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Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter – vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis

E-Scooter und Trunkenheit: Ein komplexer Fall um Fahrerlaubnis und Rechtsprechung

In einer jüngsten Entscheidung des Landgerichts Lüneburg wurde ein Fall verhandelt, der die rechtlichen Grenzen von Trunkenheit im Straßenverkehr mit E-Scootern auslotet. Der Beschuldigte hatte gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Celle Beschwerde eingelegt, in dem ihm die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen wurde. Der Vorwurf: Er sei alkoholisiert E-Scooter gefahren. Das Hauptproblem in diesem Fall liegt in der rechtlichen Einordnung des E-Scooters als Kraftfahrzeug und der damit verbundenen Anwendung der Strafgesetze, die normalerweise für Autos und andere „klassische“ Kraftfahrzeuge gelten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 111 Qs 42/23 >>>

Die Vorwürfe und die erste Instanz

Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter - vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
E-Scooter und Trunkenheit: Wenn Fahrlässigkeit auf Recht trifft und Fahrerlaubnisse auf dem Spiel stehen. (Symbolfoto: hanohiki /Shutterstock.com)

Der Beschuldigte wurde beschuldigt, unter dem Einfluss von Alkohol einen E-Scooter geführt zu haben. Eine Blutprobe ergab einen Alkoholgehalt von 1,49 Promille. Daraufhin wurde ihm die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Der Verteidiger des Beschuldigten argumentierte, dass die Fahrt mit einem E-Scooter weniger gefährlich sei als mit einem Auto und daher nicht die gleichen rechtlichen Konsequenzen haben sollte. Er betonte, dass der E-Scooter nur eine Höchstgeschwindigkeit von 21 km/h habe und daher eher mit einem Fahrrad als mit einem Auto vergleichbar sei.

Die rechtliche Einordnung des E-Scooters

Das Landgericht Lüneburg wies die Beschwerde des Beschuldigten zurück und stellte klar, dass ein E-Scooter als Kraftfahrzeug im Sinne des Strafgesetzbuches gilt. Dies bedeutet, dass die gleichen Promillegrenzen und Strafen wie für Autos gelten. Das Gericht betonte, dass der E-Scooter, obwohl er nur eine geringe Höchstgeschwindigkeit hat, gesetzlich nicht als Fahrrad eingestuft ist. Daher ist die Promillegrenze für die absolute Fahruntüchtigkeit bei 1,1 Promille festgelegt.

Die Rolle der Umstände

Das Gericht nahm auch die Umstände der Fahrt in Betracht. Der Beschuldigte wurde auf einer Hauptverkehrsstraße angetroffen und hatte vor, eine längere Strecke zurückzulegen. Diese Faktoren führten dazu, dass das Gericht die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis als verhältnismäßig ansah. Es wurde argumentiert, dass trotz der geringeren Geschwindigkeit des E-Scooters das Risiko für den Straßenverkehr nicht vernachlässigbar sei, insbesondere bei einer Fahrt unter Alkoholeinfluss.

Kosten und Konsequenzen

Die Kosten für das Verfahren wurden dem Beschuldigten auferlegt. Dieser Fall zeigt, dass die rechtliche Einordnung von E-Scootern in Deutschland klar ist: Sie gelten als Kraftfahrzeuge und unterliegen den gleichen Gesetzen und Strafen wie andere Kraftfahrzeuge, wenn es um Trunkenheit im Verkehr geht. Das Urteil könnte als Präzedenzfall für ähnliche Fälle in der Zukunft dienen.

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Das vorliegende Urteil

Landgericht Lüneburg – Az.: 111 Qs 42/23 – Beschluss vom 27.06.2023

In dem Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr hat die 11. große Strafkammer des Landgerichts Lüneburg am 27.06.2023 beschlossen:

Die Beschwerde des Beschuldigten vom 05.05.2023 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Celle vom 26.04.2023, Az.: 17 Gs 377/23 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Beschuldigte wendet sich gegen die vorläufige Entziehung seiner Fahrerlaubnis, die auf den Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter gestützt wird.

Mit Beschluss vom 26.04.2023 hat das Amtsgericht Celle dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO vorläufig entzogen. Er sei dringend verdächtig, am 16.04.2023 um 01.36 Uhr in C. ein Fahrzeug geführt zu haben, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage gewesen sei, das Fahrzeug sicher zu führen (§ 316 Abs. 1, 2 StGB). Eine ihm um 02:00 Uhr entnommene Blutprobe habe einen Blutalkoholgehalt von 1,49 g ? ergeben.

