge Z01 habe das wohl schon geahnt und sei recht weit nach links gefahren und dann letztlich mit dem Heck an die Leitplanke angestoßen. Als Ort des Unfalls vermute er das Ende des Beschleunigungsstreifens, gesehen habe er das aber nicht. Die Geschwindigkeit könne er schlecht einschätzen. Zunächst habe er das Fahrzeug des Angeklagten nicht bewusst wahrgenommen, sondern nur gesehen, dass mehrere Fahrzeuge auf die Autobahn hätten auffahren wollen. Die Autos seien dann hinter den LKWs, die sie gerade überholt hätten, verschwunden. Das Auto des Angeklagten sei durch einen LKW verdeckt gewesen. Erst als es vor dem LKW aufgetaucht sei, als es rübergezogen sei, habe er es wahrgenommen. Es sei vor dem LKW aufgetaucht, es habe noch nicht gleich durchgezogen, und da habe der Zeuge Z01 gesagt „Hoffentlich zieht der nicht durch!“ Da habe sich das Fahrzeug des Angeklagten noch zwischen den beiden LKWs auf der rechten Fahrspur befunden. Vor dem Fahrzeug des Angeklagten sei niemand auf die rechte Spur gefahren, jedenfalls sei nur er vor dem LKW aufgetaucht. Vorneweg sei auch ein LKW gefahren, so dass der Angeklagte mit seinem Fahrzeug zwischen zwei LKWs gewesen sei. Der Zeuge schätzt, man sei etwa 100 m nach Ende des Beschleunigungsstreifens zum Stehen gekommen.
Die Angaben des Zeugen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer weichen signifikant von den Angaben bei der Polizei ab. Dort hatte er noch zu Protokoll gegeben: „Ich sah, wie ein Mercedes von rechts vom Beschleunigungsstreifen auf die rechte Fahrbahn hinter einen LKW wechselte. Dort ist er dann gleich auf die linke Spur gewechselt. Er hat den Blinker stehen lassen und hat durchgezogen.“ Auf Vorhalt hat der Zeuge geäußert, er halte die zeitlich nähere Aussage bei der Polizei für richtig. Eine konkrete Erinnerung hatte der Zeuge nicht mehr.
Die Darstellung des Zeugen ist aber auch über diese Frage hinaus im Kerngeschehen unterschiedlich: Bei der Polizei die Darstellung eines freien Blicks auf das Fahrzeug des Angeklagten, das hinter einem LKW auffährt, und der sofortige Wechsel der Fahrspuren (“durchgezogen“) mit Lichtzeichen, in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer dagegen ein zeitweise verdecktes Fahrzeug, das vor einem LKW auf die Autobahn auffährt, zunächst vor einem LKW auftaucht ohne gleich auf die linke Spur zu wechseln, und ohne eine Erinnerung an Lichtzeichen. Der Zeuge hat außerdem angegeben, dass sich vor dem Auto des Angeklagten kein Fahrzeug befunden habe. Unstreitig fuhr vor dessen Fahrzeug jedoch zumindest der Zeuge Z02 mit seinem PKW, möglicherweise ein oder zwei weitere Fahrzeuge. Die Kammer konnte aufgrund dieser Diskrepanzen und die durch wenig Realkennzeichen und durch die – vom Zeugen eingeräumte – Unsicherheiten geprägte Aussage deshalb nicht für die Feststellungen heranziehen. Angesichts der Abweichungen ist vielmehr zu vermuten, dass der Zeuge erst durch den Ausruf des Zeugen Z01 auf die Situation aufmerksam wurde und er das Fahrzeug des Angeklagten erst bei seinem bedrohlichen Wechsel auf die linke Spur bewusst wahrgenommen hat.
cc. Der Zeuge hat ausgesagt, er sei auf der Beschleunigungsspur gefahren, vor ihm ein LKW, den er gern überholt hätte. Da er bei der Kontrolle des rückwärtigen Verkehrs ein sich schnell näherndes schwarzes Fahrzeug gesehen habe, habe er sich zunächst hinter dem LKW eingeordnet. Er habe weiter den nachfolgenden Verkehr beobachtet. Dabei sei ihm ein Auto aufgefallen, das auch auf die Beschleunigungsspur gefahren sei. Dieses sei ziemlich abrupt nach links rüber. Dann habe er nur gesagt „Jetzt schepperts!“ und nach vorne geschaut und einen Platz gesucht, wo er hätte ausweichen können.
