Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf entschied, dass die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigten wegen des Vorwurfs eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens nicht stattfindet. Die Beweise und rechtlichen Grundlagen reichten nicht aus, um einen hinreichenden Tatverdacht zu begründen. Die Kosten des Verfahrens übernimmt die Staatskasse. Die Anklage basierte auf der Annahme, dass die Angeschuldigten in zwei Autos ein Rennen gefahren seien, was sich rechtlich nicht stützen ließ.
Übersicht
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das Gericht lehnt die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen des verbotenen Kraftfahrzeugrennens ab.
- Die Angeschuldigten werden nicht für hinreichend verdächtig gehalten, die Tat begangen zu haben.
- Die Staatsanwaltschaft konnte weder die Teilnahme an einem Rennen noch eine rücksichtslose Fahrweise nachweisen.
- Es gab keine ausreichenden Beweise für ein Kraftfahrzeugrennen oder einen besonders schweren Verkehrsverstoß.
- Die Geschwindigkeitsüberschreitungen allein reichten nicht für eine Strafbarkeit nach § 315d StGB aus.
- Es fehlten Anhaltspunkte für eine rücksichtslose Tatbegehung.
- Der Unfall könnte auch auf einen Fahrfehler zurückzuführen sein, ohne dass ein Rennen vorlag.
- Verkehrsordnungswidrigkeiten waren verwirklicht, jedoch trat Verfolgungsverjährung ein.
Verbotene Kraftfahrzeugrennen: Ein riskantes Vergnügen
Illegale Autorennen auf öffentlichen Straßen sind nicht nur gefährlich, sondern auch strafbar. Wer sich auf ein solches Rennen einlässt, riskiert nicht nur seine eigene Gesundheit, sondern auch die anderer Verkehrsteilnehmer. Doch wann genau wird aus einem schnellen Fahren ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen? Und welche rechtlichen Konsequenzen drohen den Teilnehmern? In diesem Beitrag geben wir einen kurzen Überblick über das Thema und erklären, welche Kriterien ein Rennen erfüllen muss, damit es als verboten gilt.
In einer nächtlichen Fahrt, die rasch in eine rechtliche Auseinandersetzung mündete, standen zwei Autofahrer vor Gericht, da ihnen die Teilnahme an einem illegalen Kraftfahrzeugrennen vorgeworfen wurde. Am späten Abend des 08. Oktober 2021 sollen die beiden Männer, geführt von der Abenteuerlust und dem Drang nach Geschwindigkeit, ihre Mazda MX5 über einen Zubringer der BAB 1 gesteuert haben, dabei deutlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitend. Der Vorwurf lautete nicht nur auf exzessive Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern auch auf eine mutmaßliche Gleichgültigkeit gegenüber der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer. Eine dramatische Wendung nahm die Fahrt, als einer der Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und in eine Leitplanke krachte.
Illegales Rennen oder bloße Fahrlässigkeit?
Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf sah sich mit der Frage konfrontiert, ob diese Tatbestände ausreichen, um die Angeschuldigten gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB wegen der Teilnahme an einem illegalen Kraftfahrzeugrennen zu verurteilen. Die rechtliche Herausforderung lag in der Definition dessen, was ein Rennen ausmacht, und ob das Verhalten der Angeklagten die Kriterien eines solchen erfüllt. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass die gefahrene Geschwindigkeit und die Art der Fahrt auf ein Rennen hindeuteten, während die Verteidigung die Handlungen als individuelle Vergehen ohne Wettbewerbscharakter darstellte.
Die Beweislage und ihre Tücken
Die Beweislage stellte sich als besonders komplex dar. Trotz der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen – 98 km/h in einem Bereich, in dem 60 km/h erlaubt waren – und des Unfalls war es nicht eindeutig, ob die Handlungen der Fahrer als Teilnahme an einem Rennen gewertet werden konnten. Der Gesetzestext des § 315d StGB legt nahe, dass nicht jede hohe Geschwindigkeit oder riskante Fahrweise automatisch als Rennen zu klassifizieren ist. Vielmehr müssen spezifische Kriterien erfüllt sein, wie etwa der Wettbewerbscharakter der Fahrt, die jedoch in diesem Fall nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnten.
Juristische Feinheiten entscheiden den Fall
In seinem Urteil kam das Gericht zu dem Schluss, dass die erforderlichen Tatbestandsmerkmale für eine Verurteilung wegen Teilnahme an einem illegalen Kraftfahrzeugrennen nicht erfüllt waren. Die Entscheidung beruhte maßgeblich auf der Feststellung, dass die vorhandenen Beweismittel und rechtlichen Argumente nicht ausreichten, um einen hinreichenden Tatverdacht zu begründen. Insbesondere die Interpretation dessen, was als Rennen anzusehen ist, spielte eine entscheidende Rolle. Das Gericht wies darauf hin, dass die bloße Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit ohne weitere Beweise für einen Wettbewerbscharakter oder eine rücksichtslose Fahrweise nicht ausreicht, um die strengen Kriterien eines illegalen Rennens zu erfüllen.
