Trunkenheitsfahrt mit Unfall: Gericht verzichtet auf Fahrerlaubnisentzug
Das Amtsgericht Tiergarten hat in einem bemerkenswerten Fall, Aktenzeichen (315 Cs) 3023 Js 2034/16 (254/16), vom 20.04.2017, einen 66-jährigen deutschen Staatsangehörigen wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 € verurteilt. Der Angeklagte, der zuvor als Kraftfahrer tätig war und nun Altersrentner ist, hat monatliche Einkünfte von rund 940 Euro und ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Das Amtsgericht Tiergarten hat einen 66-jährigen Mann, der unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursachte, zu einer Geldstrafe verurteilt, ihm jedoch die Fahrerlaubnis nicht entzogen, da er positive Schritte zur Verhaltensänderung und Rehabilitation unternommen hat.
- Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 € verurteilt.
- Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte der Angeklagte 3,12 Promille Alkohol im Blut.
- Der Angeklagte hat nach dem Vorfall seinen Alkoholkonsum selbstständig aufgegeben und eine verkehrspsychologische Einzelberatung erfolgreich abgeschlossen.
- Er hat sich intensiv mit den Ursachen seines Trinkverhaltens und seiner Trunkenheitsfahrt auseinandergesetzt.
- Das Gericht hat die individuellen Umstände und Bemühungen des Angeklagten zur Besserung berücksichtigt.
- Trotz des Regelbeispiels für die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis nicht entzogen, da er positive Schritte zur Verhaltensänderung unternommen hat.
- Der Angeklagte hat seit dem Vorfall keinen Alkohol mehr konsumiert und hat sich positiv verändert, sowohl in seiner Familie als auch in seinem sozialen Umfeld.
- Das Gericht hat entschieden, dass die verhängte Geldstrafe ausreicht, um dem Angeklagten sein Fehlverhalten vor Augen zu führen und hat von weiteren Strafen abgesehen.
Übersicht
Hintergrund der Trunkenheitsfahrt
Der Fall dreht sich um eine Trunkenheitsfahrt, bei der der Angeklagte nach dem Konsum einer nicht genau feststellbaren Menge Alkohol mit seinem Auto fuhr, um einen Ersatzschlüssel von seiner Schwiegertochter zu holen. Auf dem Rückweg verursachte er einen Unfall, bei dem ein Schaden von 3.059,95 Euro entstand. Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte der Angeklagte einen Alkoholgehalt von 3,12 Promille im Blut. Trotz seines hohen Alkoholgenusses war er sich des Unrechts seiner Tat bewusst, obwohl seine Fähigkeit, entsprechend dieser Einsicht zu handeln, erheblich vermindert war.
Rechtliche Konsequenzen und Bewertung
Ein zentrales rechtliches Problem in diesem Fall war die Frage der Fahrerlaubnisentziehung. Der Angeklagte hatte seinen Führerschein am Tag des Unfalls verloren, dieser wurde jedoch am Ende der Hauptverhandlung wieder an ihn ausgehändigt. Dies ist bemerkenswert, da er trotz der Schwere seiner Tat und des hohen Alkoholgehalts im Blut nicht als ungeeignet zum Führen eines Fahrzeugs angesehen wurde. Das Gericht berücksichtigte dabei seine Bemühungen, seinen Alkoholkonsum aufzugeben und eine Verkehrspsychologische Einzelberatung erfolgreich abzuschließen. Zudem hat er seit dem Vorfall keinen Alkohol mehr konsumiert und hat sich intensiv mit den Ursachen seines Trinkverhaltens und seiner Trunkenheitsfahrt auseinandergesetzt.
Auswirkungen und Bedeutung des Urteils
Die Auswirkungen des Urteils sind vielfältig. Zum einen zeigt es, dass das Gericht bereit ist, individuelle Umstände und Bemühungen zur Besserung zu berücksichtigen, anstatt sich nur auf die Schwere der Tat zu konzentrieren. Zum anderen hebt es die Bedeutung der Rehabilitation und der Selbstreflexion hervor, insbesondere in Fällen von Alkoholmissbrauch und Verkehrsgefährdung.
