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Unzulässige Funkzellendaten nicht verwertbar – BGH-Urteil

Rechtswidrig erlangte Funkzellendaten dürfen nicht als Beweis genutzt werden

Der BGH hat in seinem Urteil vom 10.01.2024 klargestellt, dass bei einer rechtswidrigen Funkzellenabfrage die daraus gewonnenen Erkenntnisse als Beweis nicht verwertet werden dürfen. Dieses Beweisverwertungsverbot dient dem Schutz der Grundrechte des Beschuldigten und gewährleistet ein faires Verfahren. Die Entscheidung setzt ein wichtiges Signal für die Praxis der Funkzellenabfrage und mahnt die Ermittlungsbehörden zu einer sorgfältigen Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen.

Übersicht

Mobilfunkmasten Funkzellenabfrage
Der BGH entschied, dass bei einer rechtswidrigen Funkzellenabfrage die gewonnenen Daten nicht als Beweismittel verwertet werden dürfen und stärkte damit die Rechte des Beschuldigten. (Symbolfoto: Uwe Aranas /Shutterstock.com)

Kurz und knapp


  • Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) dreht sich um die rechtliche Zulässigkeit und Verwertbarkeit von Funkzellendaten im Strafverfahren.
  • Der BGH entschied in diesem Fall, dass Funkzellendaten, die ohne ausreichenden Verdacht auf eine Katalogtat im Sinne von § 100g Abs. 2 StPO erhoben wurden, im Strafprozess nicht verwertbar sind.
  • Die Anordnung der Funkzellenabfrage ohne Vorliegen dieser Voraussetzungen stellt einen Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben dar und ist rechtswidrig.
  • Das Gericht betonte, dass die Erhebung von Verkehrsdaten einen schwerwiegenden Eingriff in das Fernmeldegeheimnis darstellt und daher strenge Voraussetzungen für eine rechtmäßige Datenerhebung notwendig sind.
  • Die Entscheidung des BGH stützt sich auf das Rechtsstaatsprinzip, das die staatlichen Organe an Recht und Gesetz bindet und die Grundrechte des Einzelnen schützt.
  • Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Bedeutung für die Praxis, da sie die Hürden für die rechtmäßige Erhebung von Funkzellendaten erhöht und den Schutz der Privatsphäre im Strafprozess stärkt.
  • Die Entscheidung verdeutlicht die Wichtigkeit der Abwägung zwischen Strafverfolgungsinteresse und Grundrechtsschutz.
  • Im Urteil wird betont, dass der Schutz der Grundrechte des Beschuldigten im Strafprozess überwiegt, wenn rechtswidrig erlangte Daten zur Beweisführung verwendet werden sollen.

Bedeutung von Beweisverwertungsverboten im Strafprozess

Beweisverwertungsverbote nehmen im Strafprozess eine zentrale Rolle ein, da sie die Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel einschränken. Sie dienen als prozessuale Schutzmechanismen, um die Grundrechte des Beschuldigten zu wahren und einen fairen, rechtsstaatlichen Strafprozess zu gewährleisten. Beweisverwertungsverbote stellen sicher, dass die Wahrheitsfindung nicht um jeden Preis erfolgt, sondern unter Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien.

Grundlagen des Rechtsstaatsprinzips und der Wahrheitsfindung

Das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG bildet die verfassungsrechtliche Grundlage für die Ausgestaltung des Strafverfahrens. Es verlangt, dass die staatliche Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist und die Grundrechte des Einzelnen achtet. Gleichzeitig ist die Wahrheitsfindung ein wesentliches Ziel des Strafprozesses, um eine gerechte Entscheidung zu treffen. Beweisverwertungsverbote dienen dazu, einen Ausgleich zwischen dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung und dem Schutz individueller Rechte herzustellen.

