LG Chemnitz – Az.: 4 Qs 108/21 – Beschluss vom 12.04.2021
1. Die Beschwerde des Herrn … vom 19.03.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aue-Bad Schlema, Zweigstelle Stollberg vom 15.03.2021 wird als unbegründet verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist der gewählte Verteidiger der Angeklagten im Strafverfahren Z 2 Cs 730 Js 39632/20 vor dem Amtsgericht A, Zweigstelle S.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 26.02.2021 wurde der Beschwerdeführer als Verteidiger geladen. Die Ladung enthielt die Hinweise: „In der Verhandlung besteht aus Infektionsschutzgründen Maskenpflicht. Sie werden aufgefordert eine FFP2-Maske oder OP-Maske mitzubringen und bereits beim Betreten des Gerichtsgebäudes zu tragen. Bei Verstoß wird Anzeige erstattet. Ein ärztliches Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht wird nur anerkannt, wenn es den Vorgaben der Sächsischen Landesärztekammer entspricht. Das Attest muss im Original vorgelegt werden.“ Der Ladung beigefügt war durch das Gericht eine Pressemitteilung der Sächsischen Landesärztekammer vom 09.11.2020, in der sie – aus ihrer Sicht – die Anforderungen an ein wirksames ärztliche Attest zur Befreiung von der sog. „Maskenpflicht“ der Coronaschutzverordnung zusammenfasst. Darin wird insbesondere gefordert, dass die ärztliche Bescheinigung die prüfende Stelle in die Lage versetzen muss, das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen zur Befreiung selbstständig zu prüfen. Namentlich sei die gesundheitliche Beeinträchtigung zu benennen, die zur Befreiung führen soll.
Zum Termin der mündlichen Hauptverhandlung am 10.03.2021 erschien der Beschwerdeführer ohne jegliche Mund-Nasenbedeckung. Auf Aufforderung des Gerichts, eine Maske zu tragen, verweigerte sich der Beschwerdeführer. Stattdessen legte er ein Dokument der Frau Dipl.-Med. … aus …. vom 19.06.2020 vor. Dieses Dokument ist augenscheinlich ein Vordruck einer ärztlichen Verordnung für Heilmittel, auf der (neben dem Praxisstempel der ausstellenden Ärztin, deren Unterschrift und das Datum der Ausstellung) allein der Name, Geburtstag und Anschrift des Beschwerdeführers, dessen Versicherer und der bloße Hinweis „Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen“ abgedruckt wurde. Sonstige Daten – wie Versicherungsnummer, Personennummer, Angaben zur Versicherungskarte – fehlen vollständig auf dem Vordruck. Der Beschwerdeführer erklärte im eigenen Namen „an Eides statt“, dass er „aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage sei, eine Mund-Nasenbedeckung zu tragen“. Weitere Gründe gab er nicht an. Auf den Hinweis des Gerichts, dass das vorgelegte Attest nicht anerkannt werde, da es den Vorgaben der Landesärztekammer nicht entspreche, gab der Beschwerdeführer an, er werde keine Maske tragen. Die Vorsitzende ordnete daraufhin an, dass der Verteidiger den Sitzungssaal aufgrund des Infektionsschutzes zu verlassen habe. Hiergegen hat der Beschwerdeführer noch im Termin zur mündlichen Verhandlung „Beschwerde“ eingelegt und damit begründet, für die Anordnung zum Tragen einer Maske existiere weder in der Corona-Schutzverordnung noch im Infektionsschutzgesetz eine Rechtsgrundlage. Er habe das ärztliche Attest zur Glaubhaftmachung vorgelegt. Weiterhin sei seine Ärztin nicht an die Vorgaben der Landesärztekammer gebunden, „weil er privat versichert ist“. Die Hauptverhandlung wurde daraufhin ausgesetzt. Mit Schreiben vom 15.03.2021 schickte der Beschwerdeführer die Kopie eines nicht näher bezeichneten Dokuments – offensichtlich ein Teil der amtlichen Begründung zur Sächsischen Corona-Schutzverordnung vom 05.03.2021 – und markierte dort die Passage zur Befreiung von der Tragepflicht „Eine gesonderte Begründung […] ist dabei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erforderlich.“
Mit Beschluss des Amtsgerichts A, Zweigstelle S, vom 15.03.2021 hat das Gericht die sitzungspolizeiliche Anordnung vom 10.03.2021 aufrechterhalten. Weiterhin wurde der Verteidiger für die Hauptverhandlung nicht von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung befreit. Hilfsweise ordnete das Gericht an, dass der Verteidiger zu Beginn der Hauptverhandlung und an den nachfolgenden Sitzungstagen jeweils einen Nachweis einer Testung auf eine Infektion mit dem Corona-Virus SARA-CoC-2 als PCR-Test oder Schnelltest vorzulegen hat. Ein Selbsttest wird dagegen nicht als ausreichend angesehen. Der Test dürfe nicht älter als 48 Stunden sein. Im Wesentlichen wird der Beschluss durch das Amtsgericht damit begründet, dass eine Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Pflicht, eine Mund-Nasenbedeckung zu tragen, durch das vorgelegte Attest nicht erfolgt sei, da dieses nicht die inhaltlichen Vorgaben der Sächsischen Landesärztekammer einhalte. Ein Attest zur Befreiung von der Tragepflicht müsse nachvollziehbar darlegen, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund der Mund-Nasen-Bedeckung zu erwarten sind. Allein die Bescheinigung, eine Person könne „aus gesundheitlichen Gründen“ keine Maske tragen, genüge hierfür nicht. Datenschutzrechtliche Gründe stünden einer solchen Forderung nicht entgegen. Auch könne ein Attest vom 18.06.2020 ohne Angabe dazu, ob eine akute oder eine chronische Erkrankung Grund für die Befreiung ist, nicht acht Monate später eine Befreiung glaubhaft machen. Im Übrigen wird auf den umfangreich begründeten Beschluss Bezug genommen.