Die Einfahrt auf die Beschleunigungsspur sei relativ lang, er habe deshalb schon in den Spiegel geschaut, ob er möglichst schnell an dem LKW vor ihm vorbeikomme oder ob viel Verkehr hinten sei. Er sei dann raus auf die Beschleunigungsspur und da sehe man hinten alles. Der LKW vor ihm sei früh von der Beschleunigungsspur auf die rechte Spur der Autobahn gewechselt. Er sei hinterher und gehe davon aus, dass er hinter dem LKW mit etwa 80 km/h gefahren sei. Er habe das sich schnell nähernde Fahrzeug wahrgenommen, gewartet und noch einmal nach hinten geguckt. Dabei habe er den Innen- und Außenspiegel benutzt. Auch den weiteren Ablauf habe er im Spiegel beobachtet. Zwischen seinem Fahrzeug und dem ausscherenden Fahrzeug des Angeklagten sei ein oder vielleicht seien dort auch zwei PKWs gewesen. Die seien auch vom Beschleunigungsstreifen auf die rechte Spur gefahren. Das Fahrzeug des Angeklagten sei noch ganz am Anfang der Beschleunigungsspur ebenfalls auf die rechte Spur gewechselt. Es sei ihm aufgefallen, wie es schnell raus sei, das habe nicht in die Situation gepasst. Das Fahrzeug des Angeklagten habe herausgestochen, sei ziemlich abrupt rüber, es habe einen kleinen Schlenker gegeben und dann sei es ganz rüber auf die linke Spur. Wenn er das aus der Perspektive des Fahrers überlegen würde, würde sich denken, da sei jemand rüber, habe noch einmal kurz geguckt und sei dann aus dem Moment heraus ganz rüber, ohne den nachfolgenden Verkehr vorher genügend beobachtet zu haben.
Er habe zuerst erwartet, dass der PKW des Angeklagten angesichts des herannahenden Fahrzeugs von hinten wieder auf die rechte Spur ausweichen würde. Als das nicht geschah, sei klar gewesen, dass eine Kollision nicht mehr zu verhindern gewesen sei. Da habe er gesagt: „Jetzt schepperts!“
Man habe gesehen, dass das Fahrzeug stark beschleunigt habe, es sei im Heck etwas nach unten gegangen. Einen Blinker habe er nicht wahrgenommen, dazu könne er nichts sagen. Auch den Unfall und die Kollision mit der Leitplanke habe er im Spiegel gesehen. Er habe zwar nach vorne, aber auch immer mal wieder in den Spiegel geschaut. Das auf der linken Spur herannahende Fahrzeug, dessen Geschwindigkeit er auf 150 – 160 km/h schätze, sei nach links ausgewichen, dann seien die Fahrzeuge irgendwie zusammengekommen und dann nach rechts weg. Die Differenzgeschwindigkeit der Fahrzeuge sei erheblich gewesen. Allerdings – so auf Nachfrage – hätte der eine stark beschleunigt, der andere stark gebremst, es könne schon sein, dass die Geschwindigkeit beim Aufprall dann ziemlich ähnlich gewesen sei. Er sei in diesem Moment fest der Meinung gewesen, dass die PKWs des Zeugen Z01 und des Angeklagten in ihn hineinfahren würden. Der Zusammenstoß sei höchstens 100 – 150 m von ihm weg gewesen. Er habe den Gedanken gehabt, den LKW vor ihm rechts zu überholen, um aus der Gefahrenzone zu kommen, habe das dann aber abgebrochen. Als er wieder geschaut habe, hätten die beiden Fahrzeuge auch schon auf dem Standstreifen angehalten.
Ob der Angeklagte noch auf der Beschleunigungsspur oder davor einen LKW rechts überholt habe, könne er nicht sagen, das habe er nicht gesehen. Es sei aber noch ein LKW hintendran gewesen. Der sei später bei ihm durch, der habe nicht angehalten, der sei rein theoretisch hinter dem Unfall gewesen, hätte das ja alles sehen müssen und wäre sicher ein guter Zeuge gewesen.
Die Aussage des Zeugen ist detailreich, umfassend und vom Ablauf her plausibel. Sie ist im Kerngeschehen sowohl im Hinblick auf die Aussage bei der Polizei wie beim Amtsgericht konstant. Soweit der Zeuge vor der Kammer das erste Mal über die ein bis zwei Fahrzeuge zwischen sich und dem Fahrzeug des Angeklagten berichtet hat, handelt es sich um Randgeschehen, weil es zunächst für den Vorgang keine Bedeutung hat. Der Zeuge hat freilich schon bei seiner Aussage vor dem Amtsgericht ausgeführt, das Fahrzeug des Angeklagten sei „aus der Menge raus“ links rüber gefahren, das Fahrzeug sei „aus der Menge rausgestochen“. Auch diese Details belegen den Erlebnisbezug der Aussage des Zeugen. Der Zeuge hat jeweils seine Beobachtung von eigenen Schlüssen klar getrennt und den Ablauf nüchtern geschildert. Belastungstendenzen waren nicht erkennbar. Er war vielmehr der Meinung, wir seien alle nur Menschen und jeder mache mal Fehler. Soweit er bei der Polizei und beim Amtsgericht stärker wertende Attribute verwendet hat, war das in seiner Aussage vor der Kammer kaum zu spüren. Deutlich war freilich die eigene emotionale Beteiligung angesichts der von ihm wahrgenommenen Bedrohungssituation für sich und seine Familie. Es sei für ihn das schlimmste Erlebnis mit der Familie gewesen, das er gehabt habe: möglicherweise zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.