Überblick über den konkreten Fall und die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 10.01.2024 (Az. 2 Str 171/23) mit der Frage zu befassen, ob aus einer rechtswidrig angeordneten Funkzellenabfrage ein Beweisverwertungsverbot folgt. Im zugrundeliegenden Fall hatte das Landgericht Frankfurt am Main seine Verurteilung maßgeblich auf Daten gestützt, die aus einer Funkzellenabfrage stammten. Der BGH stellte fest, dass die Anordnung der Maßnahme rechtswidrig war, da es an dem Verdacht einer Katalogtat nach § 100g Abs. 2 StPO fehlte. Infolgedessen bejahte er ein Beweisverwertungsverbot und hob das landgerichtliche Urteil teilweise auf.

Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Funkzellenabfrage und die Verwertbarkeit der daraus gewonnenen Erkenntnisse im Strafverfahren. Sie verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Anordnung dieser eingriffsintensiven Ermittlungsmaßnahme und stärkt die Rechte des Beschuldigten im Hinblick auf den Schutz seiner personenbezogenen Daten.

Rechtliche Grundlagen der Funkzellenabfrage

Voraussetzungen einer rechtmäßigen Funkzellenabfrage nach § 100g StPO

Die Funkzellenabfrage stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG dar. Daher hat der Gesetzgeber strenge Voraussetzungen für ihre Anordnung in § 100g StPO normiert. Nach § 100g Abs. 1 StPO dürfen Verkehrsdaten erhoben werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat. Zusätzlich muss die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein.

Erfordernis einer Katalogtat nach § 100g Abs. 2 StPO

§ 100g Abs. 2 StPO enthält einen abschließenden Katalog von Straftaten, bei denen eine Funkzellenabfrage angeordnet werden darf. Dazu zählen unter anderem Straftaten von erheblicher Bedeutung, besonders schwere Straftaten gegen Leib und Leben sowie gemeingefährliche Straftaten. Liegt der Verdacht einer solchen Katalogtat nicht vor, ist die Erhebung von Verkehrsdaten unzulässig.

Die Beschränkung auf Katalogtaten dient dem Schutz der Grundrechte der Betroffenen. Sie stellt sicher, dass die Funkzellenabfrage als invasive Ermittlungsmaßnahme nur bei schwerwiegenden Straftaten zum Einsatz kommt, bei denen das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung die individuellen Rechte überwiegt.

Folgen bei Fehlen der Voraussetzungen einer Funkzellenabfrage

Werden die Voraussetzungen des § 100g StPO nicht eingehalten, liegt eine rechtswidrige Beweiserhebung vor. Dies hat zunächst zur Folge, dass die erlangten Daten nicht verwertet werden dürfen. Die Anordnung einer Funkzellenabfrage ohne Vorliegen einer Katalogtat stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben dar.

Darüber hinaus können sich weitere Konsequenzen ergeben, wie etwa die Pflicht zur Löschung der unrechtmäßig erhobenen Daten. Auch kann die rechtswidrige Anordnung einer Funkzellenabfrage im Rahmen eines Strafverfahrens zur Unverwertbarkeit der daraus gewonnenen Erkenntnisse führen, wenn die Voraussetzungen eines Beweisverwertungsverbots erfüllt sind.

Die strengen Anforderungen an die Anordnung einer Funkzellenabfrage verdeutlichen die Bedeutung des Grundrechtsschutzes im Strafverfahren. Sie dienen als verfahrensrechtliche Schutzmechanismen, um eine ausufernde und unverhältnismäßige Datenerhebung zu verhindern. Nur wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann eine Funkzellenabfrage rechtmäßig durchgeführt werden.

Beweisverwertungsverbot bei rechtswidriger Funkzellenabfrage

Grundsätzliches Verhältnis von Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverboten

Beweiserhebungsverbote und Beweisverwertungsverbote stehen in einem engen Zusammenhang, sind jedoch voneinander zu unterscheiden. Ein Beweiserhebungsverbot untersagt die Gewinnung von Beweisen auf eine bestimmte Art und Weise, beispielsweise durch Täuschung oder Drohung. Ein Beweisverwertungsverbot hingegen betrifft die Frage, ob ein Beweis, der rechtswidrig erlangt wurde, im Strafverfahren verwertet werden darf.

