KG – Az.: (3) 121 Ss 67/21 (27/21) – Urteil vom 10.05.2022
In der Strafsache wegen Trunkenheit im Verkehr hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts aufgrund der Hauptverhandlung am 10. Mai 2022 für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. März 2021 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht T. hat den Angeklagten durch Urteil vom 22. März 2021 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 50,- Euro verurteilt und ein sechsmonatiges Fahrverbot angeordnet, das als durch die Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis verbüßt gilt.
Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Angeklagte, der ein monatliches Kurzarbeitergeld von 1.500,- bis 1.900,- Euro bezieht, am 6. Juni 2020 gegen 00:40 Uhr mit einem mit Versicherungskennzeichen versehenen E-Scooter des Anbieters “Lime Bike”, dessen Elektromotor eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h ermöglicht, in Berlin den an der Ebertstraße gelegenen Fußgängerüberweg bei Rot abstrahlender Lichtzeichenanlage und setzte seine Fahrt auf der Straße des 17. Juni fort, wobei er in “Slalomfahrt” wechselweise den linken und mittleren Fahrstreifen benutzte. Eine dem Angeklagten um 02:00 Uhr entnommene Blutprobe enthielt eine Alkoholkonzentration von 1,35 ‰.
Der Führerschein des Angeklagten ist am 7. Juni 2020 sichergestellt und seine Fahrerlaubnis durch Beschluss des Amtsgerichts vom 23. Juni 2020 nach § 111a StPO vorläufig entzogen worden.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts wendet sich der Angeklagte mit seiner (Sprung-) Revision. Er erhebt die Sachrüge und beanstandet, das Amtsgericht habe zu Unrecht die von der Rechtsprechung für Fahrten mit Kraftfahrzeugen entwickelte Beweiserleichterung angewandt und allein von der Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,10 ‰ auf die (absolute) Fahruntauglichkeit des Angeklagten zurückgeschlossen. Auf E-Scooter sei diese Beweiserleichterung nicht anwendbar. Zudem seien die Feststellungen des Amtsgerichts zur Beschaffenheit des vom Angeklagten geführten Fahrzeugs unzureichend. Darüber hinaus rügt der Angeklagte die festgesetzte Tagessatzhöhe als zu hoch.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Revisionsvorbringens wird auf den Schriftsatz des Verteidigers vom 20. Mai 2021 Bezug genommen.
II.
Die nach § 335 Abs. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (Sprung-) Revision hat in der Sache keinen Erfolg, denn das Amtsgericht hat den Angeklagten zu Recht wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1, Abs. 2 StGB verurteilt.
1. Die getroffenen Feststellungen belegen, dass der Angeklagte fahrlässig im öffentlichen Straßenverkehr (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 46. Aufl., § 316 StGB Rdn. 2; Pegel in MüKo-StGB 3. Aufl., § 316 Rdn. 4, § 315c Rdn. 5 ff.) ein Elektrokleinstfahrzeug und damit ein Fahrzeug im Zustand der (absoluten) Fahruntauglichkeit bei einer 100 Minuten nach Fahrtende gemessenen Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,35 ‰ geführt hat.
a) Aus den Urteilsgründen geht (noch) mit der erforderlichen Klarheit hervor, dass der Angeklagte einen als Elektrokleinstfahrzeug ohne Sitz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 erster Fall Elektrokleinstfahrzeugeverordnung (eKFV) einzuordnenden sogenannten E-Scooter führte. Unter die eKFV fallen nach § 1 Abs. 1 Kraftfahrzeuge mit elektrischem Antrieb und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h, die die folgenden Merkmale aufweisen:
1. Fahrzeug ohne Sitz oder selbstbalancierendes Fahrzeug mit oder ohne Sitz,
2. eine Lenk- oder Haltestange von mindestens 500 mm für Kraftfahrzeuge mit Sitz und von mindestens 700 mm für Kraftfahrzeuge ohne Sitz,
3. eine Nenndauerleistung von nicht mehr als 500 Watt, oder von nicht mehr als 1400 Watt, wenn mindestens 60 Prozent der Leistung zur Selbstbalancierung verwendet werden,
4. eine Gesamtbreite von nicht mehr als 700 mm, eine Gesamthöhe von nicht mehr als 1400 mm und eine Gesamtlänge von nicht mehr als 2000 mm und
5. eine maximale Fahrzeugmasse ohne Fahrer von nicht mehr als 55 kg.