Hiergegen wurde durch den Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19.03.2021 Beschwerde eingelegt. Diese wurde mit Schreiben vom 06.04.2021 nochmals begründet. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die Angabe der Diagnose sei in der Sächsischen Corona-Schutzverordnung nicht gefordert und es fehle „jedwede Rechtsgrundlage“. Die erkennende Richterin sei die einzige, die sein Attest nicht anerkenne. Dem Beschwerdeführer sei eine tatsächliche Diagnose durch einen Arzt nicht zuzumuten, da diese einen „erheblichen finanziellen Beitrag“ erfordere. Eine Glaubhaftmachung durch ihn sei in Form seiner eigenen eidesstattlichen Versicherung erfolgt. Er leide an „einer chronischen Erkrankung der Atemwege“. Auch setze er nie eine OP-Maske auf und habe auch insbesondere bei einem von ihm angesprochenen Treffen eines Gewerbevereins keinen Mindestabstand eingehalten, was durch die Polizei dort gebilligt worden sei. Weiterhin werde er als ethnische Minderheit diskriminiert, da er durch zwei Indianerstämme adoptiert worden sei. Auch habe die erkennende Richterin keine ausreichende medizinische Ausbildung, um den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers einschätzen zu können. Im Übrigen sei ein ausreichender Schutz im Gerichtssaal durch wiederholtes Lüften und im Saal angebrachte Plexiglasscheiben gewährleistet.
Die Staatsanwaltschaft hatte Gelegenheit zur Stellungnahme und beantragte, die Beschwerde zu verwerfen.
II.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde zulässig ist (1.), jedenfalls ist sie in der Sache unbegründet (2.).
1.
Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde vom 19.03.2021 tatsächlich zulässig ist.
Zunächst ist der Beschwerdeführer auch als Verteidiger der Angeklagten im Strafverfahren grundsätzlich beschwerdebefugt, wenn er von der angegriffenen Entscheidung (wie hier) selbst betroffen ist (§ 304 Abs. 2 StPO).
Fraglich ist allerdings, ob die Beschwerde überhaupt statthaft ist. Die Anordnung des Gerichts zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung stellte eine sitzungsleitende Anordnung der Vorsitzenden i.S.d. § 238 Abs. 1 StPO, § 176 Abs. 1 GVG dar. Eine solche kann (allein) gem. § 238 Abs. 2 StPO beanstandet und die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Diese Beanstandung wurde durch den Beschwerdeführer noch in der mündlichen Verhandlung vorgenommen. Hierbei war es unschädlich, dass der Beschwerdeführer – obwohl er Rechtsanwalt ist – seinen Rechtsbehelf in der mündlichen Verhandlung falsch als „Beschwerde“ bezeichnet hat (vgl. § 300 StPO). Hierauf erging die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts vom 15.03.2021. Gegen die Entscheidung nach § 238 Abs. 2 StPO ist allerdings grundsätzlich gem. § 305 Satz 1 StPO kein weiteres Rechtsmittel statthaft (so auch die wohl herrschende Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur; vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 238 Rn. 21 und § 176 GVG Rn. 24 jeweils mit weiteren Nachweisen). Zwar wird teilweise eine Beschwerde dann ausnahmsweise als statthaft angesehen, wenn durch die Anordnung Rechtspositionen des Betroffenen dauerhaft auch über die Hauptverhandlung hinaus berührt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.04.2015 – 1 BvR 3276/08; Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 176 GVG Rn. 24 m.w.N.). Das Amtsgericht ist der Auffassung, dass zu Gunsten des Beschwerdeführers von einer solchen Ausnahme ausgegangen werden könne, da der Beschwerdeführer als Rechtsanwalt vor dem Amtsgericht eine Vielzahl weiterer Verfahren betreut und daher auch in diesen Fällen zu befürchten sei, dass er der gerichtlichen Anordnung nicht nachkomme. Ob diese Begründung tatsächlich eine ausnahmsweise Statthaftigkeit der Beschwerde begründen könnte, ist indes zweifelhaft. Anders als in den Fällen, in denen einzelfallbezogen eine Beschwerde gegen sitzungsleitende Anordnungen als statthaft angesehen wurden (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 17.04.2015 – 1 BvR 3276/08 zum Fall, dass einem Journalisten die Veröffentlichung von Bildmaterial von Prozessbeteiligten eingeschränkt wurde) wird der Beschwerdeführer nicht unmittelbar durch die konkrete einzelne Anordnung über die Hauptverhandlung hinaus beeinträchtigt. Vielmehr ist die Anordnung zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes ganz klar auf die jeweilige Hauptverhandlung begrenzt, anders als bei der Beeinträchtigung etwa eines Journalisten, der aufgrund einer Gerichtsanordnung auch (und gerade) nach der Hauptverhandlung nur eingeschränkt seine Bilder veröffentlichen darf (BVerfG, Beschluss vom 17.04.2015 – 1 BvR 3276/08). Der Beschwerdeführer wird lediglich mittelbar auch über die konkrete Hauptverhandlung dadurch berührt, dass die gleiche gerichtliche Anordnung ihrem Inhalt nach auch in weiteren Verfahren zu erwarten ist. Ob dies jedoch für eine anhaltende grundrechtliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers auch über die Hauptverhandlung hinaus entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt, ist erheblich zweifelhaft (vgl. Rau in: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise 2. Auflage 2020, § 19 Rn. 87, der die Statthaftigkeit einer Beschwerde in diesen Fällen grundsätzlich verneint). Der Beschwerdeführer hat jedenfalls keine Einschränkungen dieser Art in seiner umfangreichen Begründung geltend gemacht.
Zwar wird darüber hinaus auch in Fällen, in denen die Rechtswidrigkeit einer Ermessensentscheidung behauptet wird, weil das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden sei und in dieser fehlerhaften Ausübung eine besondere, selbständige Beschwer liegt, die Beschwerde gegen verfahrensleitende Verfügungen als statthaft angesehen (BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20). Allerdings ist es ebenso fraglich, ob ein solcher Fall hier vorliegen könnte.
Allerdings kann diese Frage dahinstehen, da die Beschwerde jedenfalls in der Sache unbegründet ist.
2.
Entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des Beschwerdeführers besteht für die Anordnung, während der Hauptverhandlung eine Mund-Nasenbedeckung zu tragen, eine Rechtsgrundlage. Diese findet sich – wie für alle verfahrensleitenden und die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit betreffenden Anordnungen des Vorsitzenden – in § 238 Abs. 1 StPO und § 176 GVG (so auch nochmals ausdrücklich für Maßnahmen zum Infektionsschutz Rau in: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise 2. Auflage 2020, § 19 Rn. 84, 86).
a)
Im Rahmen der Verfahrensleitung hat das Gericht (insbesondere) die Interessen an der Effektivität der Rechtspflege, die Gewährleistung des Zugangs zu Gericht (Art. 19 Abs. 4 GG), damit verbunden auch das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) sowie den Schutz der Unversehrtheit aller Personen, die vor Gericht erscheinen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zu wahren und jeweils u.U. gegeneinander abzuwägen. Insbesondere bei der Erfüllung ihrer Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG kommt den Gerichten ein erheblicher Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20 m.w.N. aus der bereits jahrelang gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung). Dieser Spielraum gilt auch bei der Überprüfung von Maßnahmen zur Verhinderung einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus (BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20). Bei der Entscheidung darüber, welche Mittel notwendig sind, um das Funktionieren der Rechtspflege und den Schutz der Personen, die bei einer Verhandlung beteiligt sind, zu gewährleisten, kann das Gericht auf Grundlage seiner eigenen Einschätzung insbesondere (aber nicht ausschließlich) den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts folgen sowie Maßnahmen ergreifen, die sich bei der Bekämpfung des ansteckenden Virus als zweckmäßig erwiesen haben – namentlich die Anordnung einer Maskenpflicht während der Hauptverhandlung (so ausdrücklich auch BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20). Werden solche Maßnahmen zum Schutz von Personen ergriffen, unterliegt die Entscheidung hierzu nur sehr eingeschränkter Kontrolle durch ein Rechtsmittelgericht (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20). Die Anordnung, eine OP-Maske während einer Gerichtsverhandlung zu tragen, stützt sich damit auf § 238 Abs. 1 StPO, § 176 GVG und ist verfassungsmäßig (BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/22). Letztendlich ist die Entscheidung des Gerichts allein auf Ermessensfehler überprüfbar (OLG Hamburg Beschl. v. 8.5.2020 – 2 Ws 62/20).
Hieraus ergibt sich bereits, dass es unerheblich ist, ob andere staatliche Stellen (so vom Beschwerdeführer behauptet) vom Beschwerdeführer das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verlangen oder dessen Verstöße gegen die Corona-Schutz-Verordnung billigen. Es handelt sich bei der sitzungspolizeilichen Anordnung des Amtsgerichts in S um eine eigenständige Anordnung aufgrund des geltenden Prozessrechts. Ob andere Stellen vergleichbare Fragen (nach einer eigenen Ermessensabwägung) abweichend einschätzen, ist daher ohne Belang. Ersichtlich haltlos ist daher der Einwand des Beschwerdeführers, es würde „Stollberger Landrecht“ vollzogen werden.
b)
Die Pflicht des Gerichts, alle Personen, die an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen, zu schützen, gebietet es gar, Schutzmaßnahmen gegen eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu ergreifen. Die Anordnung des Tragens einer Mund-Nasenbedeckung in Form von FFP2-Masken oder (einfachen) OP-Masken, wie vom Amtsgericht gefordert, ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Die Maßnahme ist auch angemessen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20; AG Reutlingen Urt. v. 14.8.2020 – 9 OWi 29 Js 9730/20; Rau in: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise 2. Auflage 2020, § 19 Rn. 86). Insbesondere spiegelt sie letztendlich die Anordnung der Coronaschutzverordnungen aller 16 Bundesländer wider, die das Tragen von Mund-Nasenbedeckungen für die Fälle des Aufeinandertreffens mehrerer Personen im öffentlichen Raum vorschreiben (vgl. nur für Sachsen § 3 Abs. 1a) Nr. 15 Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 29. März 2021).
In gleicher Weise ist die Anordnung im angefochtenen Beschluss rechtmäßig, hilfsweise (also statt der Maskenpflicht) einen negativen Coronatest, der nicht älter als 48 Stunden sein darf, zu jeder Sitzung vorzulegen. Soweit der Beschwerdeführer auch hier geltend macht, es fehle an einer Rechtsgrundlage, vermag diese (unbegründete) Ansicht aus den bereits vorgebrachten Gründen nicht zu überzeugen.
c)
Soweit der Betroffene behauptet, er sei aus medizinischen Gründen vom Tragen einer Mund-Nasenbedeckung befreit, ist die Forderung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden, dass sich aus dem sodann vorzulegenden ärztlichen Attest die Art der Erkrankung ergeben muss, die eine solche Befreiung rechtfertigt, um den Einwand des Betroffenen nachvollziehen zu können.
Die dargelegte Schutzpflicht des Gerichts besteht nicht nur auf dem Papier, sondern muss auch tatsächlich effektiv durchgesetzt werden können. Schutzanordnungen, die zwar schriftlich verfügt werden, sodann jedoch tatsächlich nicht eingehalten oder ohne Weiteres umgangen werden, entsprechen nicht der Verpflichtung des Gerichts aus Art. 2 Abs, 2 Satz 1 GG. Vielmehr berechtigt die Leitungs- und Ordnungsfunktion des Gerichts gem. § 238 Abs. 1 StPO, § 176 Abs. 1 GVG auch selbstverständlich zur effektiven Kontrolle und Durchsetzung der angeordneten Maßnahmen. Eine Facette dieser Kontrolle ist es auch, zu überprüfen, ob die Beteiligten an der Gerichtsverhandlung vom Tragen einer Mund-Nasenbedeckung befreit werden können, da medizinische Gründe dagegen sprechen. Ein Mittel dieser Kontrolle ist sodann die Glaubhaftmachung einer medizinischen Indikation zur Befreiung von der Tragepflicht durch den Betroffenen.
aa)
Entgegen der offensichtlichen Auffassung des Beschwerdeführers gibt hierbei bereits nicht etwa die Sächsische Corona-Schutzverordnung vor, inwiefern die Gründe zur Befreiung von der Maskenpflicht vom Betroffenen dargelegt werden müssen. Richtig ist zwar, dass in § 3 Abs. 3 Satz 4 der Sächsischen Corona-Schutzverordnung in der Fassung bis zum 29.03.2021 (nunmehr wortgleich in § 3 Abs. 4 Satz 1 in der Fassung seit dem 29.03.2021) normiert ist, dass zur Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Tragepflicht die Einsichtnahme in ein ärztliches Attest genügt. Auch weist die amtliche Begründung hierzu ausdrücklich darauf hin, dass eine gesonderte (weitergehende) Begründung „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht erforderlich sei.