Fazit und Schlussfolgerungen
Das Fazit dieses Urteils ist, dass trotz der Schwere der Tat und des hohen Alkoholgehalts im Blut des Angeklagten, das Gericht die individuellen Umstände und Bemühungen des Angeklagten zur Besserung berücksichtigt hat. Es betont die Bedeutung der Rehabilitation und der Selbstreflexion und zeigt, dass das Rechtssystem bereit ist, individuelle Umstände zu berücksichtigen und nicht nur Strafen zu verhängen. Es ist ein Beispiel dafür, wie das Gericht versucht, Gerechtigkeit zu schaffen, indem es sowohl die Schwere der Tat als auch die Bemühungen des Täters zur Besserung berücksichtigt.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Trunkenheitsfahrt mit Unfallverursachung
Wenn Sie betrunken einen Autounfall verursachen, müssen Sie mit verschiedenen Sanktionen rechnen. Bei einem Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss können Strafen wie Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren verhängt werden. Zudem kann es zu einem Führerscheinentzug von 6 Monaten bis zu 5 Jahren oder sogar lebenslang kommen. In Bezug auf die Kfz-Versicherung gilt: Wenn Sie betrunken einen Autounfall verursachen oder daran beteiligt sind, entschädigt Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung Ihre Unfallgegner. Allerdings kann der Versicherer Sie in Regress nehmen und einen Teil der bezahlten Schadensumme (maximal 5.000 Euro) von Ihnen zurückverlangen. Bei einem Alkoholgehalt von weniger als 0,3 Promille zahlt die Versicherung in der Regel 100 % des Schadens des Unfallopfers. Zwischen 0,3 und 1,1 Promille können Kürzungen von bis zu 50 % vorgenommen werden. Bei einem Alkoholgehalt von über1,1 Promille kann die Versicherung die Zahlung komplett verweigern.
- § 315c StGB: Dieser Paragraph des deutschen Strafgesetzbuches bezieht sich auf die „Gefährdung des Straßenverkehrs“. Eine Person kann nach § 315c StGB verurteilt werden, wenn sie den Straßenverkehr gefährdet, indem sie beispielsweise grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt, andere Verkehrsteilnehmer in konkrete Gefahr bringt oder Sachen von bedeutendem Wert beschädigt. Die Strafe für diese Straftat kann Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe sein. In schweren Fällen, beispielsweise wenn die Handlung den Tod einer anderen Person verursacht, kann die Strafe höher sein.
- § 21 StGB: Dieser Paragraph bezieht sich auf die „Schuldunfähigkeit wegen Rausch“. Wenn eine Person zum Zeitpunkt der Tat aufgrund von Rausch (zum Beispiel durch Alkohol- oder Drogenkonsum) schuldunfähig ist, kann sie nach § 21 StGB nicht bestraft werden. Stattdessen kann die Person zu einer Maßregel, wie beispielsweise Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, verurteilt werden. Die Beurteilung der Schuldunfähigkeit ist oft ein komplexer Prozess, der eine genaue Untersuchung der Umstände der Tat und des Zustands der Person zum Zeitpunkt der Tat erfordert.
- Fahrerlaubnisentziehung: Die Fahrerlaubnisentziehung ist eine Sanktion, die im Zusammenhang mit Straßenverkehrsdelikten steht. Sie bedeutet, dass die Fahrerlaubnis einer Person entzogen wird, wodurch sie das Recht verliert, motorisierte Fahrzeuge zu führen. In Fällen, in denen der Angeklagte wegen einer Straftat nach § 315c StGB verurteilt wurde, kann das Gericht trotz der Schwere der Tat entscheiden, auf die Entziehung der Fahrerlaubnis zu verzichten. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Tat nicht im Zusammenhang mit dem Führen eines Fahrzeugs stand oder wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis unverhältnismäßig harte Auswirkungen auf das Leben des Angeklagten hätte. Es ist wichtig zu betonen, dass die Entscheidung, auf die Entziehung der Fahrerlaubnis zu verzichten, immer vom Einzelfall abhängt und von den Gerichten sorgfältig abgewogen wird.