Die Beobachtungen des Zeugen sind zwar über die Fahrzeugspiegel gemacht worden. Eine relative intensive Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs ist aber bei einer Fahrt von um die 80 km/h hinter einem LKW und ohne besondere Anforderungen an das eigene Fahrverhalten ohne Weiteres möglich. Dass der Angeklagte mit seinem Fahrzeug schon zu Beginn des Beschleunigungsstreifens (also am Beginn der unterbrochenen Linie zur rechten Spur) auf die Autobahn aufgefahren ist, deckt sich mit den Angaben des Angeklagten.
dd. Der Zeuge Z04 hat ausgesagt, man sei zu den verunfallten Fahrzeugen auf dem Standstreifen gekommen und habe dann die Unfallaufnahme auf dem nächsten Parkplatz durchgeführt. Sein Kollege habe Lichtbilder der Unfallfahrzeuge gefertigt. Der Führerschein des Angeklagten sei nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Am nächsten Tag sei man zur Unfallstelle gefahren und habe Lichtbilder der Unfallstelle und eine Skizze gefertigt. Auf einer Luftaufnahme (AS 21) seien die Markierungen vom Zeugen Z02 oder von ihm aufgrund der Angaben des Zeugen Z02 vorgenommen worden. Diese Markierung solle den Bereich angeben, innerhalb dessen der Angeklagte mit seinem Fahrzeug vom Beschleunigungsstreifen auf die rechte Fahrspur gewechselt sein soll. Dieser Bereich erstrecke sich über die ersten vier unterbrochenen Linien nach dem Ende der durchgezogenen Linie zu Beginn des Beschleunigungsstreifens. Das auf dem Lichtbild zu sehende Kreuz sei eine Orientierungsmarke des Luftbildes und nicht vom Zeugen Z04 oder Z02 dort angebracht worden. Außerdem habe er die nicht maßstabsgetreue Handskizze gemacht (AS 45). Dort wurde das Ende der durchgezogenen Linie zu Beginn des Beschleunigungsstreifens als 0-Punkt gesetzt, das Ende des Beschleunigungsstreifens war nach 156 m erreicht. Der Antreffort der Unfallfahrzeuge durch die Polizei auf dem Standstreifen wird in dieser Skizze im Rahmen einer groben Schätzung 80 m nach Ende des Beschleunigungsstreifens verortet. Eine Beschädigung der Mittelleitplanke wird ab 102 m vom 0-Punkt dokumentiert. Die Beschädigung sei damit noch im Bereich des Beschleunigungsstreifens gewesen. Diese Beschädigung sei bei einer Begehung am rechten Rand der Fahrbahn über die drei Fahrspuren hinweg bzw. vom Standstreifen aus erkennbar gewesen, sonst seien keine Beschädigungen in dem Abschnitt auffällig gewesen. Vermutlich habe der Zeuge und sein Kollege auch den weiteren Verlauf der Mittelleitplanke kontrolliert, eine klare Erinnerung daran hatte der Zeuge freilich nicht mehr.
Soweit bei Bild Nr. 2 (AS 49) der Eindruck entstehe, die Unfallstelle sei weit hinter dem Ende des Beschleunigungsstreifens markiert worden, stimme das nicht. Der auf dem Bild erkennbare, auslaufende Fahrstreifen sei ein weiterer Fahrstreifen (aus … kommend), der in den Beschleunigungsstreifen eingemündet habe. Die rechte, vollständig auf dem Bild erkennbare, Spur sei der Beschleunigungsstreifen, der erst hinter dem Pfeil ende. Das sehe man auch daran, dass die auslaufende Fahrspur ganz rechts nicht in den Standstreifen übergehe. Diese Angaben lassen sich auch auf Bild Nr. 3 nachvollziehen. Dort ist erkennbar, dass der Standstreifen erst am Ende des Beschleunigungsstreifens beginnt. Der Standstreifen ist aber auf Bild Nr. 2 nicht zu sehen.