Allerdings ist die Sächsische Corona-Schutzverordnung schon nicht der Maßstab, anhand dessen die sitzungspolizeiliche Anordnung des Amtsgerichts gemessen werden muss (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20, welches insbesondere die Anordnung einer Maskenpflicht durch das Gericht vollkommen losgelöst von Corona-Schutzverordnungen allein aufgrund der Verfahrensleitung des Gerichts als zulässig ansieht). Wie bereits dargelegt, erfolgte die Anordnung zum Tragen der Mund-Nasenbedeckung nicht aufgrund § 3 der Corona-Schutzverordnung, sondern (allein) aufgrund § 238 Abs. 1 StPO und § 176 Abs. 1 GVG. Die Anordnung lehnte sich lediglich bezüglich der konkreten Schutzmaßnahme einer inhaltlich vergleichbaren Regelung in der Corona-Schutzverordnung an. Damit gelten auch bezüglich der Glaubhaftmachung einer etwaigen medizinischen Indikation zur Befreiung von der Maskenpflicht (selbstverständlich) nicht die Grundsätze zur Sächsischen Corona-Schutzverordnung, sondern die allgemeinen Grundsätze hierzu im Rahmen der StPO (hierzu unter bb). Allerdings wird sich zeigen, dass selbst diese Unterscheidung nicht zu verschiedenen Ergebnissen führt, da auch unter der Geltung der Sächsischen Corona-Schutzverordnung eine Glaubhaftmachung, wie sie durch das Amtsgericht gefordert wurde, erforderlich ist (hierzu unter cc).
bb)
Wie bereits ausgeführt, stellt die Forderung zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung durch das Amtsgericht eine verfahrensleitende Anordnung gem. § 238 Abs. 1 StPO dar, die durch das Amtsgericht auch effektiv kontrolliert und durchgesetzt werden kann. Die Kontrolle kann insbesondere durch die Glaubhaftmachung eines Ausnahmefalls geschehen. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache dann, wenn die Wahrscheinlichkeit für deren Vorliegen besteht (Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 45 Rn. 6).
Allgemein anerkannt ist es, dass im Fall einer Glaubhaftmachung einer Erkrankung, Gebrechen oder sonstigen Beeinträchtigung medizinischer Art durch den Betroffenen (bspw. im Rahmen des unentschuldigten Ausbleibens des Angeklagten gem. § 329 Abs. 7 StPO) das Gericht die entsprechende Behauptung durch Einholung eines ärztlichen Attestes prüfen kann (wohl sogar prüfen muss), durch das sich unmittelbar die Art und der Umfang der körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung ergeben muss (Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 329 Rn. 42). Das Gericht muss in die Lage versetzt werden, die Behauptungen zu überprüfen. Ein Attest, das sich allein in der Feststellung beispielsweise einer behaupteten Verhandlungsunfähigkeit erschöpft, reicht – erkennbar – nicht aus, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die tatsächlichen Voraussetzungen zum Vorliegen der Behauptungen zu prüfen (statt aller Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 45 Rn. 6). Diese Grundsätze zur Glaubhaftmachung von Umständen, die die Durchführung eines Strafverfahrens betreffen (also nicht ein formelles Beweisverfahren zur Feststellung der Tat- und Schuldfrage darstellen), stellen allgemeine Regeln des (Straf-) Prozessrechts dar (zur vergleichbaren verwaltungsrechtlichen Fragestellung OVG Münster Beschl. v. 24.9.2020 – 13 B 1368/20).
Die gleichen Grundsätze gelten daher auch für die Überprüfung der Behauptung, man könne eine Mund-Nasenbedeckung aus medizinischen Gründen nicht tragen. Damit muss sich aus einem Attest, welches durch einen – mittels Anschrift, Kontaktdaten und eigenhändiger Unterschrift erkennbaren – approbierten Arzt oder einer approbierten Ärztin ausgestellt wurde und das den Betroffenen eindeutig identifizieren lässt, insbesondere die Art und der Umfang der Beeinträchtigung erkennen lassen, aus der die Schlussfolgerung gezogen wird, dass der Betroffene eine Mund-Nasenbedeckung nicht tragen könne. Nur ein Attest mit einem solchen Inhalt kann das Gericht tatsächlich in die Lage versetzen, die behauptete Ausnahme von der notwendigen Schutzmaßnahme zu überprüfen. Auch ist allein das Gericht, das die Maßnahmen anordnet, der Schutzpflicht gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet ist und die Maßnahmen effektiv kontrollieren muss, dazu berufen zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Maskenpflicht vorliegt. Auf eine – inhaltlich bereits nicht weiter konkretisierte – Mitteilung durch einen Arzt oder eine Ärztin ist das Gericht nicht beschränkt (vgl. nur OLG Braunschweig, Beschl. v. 8.1.2014 − 1 Ws 380/13; KG, Beschluss vom 06.02.2007 – 2 Ws 99/07; OLG Köln, Beschluss vom 10. 12. 2008 – 2 Ws 613/08).