Kostenentscheidung und juristische Konsequenzen
Letztendlich wurde die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigten abgelehnt, und die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten wurden der Staatskasse auferlegt. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer präzisen Beweisführung und der genauen Auslegung juristischer Begrifflichkeiten. Sie zeigt auch, dass die Gerichte strenge Maßstäbe anlegen, wenn es darum geht, das Verhalten auf den Straßen rechtlich zu bewerten.
In diesem Fall hat das Gericht eine klare Linie zwischen rücksichtslosem Verhalten und einem illegalen Rennen gezogen. Es betonte, dass nicht jede gefährliche Fahrt, selbst wenn sie zu einem Unfall führt, automatisch als Teilnahme an einem illegalen Rennen gewertet werden kann. Dieses Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit, jeden Fall individuell und basierend auf den vorliegenden Beweisen zu beurteilen, ohne dabei voreilige Schlüsse zu ziehen.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was versteht man unter einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen nach deutschem Strafrecht?
Unter einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen nach deutschem Strafrecht versteht man gemäß § 315d Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) verschiedene Formen von Rennen mit Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr, die nicht behördlich genehmigt sind. Es gibt drei Hauptvarianten:
- Die Ausrichtung oder Durchführung eines nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennens.
- Die Teilnahme als Kraftfahrzeugführer an einem solchen Rennen.
- Das sogenannte „Alleinrennen“, bei dem sich eine Person als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
Diese Handlungen sind strafbar und können mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden. Wenn durch das Rennen Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden, erhöht sich der Strafrahmen. Der Versuch, ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen auszurichten, ist ebenfalls strafbar.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Straftatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, der Einzelrennen unter Strafe stellt, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Dabei wurde betont, dass der Gesetzgeber den Tatbestand hinreichend konkretisiert hat und dass die Tragweite und der Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen.
Ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen ist also ein Wettbewerb oder eine Veranstaltung im Straßenverkehr, bei der es um die Erzielung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit geht, ohne dass dafür eine behördliche Genehmigung vorliegt. Es kann sich um ein organisiertes Rennen mit mehreren Teilnehmern oder um ein spontanes Rennen, auch „Spontanrennen“ genannt, handeln. Auch ein Alleinrennen, bei dem kein direkter Konkurrent vorhanden ist, fällt unter diesen Straftatbestand.
§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil
- § 203 StPO: Regelt die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Hauptverfahrens. Im Kontext des Urteils bedeutet die Nichteröffnung, dass nicht genügend Anhaltspunkte für eine hinreichende Verdächtigung vorliegen.
- § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB: Definiert die Strafbarkeit von verbotenen Kraftfahrzeugrennen. Relevant für das Urteil, da die Angeschuldigten beschuldigt wurden, ein solches Rennen gefahren zu sein, jedoch nicht genügend Beweise für eine Verurteilung vorlagen.
- § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB: Betrifft die Teilnahme an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen. Dieser Paragraph ist wichtig für das Urteil, da untersucht wurde, ob die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
- §§ 41 i. V. m. Anlage 2, 49 StVO, 24 StVG: Diese Vorschriften regeln Verkehrsordnungswidrigkeiten, speziell Geschwindigkeitsüberschreitungen außerhalb geschlossener Ortschaften. Im Urteil relevant, da die Angeschuldigten Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen hatten.
- §§ 19 Abs. 5, 69a StVZO, 24 StVG: Beziehen sich auf die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs, für das die Betriebserlaubnis erloschen ist. Im Urteil erwähnt, da einer der Angeschuldigten dies vorgeworfen wurde.
- § 26 Abs. 3 StVG: Regelt die Verfolgungsverjährung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten. Für das Urteil bedeutet dies, dass bestimmte Ordnungswidrigkeiten der Angeschuldigten nicht mehr verfolgt werden können, da die Verjährung bereits eingetreten ist.
- § 467 Abs. 1 StPO: Grundlage für die Kostenentscheidung in Strafverfahren. Im vorliegenden Urteil wurde festgelegt, dass die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten trägt, da das Hauptverfahren nicht eröffnet wurde.
Das vorliegende Urteil
AG Hamburg-Bergedorf – Az.: 419a Ds 17/22 jug – Beschluss vom 29.11.2022
1. Die Eröffnung des Hauptverfahrens hinsichtlich des Vorwurfs aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 05.04.2022 wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Die Angeschuldigten sind der ihnen mit der Anklage der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 05.04.2022 zur Last gelegten Tat des verbotenen Kraftfahrzeugrennens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht hinreichend verdächtig im Sinne des § 203 StPO.