Nicht jeder Verstoß gegen ein Beweiserhebungsverbot führt automatisch zu einem Beweisverwertungsverbot. Vielmehr bedarf es einer Abwägung im Einzelfall, bei der die Schwere des Verstoßes, die Bedeutung des geschützten Rechtsguts und das Interesse an der Wahrheitsfindung zu berücksichtigen sind.

Herleitung eines Beweisverwertungsverbots aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG)

Das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet, dass die staatliche Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist. Dies gilt auch für die Strafverfolgungsbehörden im Ermittlungsverfahren. Werden Beweise unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften erhoben, kann dies zu einem Beweisverwertungsverbot führen.

Der BGH leitet aus dem Rechtsstaatsprinzip ab, dass Erkenntnisse aus einer rechtswidrig angeordneten Telefonüberwachung nach § 100a StPO grundsätzlich einem Verwertungsverbot unterliegen. Diese Rechtsprechung lässt sich auf die Funkzellenabfrage übertragen, da beide Maßnahmen schwerwiegend in das Fernmeldegeheimnis eingreifen.

Abwägung zwischen Strafverfolgungsinteresse und Individualrechtsschutz

Bei der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen ist, müssen die widerstreitenden Interessen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Auf der einen Seite steht das staatliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung und Wahrheitsfindung. Auf der anderen Seite gilt es, die Grundrechte des Beschuldigten zu wahren und ihn vor unverhältnismäßigen Eingriffen zu schützen.

Je schwerer der Verstoß gegen die Erhebungsvorschriften wiegt, desto eher ist ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn bewusst oder willkürlich gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen wird. Auch die Bedeutung des verletzten Rechtsguts spielt eine Rolle. Eingriffe in den Kernbereich privater Lebensgestaltung oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip sind besonders kritisch zu sehen.

Zugleich kann das Interesse an der Wahrheitsfindung ein Beweisverwertungsverbot entgegenstehen, wenn es um die Aufklärung schwerwiegender Straftaten geht. Allerdings darf die Wahrheitsfindung nicht um jeden Preis erfolgen. Vielmehr muss sie stets mit den rechtsstaatlichen Garantien in Einklang stehen.

Im Ergebnis ist ein Beweisverwertungsverbot bei einer rechtswidrigen Funkzellenabfrage regelmäßig anzunehmen, wenn die Maßnahme ohne Verdacht einer Katalogtat angeordnet wurde. Der Gesetzgeber hat die Eingriffsvoraussetzungen bewusst eng gefasst, um die Grundrechte der Betroffenen zu schützen. Ein Verstoß hiergegen wiegt schwer und kann durch das Strafverfolgungsinteresse nicht aufgewogen werden.

Übertragung der BGH-Rechtsprechung zu § 100a StPO auf § 100g StPO

Vergleichbarkeit der Regelungssystematik beider Normen

Die Vorschriften zur Telefonüberwachung nach § 100a StPO und zur Funkzellenabfrage gemäß § 100g StPO weisen eine vergleichbare Regelungssystematik auf. Beide Maßnahmen ermöglichen einen schwerwiegenden Eingriff in das Fernmeldegeheimnis und unterliegen daher strengen Voraussetzungen. Insbesondere das Erfordernis einer Katalogtat findet sich sowohl in § 100a Abs. 2 StPO als auch in § 100g Abs. 2 StPO wieder.

Diese Parallelen in der gesetzlichen Ausgestaltung legen nahe, dass die vom BGH entwickelten Grundsätze zu Beweisverwertungsverboten bei rechtswidriger Telefonüberwachung auch auf die Funkzellenabfrage übertragbar sind. Beide Normen dienen dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses und sehen vergleichbare Eingriffsschwellen vor.