Die Angaben des Zeugen waren überzeugend. Er hat die einzelnen Maßnahmen und räumlichen Verhältnisse anhand der Lichtbildern und Skizzen nachvollziehbar dargestellt und erläutern können. Unsicherheiten und Erinnerungslücken hat er offengelegt.
ee. Der Sachverstände Dipl.-Ing. SV01 hat dargelegt, dass bei einer Auffahrt von Richtung … eine 270°-Kurve zu durchfahren sei und dann – zunächst baulich getrennt von der Fahrbahn – die Spur parallel zur Autobahn verlaufe. Diese Trennung ende ca. 380 m nach der Ausfahrt aus der Kurve, das Ende der durchgezogenen Linie des Beschleunigungsstreifens (die Stelle, die von der Polizei als 0-Punkt definiert worden ist) liege bei 474 m. Es sei daher eine lange Strecke, in der man auch an LKWs auf der Autobahn rechts vorbei fahren könne, die ja dort noch zu einem erheblichen Teil räumlich von der Spur getrennt sei. Die Länge des Beschleunigungsstreifens selbst habe er – wie auch die Polizei – mit 156 m gemessen. Der Streifkontakt mit der Mittelleitplanke noch vor Ende des Beschleunigungsstreifens bei 102 m sei von der Polizei auf Lichtbildern dokumentiert worden. Diese Unfallspuren korrespondierten vom Erscheinungsbild her mit dem Unfallereignis. Ob sie definitiv dazu gehörten, könne der Sachverständige aber nicht sagen. Wenn es 50 m weiter eine ähnliche Spur geben sollte, könne auch diese zum Unfall gehören. Das sei eine Frage der Beweiswürdige, vom Erscheinungsbild jedenfalls passe die Spur.
Der Mercedes des Angeklagten habe Streifkontaktspuren und Deformationen an der Seitenwand hinten links, aber auch bereits im seitlichen Bereich des Heckstoßfängers. Es gebe auch Kontaktspuren am Hinterrad, an der Felge und der Radlaufkante hinten links. Der Audi des Zeugen Z01 habe Kontakt- und Streifspuren und Deformationen an der rechten Längsseite, nämlich am vorderen rechten Kotflügel, auch hier sei der Radlauf deformiert, und Streifkontaktspuren bis zur B-Säule zwischen den Türen. Am Türblatt der Beifahrertüre gebe es ganz charakteristische Spuren durch einen Rotationskontakt mit dem linken Hinterrad des Mercedes. Die Spuren zeigten, dass der Audi zum Zeitpunkt der Kollision schneller gewesen sei als der Mercedes und von hinten gekommen sei. Es sei aufgrund der Reifenantragungen von einer Differenzgeschwindigkeit der Fahrzeuge von etwa 30 km/h auszugehen. Der Audi habe außerdem am linken hinteren Seitenteil Spuren, insbesondere am Radlauf des linken Hinterreifens. Das seien ganz charakteristische, markante Kontaktspuren, die lokal begrenzt seien und mit einem Leitplankenkontakt korrespondierten. Im vorderen Fahrzeugbereich gebe es solche Kontaktspuren hingegen nicht. Der Audi sei daher nicht in einer Ausweichbewegung nach links mit der Leitplanke kollidiert, sonst wäre die vordere linke Ecke beschädigt worden.
Auch die Beschädigungen der Fahrzeuge korrespondierten miteinander. Es sei zu einer Kollision der Fahrzeuge in einem flachen Winkel zueinander gekommen, der Audi schneller von hinten kommend und nach links ausweichend. Das Spurenbild spreche dafür, dass die Leitplankenkollision die Sekundärkollision sei. Sie sei aufgrund der Gegenbewegung mit einem Ausbrechen des Hecks des Fahrzeugs zu erklären. Die Kollision der Fahrzeuge sei damit zeitlich und räumlich vor der Beschädigung der Leitplanke gewesen. Aufgrund der Geschwindigkeiten sei die Kollsion der Fahrzeuge dann etwa 15 – 20 m vor der Kollision mit der Leitplanke erfolgt. Unter der Voraussetzung, dass die polizeilich dokumentierte Spur an der Leitplanke die für den hier gegenständlichen Unfall maßgebliche Spur sei, hätte die Kollision der Fahrzeuge dann 85 – 90 m nach dem 0-Punkt stattgefunden.
Wenn der Mercedes des Beklagten noch im getrennten Spurbereich zunächst LKWs überholt hätte, sei hier zunächst von einer Geschwindigkeit von ca. 90 km/h auszugehen. Eine Beschleunigung vom Anfang des Beschleunigungsstreifens bis zur Kollisionsstelle auf 110 km/h, eher noch 120 km/h, sei dann ohne Weiteres möglich. Bei einer Differenz von 30 km/h aus dem Spurenbild würde das zu einer Geschwindigkeit des Audi von 140 – 150 km/h passen. Bei dieser Beschleunigung des Mercedes würde für die hier maßgebliche Strecke (Ende der durchgezogenen Linie zwischen Beschleunigungsspur und Fahrbahn bis zur angenommenen Kollisionsstelle) etwa 3 Sekunden benötigt. Die Kollision habe ja während des Spurwechsels auf die linke Spur stattgefunden, es habe also mehr als ein Fahrstreifenwechsel stattgefunden, etwa 1 1/2. Für einen normalen Fahrstreifenwechsel (Parallelfahrt – Wechsel – erneute Parallelfahrt auf der Spur) benötige man typischerweise 3 Sekunden. Wenn man davon ausginge, dass bereits auf dem Beschleunigungsstreifen die Schrägfahrt nach links zum Spurwechsel eingeleitet worden sei, dann sei es zwanglos möglich, dass innerhalb dieser 3 Sekunden 1 1/2 Spuren gewechselt wurden. Es sei auch aus technischer Sicht grenzwertig möglich, dass man bereits in Schrägfahrt auf den rechten Fahrstreifen fahre, eine leichte Lenkunterbrechung habe und dann wiederum fortsetze. Dieser leichter Schlenker sei möglich, die Unterbrechung könne aber nicht lang gewesen sein, etwa im Bereich einer 1/2 Sekunde. Es sei möglich, dass nicht in einer Linie quer durchgefahren worden sei, sondern eine kurze Unterbrechung bei der Beschleunigung stattgefunden habe.