Den Angeschuldigten wird vorgeworfen, am 08.10.2021 gegen 23:55 Uhr von der BAB 25 kommend den zweispurigen Zubringer zur BAB 1 befahren zu haben, wobei der Angeschuldigte Nico H. mit dem PKW Mazda MX5 mit dem amtlichen Kennzeichen … und der Angeschuldigte Tobias H. den PKW Mazda MX5 mit dem amtlichen Kennzeichen … geführt haben, der Angeschuldigte Nico H. den mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h ausgeschilderten Kurvenbereich des Zubringers auf der linken Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von 98 km/h, der Angeschuldigte Tobias H. auf der rechten Fahrspur den Bereich mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h befahren habe, um die in diesem Bereich mögliche Maximalgeschwindigkeit zu erreichen, wobei ihnen eine mögliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gleichgültig gewesen sei, und der Angeschuldigte Nico H. die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe, das über beide Fahrspuren geschleudert und zweifach mit der rechten Leitplanke kollidiert sei.
Mit den vorhandenen Beweismitteln und aus Rechtsgründen wird sich die Tat voraussichtlich nicht nachweisen lassen.
1. Die Staatsanwaltschaft hat beide Angeschuldigte wegen eines Verstoßes gegen § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB angeklagt. Die Tatbestandsalternative des § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB ist erst im Zuge der Gesetzesberatungen in die zur Pönalisierung verbotener Kraftfahrzeugrennen neu geschaffene Strafvorschrift des § 315 d StGB eingefügt worden. Der Gesetzgeber wollte neben den Ren nen mit mehreren Kraftfahrzeugen auch Fälle des schnellen Fahrens mit nur einem einzigen Kraftfahrzeug strafrechtlich erfassen, die über den Kreis alltäglich vorkommender, wenn auch erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitungen hinausragen, weil der Täter mit einem Kraftfahrzeug in objektiver und subjektiver Hinsicht ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt (vgl. Bericht des Aus schusses für Recht und Verbraucherschutz [6. Ausschuss], BT-Drs. 18/12964, 5 f.), hierzu BGH, NJW 2021, 1173. Gegen die Verwirklichung dieser angeklagten Tatvariante – mit der diejenigen Fälle erfasst werden sollen, in denen nur ein einziges Fahrzeug objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt (Schönke/Schröder/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 315d Rn. 8) spricht hier, dass zwei Angeschuldigte in zwei Fahrzeugen angeklagt sind, die nach dem konkreten Anklagevorwurf zusammengefahren sein sollen.
Im Übrigen werden sich nach der Aktenlage die erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB voraussichtlich nicht nachweisen lassen. Nach der als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestalteten Begehungsalternative des § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer sich im Straßenverkehr als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Grob verkehrswidrig handelt der Täter, wenn er einen besonders schweren und gefährlichen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften begeht, der nicht nur die Sicherheit des Straßenverkehrs erheblich beeinträchtigt, sondern auch schwerwiegende Folgen zeitigen kann. Es muss sich mithin um einen besonders schweren Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften handeln. Bereits hieran bestehen Zweifel. Zwar haben die Angeschuldigten jeder für sich die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h nach dem schlüssigen Sachverständigengutachten um 38 km/h (der Angeschuldigte Nico H. ) und um 30 km/h (der Angeschuldigte Tobias H. ) überschritten. Gegen die Annahme eines besonders schweren Verstoßes gegen die Verkehrsvorschriften spricht jedoch, dass nach der zur Tatzeit geltenden BKatV diese Zuwiderhandlung mit einer geringen Geldbuße von 120,00 € bzw. 80,00 €, jeweils ohne Regelfahrverbot, zu ahnden gewesen wäre. Zudem liegen nach Aktenlage keine Anhaltspunkte für eine rücksichtslose Tatbegehung vor. Rücksichtslos handelt, wer sich im Bewusstsein seiner Verkehrspflichten aus eigensüchtigen Gründen über diese hinwegsetzt oder sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten als Fahrzeugführer besinnt und unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens drauflos fährt (vgl. KG Beschl. v. 29.4.2022 – (3) 161 Ss 51-22 (15-22), BeckRS 2022, 14327). Erforderlich ist ein Defizit, das – geprägt von Leichtsinn, Eigennutz oder Gleichgültigkeit – weit über das hinaus geht, was normalerweise jedem – häufig aus Gedankenlosigkeit oder Nachlässigkeit – begangenen Verkehrsverstoß innewohnt. Umstände, die auf ein solches Defizit schließen würden – wie z. B. Beschleunigungen mit durchdrehenden Rädern oder quietschenden Reifen, rasche, ruckartige Wechsel der Fahrstreifen ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers oder ähnliche Fahrweisen – sind aus der Akte nicht ersichtlich. Außer der Spurenlage am Unfallort liegen keine Erkenntnisse über das Fahrverhalten der Angeschuldigten vor (Bl. 131).
