Parkendes Auto angefahren und Zettel mit Kontakt hinterlassen – Gesetzeslage
Es kann im Alltag eines Autofahrers schon einmal vorkommen, dass ein anderes Fahrzeug gerammt wird. Es muss sich hierbei ja nicht einmal zwingend um einen schweren Verkehrsunfall handeln, der als Ursache für eine Beschädigung eines anderen Fahrzeugs in Betracht kommt. Nicht selten sind es gerade die parkenden Fahrzeuge ohne eine Person darin, mit denen es zu einem unerwünschten Kontakt kommt. Eine derartige Situation ist natürlich überaus unangenehm, da sie die eigene Zeitplanung des Tages durcheinander bringt. Natürlich ist jedem Autofahrer bewusst, dass eine Unfallflucht als Straftat gewertet wird und dementsprechend sehr schlimme Konsequenzen nach sich zieht. Um dies nicht zu riskieren erliegen sehr viele Autofahrer der Versuchung, einfach einen Zettel mit dem Hinweis auf die Beschädigung des Fahrzeuges sowie den eigenen Kontaktdaten zu hinterlassen. Diese Vorgehensweise ist jedoch nicht ratsam!
Im Fall einer aktiven Unfallbeteiligung gibt es für den Unfallverursacher sogenannte Anschlusspflichten, welche auf jeden Fall beachtet werden müssen!
Eine der wichtigsten Anschlusspflichten bei einem Verkehrsunfall ergibt sich aus dem § 142 StGB (Strafgesetzbuch). In diesem Paragrafen wird detailliert beschrieben, unter welchen Voraussetzungen eine Unfallflucht vorliegt. Um nicht den Straftatbestand einer Unfallflucht zu erfüllen, muss ein Unfallbeteiligter zwingend persönlich an dem Unfallort verbleiben und den aktiven Kontakt zu dem Fahrzeugbesitzer herzustellen. Ist der Fahrzeugbesitzer unauffindbar, kann der Unfallverursacher auch Kontakt zu anderen Personen vor Ort herstellen. Sollten sich diese Personen bereit erklären, als Unfallzeuge die Feststellungen über die unfallverursachende Person sowie das Fahrzeug und der Unfallart aufzunehmen, so kann dies als Erfüllung der Anschlusspflichten eines Unfallverursachers ausreichen.
Die unfallverursachende Person sollte sich auf jeden Fall ebenfalls die Kontaktdaten der Zeugen geben lassen und ihrerseits auch den Unfall sowie die weitere Vorgehensweise notieren.
Der hinterlassene Zettel ist rechtlich umstritten
Es ist rechtlich betrachtet überaus fragwürdig, ob das Hinterlassen eines Zettels bzw. auch einer Visitenkarte an dem beschädigten Fahrzeug als Pflichterfüllung der Anschlusspflichten ausreichend ist. Es gibt diesbezüglich bedauerlicherweise keinerlei einheitliche Rechtsprechung, sodass die Gerichte diese Vorgehensweise auch unterschiedlich bewerten. Es gibt rechtliche Ansichten, welche besagen, dass der Straftatbestand der Unfallflucht auch trotz des hinterlassenen Zettels bzw. der Visitenkarten nach wie vor erfüllt ist, da auf diese Weise keine Sachstandsaufklärung im Hinblick auf die Art von der Unfallbeteiligung gewährleistet wird. Überdies gibt es bei dem hinterlassenen Zettel bzw. der Visitenkarten auch keinerlei Garantie dafür, dass die geschädigte Person den Zettel bzw. die Visitenkarten auch tatsächlich bekommt. Das Gegenargument derjenigen Parteien, welche eine andere Auffassung vertreten, geht in die Richtung, dass das Hinterlassen eines Zettels bzw. einer Visitenkarte sowohl sachdienlich als auch angemessen ist – sofern die Wartefrist der unfallverursachenden Person abgewartet wurde.
Die aktuell allgemeingültige angemessene Wartefrist einer unfallverursachenden Person vor Ort wird aktuell auf rund 30 Minuten terminiert. Sollte es binnen dieser Zeit nicht möglich sein, den geschädigten Fahrzeugbesitzer zu ermitteln, ist die Kontaktaufnahme mit der Polizei und die dortige Information im Hinblick auf den verursachten Unfall zwingend erforderlich. Problematisch ist jedoch der Umstand, dass es sich bei den 30 Minuten um keine gesetzlich anerkannte Wartefrist handelt. Aus diesem Grund gelten die 30 Minuten rechtlich betrachtet ebenfalls als umstritten.
Durch das Hinterlassen des Zettels bzw. der Visitenkarten wird der geschädigten Person zumindest die Möglichkeit gegeben, Kontakt mit der unfallverursachenden Person aufzunehmen und eine Schadensregulierung zu erreichen. Sollte sich die geschädigte Person bei dem Schädiger nicht melden, so wird der Schädiger durch die Meldung bei der Polizei von dem Vorwurf der Unfallflucht befreit.
Sollte die Wartefrist seitens der unfallverursachenden Person nicht eingehalten worden sein, so führt das Hinterlassen eines Zettels oder einer Visitenkarte nicht zu einer Entlastung von dem Vorwurf der Unfallflucht.