Der zweite Spurwechsel habe in der letzten Sekunde vor der Kollision stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Audi bereits bedrohlich nah gewesen. In dieser Konstellation sei das kein Fall einer Fehleinschätzung der Geschwindigkeit oder Entfernung des herannahenden Fahrzeugs. Es habe in der Situation nicht gutgehen können. Das sei ein Fall eines Übersehens des Fahrzeugs. Es sei davon auszugehen, dass der Angeklagte das Fahrzeug des Zeugen Z01 gar nicht wahrgenommen habe. Daraus folgt, dass die Rückschau nach hinten nicht durchgeführt worden sein dürfte. Bei einem kurzen Blick in den Innenspiegel sei der Audi in dieser Konstellation für den Angeklagten nicht zu sehen gewesen, aber bei einem Blick in den Außenspiegel.
Hätte der Angeklagte maximal beschleunigen wollen, nachdem er mit realistischen 60 km/h aus der Kurve zu Beginn der Auffahrt gekommen sei, hätte der Angeklagte aufgrund der Motorisierung seines Fahrzeugs theoretisch auch auf 180 – 200 km/h kommen können.
Lege man die Angaben des Angeklagten zugrunde, er sei zu Beginn zunächst auf die rechte Spur gewechselt und sei noch eine gewisse Zeit auf der rechten Spur gefahren, dann habe er sich entschieden, zu wechseln, dann sei das eine Variante, die aus technischer Sicht nicht ausgeschlossen werden könne, allerdings sei dann eine andere, zweite Leitplankenbeschädigung notwendig, die etwa 50 m weiter liege. Dann könnte der Angeklagte ca. 2 Sekunden auf dem rechten Fahrstreifen gefahren sein.
ff. In der Gesamtschau ergeben sich die Anknüpfungstatsachen für die technische Beurteilung durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. SV01 aus den überzeugenden Aussagen der Zeugen Z01, Z02 und Z04 und den Lichtbildern und Skizzen der Polizei. Die Kammer geht davon aus, dass die Auffahrt auf die Autobahn durch den Angeklagten zu Beginn des Beschleunigungsstreifens (Ende der durchgezogenen Linie) stattgefunden hat. Das folgt aus den Angaben des Angeklagten und der Aussage des Zeugen Z02. Dass die Beschädigung der Mittelleitplanke etwas 102 m nach Beginn des Beschleunigungsstreifens tatsächlich der Kollisionsstelle des Fahrzeugs des Zeugen Z01 mit der Leitplanke entspricht, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der Aussage und den Aufzeichnungen des Zeugen Z04 und den Ausführungen des Sachverständigen, wonach der von den Zeugen geschilderte Ablauf aus technischer Sicht mit dieser Annahme vereinbar ist. Unter diesen Voraussetzungen hat sich für den Sachverständigen auch angesichts der vergleichbaren Geschwindigkeitsangaben der Zeugen und des Schadensbildes ein plausibler Ablauf ergeben, wonach der Angeklagte mit seinem Fahrzeug innerhalb von etwa 3 Sekunden mit allenfalls minimaler Verzögerung (maximal 0,5 Sekunden) in einem Zug vom Beschleunigungsstreifen über die rechte Fahrspur der Autobahn auf die linke Spur wechseln wollte, was ihm aufgrund des dort befindlichen Fahrzeugs des Zeugen Z01 nicht gelang. Für die Alternative, dass der Unfall später passiert und der Angeklagte zuvor noch mehrere Sekunden auf der rechten Spur gefahren wäre, gibt es keinen Anhaltspunkt.
c. Die Feststellungen zur inneren Tatseite ergeben sich aus dem Tatbild und den Eintragungen im Fahreignungsregister.