Diese Anforderungen erfüllt das vom Angeklagte geführte Fahrzeug. Die in den getroffenen Feststellungen verwendete (untechnische) Sammelbezeichnung E-Scooter (des Herstellers Lime Bike), die Angaben zum – offenkundig nach Maßgabe von §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 eKFV, 29a Abs. 1 FZV, 1 Satz 1 PflichtVG erteilten – Versicherungskennzeichen des E-Scooters, dessen Elektromotorisierung und dessen höchstzulässige Geschwindigkeit von 20 km/h lassen den rechtlichen Schluss des Amtsgerichts zu, dass es sich bei dem vom Angeklagten geführten E-Scooter um ein – nicht selbstbalancierendes – Elektrokleinstfahrzeug nach § 1 Abs. 1 eKFV handelte. Ein solches Fahrzeug ist bereits nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 eKFV ein Kraftfahrzeug. (vgl. BT- Drucksache 158/19 Seite 1 “… sind sie Kraftfahrzeuge nach § 1 Abs. 2 StVG.”; BayObLG NZV 2020, 576). Zudem ergibt sich dies zwanglos aus der Legaldefinition von § 1 Abs. 2 StVG, wonach Kraftfahrzeuge im Sinne des StVG Landfahrzeuge sind, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. Dies trifft auf E-Scooter zu, die wegen ihres ausschließlichen Maschinenantriebs nicht dem Ausschluss von § 1 Abs. 3 StVG unterliegen. Da der Begriff des (Kraft-) Fahrzeugs im straßenverkehrsrechtlichen und strafrechtlichen Sinne identisch ist (allgem. Auffassung; vgl. statt aller nur OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15. Oktober 2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20 -, juris; OLG Rostock NZV 2008, 472; Fischer, StGB 69. Aufl., § 316 Rdn. 4; König in Leipziger Kommentar zum StGB 13. Aufl, § 315c StGB Rdn. 7; alle m.w.N.), belegen die getroffenen Feststellungen zugleich, dass der Angeklagte ein Fahrzeug im Sinne von § 316 Abs. 1 StGB geführt hat.
Dem steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 2. März 2021 (- 4 StR 366/20 -, juris), von dessen Existenz das Amtsgericht keine Kenntnis haben konnte, nicht entgegen. Denn abweichend von den vorliegenden Feststellungen enthielten die dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung gestellten Urteilsgründe nicht die erforderlichen Feststellungen zur fahrzeugtechnischen Einordnung des bei den Fahrten verwendeten Elektrorollers. Soweit für den vorliegenden Fall von Belang, wird lediglich dargelegt, dass der Angeklagte u.a. mehrere Fahrten alkoholisiert – in zwei Fällen lag die BAK höher als 1,1, ‰ – mit einem Elektroroller „Sunny E-Bike“ unternommen habe. Dieser Roller habe über ein Versicherungskennzeichen verfügt und ohne Muskelkraft eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h erreichen können. Allein daraus lassen sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofes noch keine hinreichend präzisen Schlüsse auf die rechtliche Einordnung des geführten Fahrzeugs ziehen. Zudem geht aus den der dortigen Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen – anders als im vorliegenden Fall – noch nicht einmal hervor, ob es sich um ein Elektrokleinstfahrzeug nach der eKFV oder um ein E-Bike und damit um ein Leichtmofa im Sinne der Leichtmofaausnahmeverordnung (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 46. Aufl., § 2 FZV Rdn. 14) gehandelt hat.
b) Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Kraftfahrzeugführer ab einer BAK von 1,10 ‰ unwiderleglich (absolut) fahruntauglich ist, weswegen es in so gelagerten Fällen lediglich Feststellungen zur Tatzeit, zum Zeitpunkt der Entnahme einer Blutprobe sowie zur (daraus ermittelten) Blutalkoholkonzentration bedarf, um zutreffend von einer Fahruntauglichkeit des Angeklagten auszugehen (vgl. statt aller nur BVerfG NJW 1990, 3140; BGHSt 10, 265; 31, 42; 37, 89; Fischer, StGB 69. Aufl., § 316 Rdn. 12; König a.a.O. § 316 StGB Rdn. 13 m.w.N.; ders. in Leipziger Kommentar zum StGB 13. Aufl., § 316 Rdn. 59 ff. m.w.N.; Lackner/Kühl, StGB 29. Aufl., § 315c Rd. 6a m.w.N.).
