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Tätige Reue im Strafrecht

Die Reue ist im Strafrecht ein wesentlicher Aspekt bei der Urteilsfindung des zuständigen Gerichts. Durch die tätige Reue kann ein Täter eine Strafmilderung des Urteils erreichen. Die tätige Reue im Strafrecht ist jedoch an gewisse Voraussetzungen respektive Kriterien geknüpft. Lesen Sie weiter, um alle wichtigen Informationen zu der tätigen Reue in Erfahrung zu bringen.

Das Wichtigste in Kürze


Die tätige Reue ist im deutschen Strafrecht ein wichtiger Faktor, der unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Strafmilderung oder sogar Strafaufhebung führen kann. Ihre Anerkennung hängt von der Erfüllung spezifischer Kriterien ab, wie Freiwilligkeit, Rechtzeitigkeit und der Vollständigkeit der Schadenswiedergutmachung.

  • Tätige Reue ermöglicht unter bestimmten Umständen eine Strafmilderung oder Straffreiheit im Strafrecht und setzt ein aktives Bemühen des Täters zur Wiedergutmachung oder zur Minderung der Tatfolgen voraus.
  • Freiwilligkeit, Rechtzeitigkeit und vollständige Schadenswiedergutmachung sind essenzielle Voraussetzungen für die Anerkennung der tätigen Reue.
  • Tätige Reue kann sich in Form von Geständnissen, Schadenswiedergutmachung oder anderen Maßnahmen äußern und muss ernsthaft und ohne äußeren Zwang erfolgen.
  • Die rechtzeitige Reuebekundung, idealerweise während oder unmittelbar nach der Tat, sowie die Selbstanzeige vor Entdeckung der Tat durch Behörden, sind spezifische Formen der Reue, die rechtlich anerkannt werden.
  • Unterschieden wird zwischen allgemeiner tätiger Reue im Strafgesetzbuch (StGB) und der Selbstanzeige im Steuerstrafrecht (§ 371 AO), wobei letztere nur bei Steuerdelikten anwendbar ist.
  • Die Anwendung der tätigen Reue ist auf bestimmte Delikte beschränkt, wobei Gewalttaten oder schwerere Delikte oft ausgeschlossen sind.
  • Die Rechtsfolgen der tätigen Reue variieren vom vollständigen Erlass der Strafe bis zu einer Strafmilderung, je nachdem, wie die Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt werden.
  • Beispielhafte Anwendungsfälle in der Rechtsprechung illustrieren, wie tätige Reue bei Delikten wie Brandstiftung oder Betrug strafmildernd wirken kann.
  • Die tätige Reue dient nicht nur der potenziellen Strafmilderung oder -aufhebung für den Täter, sondern kann auch positive psychologische Effekte für das Opfer haben, indem es einen Versuch der Wiedergutmachung und des Schuldeingeständnisses darstellt.

Tätige Reue Straftäter
(Symbolfoto:  Bits And Splits/Shutterstock.com)

Definition und Bedeutung der tätigen Reue

Strafrechtlich wird der Begriff der tätigen Reue dahingehend definiert, dass ein Täter die durch ihn begangene Tat bereut und durch ein aktives Verhalten den Versuch unternimmt, eine Wiedergutmachung des angerichteten Schadens respektive eine Abmilderung der Folgen seiner Tat zu erreichen. Die tätige Reue kann sich in unterschiedlichen Formen äußern. Denkbar sind sowohl Geständnisse als auch Maßnahmen der Wiedergutmachung.

Die tätige Reue hat für den Angeklagten eine maßgebliche Bedeutung, da unter gewissen Umständen durch sie eine Strafmilderung erreicht werden kann. Auch für das Opfer kann die tätige Reue des Täters psychologisch positive Auswirkungen mit sich bringen. Wird die tätige Reue durch den Täter bereits während der Straftat gezeigt, so können auch die Folgen der Tat aus der Sicht des Opfers abgemildert werden.