Aus dem Tatbild lässt sich schließen, dass es dem Angeklagten zwar nicht auf ein maximal schnelles Vorankommen ankam, sonst hätte er angesichts der erheblichen Motorisierung seines Fahrzeugs eine deutlich höhere Geschwindigkeit erreicht. Ihm ging es vielmehr um ein ungestörtes und flüssiges Vorankommen. Statt sich hinter ein langsam fahrendes Fahrzeug einzuordnen, um den Verkehrsraum auf der Überholspur ausreichend zu beobachten, hat er einfach blind überholt. Er hat während des Spurwechsels allenfalls einen kurzen Blick in den Innenspiegel geworfen und sich statt dessen auf das Hindernis vor ihm, den aus seiner Sicht zu überholenden Verkehr, konzentriert. Dass er nicht die Außenspiegel benutzt hat, hat der Angeklagte selbst geschildert. Er hätte als langjähriger Autofahrer aber wissen können und müssen, dass er damit den relevanten Verkehrsraum nicht überblicken konnte. Zu dieser Priorisierung des eigenen Vorankommens statt der Sicherheit des Verkehrs passt auch die Aussage des Zeuge Z01, nach dem Unfall habe der Angeklagte ihm gegenüber geäußert, er habe sich auf die LKWs konzentriert, nicht den rückwärtigen Verkehr.
Die in den Jahren 2016 und 2019 jeweils mit einem Fahrverbot und Punkten im Fahreignungsregister geahndeten Verkehrsordnungswidrigkeiten zeigen, dass der Angeklagte sich bei der Nutzung seines Fahrzeugs durchaus auch an der Grenze des Erlaubten orientiert und diese mitunter überschreitet. So hat der Angeklagte in der mündlichen Verhandlung seine Voreintragungen eher als Pech, denn als Fehler bezeichnet: Beim zu engen Auffahren habe der Vorausfahrende erwartungswidrig reagiert, bei der Fahrt unter Alkohol habe er beim Alkoholkonsum das Erreichen des Grenzwerts nicht richtig abgeschätzt. Auch in diesen Fällen hat er seine Interessen vor die Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer gesetzt. Für sich genommen kann es sich bei diesen wie auch dem vorliegenden Fall theoretisch jeweils um einen Fahrfehler handeln, der jedem passieren könnte, um ein Augenblicksversagen. In der Gesamtschau und angesichts des Geschehensablaufs schließt die Kammer ein solches bloßes Versehen aus.
V.
Damit hat sich der Angeklagte wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung gem. § 315c Abs. 2 Nr. 2 b), Abs. 3 Nr. 2 StGB strafbar gemacht.
1. Diese Vorschrift erfaßt jedes Verkehrsverhalten, das mit dem Überholvorgang in einem inneren Zusammenhang steht und entweder der Vorschrift des § 5 StVO zuwiderläuft oder den durch andere verkehrsrechtliche Vorschriften oder den von der Rechtsprechung an die Durchführung dieses Verkehrsvorgangs gestellten Anforderungen nicht entspricht. Umfaßt sind alle Verkehrsverstöße gegen Vorausfahrende, Nachfolgende, überholende und überholte. Daß der Verkehrsverstoß gerade den überholten gefährdet, ist nicht Voraussetzung. Ein Falschfahren bei einem Überholvorgang kann in jedem verkehrswidrigen Verhalten beim Überholen liegen, wenn nur der Regelverstoß das Überholen als solches gefährlicher macht (OLG Düsseldorf VRS 62, 44; Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, § 315c Rn. 6).
Zwar hat der Angeklagte nicht das vorausfahrende Fahrzeug gefährdet, dass er überholen wollte. Er hat jedoch seiner Pflicht zuwidergehandelt, sich zunächst in den Verkehrsfluß auf der rechten Fahrspur der A5 einzufügen und sich zu vergewissern, daß er durch sein beabsichtigtes Überholen nicht nachfolgende Fahrzeuge gefährdet.