Der Senat sieht keine Veranlassung, diesen Grenzwert für alkoholisierte Fahrer von Elektrokleinstfahrzeugen, namentlich von E-Scootern anzuheben. Der Wert von 1,10 ‰ gilt weiterhin für alle Kraftfahrzeuge, mithin auch für E-Scooter (vgl. LG Stuttgart StraFo 2020, 460; LG München, Beschlüsse vom 29. November 2019 – 26 Qs 51/19 -, juris und 30. Oktober 2019 – 1 J Qs 24/19 Jug -, juris; Kehrmann SVR 2019, 369).
aa) Die Entscheidung der Frage, ab welchem Grenzwert alkoholbedingte absolute Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrers im Sinne der §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, 316 Abs. 1 StGB anzunehmen ist, lässt sich nur unter Heranziehung medizinisch-naturwissenschaftlicher Erkenntnisse treffen. Soweit diese in den maßgebenden Fachkreisen allgemein und zweifelsfrei als richtig anerkannt werden, sind sie für den Richter bindend (BGHSt 21, 157;24, 200; 25, 246; 30, 251; 34, 133; BGH NZV 1990, 157). Dieser muss sich im Wege der juristischen Bewertung solcher verbindlichen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse seine Überzeugung von dem Blutalkoholwert bilden, ab dem jeder Fahrzeugführer nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen (BGHSt 37, 89). Die bloße rechtliche Einordnung eines E-Scooters als Kraftfahrzeug trägt dem nicht ausreichend Rechnung (so aber BayOblG a.a.O.; für “segways” vgl. Hans. OLG Hamburg DAR 2017, 157; offen gelassen in BGH, Beschluss vom 2. März 2021 a.a.O.), wenngleich der Senat nicht verkennt, dass eine übermäßige Ausdifferenzierung verschiedener Unterarten von Kraftfahrzeugen – sofern diese überhaupt empirisch belegt werden kann – zu einer verwirrenden Vielfalt von Werten und Begriffen für die Verkehrsteilnehmer und damit zu Rechtsunsicherheit führen kann (vgl. BGHSt 22, 352 und BayObLG a.a.O.).
bb) Ausgehend davon sind Besonderheiten, die die vom Angeklagten angemahnte Heraufsetzung des BAK-Grenzwertes für die Feststellung absoluter Fahruntauglichkeit von E-Scooterfahrern rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich.
(1) Aus der eKFV lassen sich diese mangels entsprechender Regelungen nicht ableiten. Nach § 9 eKFV unterliegt der Führer eines Elektrokleinstfahrzeugs den Vorschriften der StVO, sofern in den – für die Frage der Fahrtauglichkeit eines Fahrzeugführers irrelevanten – §§ 10 bis 13 eKFV nichts Abweichendes geregelt ist.
(2) Bereits die bautechnische Beschaffenheit von E-Scootern legt nahe, dass an die Fahrzeugführer – ungeachtet einer alkoholischen Beeinflussung – nicht verringerte, sondern vielmehr erhöhte Anforderungen im Fahrbetrieb gestellt werden. E-Scooter verfügen über deutlich kleinere Räder als etwa Fahrräder oder selbst handelsübliche Roller mit Verbrennungsmotoren. Dadurch bedingt verfügen sie über geringe stabilisierende Kreiselkräfte und dem folgend über einen vergleichsweise schlechten Geradeauslauf. Hinzu tritt, dass durch die aufrecht stehende Haltung des Fahrers der Schwerpunkt des Fahrzeugs relativ hoch liegt. Auch dies verringert die Fahrstabilität und erhöht die abverlangte Aufmerksamkeit eines Fahrers. Des Weiteren besteht wegen der höchstmöglich erzielbaren Geschwindigkeit von 20 km/h, die ohne eigenes Zutun des Fahrers durch die Kraft des Elektromotors bei kurzfristiger Beschleunigung abgerufen werden kann, ein deutliches Gefährdungs- und Verletzungsrisiko für Dritte im Verkehr.