Der Führerschein wurde noch in der Vorfallsnacht am 16.04.2023 sichergestellt.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers hat dieser für den Beschuldigten Beschwerde gegen die vorläufige Erziehung der Fahrerlaubnis eingelegt. Zur Begründung führt er aus, dass von einer fahrlässigen Zuwiderhandlung auszugehen sei. Der Beschuldigte sei mit einem E-Scooter mit dem Kennzeichen 090 WRF unterwegs gewesen, der 20 – 25 kg wiege und höchstens 21 km/h fahren könne. Er sei zu einer verkehrsarmen Zeit angetroffen worden. Eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter sei weniger gefährlich als mit einem Kraftfahrzeug. Die von einem E-Scooter ausgehende Gefahr sei eher einem Fahrrad als einem klassischen Kraftfahrzeug vergleichbar. Der Beschuldigte sei unrechtseinsichtig und habe viele Jahre beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen. Ein Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB liege nicht vor, weshalb auch kein dringender Tatverdacht für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO gegeben sei.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Nach Aktenlage liegen dringende Gründe für die Annahme vor, dass dem Beschuldigten in einem Strafbefehl oder einer Hauptverhandlung die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB für alle Arten von Kraftfahrzeugen entzogen werden wird.

Der von dem Beschuldigten benutzte E-Scooter ist ein Elektrokleinstfahrzeug im Sinne der Elektrokleinstfahrzeugeverordnung und als solcher ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 1 Abs. 2 StVG. Bei der Bewertung einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter gemäß § 316 StGB ist die Promillegrenze für die absolute Fahruntüchtigkeit wie bei allen Kraftfahrzeugen bei 1,1 o/oo anzusetzen. Auch wenn eine Vergleichbarkeit eines auf eine Geschwindigkeit jedenfalls bis 25 km/h begrenzten E-Scooters mit einem Pedelec diskutiert werden kann, ist dieser – anders als in § 1 Abs. 3 StVG für Pedelecs normiert – gesetzlich nicht als Fahrrad eingestuft. Dies ist auch für den rechtlichen Laien erkennbar, weil für einen E-Scooter eine Haftpflichtversicherung zwingend ist, weshalb für E-Scooter ein Kennzeichen ausgegeben wird, was ihn einem gering motorisierten Mofa, nicht aber einem Pedelec, gleichstellt.

Vorliegend ist der Beschuldigte nach dem um 02:00 Uhr gemessenen Blutalkoholwert von 1,49 o/oo jedenfalls einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt gemäß § 316 Abs. 2 StGB dringend verdächtig und damit der Anwendungsbereich des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB, der bei einer Trunkenheitsfahrt in der Regel eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach sich zieht, eröffnet. Aber auch bei einem erfüllten Regelbeispiel nach § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist der Fahrerlaubnisentzug nicht zwingend, sondern unterliegt einer Ermessensentscheidung des Gerichts. Wegen des geringeren abstrakten Gefährdungspotentials für den öffentlichen Straßenverkehr im Vergleich zu einem „klassischen“ Kraftfahrzeug ist bei einer Trunkenheitsfahrt unter Benutzung eines E- Scooters das Vorliegen eines Ausnahmefalls eingehend zu prüfen. Die Umstände des hier vorliegenden Einzelfalls ergeben bei vorläufiger Würdigung aber keine Bagatellfahrt, die die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis unverhältnismäßig erscheinen lassen.

Der Beschuldigte wurde nach Aktenlage um 01.26 Uhr auf dem Radweg der H. H.-straße in C. in Höhe der Hausnummer 29 von einer Polizeistreife angetroffen. Er fuhr nach dem Bericht der PK`in S. mit leichten Schlenkbewegungen auf dem parallel zur Fahrbahn verlaufenden Radweg, allerdings auf der falschen Straßenseite, obwohl laut der Satellitenansicht in google maps ein gegenüberliegender Radweg vorhanden ist. Die H. H.-straße ist als Teil der B 3 eine Hauptverkehrsstraße, weshalb auch um 01.26 Uhr, zumal am Wochenende in einer Nacht von Samstag auf Sonntag, innerorts noch mit Verkehr zu rechnen ist. Zudem beabsichtigte der Beschuldigte nach seiner Einlassung, nicht nur eine kurze Strecke zu fahren. Denn er wollte mit dem E-Scooter zu seiner Wohnanschrift in der G.-H.-Straße fahren, die im Ortsteil S. etwa 6 km von dem Ort seines Antreffens entfernt liegt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

 

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