Dies bedeutet selbstverständlich nicht (wie von Kritikern der Maskenpflicht pauschal behauptet wird), dass das Gericht seine eigene Sachkunde an die Stelle der sachverständigen Einschätzung des Arztes oder der Ärztin stellen darf, jedoch muss das Gericht in die Lage versetzt werden, durch die sachverständige Einschätzung eines Arztes oder einer Ärztin die Tatsachen zu ermitteln, die für die originär gerichtliche Entscheidung – hier: der Befreiung von der verfahrensleitenden Maßnahme – die Grundlage darstellt (vgl. etwa OLG Braunschweig, Beschl. v. 8.1.2014 − 1 Ws 380/13). Es handelt sich bei der eigenen Überprüfung medizinisch-fachlicher Einschätzungen um einen originären gerichtlichen Kompetenzbereich, der insbesondere auch im Bereich der gerichtlichen Prüfung der Grundlagen für eine Verhandlungsunfähigkeit (§ 205 StPO), einer Schuldunfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) oder der Voraussetzungen einer Unterbringung (§§ 63, 64 StGB) der allgemeinen Meinung entspricht (dort im Übrigen von Angeklagten und Verteidigern auch stets zu Recht vehement eingefordert wird). Die gleichen Grundsätze gelten daher auch für die Beurteilung der Tatsachen, die für die Verfahrensleitung von Belang sind. Vor diesem Hintergrund vermag auch die weitere Begründung zur Sächsischen Corona-Schutzverordnung „Dem Betroffenen kann nicht zugemutet werden, fremden Personen die Diagnose zu offenbaren, zumal es sich bei diesen Personen nicht um medizinisch geschultes Personal handelt“ keine belastbaren Aussagen zur Situation vor einem Strafgericht zu treffen, da dies die Kompetenz eines Gerichts einschränken würde. Insbesondere kann durch eine Landesverordnung nicht die Rechte (und Pflichten) eines durch Bundesgesetz eingerichteten Spruchkörpers beschnitten werden (vgl. Art. 31 GG).
Fehl geht vor diesem Hintergrund auch der Einwand des Beschwerdeführers, die erkennende Richterin könne mangels fehlender medizinischer Ausbildung seinen Gesundheitszustand nicht einschätzen. Die fachliche Einschätzung erfolgt tatsächlich durch den Arzt. Das Gericht muss jedoch – wie es stets die Aufgabe eines Gerichts ist – diese Einschätzung würdigen und insbesondere deren Validität aus rechtlicher Sicht prüfen.
Soweit die Landesärztekammer Sachsen die gleichen Grundsätze für die inhaltlichen Vorgaben eines Attests aufstellt, spricht dies zwar auch erheblich für das hiesige Ergebnis, hat jedoch letztendlich sogar untergeordnete Bedeutung, da der Maßstab zur Beurteilung des Attests nicht die Berufsordnung der Ärzte ist, sondern § 238 Abs. 1 StPO, § 176 Abs. 1 GVG. Im Übrigen wird lediglich klarstellend darauf hingewiesen, dass entgegen der pauschalen und unhaltbaren Behauptung des Beschwerdeführers, seine Ärztin unterliege nicht der Berufsordnung der Landesärztekammer Sachsen, da er privat versichert sei, auch Ärzte, die Privatpatienten behandeln, selbstverständlich der Sächsischen Berufsordnung (aller) Ärzte unterliegen (§§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Nr. 1 Sächsisches Heilberufekammergesetz).
cc)
Darüber hinaus schließt auch die Regelung in der Sächsischen Corona-Schutzverordnung eine Glaubhaftmachung, wie beschrieben, nicht aus.
Richtig ist zwar, dass in § 3 Abs. 3 Satz 4 der Sächsischen Corona-Schutzverordnung in der Fassung bis zum 29.03.2021 (nunmehr wortgleich in § 3 Abs. 4 Satz 1 in der Fassung seit dem 29.03.2021) normiert ist, dass zur Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Tragepflicht die Einsichtnahme in ein ärztliches Attest genügt. Auch weist die amtliche Begründung hierzu ausdrücklich darauf hin, dass eine gesonderte (weitergehende) Begründung „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht erforderlich sei. Allerdings weist das Amtsgericht zutreffend darauf hin, dass die Begründung zur Verordnung nicht bindend für das Gericht ist. Zunächst kommt bei der Auslegung der Norm der Gesetzesbegründung regelmäßig eine nur untergeordnete Gewichtung zu. Noch mehr gilt dies für die Begründung einer Verordnung. Auch ist die Begründung zur Sächsischen Corona-Schutzverordnung bereits in sich wenig aussagekräftig. Soweit sie lediglich floskelhaft angibt, eine weitergehende Begründung sei aus „datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht erforderlich, schweigt sie sich über die maßgeblichen datenschutzrechtlichen Gründe aus, die dagegen stehen sollen. Im Übrigen vermag auch der Beschwerdeführer nicht anzugeben, welche konkreten datenschutzrechtlichen Erwägungen gegen das Erfordernis eines Attests sprechen sollten. Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen jedenfalls aus Sicht der Kammer nicht (vgl. hierzu auch OVG Münster Beschl. v. 24.9.2020 – 13 B 1368/20). Dies gilt umso mehr, als dass hier eine Information an ein Strafgericht gegeben werden soll, das seinerseits dem Datenschutz verpflichtet ist. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er sei durch das Gericht aufgefordert worden, vor allen Beteiligten seinen Gesundheitszustand preis zu geben, irrt er sich. Er verkennt, dass das Gericht allein die Vorlage eines Attests an sich verlangte. Diese Forderung wurde bereits mit der Ladung des Beschwerdeführers gestellt und ist Gegenstand der Beschwerde. Eine Preisgabe des Attests an andere Verfahrensbeteiligte wurde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers weder gefordert noch ist dies notwendig.
Auch zeigt die Entwicklung der Sächsischen Corona-Schutzverordnung, dass die Fälle, in denen es um einen Nachweis einer Befreiung von der Tragepflicht vor einem Gericht geht, offensichtlich durch den Verordnungsgeber überhaupt nicht bedacht worden ist. So enthält § 3 Abs. 1, 1a), 1 b) der Sächsischen Corona-Schutzverordnung vom 05.03.2021 keine ausdrückliche Regelung zum Tragen einer Maske in Gerichtsgebäuden. Die vom Beschwerdeführer ins Feld geführte amtliche Begründung der Verordnung bezieht sich auf diese Fassung. Die geänderte Verordnung vom 29.03.2021 enthält in § 3 Abs. 1 a) Nr. 15 dagegen eine Tragepflicht in Gerichten und Staatsanwaltschaften. Die (neue) Begründung zu dieser Verordnung verweist in wesentlichen Punkten auf die alte Verordnung und verhält sich insbesondere nicht unmittelbar zur neu eingeführten ausdrücklichen Tragepflicht in Gerichten. Daher ist aus der Normengenese gerade nicht der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers ersichtlich, dass eine nähere Begründung eines Attestes vor Gericht nicht erfolgen soll. Allein aus dem Wortlaut der Verordnung (§ 3 Abs. 3 Satz 4 a.F. oder § 3 Abs. 4 Satz 1 n.F.) ergibt sich nicht, dass Behörden oder Gerichte, denen ein Attest zur Befreiung von der Tragepflicht vorgelegt wird, diese Behauptung nicht näher nachprüfen könnten. Wie bereits dargelegt, könnte im Übrigen eine Landesverordnung die Kompetenzen aus dem Bundesrecht nach § 238 Abs. 1 StPO, § 176 Abs. 1 GVG nicht beschränken (Art. 31 GG), sodass auch aus diesem Grund der Einwand des Beschwerdeführers nicht verfangen kann.