Der hinterlassene Zettel bzw. die Visitenkarte kann strafmildernde Folgen haben
Es sollte jedem Autofahrer ein gesteigertes Anliegen sein, überhaupt nicht erst in den Vorwurf der Unfallflucht zu kommen. Hierbei handelt es sich um einen Straftatbestand, der ein Fahrverbot von maximal sechs Monaten nach sich ziehen kann. Sollte das Ausmaß des Fremdschadens im erheblichen Bereich liegen, so kann sogar ein Entzug der Fahrerlaubnis als Konsequenz des Verhaltens drohen. Auch der sogenannte vorläufige Entzug der Fahrerlaubnis vor der eigentlichen rechtskräftigen Ahndung ist möglich. Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Schadenshöhe für den sogenannten erheblichen Fremdschaden rechtlich nicht eindeutig definiert ist. Diese Höhe variiert von Oberlandesgerichtsbezirk zu Oberlandesgerichtsbezirk. In einigen Oberlandesgerichtsbezirken beginnt der erhebliche Fremdschaden bereits bei einem Wert von 1.300 Euro als Nettowert während hingegen in anderen Bereichen ein Wert von 1.500 Euro netto bzw. mehr als 2.000 Euro netto erreicht werden muss.
Im Zusammenhang mit dem Fahrverbot als Konsequenz der Unfallflucht kann das Hinterlassen eines Zettels bzw. einer Visitenkarte durchaus eine Strafmilderung erreicht werden. Das jeweilig zuständige Gericht kann aus dem Hinterlassen des Zettels bzw. der Visitenkarte die Schlussfolgerung ziehen, dass ein Entzug der Fahrerlaubnis bzw. ein Fahrverbot nicht zwingend erforderlich ist. Hierbei handelt es sich jedoch ausdrücklich um eine sogenannte „Kann-Bestimmung“. Das Gericht ist zu dieser Schlussfolgerung nicht verpflichtet. Kommt das Gericht zu einer anderen Schlussfolgerung, so ist die unfallverursachende Person trotz des Hinterlassens eines Zettels bzw. einer Visitenkarte dennoch vorbestraft.
Es mutet an sich schon ein wenig kurios an, dass eine unfallverursachende Person, welche durch das Hinterlassen eines Zettels oder einer Visitenkarte an dem beschädigten Fahrzeug gegenüber der geschädigten Person den Willen für die Übernahme der Verantwortung äußert, trotzdem wegen Fahrerflucht verurteilt werden kann. Nicht selten jedoch erfüllt ein derartiger Zettel nicht einmal das Mindestmaß an rechtlichen Voraussetzungen. Die Polizei rät auf jeden Fall davon ab, einen derartigen Zettel zu hinterlassen.
Sollte die Situation jedoch keinerlei Alternativen zulassen, so sollte der Zettel auf jeden Fall
- das Datum des Unfalls
- die Uhrzeit des Unfalls
- den Namen des Unfallverursachers
- die Anschrift des Unfallverursachers
- eine telefonische Kontaktmöglichkeit
enthalten.
Beachtet werden muss allerdings, dass ein derartiger Zettel nicht zwingend strafbefreiend im Zusammenhang mit dem Verdacht der Unfallflucht wirken muss. Wer als unfallverursachende Person rechtlich sicher sein möchte, der sollte auf jeden Fall die Polizei kontaktieren und dort eine Meldung im Hinblick auf das Geschehen tätigen.
Wer als unfallverursachende Person keine Meldung bei der Polizei getätigt hat, der wird auf jeden Fall Hilfe von einem erfahrenen Rechtsanwalt benötigen.
Es ist zwar durchaus korrekt, dass die Polizei vielerorts bzw. in vielen Bundesländern bei einem Verkehrsunfall lediglich dann vor Ort erscheint, wenn es sich um einen Personenschaden handelt. Dies ist jedoch kein Grund bzw. keine rechtfertigende Entschuldigung dafür, die Ordnungshüter überhaupt nicht zu kontaktieren. Die Polizei wird auch bei einem Unfall, bei dem die geschädigte Person nicht auffindbar ist, nicht direkt vor Ort erscheinen. Durch die Kontaktaufnahme mit der Polizei kann sich jedoch die unfallverursachende Person von dem Vorwurf der Unfallflucht befreien. Die Polizei wird den Fall aufnehmen und dann auch direkt die „Erlaubnis“ erteilen, dass sich die unfallverursachende Person von dem Unfallort entfernen darf. Mitunter ist es sogar erforderlich, dass ein Besuch auf der Dienststelle der Polizei von der unfallverursachenden Person notwendig wird. In jedem Fall wird die unfallverursachende Person von der Polizei eine Kopie des Unfallberichts erhalten, sodass ein rechtlich zulässiger Nachweis vorhanden ist. Dieser Nachweis kann zu einem späteren Zeitpunkt noch sehr wichtig werden und sollte deshalb aufbewahrt werden.
Wenn Sie sich mit dem Vorwurf der Unfallflucht konfrontiert sehen, so können Sie sich gern an uns als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei wenden. Nehmen Sie einfach telefonisch oder per E-Mail bzw. über unsere Internetpräsenz Kontakt mit uns auf. Haben Sie als unfallverursachende Person einen Zettel oder eine Visitenkarte an dem Fahrzeug der geschädigten Person hinterlassen, so werden wir im Fall einer Mandatierung Ihrerseits zunächst erst einmal Akteneinsicht beantragen und die Prüfung durchführen, ob durch diesen Zettel ein Entfall der Strafbarkeit bzw. eine Entlastung des Vorwurfs der Unfallflucht erzielt werden kann. Im Hinblick auf die empfindlichen Konsequenzen, welche sich aus einer Verurteilung wegen Unfallflucht heraus ergeben, ist der Gang zu einem Rechtsanwalt als Strafverteidiger nahezu unerlässlich. Sollte der hinterlassene Zettel bzw. die Visitenkarte nicht zu einem strafentfallenden Umstand führen, so übernehmen wir für Sie selbstverständlich Ihre Verteidigung in dem Verfahren. Unter ganz bestimmten Umständen lässt sich auch in einem derartigen Fall eine Einstellung des Verfahrens erreichen.