§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:
- Strafrecht: Das Strafrecht ist der wichtigste Rechtsbereich in diesem Fall. Hierbei sind insbesondere die folgenden Gesetze und Paragraphen relevant:
- § 315c StGB: Dieser Paragraph behandelt die Straftat der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs. Es legt die strafrechtlichen Konsequenzen für Handlungen fest, die die Verkehrssicherheit gefährden.
- § 21 StGB: Dieser Paragraph definiert die Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderte Schuldfähigkeit einer Person aufgrund von Rauschmittelkonsum.
- § 69 StGB: Hierbei handelt es sich um die Vorschrift zur Entziehung der Fahrerlaubnis, die in diesem Fall eine wichtige Rolle spielt.
- § 69a StGB: Dieser Paragraph befasst sich mit der Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach deren Entziehung.
Diese Rechtsnormen sind entscheidend, um die Strafe und die Frage der Fahrerlaubnisentziehung im Zusammenhang mit der Trunkenheitsfahrt mit Unfallverursachung zu verstehen.
- Strafzumessung: Die Strafzumessung ist ein wichtiger Aspekt in diesem Fall. Die relevanten Faktoren, die in Betracht gezogen wurden, um die Geldstrafe und die Fahrerlaubnisentziehung zu entscheiden, sind relevant und können auf die Prinzipien des deutschen Strafrechts und insbesondere auf § 46 StGB zurückgeführt werden.
- Verkehrspsychologische Einzelberatung: Obwohl dies kein spezifisches Gesetz ist, handelt es sich um eine Maßnahme, die bei der Strafzumessung und der Entscheidung über die Fahrerlaubnisentziehung berücksichtigt wurde. Die Beratung und Therapie des Angeklagten durch einen Psychologen ist ein wichtiger Faktor, der auf seine Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr abzielt.
- Deklaratorisches Fahrverbot: In diesem Fall wurde von einem deklaratorischen Fahrverbot abgesehen, was auf die Wechselwirkung zwischen der Hauptstrafe (Geldstrafe) und der Nebenstrafe (Fahrverbot) hinweist. Dies wird in § 44 Abs. 1 S. 2 StGB behandelt.
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Das vorliegende Urteil
AG Tiergarten – Az.: (315 Cs) 3023 Js 2034/16 (254/16) – Urteil vom 20.04.2017
Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 30 (dreißig) Tagessätzen zu je 20,00 (zwanzig) € verurteilt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Revision und seine notwendigen Auslagen.
– Angewendete Strafvorschriften: §§ 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 3 Nr. 2, 21, 69, 69a StGB –
Gründe
(Fassung gemäß § 267 Abs. 5 StPO)
I.
Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 66 Jahre alte Angeklagte ist deutscher Staatsangehöriger, verheiratet und hat 4 volljährige Kinder. Er war zuletzt als Kraftfahrer tätig und ist nunmehr Altersrentner. Er hat monatliche Einkünfte von rund 940 Euro.
Der Angeklagte ist – ausweislich seines Bundeszentralregisters – bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
II.
Der an Alkohol gewöhnte Angeklagte nahm im Laufe des 11. Februar 2016 eine nicht mehr genau feststellbare Menge Alkohol zu sich. Als der Angeklagte mit seinem Hund Gassi ging, fiel ihm auf, dass er seinen Haustürschlüssel vergessen hatte. Um einen Ersatzschlüssel, der sich bei seiner Schwiegertochter, die rund 1 km von seiner Wohnung entfernt wohnt, zu holen, stieg er in seinen Pkw, amtliches Kennzeichen …, und fuhr zu dieser.
Auf dem Rückweg befuhr er unter anderem die M. Allee in … B.. Vor dem Kreuzungsbereich M. Allee/M.-H.-Str. fuhr der Angeklagte um 14.50 Uhr auf den vor ihm verkehrsbedingt haltenden Pkw des Zeugen L., amtliches Kennzeichen …, wobei ein Fremdschaden in Höhe von 3.059,95 Euro (ohne MwSt) entstand, der von der Versicherung des Angeklagten reguliert wurde.
Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte der Angeklagte 3,12 Promille Alkohol im Blut und hätte bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen können, dass er infolge des Alkoholgenusses fahruntauglich war und andere gefährden konnte. Trotz seines Rauschzustandes war bei Begehung der Tat die Fähigkeit des Angeklagten das Unrecht der Tat einzusehen, nicht beeinträchtigt, seine Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln, auch nicht aufgehoben, jedoch im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert.
Der Führerschein wurde am 11. Februar 2016 beschlagnahmt, befand sich seither in amtlicher Verwahrung und wurde am Ende der Hauptverhandlung an den Angeklagten ausgehändigt.
Der Angeklagte hat selbständig den Alkoholkonsum seit dem 3. April 2016 aufgegeben und ist seitdem trocken. In der Zeit vom 18. April 2016 bis zum 4. April 2017 befand sich der Angeklagte in einer verkehrspsychologischen Einzelberatung bei Dipl-Psych. R. und nahm an 18 Einzelsitzungen (à 50 Minuten) durchschnittlich einmal alle zwei Wochen statt. Inhaltlich hat sich der Angeklagte dabei unter anderem mit den Ursachen für sein Trinken, seiner Alkoholfahrt und einer dauerhaften Verhaltensänderung in Bezug auf Alkohol beschäftigt. Die verkehrspsychologische Beratung wurde erfolgreich abgeschlossen. Daneben hat er bislang vier spontan stattfindende Urin-Screenings im Rahmen eines Drogenabstinenzprogramms durchgeführt, die jeweils einen negativen Befund aufwiesen.
Das Ehe- und Familienleben des Angeklagten hat sich seit der Alkoholabstinenz verändert. Er geht gemeinsam mit seiner Ehefrau nunmehr ins Kino oder zu kulturellen Veranstaltungen, an denen er vorher nie teilgenommen hat. Zugleich besucht er zwei bis drei Mal die Woche ein Fitnessstudio.
Der Angeklagte wurde in hiesiger Sache durch das Amtsgericht Tiergarten am 5. Juli 2016, Az.: 311 Cs 97/16 wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20,00 Euro verurteilt und eine Fahrerlaubnissperre von 9 Monaten verhängt. Auf die Revision des Angeklagten wurde das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und an die hiesige Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.
III.
Der Angeklagte hat sich damit wegen § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 3 Nr. 2 StGB schuldig gemacht.
IV.
1. Im Rahmen der Strafzumessung war zunächst der konkrete Strafrahmen festzulegen.
Das Gericht ist bezüglich der Taten vom – nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten – Strafrahmen des § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 3 Nr. 2 StGB ausgegangen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Steuerungsfähigkeit während der Tat des unter dem Einfluss von Alkohol stehenden Angeklagten eingeschränkt war.
2. Bei der Beantwortung der Frage, welche konkrete Strafe dem Angeklagten treffen musste, hatte das Gericht die für und gegen ihn sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte abzuwägen.
Zugunsten des Angeklagten hat das Gericht gewürdigt, dass er sich hinsichtlich der Tat umfänglich eingelassen und die Beweggründe für seine Handlungen dargelegt hat. Auch war strafmildernd zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und jetzt erstmals im schon fortgeschrittenen Alter straffällig geworden ist. Zudem war positiv zu berücksichtigen, dass er selbständig das Trinken aufgegeben hat und seit April 2016 eine Alkoholtherapie besucht. Gegen den Angeklagten sprechende Gesichtspunkte waren nicht ersichtlich.
Für den Angeklagten hält das Gericht unter Abwägung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände eine Geldstrafe von 30 (dreißig) Tagessätzen für tat- und schuldangemessen.
Unter Berücksichtigung der Einkünfte des Angeklagten war die Tagessatzhöhe mit 20,00 (zwanzig) Euro festzusetzen. Berücksichtigt worden dabei sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten, insbesondere, dass er ein monatlichen Einkommen von 940,00 Euro hat.
3. Dem Angeklagten, ist neben der Strafe die Fahrerlaubnis nicht zu entziehen. Zwar liegt in der vom Angeklagten begangenen Tat ein Regelfall des §§ 69 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB vor, der nach Auffassung des Gesetzgebers regelmäßig zur Entziehung der Fahrerlaubnis führt. Der Angeklagte weist jedoch in seiner Person als auch in dem Nachtatverhalten wesentliche Besonderheiten auf, durch die die indizielle Bedeutung des Regelbeispiels zum jetzigen Zeitpunkt kompensiert wird.