Voraussetzungen der tätigen Reue

Die vollständige Reue ist im Strafrecht an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die für eine strafmildernde respektive sogar strafaufhebende Wirkung zwingend als erfüllt anzusehen sein müssen. Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass es sich stets um eine Einzelfallprüfung handelt und dass die Voraussetzungen der Freiwilligkeit sowie Rechtzeitigkeit und Vollständigkeit der Schadenswiedergutmachung nicht als abschließend anzusehen sind. Es obliegt stets der Einschätzung des Gerichts, ob die tätige Reue des Täters seine strafmildernde respektive strafaufhebende Wirkung entfalten kann.

Freiwilligkeit

Ein wesentliches Kriterium der tätigen Reue ist die Freiwilligkeit. Dies bedeutet, dass der Täter die tätige Reue aus freien Stücken heraus ohne äußeren Zwang oder gar Druck gezeigt haben muss. Hier ist auch die Abgrenzung zu dem erzwungenem Verhalten zu ziehen, die nicht auf den eigenen Antrieb des Täters beruht. Erzwungenes Verhalten äußert sich dadurch, dass die Tat lediglich aufgrund einer äußeren Manipulation respektive Zwangssituation heraus begangen wurde.

Überdies muss die tätige Reue auch ernsthaft gemeint sein, um als glaubwürdig zu gelten. Die Ernsthaftigkeit zeigt sich durch gewisse Handlungen, die der Täter als Wiedergutmachung respektive Abmilderung der Tatfolgen aus dem freien Willen heraus begangen hat.

Rechtzeitigkeit

Die Rechtzeitigkeit respektive Unmittelbarkeit der tätigen Reue ist ebenfalls eine zwingende Voraussetzung. Der Täter muss die Reue entweder noch während des Begehens der Straftat respektive unmittelbar danach gezeigt haben, damit sie die gesetzlichen Kriterien erfüllt. Eine strafrechtliche Ausnahmesituation stellt die Selbstanzeige dar, die ebenfalls als tätige Reue definiert wird. Bei dieser Ausnahmesituation stellt sich der Täter durch die Selbstanzeige den zuständigen Behörden für die Strafverfolgung, bevor die Tat durch die entsprechenden Behörden entdeckt wurde.

Differenzierung zwischen tätiger Reue und Selbstanzeige

Hier eine Differenzierung zwischen tätiger Reue und Selbstanzeige im deutschen Strafrecht:

Tätige Reue

Tätige Reue ist ein allgemeiner Strafaufhebungs- bzw. Strafmilderungsgrund im Strafgesetzbuch (StGB). Die wesentlichen Merkmale sind:

  • Der Täter hat bereits mit der Ausführung einer Straftat begonnen, diese aber noch nicht vollendet. Es liegt also mindestens ein strafbarer Versuch vor.
  • Der Täter gibt freiwillig die weitere Tatbegehung auf oder verhindert deren Vollendung. Alternativ wendet er nach vollendeter Tat freiwillig den Schaden ab oder versucht dies ernsthaft.
  • Tätige Reue ist nur bei bestimmten Delikten wie Brandstiftung, Geldfälschung, Kreditbetrug etc. gesetzlich vorgesehen und führt dort zu Strafmilderung oder Straffreiheit.
  • Der Täter muss aus autonomen, von Freiwilligkeit getragenen Motiven handeln, nicht aus Angst vor Entdeckung.

Selbstanzeige

Die Selbstanzeige ist eine spezielle Form der tätigen Reue im Steuerstrafrecht (§ 371 AO):

  • Der Täter einer Steuerhinterziehung berichtigt bei der Finanzbehörde unrichtige Angaben, ergänzt unvollständige Angaben oder holt unterlassene Angaben nach.
  • Die Selbstanzeige muss erfolgen, bevor dem Täter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben wurde und bevor ein Prüfer zur Prüfung erschienen ist.
  • Um Straffreiheit zu erlangen, darf der Täter nicht wissen, dass die Tat bereits ganz oder teilweise entdeckt war. Zudem muss er ggf. die hinterzogenen Beträge innerhalb einer Frist nachzahlen.
  • Im Gegensatz zur tätigen Reue im StGB ist die Selbstanzeige eine Sonderregelung nur für den Bereich des Steuerstrafrechts. Sie ermöglicht die strafbefreiende Rückkehr zur Steuerehrlichkeit.