Doch selbst in der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung zum Umfang der Glaubhaftmachung einer medizinischen Indikation von der Befreiung von der Maskenpflicht ist nach der herrschenden Auffassung anerkannt, die Glaubhaftmachung verlange ein ärztliches Attest, das die Beeinträchtigung so wiedergibt, dass die prüfende Behörde die Tatsachen, die zu dieser Einschätzung geführt haben, überprüfen kann. Insofern wird der Sache nach übereinstimmend was folgt ausgeführt: „Da das Wesen der Glaubhaftmachung darin liegt, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zu belegen, dass Personen aus gesundheitlichen Gründen von der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung befreit sind, muss die Verwaltung bzw. das Gericht aufgrund von konkreten und nachvollziehbaren Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen selbständig zu prüfen. Dass dies bei einem ärztlichen Attest, das alleine das Ergebnis bescheinigt, nicht der Fall ist, liegt […] auf der Hand“ (VG Regensburg, Beschluss vom 02.11.2020 – RN 4 S 20.2660; vgl. auch VGH München, Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185 mit der inhaltlich vergleichbaren Begründung). Weiterhin ist es das Ziel der Betroffenen, mithilfe der ärztlichen Bescheinigungen einen rechtlichen Vorteil zu erwirken, nämlich die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung. In derartigen Konstellationen muss die Verwaltung bzw. das Gericht, wie auch in anderen Rechtsgebieten, aufgrund konkreter und nachvollziehbarer Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen selbständig zu prüfen (OVG Münster Beschl. v. 24.9.2020 – 13 B 1368/20). Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass in diesem Fall insbesondere auch Grundrechtspositionen Dritter (hier: der weiteren Personen, die bei der Gerichtsverhandlung anwesend sind), nämlich das Recht auf Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) betroffen sind, wofür die staatlichen Stellen eine besondere Verantwortung tragen (VGH München, Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185). Die Maskenpflicht dient dazu, andere vor einer Ansteckung zu schützen und die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren (VGH München, Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185). Datenschutzrechtlich können die staatlichen Stellen die enthaltenen personenbezogenen Daten verarbeiten; hierbei ist der Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Datenschutz-Grundverordnung) zu beachten (VGH München, Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185).
Auch unter arbeitsrechtlichen Aspekten gilt – mit in der Sache gleicher Begründung – dass derjenige, der sich auf die Befreiung von der Tragepflicht berufen möchte, hierzu ein ärztliches Attest vorzulegen hat, aus dem sich die Tatsachen ergeben, die eine Befreiung rechtfertigen können (ArbG Siegburg, Urt. v. 16.12.2020 – 4 Ga 18/20).
Dieser überzeugenden Auffassung der anderen Fachgerichte schließt sich die Kammer an. Sie stimmt im Kern auch mit den dargelegten strafprozessualen Grundsätzen (unter bb) hierzu überein.
Soweit etwa das OVG Berlin-Brandenburg in einem jüngeren Beschluss vom 04.01.2021 (OVG 11 S 132/20) in einem Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz entschied, dass ein Antragsteller zunächst – entgegen der ausdrücklichen Regelung in der brandenburgischen Eindämmungsverordnung – in einem ärztlichen Attest keine konkrete gesundheitliche Beeinträchtigung angeben muss, steht diese Auffassung der hiesigen nicht entgegen. Zunächst hat das OVG Berlin-Brandenburg ausdrücklich offen gelassen, ob die entsprechende ausdrückliche Regelung in der dortigen Eindämmungsverordnung voraussichtlich rechtmäßig oder rechtswidrig sein wird und hat das Hauptsacheverfahren ausdrücklich als „offen“ eingeschätzt. Weiterhin hat das OVG in der genannten Entscheidung im Eilrechtsschutz nur deswegen keine Pflicht des konkreten Antragstellers zur Offenlegung seiner Diagnose gesehen, weil der Antragsteller dort glaubhaft machen konnte, dass er befürchte, dass seine Diagnose „im Dorf die Runde mache“, wenn diese in der Öffentlichkeit in der Apotheke, dem Supermarkt, in der Poststelle etc. vorgelegt werden müsse. Eine solche Befürchtung der Offenlegung (oder auch nur des „Durchstechens“) der Diagnose besteht bei der Vorlage eines Attests allein bei der Strafrichterin erkennbar nicht.
dd)
Die Anordnung des Amtsgerichts ist auch ohne Ermessensfehler ergangen.
Insbesondere in der Abwägung zwischen der Schutzpflicht des Gerichts gem. Art. 2 Abs, 2 Satz 1 GG gegenüber aller am Verfahren beteiligten Personen und des informationellen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers bzw. dessen Recht auf freier Entfaltung seiner Persönlichkeit ist kein Ermessensfehler ersichtlich. Vielmehr überwiegt das Interesse an der Eindämmung einer Ausbreitung des Coronavirus sowie dem Schutz aller anderen Personen im Gerichtssaal. Bei der Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske oder sogar einer OP-Maske handelt es sich um einen denkbar kleinen Eingriff in die Freiheitsrechte des Betroffenen. Insbesondere beim Tragen einer bloßen OP-Maske, welche die Atmung weit weniger stark einschränkt als eine FFP2-Maske, handelt es sich um einen geradezu marginalen Eingriff (AG Reutlingen Urt. v. 14.8.2020 – 9 OWi 29 Js 9730/20), der jedoch (so zeigen auch die Erkenntnisse des RKI, auf das sich Gerichte gerade auch stützen sollen, BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20) einen großen – wohl derzeit auch noch den erheblichen – Effekt bei der Eindämmung der Verbreitung des Virus hat. Weiterhin gestattet das Gericht dem Betroffenen ausdrücklich, Gründe glaubhaft zu machen, dass konkret bei ihm medizinische Indikationen vorliegen, die das Tragen einer Maske für ihn unmöglich oder gefährlich machen, sodass der Beschwerdeführer auch ausdrücklich keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgesetzt werden muss. Dies glaubhaft darzulegen, obliegt freilich dem Beschwerdeführer.