Beweisverwertungsverbot auch bei Fehlen einer Katalogtat im Rahmen des § 100g StPO

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 10.01.2024 (Az. 2 Str 171/23) klargestellt, dass die zur Telefonüberwachung entwickelten Grundsätze auch im Anwendungsbereich des § 100g StPO Geltung beanspruchen. Wird eine Funkzellenabfrage ohne Vorliegen einer Katalogtat angeordnet, führt dies demnach zu einem Beweisverwertungsverbot.

Die Übertragung der Rechtsprechung zu § 100a StPO auf § 100g StPO erfolgt vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Fernmeldegeheimnisses. Ein Verstoß gegen die gesetzlichen Eingriffsschwellen wiegt bei beiden Maßnahmen gleich schwer und kann durch das Strafverfolgungsinteresse nicht aufgewogen werden.

Auswirkungen auf die Rechtspraxis bei Funkzellenabfragen

Die höchstrichterliche Klarstellung hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Funkzellenabfrage. Ermittlungsbehörden müssen sorgfältig prüfen, ob der Verdacht einer Katalogtat im Sinne des § 100g Abs. 2 StPO vorliegt, bevor sie eine entsprechende Maßnahme anordnen. Geschieht dies nicht, droht ein Beweisverwertungsverbot, das die gewonnenen Erkenntnisse unbrauchbar macht.

Für die Verteidigung eröffnet die BGH-Entscheidung neue Möglichkeiten, gegen rechtswidrige Funkzellenabfragen vorzugehen. Sie kann die Verwertbarkeit der erlangten Daten mit Verweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung in Frage stellen und auf ein Beweisverwertungsverbot hinwirken.

Gleichzeitig schafft der Beschluss des BGH mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Funkzellenabfragen. Die Ermittlungsbehörden haben nun klare Vorgaben, unter welchen Voraussetzungen sie diese Maßnahme anordnen dürfen und wann ein Beweisverwertungsverbot droht. Dies stärkt die Rechte der Betroffenen und trägt zu einem fairen, rechtsstaatlichen Strafverfahren bei.

Insgesamt ist die Übertragung der BGH-Rechtsprechung zu § 100a StPO auf § 100g StPO ein wichtiger Schritt zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses und des Rechtsstaatsprinzips. Sie schafft einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Strafverfolgung und dem Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger.

Beruhen des landgerichtlichen Urteils auf dem Rechtsfehler

Kriterien für das Beruhen i.S.d. § 337 StPO bei relativen Revisionsgründen

Die rechtswidrige Verwertung eines Beweismittels durch das Gericht stellt einen sogenannten relativen Revisionsgrund dar. Anders als bei absoluten Revisionsgründen nach § 338 StPO, bei denen das Urteil stets aufzuheben ist, muss bei relativen Revisionsgründen positiv festgestellt werden, dass die Entscheidung auf dem Fehler beruht (§ 337 StPO). Es ist also zu prüfen, ob das Urteil ohne den Rechtsfehler möglicherweise anders ausgefallen wäre.

Maßgeblich ist dabei, ob der Fehler die tatsächlichen Feststellungen oder die Beweiswürdigung beeinflusst hat. Hätte das Gericht den Beweis nicht verwertet, wenn es von der Unverwertbarkeit ausgegangen wäre, liegt ein Beruhen nahe. Gleiches gilt, wenn das Gericht dem rechtswidrig erlangten Beweis eine erhebliche Bedeutung für die Überzeugungsbildung beigemessen hat.

Maßgebliche Bedeutung der Funkzellendaten für die Verurteilung im konkreten Fall

Im vorliegenden Fall hatte das Landgericht Frankfurt am Main seine Verurteilung (Az. 5/16 KLs – 11/21 – 3560 Js vom 03.06.2022) maßgeblich auf die Daten aus der rechtswidrigen Funkzellenabfrage gestützt. Der Aufenthaltsort des Angeklagten innerhalb der tatortnahen Funkzelle bildete ein wesentliches Indiz für seine Täterschaft.