(3) Auch statistische Auswertungen geben keinen Anlass, die oben genannte BAK-Grenze anzuheben. Ausweislich der Erkenntnisse des statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2020 bei Unfällen von E-Scootern mit Personenschaden 72,1 % der Fahrzeugführer hauptverantwortlich. Als Hauptursachen von Unfällen wurde Alkoholkonsum in 18,3 % der Fälle festgestellt (vgl. Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. N 021 vom 26. März 2021). Im Vergleich dazu lag der Anteil von Unfällen unter Alkoholeinfluss im Bundesdurchschnitt aller statistisch erfassten Unfälle im Jahr 2020 bei 1,6 %, wobei in 4,9 % der Fälle Alkoholkonsum unfallursächlich war (vgl. Statistisches Bundesamt, Verkehrsunfälle – Unfälle unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln im Straßenverkehr 2020, Mitteilung vom 7. Dezember 2021, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Publikationen/Downloads-Verkehrsunfaelle/unfaelle-alkohol-5462404207004.pdf?__blob=publicationFile).
Der daraus ersichtliche überdurchschnittliche Anteil alkoholisierter Fahrzeugführer von E-Scootern als (Haupt-) Unfallverursacher deutet auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Fahruntauglichkeit hin, der dem von anderen Kraftfahrzeugführern, insbesondere von Pkw- und Kradfahrern wenigstens vergleichbar ist. Dafür, dass Führer von E-Scootern im Durchschnitt stärker alkoholisiert als diejenigen anderer Kraftfahrzeugarten sind, findet sich, soweit für den Senat ersichtlich, kein statistischer Nachweis (vgl. stat. Bundesamt a.a.O., Seite 12 f.).
(4) Schließlich lässt sich auch aus der im Jahr 2020 von der Universität Düsseldorf durchgeführten Studie zum Zusammenhang zwischen Alkoholisierung und fahrerischer Leistungsfähigkeit von E-Scooterfahrern (E-Scooter driving under acute influence of alcohol – a real-driving fitness study, International Journal of Legal Medicine vom 26. Februar 2022, https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00414-022-02792-3.pdf) keinerlei Beleg für die geforderte Anhebung der BAK-Grenze ableiten.
Das rechtsmedizinische Institut der Universität Düsseldorf hat unter Heranziehung von 57 Probandinnen und Probanden die fahrerische Leistungsfähigkeit von E-Scooterfahrern in Abhängigkeit von Alkoholkonsum empirisch untersucht. Die Teilnehmer der Studie mussten einen Parcours, der verschiedene Verkehrssituationen simulierte, mehrfach nüchtern und unter (steigendem) Alkoholeinfluss durchfahren. Dabei ist festgestellt worden, dass die fahrerische Leistungsfähigkeit der Teilnehmer unabhängig von deren Geschlecht bereits bei geringen Blutalkoholwerten beträchtlich abnahm. Bei einer BAK von 0,21 bis 0,60 ‰ (Anmerkung des Senats: Der Studie ist zu entnehmen, dass die Maßeinheiten g/kg und ‰ gleichgesetzt worden sind) wurde ein erhöhtes Risiko riskanter Fahrweise beobachtet. Ab 0,21 ‰ imponierte eine durchschnittliche Verschlechterung der Fahrleistungen um 43 %, ab 0,81 ‰ um 62 % und ab 1,01 ‰ um 72 %. Ab 0,81 ‰ ist bei den Probandinnen und Probanden in vier von sieben Disziplinen eine signifikante Erhöhung der Fehlerquote, insbesondere bei dem Durchfahren von 1,30 Meter breiten, in einem Slalomkurs angeordneten Toren festgestellt worden. In dem BAK-Bereich, der nach deutschem Recht der Schwelle zur absoluten Fahruntüchtigkeit für Kraftfahrzeugführer am nächsten kommt (1,01 bis 1,20 ‰), war die individuelle Fahrleistung ausweislich der Studie stark herabgesetzt. Deren Verfasser kommen auf der Grundlage dessen zu dem Schluss, dass ab einem Wert von 0,81 ‰ von E-Scooterfahrern eine erhöhte Gefährdung von Fußgängern zu erwarten ist.
Die von der Verteidigung mit Schriftsatz vom 20. April 2020 gegen die Studie erhobenen methodischen Bedenken teilt der Senat nicht.
(a) Soweit der Revisionsführer bemängelt, der Studie sei zu dem Streckenabschnitt des Parcours „Fahren im Kreis gegen den Uhrzeigersinn“ nicht zu entnehmen, welchen Durchmesser der zu durchfahrende Kreis hatte und wie breit die Fahrspur war, übersieht er, dass dieser Abschnitt mögliche Situationen nachstellen sollte, in denen es entscheidend ist, die Spur zu halten, z. B. beim Fahren auf schmalen Radwegen oder Wendemanövern in engen Straßen (Studie S. 8, vorletzter Absatz). Dass die vermissten Angaben fehlen, entzieht der Studie nicht ihre Aussagekraft.