Zusammengefasst ist die tätige Reue der Oberbegriff für ein Nachtatverhalten des Täters, das seine Strafbarkeit aufhebt oder mildert. Die Selbstanzeige bei Steuerstraftaten ist eine spezielle Form der tätigen Reue mit strafbefreiender Wirkung.

Vollständige Schadenswiedergutmachung

Dem reinen Grundsatz nach ist die vollständige Schadenswiedergutmachung ein wesentliches Kriterium für die tätige Reue. Dies beinhaltet die vollständige Beseitigung des durch den Täter verursachten Schadens. Sollte dies nicht möglich sein, so kann zumindest der Versuch der Schadensbehebung respektive Abmilderung im Rahmen der Möglichkeiten des Täters als tätige Reue gewertet werden. Denkbar ist auch, dass der Täter mit dem Opfer einen sogenannten Wiedergutmachungsvertrag abschließt und die Tatfolgen schrittweise wiedergutmacht respektive für die Folgen der Tat wirtschaftlich aufkommt.

Anwendungsbereich der tätigen Reue

Das Anwendungsgebiet der tätigen Reue bezieht sich in der gängigen Praxis auf das Strafrecht. Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass der Gesetzgeber hier eine Beschränkung auf bestimmte Deliktarten festgelegt hat.

Beschränkung auf bestimmte Delikte

Es gibt eine Reihe von Straftaten, bei denen die tätige Reue zur Anwendung kommen und eine strafmildernde respektive sogar strafaufhebende Wirkung entfalten kann. Denkbar sind hierfür beispielsweise der Diebstahl gem. § 242 StGB sowie Betrug gem. § 263 StGB nebst anderweitiger Vermögensdelikte, bei denen keine Gewaltanwendung des Täters gegenüber dem Opfer erfolgte. Auch bei Brandstiftungsdelikten gem. §§ 306 fortfolgende StGB ist die tätige Reue des Täters möglich.

Abgrenzung zum Rücktritt vom Versuch (§ 24 StGB)

Der Gesetzgeber nimmt bei der tätigen Reue eine klare Abgrenzung zu dem Rücktritt vom Versuch gem. § 24 StGB vor. Die Reue im Sinne des Strafrechts nimmt Bezug auf die Tätereinsicht, dass das eigene Verhalten ein Fehlverhalten darstellt, und die Wiedergutmachungshandlung des Täters aufgrund der Reue. Der Rücktritt von dem Versuch im Sinne des § 24 StGB bezieht sich jedoch darauf, dass der Täter die Handlung aufgibt, bevor sie vollendet wurde.

Ein weiterer Unterschied zwischen der tätigen Reue und dem Rücktritt von dem Versuch liegt in dem Umstand, dass die tätige Reue anderweitige Rechtsfolgen nach sich zieht als es bei dem Rücktritt von dem Versuch der Fall ist. Hierbei muss jedoch ausdrücklich erwähnt werden, dass es sich stets um Einzelfallentscheidungen handelt.

Rechtsfolgen der tätigen Reue

Die tätige Reue kann, je nach Einzelfall, unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Denkbar ist, dass seitens des Gerichts eine Strafmilderung in dem Urteil vorgenommen wird. Denkbar ist jedoch auch, dass der Täter sogar gänzlich ohne Strafe bleibt.