Zwar hatte das Gericht daneben auch weitere Beweisanzeichen herangezogen, wie etwa die Einzahlung auf das Konto des Angeklagten am Folgetag in Höhe der Beute. Dennoch war die Verwertung der Funkzellendaten von erheblicher Bedeutung für die Beweiswürdigung und das Urteil.

Möglichkeit eines abweichenden Beweisergebnisses ohne Verwertung der Daten

Angesichts der maßgeblichen Bedeutung der Funkzellendaten konnte der BGH nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne deren Verwertung zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre. Hätte das Gericht die Daten als unverwertbar angesehen, hätte dies möglicherweise zu einem günstigeren Ergebnis für den Angeklagten geführt.

Die weiteren Indizien, insbesondere die Einzahlung auf das Konto des Angeklagten, ließen für sich genommen keinen sicheren Rückschluss auf dessen Täterschaft zu. Erst in Verbindung mit den Funkzellendaten ergab sich für das Landgericht ein stimmiges Beweisbild.

Vor diesem Hintergrund bejahte der BGH das Beruhen des landgerichtlichen Urteils auf dem Rechtsfehler. Ohne die Verwertung der rechtswidrig erlangten Daten hätte das Gericht den Angeklagten möglicherweise nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang verurteilt.

Das Beruhen auf dem Rechtsfehler führte dazu, dass der BGH das Urteil des Landgerichts teilweise aufheben musste. In der neuen Hauptverhandlung dürfen die Funkzellendaten nun nicht mehr verwertet werden. Dies eröffnet die Möglichkeit einer milderen Entscheidung zugunsten des Angeklagten.

Entscheidung des BGH und Folgen für das weitere Verfahren

Teilweise Aufhebung des landgerichtlichen Urteils

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 10.01.2024 (Az. 2 Str 171/23) das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise aufgehoben. Betroffen war die Verurteilung wegen Diebstahls, die maßgeblich auf den Daten aus der rechtswidrigen Funkzellenabfrage beruhte.

Die übrigen Verurteilungen des Landgerichts blieben hingegen bestehen, soweit sie nicht auf der Verwertung der unzulässig erlangten Beweise basierten. Insoweit hatte der BGH keinen Rechtsfehler festgestellt, der zur Aufhebung des gesamten Urteils geführt hätte.

Verbot der erneuten Verwertung der Funkzellendaten in der neuen Hauptverhandlung

Mit der teilweisen Aufhebung des landgerichtlichen Urteils ist zugleich die Anordnung verbunden, dass die rechtswidrig erlangten Funkzellendaten in der neuen Hauptverhandlung nicht mehr verwertet werden dürfen. Das vom BGH bestätigte Beweisverwertungsverbot erstreckt sich auf das gesamte weitere Verfahren.

Die Funkzellendaten sind damit als Beweismittel unbrauchbar und dürfen der Urteilsfindung nicht mehr zugrunde gelegt werden. Das Landgericht muss seine Entscheidung auf die verbleibenden, rechtmäßig erlangten Beweise stützen.

Damit trägt der BGH dem Grundsatz Rechnung, dass die Wahrheitsfindung im Strafverfahren nicht um jeden Preis erfolgen darf. Die rechtsstaatlichen Garantien und der Grundrechtsschutz des Beschuldigten setzen der Verwertung rechtswidrig erlangter Beweise Grenzen.

Aussicht auf ein milderes Urteil für den Angeklagten

Die Entscheidung des BGH eröffnet dem Angeklagten die Chance auf ein günstigeres Ergebnis in der neuen Hauptverhandlung. Ohne die belastenden Funkzellendaten könnte das Landgericht zu einer milderen Bewertung der Tat und der Schuld des Angeklagten gelangen.

Allerdings ist der Ausgang des neuen Verfahrens offen und hängt von der Würdigung der verbleibenden Beweise ab. Das Landgericht wird sorgfältig prüfen müssen, ob die weiteren Indizien, insbesondere die Einzahlung auf das Konto des Angeklagten, für eine Verurteilung ausreichen.