Dass in der derzeitigen Pandemielage grundsätzlich eine Schutzmaßnahme wie eine Maskenpflicht notwendig ist, um die Verbreitung des Virus weiter zu behindern und Personen zu schützen, bedarf angesichts der Umstände, dass im E.kreis zum Zeitpunkt der Anordnung die sog. 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner über 150 lag, dieser Wert bis zum Tag der Beschwerdeentscheidung auf 274 angestiegen ist, der benachbarte V.kreis seit Monaten zu den am schwersten von der Pandemie betroffenen Regionen Deutschlands (mit regelmäßigen Inzidenz-Werten um die 400) gehört und die durch Covid19-Patienten belegten Betten auf den Normalstationen sowie auf den Intensivstationen in Sachsen seit Anfang März 2021 kontinuierlich steigen und sich der kritischen Belegungsgrenze stetig nähern, keiner weitergehender Begründung.
Hinzu kommt, dass im angefochtenen Beschluss das Amtsgericht dem Beschwerdeführer noch weiter entgegen gekommen ist und eine Pflicht zum Tragen der Maske für den Fall ausgeschlossen hat, dass er zu den Sitzungen einen Nachweis eines negativen Coronatests vorlegen kann. Dass es sich hierbei um einen PCR-Test oder einen Schnelltest, nicht jedoch um einen Selbsttest handeln muss, ist ebenso frei von Ermessensfehlern. Insofern gilt das bereits Ausgeführte entsprechend: das Gericht muss in der Lage sein, das tatsächliche Ergebnis des Tests selbst zu beurteilen, was allein mit einer Bescheinigung zu einem PCR-Test oder zu einem Schnelltest möglich ist, nicht jedoch bei einem Selbsttest, deren Ergebnis mangels Feststellung durch einen Dritten nicht objektiv überprüfbar ist. Diese Option, der Tragepflicht zu „entgehen“, ist ebenso angemessen, da derzeit 46 Stellen im E.kreis für Schnelltests bei asymptomatischen Personen zur Verfügung stehen (Stand 09.04.2021). Eine davon wird durch das DRK in S. – dem Ort des Amtsgerichts – betrieben. Dort wird der Bevölkerung ein Test wöchentlich zur Verfügung gestellt. Mit diesem Testangebot kann der Beschwerdeführer in zumutbarer Weise der von ihm als unzumutbar empfundenen Tragepflicht „entgehen“.
Die Entscheidung des Amtsgerichts stellt sich nicht deswegen als ermessensfehlerhaft dar, weil es andere Schutzmöglichkeiten gibt, die bereits am Amtsgericht in S. angewandt werden.
So können zwar auch das Lüften oder angebrachte Plexiglasscheiben im Saal eine Ausbreitung verlangsamen. Jedoch ist das Tragen einer OP-Maske oder einer FFP2-Maske nach derzeitigem Stand eines der einfachsten und gleichzeitig effektivsten Mittel zur Eindämmung (vgl. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste_Infektionsschutz.html, abgerufen am 09.04.2021, 10:21 Uhr). Insbesondere vermindert diese Maßnahme bereits das Verbreiten von Viren im Raum gleich zu Beginn dort, wo Luft ausgeatmet wird anstatt – wie die anderen genannten Maßnahmen – das bereits in der Raumluft sich ausgebreitete Virus zu behindern bzw. aus dem Raum zu entfernen. In der Wahl der geeigneten Mittel ist das Gericht (im Rahmen der Angemessenheit) frei. Es kann insbesondere auch eine Vielzahl an Schutzmaßnahmen anordnen (so ausdrücklich auch BVerfG, Beschl. v. 16.11.2020 – 2 BvQ 87/20 in Bezug auf Masken sowie zeitgleich weiteren Maßnahmen).
Soweit das Amtsgericht in seinem Beschluss auch auf die Umstände abgestellt hat, dass der Beschwerdeführer ausweislich seiner von ihm im Internet veröffentlichten Vita als Schamane tätig ist und die Ärztin, die sein Attest ausstellte, vorwiegend Leistungen im Bereich der Homöopathie und bei der Erkennung von Schilddrüsenkrebs sowie deren Behandlung durch Punktion anbietet, lässt dies ebenfalls keinen Ermessensfehler erkennen. Zunächst sind diese Umstände ausweislich des Beschlusses nicht die tragenden Gründe für die Anordnung der Maskenpflicht und der Kontrolle des Attests. Auch war die Person des Beschwerdeführers insofern durchaus von Belang, als dass er aus Sicht des Gerichts Schutzmaßnahmen gegen die Coronapandemie grundsätzlich ablehnend gegenüber steht. Insofern kann das Gericht bei der Frage, ob ein ärztliches Attest tatsächlich auf einer stattgefundenen, fachlich korrekten Diagnose beruht oder ein Gefälligkeitsattest darstellen könnte, auch die sonstigen Begebenheiten der Ausstellung des Attests berücksichtigen. Das Ziel der sitzungspolizeilichen Anordnung ist es ja u.a. gerade, die Erstellung von Gefälligkeitsattesten ohne eine valide Diagnose hierzu aufzudecken. Eine Diskriminierung des Beschwerdeführers, der nach seinen Angaben von zwei nordamerikanischen Indianerstämmen adoptiert wurde, ist darin nicht zu sehen.
d)
Das „Attest“, welches der Beschwerdeführer dem Amtsgericht im Termin zur mündlichen Hauptverhandlung vorgelegt hat, genügt den obigen Grundsätzen ersichtlich nicht.