Der Angeklagte hat selbständig, ohne dass es äußeren sozialen Druckes bedurfte, seit dem 03. April 2016, also mehr als 1 Jahr, keinen Alkohol mehr zu sich genommen. Dabei hat er sich bewusst – entgegen dem Rat seiner Frau und Familie – dafür entschieden, dass das in der Wohnung des Angeklagten befindliche Weinregal und die Hausbar nicht entfernt werden sollen, um den Umgang mit der Abstinenz zu erlernen.
In der Zeit vom 3. April 2016 bis zum 4. April 2017 hat der Angeklagte erfolgreich eine verkehrspsychologische Einzeltherapie bei Dipl-Psych. R. absolviert, bei der er in 18 Einzelsitzungen (á 50 Minuten) sich intensiv mit dem Umgang mit Alkohol und seiner Tat auseinandergesetzt hat. Daneben hat er bislang vier spontan stattfindende Urin-Screenings im Rahmen eines Drogenabstinenzprogramms durchgeführt, die jeweils einen negativen Befund aufwiesen.
Die Ehe- und Familiensituation hat sich nach den glaubhaften Angaben der Ehefrau des Angeklagten dahingehend geändert, dass der Angeklagte offener und zugänglicher geworden ist, indem sie gemeinsam kulturelle Veranstaltungen wahrnehmen und der Angeklagte zwei bis drei Mal in der Woche Sport treibt, welches vor dem Unfall undenkbar gewesen sei. Der Angeklagte geht mit seinem Alkoholismus offen in der Familie und dem Freundeskreis um und erfährt zahlreiche Unterstützung. Selbst einen tragischen Zwischenfall in seiner Familie, bei dem der Angeklagte Ende des vergangenen Jahres um das Leben seines Sohnes bangen musste, hat er ohne „zur Flasche zu greifen“ überstanden und auch diese für das Gericht nachvollziehbar schwere Situation gemeistert.
Nach alledem ist das Gericht – auch vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte seit dem Tattag am 11. Februar 2016 und damit mehr als 14 Monate ohne Führerschein ist und das Verfahren rund 10 Monate andauert – überzeugt, dass dem Angeklagten eine günstige soziale Prognose gestellt werden kann. Es besteht für das Gericht kein Zweifel, dass der Angeklagte (wieder) geeignet ist am Straßenverkehr als Fahrzeugführer teilzunehmen.
4. Entgegen der Auffassung des Verteidigers konnte auch von einem deklaratorischen Fahrverbot abgesehen werden, welches in der Regel zu verhängen ist, wenn in den Fällen einer Verurteilung wegen (fahrlässiger) Trunkenheit die Entziehung der Fahrerlaubnis unterblieben ist, § 44 Abs. 1 S. 2 StGB. Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass zwischen der Hauptstrafe (hier der Geldstrafe) und der Nebenstrafe des Fahrverbots eine Wechselwirkung besteht. Die Nebenstrafe darf nur verhängt werden, wenn die Hauptstrafe allein den mit der Nebenstrafe verfolgten spezialpräventiven Zweck nicht erreichen kann, und beide zusammen die Tatschuld nicht überschreiten (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 10. Januar 2007 – (3) 1 Ss 389/06 (125/06) -, juris). Dies vorangestellt, ist das Gericht überzeugt, dass die Geldstrafe ausreicht, dem Angeklagten sein Fehlverhalten vor Augen zu halten. Die unter Ziffer 3 aufgezeigten besonderen Umstände, gebieten es von der Regelvermutung des § 44 Abs. 1 S. 2 StGB abzuweichen. Hinzu kommt, dass seit der Tat rund 14 Monate vergangen sind, sodass der Sinn und Zweck eines Fahrverbot als Warnungs- und Besinnungsstrafe durch Einwirken in angemessenem zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter nicht mehr erfüllt werden kann.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 und 473 Abs. 1 StPO.