Strafaufhebung

Die Strafaufhebung ist eine denkbare rechtliche Folge der tätigen Reue. Dies setzt jedoch voraus, dass die tätige Reue den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht und von dem Täter dementsprechend unmittelbar und glaubhaft durch entsprechende Maßnahmen zum Ausdruck gebracht wurde. Es muss hierbei jedoch betont werden, dass es sich um eine rein obligatorische Möglichkeit handelt, die in der gängigen Praxis nur sehr selten Anwendung findet.

Eine Ausnahme stellt das Delikt der fahrlässigen Brandstiftung im Sinne des § 306e StGB dar. Bei diesem Delikt ist bereits gesetzlich festgelegt, dass ein Täter, der die tätige Reue zeigt, für sein Handeln keine Strafe erfahren darf.

Strafmilderung

Eine denkbare Rechtsfolge der tätigen Reue ist die Strafmilderung gem. § 49 Abs. 2 StGB. Hierbei handelt es sich jedoch ausdrücklich um eine Ermessensentscheidung des Gerichts, die auf der Basis des Einzelfalls entschieden wird. Es obliegt somit dem Gericht zu entscheiden, ob das Argument der tätigen Reue in dem vorliegenden Fall ausreichend für eine Strafmilderung ist oder ob dies nicht der Fall ist.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Es gibt eine Reihe von Fallbeispielen, bei denen die tätige Reue zu Strafmilderungen führen kann. Es muss allerdings bedacht werden, dass die Grundvoraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen und dass gewisse Verhaltensmuster als nicht ausreichend angesehen werden können. Die jeweiligen individuellen Rahmenumstände der Tat sind hierfür entscheidend.

Rücktritt von Brandstiftung durch Löschen des Feuers

Auf der Grundlage des § 306e ist einem Gericht möglich, nach dem eigenen Ermessen im Sinne des § 49 Abs. 2 eine Strafmilderung oder Strafaufhebung bei einer vorsätzlichen Brandstiftung vorzunehmen. Dies setzt allerdings voraus, dass durch das Feuer noch kein als erheblich anzusehender Schaden entstanden ist und der Täter den ernsthaften und freiwilligen Versuch des Löschens unternommen hat. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass die Brandstiftung durch die Löscharbeiten des Täters noch nicht als vollendet anzusehen ist. Der Bundesgerichtshof hat festgelegt, dass ein erheblicher Schaden dann vorliegt, wenn für die Reparatur ein Kostenaufwand in Höhe von 2.500 Euro entsteht.

Schadenswiedergutmachung nach Betrug

Die tätige Reue kann bei Betrugsdelikten strafmildernd oder mitunter auch strafaufhebend zur Anwendung kommen, wenn der Täter sich glaubhaft bei dem Opfer auf freiwilliger Basis entschuldigt und eine vollständige finanzielle Entschädigung beispielsweise des gestohlenen oder veruntreuten Geldes an das Opfer leistet. Alternativ dazu können auch anderweitige Kompensationsmaßnahmen wie praktische Hilfe oder Unterstützungsmaßnahmen gleichwertiger Natur als tätige Reue des Täters gewertet werden.

Freiwilliges und ernsthaftes Bemühen um Schadenswiedergutmachung

Der rechtliche Kerncharakter der tätigen Reue ist die ernsthafte und aufrichtige Bereitschaft des Täters, auf freiwilliger Basis aufgrund der Einsicht in die Fehlerhaftigkeit des Handelns eine Wiedergutmachung bei dem Opfer zu leisten. Die Wiedergutmachung kann in unterschiedlicher Art und Weise geleistet werden. Von der aufrichtigen Entschuldigung über Kompensationsmaßnahmen bis hin zu praktischen Hilfen kennt der Gesetzgeber viele Formen der Wiedergutmachung.

Fazit

Die tätige Reue spielt im Strafrecht eine wichtige Rolle für den Täter, da sie sich strafmildernd oder sogar strafaufhebend auswirken kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen hierfür als gegeben anzusehen sind. Es muss auch betont werden, dass es sich hierbei stets um eine Einzelfallentscheidung des Gerichts handelt.

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