Dieses „Attest“ ist aus mehreren Gründen unzulänglich.
Zunächst enthält es – wie ausführlich ausgeführt – nicht die notwendigen Informationen zu der medizinischen Beeinträchtigung, die das Tragen einer Maske unmöglich (oder jedenfalls gefährlich etc.) machen könnte. Allein die Mitteilung „Befreiung von der Maskenpflicht aus medizinischen Gründen“ genügt hierfür ersichtlich nicht (OVG Münster Beschl. v. 24.9.2020 – 13 B 1368/20; VGH München, Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185; VG Regensburg, Beschluss vom 02.11.2020 – RN 4 S 20.2660; ArbG Siegburg, Urt. v. 16.12.2020 – 4 Ga 18/20). Diese Begründung entspricht insbesondere nicht den Vorgaben der Sächsischen Landesärztekammer, deren Berufsordnung selbstverständlich auch die Ärztin des Beschwerdeführers verpflichtet ist.
Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer sodann „an Eides statt“ erklärte, aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung keine Maske tragen zu können. Auch die Erklärung des Beschwerdeführers in seiner weiteren, sehr pauschalen Begründung, er leide an einer „chronischen Erkrankung der Atemwege“ vermag keine Glaubhaftmachung darzustellen. Zunächst verkennt der Beschwerdeführer, dass die eigene eidesstattliche Versicherung eines Antragstellers bzw. Betroffenen regelmäßig kein geeignetes Mittel zur Glaubhaftmachung ist (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 30.11.2017 – 3 StR 539/17; Meyer-Goßner/Schmitt 63. Aufl. 2020 § 45 Rn. 9 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt hier unverändert. Weiterhin enthalten selbst diese Erklärungen keine überprüfbaren Tatsachen zu seiner vermeintlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung. Das Schlagwort einer „chronischen Atemwegserkrankung“ vermag ebenso wenig konkrete und belastbare Tatsachen darzulegen, die von einem Dritten überprüft werden kann, wie die Angabe der „medizinischen Gründe“.
Weiterhin ist das „Attest“ am 18.06.2020 ausgefüllt. Ohne Angabe der ausstellenden Ärztin dazu, ob eine akute oder eine chronische Erkrankung Grund für die Befreiung ist, kann bereits aus dem Zeitablauf überhaupt nicht beurteilt werden, ob acht Monate später zum Termin der Hauptverhandlung der vermeintliche Grund zur Befreiung noch vorliegt. Dass das pauschale Behaupten des Betroffenen, er leide an einer chronischen Krankheit nicht ausreichen kann, wurde bereits gezeigt. Bereits dieser Umstand zeigt, dass eine Konkretisierung der medizinischen Indikation Voraussetzung jeder Glaubhaftmachung sein muss, da ohne diese Konkretisierung jede „Überprüfung“ ad absurdum geführt werden würde.
Im Übrigen bestehen auch aufgrund der konkreten Form des vorgelegten „Attests“ erhebliche Zweifel an dessen Ernsthaftigkeit. So stellte die Ärztin Frau … – deren Praxis knapp 90 Kilometer vom Wohnort des Beschwerdeführers entfernt ist – diese Bescheinigung auf einem Vordruck für eine medizinische Verordnung aus, was für sich bereits jedenfalls ungewöhnlich ist und nach der Erfahrung der Kammer den fachlichen Gewohnheiten von Ärzten in vergleichbaren Fällen (bspw. in den behaupteten Fällen einer Verhandlungsunfähigkeit) widerspricht. Auch enthält diese Bescheinigung zwar den Namen und die Anschrift des Beschwerdeführers, jedoch keine Versicherungsnummer, die auch ein Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung besitzt. Aus der Erfahrung der Kammer spricht auch dieser Umstand erheblich gegen eine tatsächliche fachlich korrekte Diagnose, da es sich bei einer tatsächlichen Diagnose einer Befreiung von der Maskenpflicht um ein ärztliches Gutachten i.S.d. § 25 der Berufsordnung der Landesärztekammer Sachsen handelt (vgl. auch Pressemitteilung der Sächsischen Landesärztekammer vom 09.11.2020), das voraussetzt, dass der Patient tatsächlich durch den Arzt oder die Ärztin behandelt wurde. Eine solche Behandlung geht jedoch jedenfalls regelmäßig damit einher, dass die Versicherungsdaten des Patienten durch die Praxis erhoben werden und bei entsprechenden Attesten, Verordnungen etc. auch die Versicherungsnummer angegeben wird. Wird entgegen der weit verbreiteten guten Praxis dies – wie hier – nicht angegeben, spricht dies aus Sicht der Kammer erheblich gegen eine tatsächlich erfolgte Diagnose.
Der Beschwerdeführer verkennt in diesem Zusammenhang, dass die Ärztin, die eine Befreiung von der Maskenpflicht anregt, bereits hiermit (selbstverständlich) ein ärztliches Gutachten erstattet (vgl. auch Pressemitteilung der Sächsischen Landesärztekammer vom 09.11.2020), was allein auf einer fachgerechten Diagnose fußen darf. Soweit der Beschwerdeführer angibt, ein solches Gutachten sei ihm nicht zuzumuten, stellt er bereits selbst sein Attest zur Maskenbefreiung in Frage. Allein aufgrund eines medizinischen Gutachtens kann überhaupt erst eine Maskenbefreiung durch einen Arzt angeregt werden. Dass der Besuch bei einem Arzt mit dem Ziel einer Diagnose für eine privat versicherten Person Geld kostet, ist der Natur der Sache geschuldet und führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Anordnung. Auch vermag der pauschale Einwand des Beschwerdeführers, die finanzielle Belastung für eine tatsächliche ärztliche Diagnose sei ihm nicht zuzumuten, vor dem Hintergrund, dass er keine Kosten scheute, zur Ausstellung eines Attests eine einfache Fahrtstrecke über 90 Kilometer zu einer Ärztin – welche keine spezialisierte Lungenärztin oder Hals-Nasen-Ohren-Ärztin ist – in Kauf zu nehmen, nicht zu überzeugen.
III.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.