(b) Ebenso wenig schmälert es die Aussagekraft der Studie, dass nicht alle Fahrer die maximale BAK von 1,60 ‰ erreicht haben, weil bei den Probanden bereits deutlich unter dieser BAK erhebliche Leistungsdefizite verzeichnet worden sind.
(c) Dass die Studie keine Aussage zur Angemessenheit der BAK-Grenze von 1,10 ‰ für die absolute Fahruntauglichkeit von E-Scooterfahrern getroffen hat, ist unmaßgeblich, weil es sich dabei nicht um eine “errechnete” oder auf empirischer Basis ermittelte Erkenntnis handelt, sondern um eine durch die Gerichte zu beantwortende Rechtsfrage.
Für die vom Angeklagten geforderte Anhebung des Grenzwerts absoluter Fahruntauglichkeit für Fahrer von E-Scootern auf einen über 1,10 ‰ liegenden Wert ist daher auf der Grundlage der dargelegten Erkenntnisse kein Raum.
2. Hinsichtlich der vom Amtsgericht verhängten Rechtsfolge deckt die Sachrüge ebenso wenig den Angeklagten beschwerende Rechtsfehler auf.
a) Mit seiner Rüge, die verhängte Höhe des einzelnen Tagessatzes lasse sich nicht auf die getroffenen Feststellungen stützen, dringt er nicht durch.
Das Revisionsgericht hat bei der Überprüfung der Tagessatzhöhe, wie auch sonst bei der Strafzumessung, lediglich nachzuprüfen, ob die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten ausreichend festgestellt und in rechtsfehlerfreier Weise berücksichtigt sind, wobei die Wertung des Tatrichters bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen ist. Denn das Gesetz gibt in § 40 Abs. 2 StGB insoweit nur allgemeine Anhaltspunkte für die Bemessung des Tagessatzes und räumt dem Tatrichter eine weitgehende Ermessensfreiheit ein (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2020 (3) 121 Ss 126/20 (61/20) -, juris; KG Beschlüsse vom 13. März 2020 (4) 1 Ss 363/99 (34/00) -, 23. Mai 2016 – (4) 121 Ss 35/16 (80/16) – und 25. Juli 2018 – (1) 161 Ss 109/18 (23/18) -; Lackner/Kühl, StGB 29. Aufl., § 40 Rdn. 7 m.w.N.). Bei Aufwendungen, die einer vorausschauenden und angemessenen Lebensplanung geschuldet sind, etwa bei Aufwendungen für die Berufsausbildung, erscheint es zwar regelmäßig angezeigt, diese angemessen bei der Tagessatzberechnung zu berücksichtigen (vgl. Grube in Leipziger Kommentar zum StGB 13. Aufl., § 40 Rdn. 57 m.w.N.), rechtlich zwingend ist dies aber nicht (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. Juli 1988 – 1 Ss 100/88 -, juris).
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil indes gerecht. Nach den zu den Einkommensverhältnissen getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte angestellter Pilot, erhält Kurzarbeitergeld von ca. 1.500,- bis 1.900,- Euro und muss wegen der privat finanzierten Pilotenausbildung einen Kredit über 100.000,- Euro in monatlichen Raten von 467,- Euro bedienen. Die festgesetzte Tagessatzhöhe von 50,- Euro lässt sich mit diesen Feststellungen in Einklang bringen. Dass das Amtsgericht die Kreditraten lediglich teilweise berücksichtigt hat, ist durch das dargelegte tatrichterliche Ermessen gedeckt. Soweit der Angeklagte der Auffassung ist, das Amtsgericht hätte auf der Grundlage eines Durchschnittseinkommens von 1.700,- Euro und unter voller Anrechnung der monatlichen Kreditraten eine Tagessatzhöhe von “allenfalls 41,10 Euro” festsetzen dürfen, ersetzt er lediglich das tatrichterliche Ermessen durch sein eigenes. Damit wird er im Revisionsverfahren nicht gehört.
b) Auch dagegen, dass das Amtsgericht gemäß § 44 Abs. 1 StGB ein sechsmonatiges – nach § 51 Abs. 1, Abs. 5 StGB durch die Zeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis abgegoltenes – Fahrverbot angeordnet hat, ist durch den Senat nichts zu erinnern.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.