2. Auch der Nachweis einer Strafbarkeit gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB, der Teilnahme als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen, wird sich voraussichtlich nicht erbringen lassen.
Rennen im Sinne dieser Norm sind Wettbewerbe oder Teile eines Wettbewerbs sowie Veranstaltungen zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten mit mindestens zwei teilnehmenden Kraftfahrzeugen. Zwar kommt es grundsätzlich weder auf eine besondere Länge der gefahrenen Strecke an, noch bedarf es einer vorherigen Absprache der Beteiligten. Jedoch sind Demonstrationen individuellen Fahrkönnens bereits begrifflich nicht als Rennen erfasst, es sei denn, es geht auch hier um die Erzielung von Bestzeiten, Höchstgeschwindigkeiten oder höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten (Schönke/Schröder/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 315d Rn. 3). Nach der Aktenlage ist der Nachweis, dass es den Angeschuldigten um die Erzielung von Bestzeiten, Höchstgeschwindigkeiten oder höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten ging, voraussichtlich nicht mit der erforderlichen Verurteilungswahrscheinlichkeit zu führen. Auch unter Berücksichtigung der sportlichen Fahrzeuge und des Umstandes, dass sie sich zuvor auf einem „Cruiser Treffen“ befunden haben, spricht gegen diese Absicht die von den Angeschuldigten gefahrenen Geschwindigkeiten, die „nur“ 30 bzw. 38 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h lagen. Bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen sollen nicht von der Strafbarkeit erfasst werden. Die Straßenführung am Tatort und die Wetterverhältnisse (siehe im Sachverständigengutachten Ziffer II. Bilder von der Unfallstelle) hätten höhere Geschwindigkeiten der Angeschuldigten vermuten lassen, wenn es ihnen um die Erzielung von Bestzeiten oder Höchstgeschwindigkeiten gegangen wäre.
Gegen diese Absicht sprechen zudem die Angaben der Angeschuldigten am Tatort, unabhängig davon, dass an ihrer Verwertbarkeit Zweifel bestehen könnten. Denn beide Angeschuldigte sind im Bericht zum Verkehrsunfall als Beschuldigte bezeichnet worden (Bl. 11 f.), ihre Belehrung erfolgte gemäß Aktenlage aber erst nach ihren Sachverhaltsschilderungen als Beschuldigte (Bl. 12). Der Angeschuldigte Nico H. schilderte, dass er im Bereich der Geraden wieder beschleunigen wollte, als das Heck seines Autos ausgebrochen sei und er die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe (Bl. 11). Der Angeschuldigte Tobias H. gab an, leicht versetzt hinter dem Fahrzeug des Angeschuldigten Nico H. gefahren zu sein (Bl. 12). Ein Rennen ist aus diesen Schilderungen nicht zwingend zu schließen; naheliegend kann der Unfall ebenso wegen eines Fahrfehlers des Angeschuldigten Nico H. entstanden sein. Die Angaben der Angeschuldigten finden insbesondere Bestätigung in den schlüssigen Bekundungen des Zeugen E. (Bl. 113), dem Beifahrer des Angeschuldigten Nico H. . Danach habe er eine Bewegung des Fahrzeughecks bemerkt, ohne zuvor eine Beschleunigung des Autos wahrgenommen zu haben. Der Angeschuldigte Tobias H. sei zudem immer hinter ihnen und nicht neben ihnen gefahren.
Da, wie ausgeführt, keine weiteren Erkenntnisse zum Fahrverhalten und zur Fahrweise der Angeschuldigten bestehen, wird vor diesem Hintergrund der Nachweis eines Kraftfahrzeugrennens voraussichtlich nicht zu führen sein.
3. Nach der Aktenlage bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Strafbarkeit gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Verwirklichung eines Verstoßes der enumerativ aufgeführten Verstöße liegt nicht vor. Die erforderliche rücksichtslose Tatbegehung würde zudem aus den obigen Erwägungen voraussichtlich nicht nachzuweisen sein.
4. Verkehrsordnungswidrigkeiten der Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften gemäß §§ 41 i. V. m. Anlage 2, 49 StVO, 24 StVG und betreffend den Angeschuldigten Tobias H. der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs, für das die Betriebserlaubnis erloschen war, gemäß §§ 19 Abs. 5, 69a StVZO, 24 StVG waren nach der Aktenlage zwar verwirklicht. Es ist jedoch Verfolgungsverjährung gemäß § 26 Abs. 3 StVG eingetreten, die nicht gemäß § 33 OWiG unterbrochen wurde.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.