Dennoch verbessert das Beweisverwertungsverbot die Ausgangslage für die Verteidigung. Sie kann sich darauf konzentrieren, Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten zu wecken, ohne die belastenden Funkzellendaten entkräften zu müssen.

Letztlich wird das Landgericht in der neuen Hauptverhandlung eine Gesamtwürdigung aller verwertbaren Beweise vornehmen und auf dieser Grundlage über Schuld und Strafe des Angeklagten entscheiden. Dabei muss es sich an den rechtsstaatlichen Vorgaben und den Grundsätzen eines fairen Verfahrens orientieren, wie sie der BGH in seinem Beschluss betont hat.

Unabhängig vom konkreten Verfahrensausgang setzt die Entscheidung des BGH ein wichtiges Signal für die Praxis der Funkzellenabfrage. Sie stärkt die Rechte des Beschuldigten und mahnt die Ermittlungsbehörden zu einer sorgfältigen Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen. Nur so kann ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen der Strafverfolgung und dem Grundrechtsschutz gelingen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann darf eine Funkzellenabfrage nach § 100g StPO angeordnet werden?

Eine Funkzellenabfrage nach § 100g StPO darf nur dann angeordnet werden, wenn der Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung besteht und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre. Zudem muss es sich um eine Katalogtat im Sinne des § 100g Abs. 2 StPO handeln, beispielsweise um Straftaten gegen Leib und Leben oder gemeingefährliche Straftaten.

Welche Folgen hat es, wenn die Voraussetzungen einer Funkzellenabfrage nicht vorliegen?

Liegen die Voraussetzungen für eine Funkzellenabfrage nicht vor, insbesondere wenn keine Katalogtat nach § 100g Abs. 2 StPO gegeben ist, führt dies zu einem Beweisverwertungsverbot. Die rechtswidrig erlangten Daten dürfen dann nicht als Beweismittel verwendet werden und sind aus dem Verfahren auszuscheiden. Dies kann zur Folge haben, dass eine Verurteilung nicht mehr möglich ist oder zumindest auf einer schmaleren Beweisgrundlage erfolgen muss.

Führt eine rechtswidrige Beweiserhebung stets zu einem Beweisverwertungsverbot?

Nicht jede rechtswidrige Beweiserhebung zieht automatisch ein Beweisverwertungsverbot nach sich. Vielmehr bedarf es einer Abwägung im Einzelfall, bei der die Schwere des Verstoßes, die Bedeutung des geschützten Rechtsguts und das Interesse an der Wahrheitsfindung zu berücksichtigen sind. Je schwerwiegender der Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen ist, desto eher ist ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen. Maßgeblich sind auch die Umstände und die Vorwerfbarkeit der rechtswidrigen Beweisgewinnung.

Warum können sich Beweisverwertungsverbote aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben?

Das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet, dass die staatliche Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist. Dies gilt auch für die Strafverfolgungsbehörden im Ermittlungsverfahren. Werden Beweise unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften erhoben, kann dies mit den Grundsätzen eines fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens unvereinbar sein. In diesen Fällen kann sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ein Beweisverwertungsverbot ergeben, um die Rechte des Beschuldigten zu schützen und die Integrität des Strafverfahrens zu wahren.

Gelten die Grundsätze des BGH zu § 100a StPO auch im Rahmen des § 100g StPO?

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10.01.2024 (Az. 2 Str 171/23) klargestellt, dass die zur Telefonüberwachung nach § 100a StPO entwickelten Grundsätze auch im Anwendungsbereich des § 100g StPO Geltung beanspruchen. Beide Normen dienen dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses und sehen vergleichbare Eingriffsschwellen vor. Daher führt auch bei der Funkzellenabfrage das Fehlen einer Katalogtat zu einem Beweisverwertungsverbot. Die Parallelen in der Regelungssystematik rechtfertigen eine Übertragung der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

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