2. Der Angeklagte hat grob verkehrswidrig falsch überholt oder ist sonst beim Überholvorgang falsch gefahren.
Einen Kraftfahrer, der unmittelbar nach dem Einfahren auf die Autobahn zum Überholen ansetzen will, trifft eine doppelte Verpflichtung: Zum einen muß der Kraftfahrer, der von einem Beschleunigungsstreifen aus auf die Autobahn einfahren will, dies mit größter Vorsicht unter Beachtung des Vorfahrtsrechtes (§ 18 Abs. 3 StVO) des sich auf der Autobahn bewegenden Verkehrs tun; der Beschleunigungsstreifen dient nur der zügigen Einfädelung des in die Autobahn einfahrenden Verkehrs und gehört nicht zur „durchgehenden Fahrbahn“ im Sinne dieser Vorschrift (s. amtliche Begründung zu § 3 von § 18 StVO – abgedruckt bei Jagusch/Hentschel, StVR, 28. Aufl., hinter § 18 S. 468). Zum andern schreibt § 5 Abs. 4 StVO vor, dass beim Überholen eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen sein muss. Daraus ergibt sich für denjenigen Kraftfahrer, der zum Überholen ansetzt, obwohl er sich gerade erst in den Verkehr auf der Normalspur eingegliedert hat, eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Die Inanspruchnahme der Überholspur setzt eine gründliche Kenntnis der gesamten Verkehrssituation voraus, über die der gerade erst auf die Autobahn Einbiegende nicht in gleicher Weise verfügt wie der Kraftfahrer, der sich bereits einige Zeit auf der durchgehenden Fahrbahn der Autobahn bewegt und dadurch die Möglichkeit hat, sich vor dem beabsichtigten Überholen mit der erforderlichen Gründlichkeit und Ruhe über die rückwärtige Verkehrslage zu orientieren, insbesondere darüber, ob sich Kraftfahrer mit sehr hoher Geschwindigkeit – wenn zunächst auch auf der Normalspur fahrend – nähern und möglicherweise in Kürze gleichfalls die Überholspur in Anspruch nehmen werden. Da auf den Bundesautobahnen häufig eine Begrenzung der Geschwindigkeit nicht besteht, muss der Einbiegende bei normalen Straßen- und Sichtverhältnissen, wie sie hier gegeben waren, mit der Möglichkeit rechnen, dass sich ihm Kraftfahrer mit Geschwindigkeiten von 150 bis 200 km/h nähern. Deshalb darf er nicht zum Überholen ansetzen, solange er nicht die Gewissheit hat, dass sich ihm kein derartig schnelles Fahrzeug, auch nicht möglicherweise zunächst durch andere Fahrzeuge verdeckt, nähert und durch sein Überholen gefährdet werden könnte. Vielmehr muss er sich erst einmal in den Verkehrsfluss einfügen, um einerseits sich selbst in die konkrete Verkehrssituation auf der Autobahn einzufühlen und zum andern seine eigene Rolle im Autobahnverkehr für die anderen Verkehrsteilnehmer berechenbar zu machen (BGH, Urteil vom 26. November 1985 – VI ZR 149/84 –, Rn. 9 – 11, juris).
Diesen Anforderungen ist der Angeklagte in besonders hohem Maße nicht gerecht geworden. Dadurch, dass der Angeklagte zum einen innerhalb kürzester Zeit vom Beschleunigungsstreifen auf die Überholspur wechseln wollte, ohne die Zeit zu haben, sich mit der Verkehrslage auf der Autobahn hinreichend vertraut zu machen und anderen Fahrzeugführern die Möglichkeit zu geben, das Fahrverhalten des Angeklagten einschätzen zu können, und zum anderen den rückwärtigen Verkehr nur mangelhaft beobachtet hat, weil er den Außenspiegel zur Verkehrsbeobachtung nicht genutzt hat, hat er in grober Weise gegen die Pflichten eines Fahrzeugführers verstoßen (vgl. auch LG Bonn, Urteil vom 18. August 1989 – 36 D 6/89 –, juris).
2. Dieses Verkehrsverhalten war auch rücksichtslos.
Rücksichtslos handelt bei fahrlässig unbewusster Begehungsweise, wer sich aus Gleichgültigkeit auf seine Pflichten nicht besinnt, Hemmungen gegen seine Fahrweise gar nicht erst aufkommen lässt und unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens darauf losfährt (BGH, Urt. v. 13.03.1959 – 4 StR 30/59, VRS 16, 354ff, 356; OLG Oldenburg, Urt. v. 15.10.1959 – 2 Ss 364/59, VRS 18, 444, 445 ; Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl. 2019, § 315c Rn. 28 m.w.N.). Ob der Angeklagte rücksichtslos gehandelt hat, ist unter besonderer Berücksichtigung des äußeren Tatgeschehens zu beurteilen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 08. August 2017 – 3 Rv 25 Ss 606/17 –, Rn. 13, juris).
Der Gesetzgeber hat die Strafbarkeit in § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht nur objektiv mit dem Kriterium „grob verkehrswidrig“, sondern auch subjektiv mit dem Tatbestandsmerkmal „rücksichtslos“ auf solche Verkehrsverstöße eingegrenzt, die sowohl objektiv als auch subjektiv aus der Masse der im Straßenverkehr begangenen Zuwiderhandlungen herausragen. Die Feststellung des Merkmals erfordert den Nachweis, dass im konkreten Tatgeschehen eine insb. von Leichtsinn, Eigensucht, Gleichgültigkeit oder unverständlicher Nachlässigkeit geprägte üble Verkehrsgesinnung des Täters zum Ausdruck gelangt ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. August 2020 – 1 Rv 34 Ss 406/20 –, Rn. 13, juris). Eine lediglich auf menschlichem Versagen beruhende falsche Beurteilung der Verkehrslage genügt hingegen nicht (vgl. BGH, Urt. v. 13.03.1959 – 4 StR 30/59, VRS 16, 354, 357; OLG Stuttgart, Beschluss vom 08. August 2017 – 3 Rv 25 Ss 606/17 –, Rn. 16, juris).
Soweit der Angeklagte sich auf ein solches Augenblicksversagen beruft, wie es – vermeidbar – jedem Verkehrsteilnehmer unterlaufen könne, kann ihm die Kammer nicht folgen. Die von ihm in Bezug genommenen Entscheidungen des OLG Stuttgart (a.a.O.) und des OLG Karlsruhe (a.a.O.) sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Beide Fälle betreffen einfache Überholvorgänge, bei denen die Überholenden einer Fehlvorstellung über die zum Überholen zur Verfügung stehende Straßenlänge unterlagen und deshalb trotz mangelnder Überschaubarkeit der Verkehrsführung überholt haben, so dass es zu einer Frontalkollision kam oder diese nur knapp vermieden werden konnte. Dem lag jeweils ein grundsätzlich normales Verkehrsverhalten zugrunde, dass durch eine Fehleinschätzung zu einer Gefahr bzw. zu einem Unfall geführt hat. Vergleichbar wären die Fälle mit dem vorliegenden Fall nur dann, wenn der Angeklagte beim einmaligen (!) Spurwechsel und dem ordnungsgemäßen Blick in den Spiegel (!) einen Fehler gemacht, z.B. das herannahende Fahrzeug des Zeugen Z01 für langsamer gehalten hätte, als es tatsächlich war, und es dann mindestens zu einer Gefährdung gekommen wäre. Angesichts des doppelten Spurwechsels sind aufgrund der hohen Gefährlichkeit aber gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Der Angeklagte hat sich auch nicht etwa verschätzt, wie in den genannten Fällen, sondern er hat von vornherein nicht den Verkehr durch den Blick in den linken Außenspiegel ausreichend beobachtet. Sein Verhalten war von Leichtsinn, unverständlicher Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber den Sicherheitsinteressen der übrigen Verkehrsteilnehmer geprägt.
3. Durch seine Tat hat der Angeklagte Leib und Leben der Zeugen Z01 und Z03 gefährdet und fremde Sachen von bedeutendem Wert, den vom Zeugen Z01 geführte neuwertigen Audi A4, nicht unerheblich beschädigt.
4. Der Angeklagte hat fahrlässig gehandelt und die Gefahr fahrlässig verursacht. Nach den Feststellungen ist auszuschließen, dass dem Angeklagten bewusst gewesen wäre, dass es zu einer konkreten Gefährdung bzw. einem Unfall kommt, oder dass er bedingten Vorsatz hinsichtlich seines grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Verhaltens gehabt hätte.
VI.
1. Bei der Strafzumessung war vom Strafmaß des § 315c Abs. 1 Nr. 2 b), Abs. 3 Nr. 2 StGB auszugehen, der die Verhängung einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vorsieht.
Zu Gunsten des Angeklagten war zu würdigen, dass dieser bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, den Führerschein bereits seit 55 Jahren hat und bis auf den vorliegenden Unfall unfallfrei gefahren ist. Außerdem hat sich der Angeklagte, jedenfalls was den äußeren Ablauf angeht, geständig eingelassen und die Tat mehrfach glaubhaft bedauert. Schließlich trifft ihn als Anwalt, der Mandanten- und Gerichtstermine wahrnehmen muss, die Beschlagnahme und vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis in besonderem Maße. Strafschärfend fallen seine verkehrsrechtlichen Vorbelastungen ins Gewicht und die Herbeiführung eines Unfalls mit nicht unerheblichem Sachschaden in Höhe von ca. 7.000,00 €. Der Unfall fand auf einer Autobahn bei hoher Geschwindigkeit statt, so dass die Gefahr bestand, dass weitere Verkehrsteilnehmer, wie z.B. der Zeuge Z02 und der nachfolgend fahrende LKW, in den Unfall verwickelt werden.
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 70 Euro als tat- und schuldangemessen festgesetzt.
2. Der Angeklagte hat sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Bei der von dem Angeklagten begangenen Tat handelt es sich um einen Regelfall gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB mit der Folge, dass eine Sperrfrist gemäß § 69 a StGB anzuordnen war. Gründe, die gegen die Regelwirkung sprechen, sind nicht ersichtlich. Bei der Bemessung der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis war zu berücksichtigen, dass sich die Fahrerlaubnis des Angeklagten bereits seit dem 02.06.2020 bei der Akte befindet und er dadurch in seiner Berufsausübung als Anwalt beeinträchtigt wurde. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält die Kammer die Mindestsperrfrist, § 69a Abs. 4 u. 6 StGB, von weiteren drei Monate für ausreichend, aber auch für notwendig.
VII.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1, Abs. 4 StPO.