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Verbotenes Kraftfahrzeugrennen – höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen

In einer bemerkenswerten Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln (Az.: III-1 RVs 45/20) ein Urteil des Amtsgerichts Aachen aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen. Der Fall dreht sich um den Angeklagten, der wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und wegen vorsätzlichen Führens einer Waffe ohne die erforderliche Erlaubnis verurteilt wurde. Der rechtliche Knotenpunkt liegt jedoch in der Frage, ob der Angeklagte sich eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens schuldig gemacht hat, indem er versuchte, der Polizei mit hoher Geschwindigkeit zu entkommen.

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Die Auslegung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB

Die Strafkammer des Amtsgerichts Aachen hatte entschieden, dass der Angeklagte sich nicht nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar gemacht habe, da dem Tatgeschehen nicht die von der gesetzlichen Überschrift vorgesehene Natur eines Rennens zukam. Das OLG Köln widersprach dieser Auslegung und stellte klar, dass der Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB auch auf Einzelfahrer anwendbar ist, die mit der Absicht handeln, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dabei ist nicht maßgeblich, ob der Täter die Leistungsfähigkeit seines Fahrzeuges vollständig ausreizt.

Die Rolle des Wettbewerbscharakters

Die Strafkammer des Amtsgerichts Aachen hatte argumentiert, dass dem Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB ein Wettbewerbscharakter innewohnt, der im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Das OLG Köln stellte jedoch klar, dass es für die Anwendung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht auf den Wettbewerbscharakter eines Rennens ankommt. Es genügt, wenn der Täter mit der Absicht handelt, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, um einer Verfolgungssituation zu entkommen.

Die Bedeutung der Polizeiflucht

Das OLG Köln stellte fest, dass ein Fall von „Polizeiflucht“ aufgrund seines „klassischerweise vorhandenen Renncharakters“ als tatbestandmäßiges verbotenes Kraftfahrzeugrennen angesehen werden kann. Die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, muss auch nicht Haupt- oder Alleinbeweggrund für die Fahrt sein. Es genügt, wenn der Fahrer die Erzielung der möglichst hohen Geschwindigkeit als Mittel einsetzt, um einer bereits bestehenden Verfolgungssituation zu entkommen.

Die Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung des OLG Köln hat weitreichende Folgen für die Auslegung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB. Sie stellt klar, dass der Tatbestand auch auf Einzelfahrer anwendbar ist, die mit der Absicht handeln, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dies könnte dazu führen, dass in Zukunft mehr Fälle von „Polizeiflucht“ als verbotene Kraftfahrzeugrennen angesehen und entsprechend geahndet werden. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte in zukünftigen Fällen mit dieser Auslegung umgehen werden.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: III-1 RVs 45/20 – Urteil vom 05.05.2020

Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.

Gründe

I.

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 7. März 2019 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und wegen vorsätzlichen Führens einer Waffe ohne die erforderliche Erlaubnis zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt worden; dem lagen Einzelgeldstrafen von 80 bzw. 90 Tagessätzen zugrunde; zudem wurde seine Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein wurde eingezogen und die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, ihm vor Ablauf von weiteren 2 Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Verbotenes Kraftfahrzeugrennen - höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen
Höchstmögliche Geschwindigkeit: OLG Köln stuft Polizeiflucht als verbotenes Kraftfahrzeugrennen ein. Weitreichende Konsequenzen für zukünftige Verfahren. (Symbolfoto: DarSzach /Shutterstock.com)

Die gegen das Urteil gerichteten Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat die 4. kleine Strafkammer des Landgerichts Aachen mit Urteil vom 21. Oktober 2019 mit der Maßgabe verworfen, dass das Urteil erster Instanz des Amtsgerichts Aachen im Rechtsfolgenausspruch bzgl. der verhängten Maßregel derart abgeändert wird, dass die Verwaltungsbehörde angewiesen wird, dem Angeklagten vor Ablauf von weiteren 3 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Die Kammer hat dabei unter Ziffer III. der Urteilsgründe zu dem im Revisionsverfahren maßgeblichen Tatgeschehen vom 18. Februar 2018 die folgenden Feststellungen getroffen:

„Am Abend des 17.02.2018 besuchte der Angeklagte seinen Halbbruder in A. Dort konsumierte er Alkohol in Form von Bier in nicht mehr feststellbarer Menge und begab sich gegen 21 Uhr mit dem Taxi zu seiner Wohnanschrift in A-B. Im Verlaufe des weiteren Abends nahm er mit dem Zeugen C, den er von seiner früheren Ausbildungsstelle kannte, Kontakt per Whats-Aapp auf. Dieser besuchte zu dem Zeitpunkt gemeinsam mit den Zeugen D und E eine Feier in A-F, wobei alle drei – nach dem Genuss u.a. von Whiskey – bereits erheblich alkoholisiert waren. Man verabredete sich, gemeinsam den „G“ in H aufzusuchen, wobei der Angeklagte anbot, die Zeugen C, D und E mit seinem PKW, einem I mit dem amtlichen Kennzeichen xx-xx 000, der eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h erreicht und mit einer Foliierung im Muster „flipflop“ versehen war, abzuholen. Der Angeklagte fuhr sodann am 18.02.2018, vor 3 Uhr von seiner Wohnanschrift in A B in das circa 8 Kilometer entfernte A-F und hiernach in Richtung des ebenfalls von F circa 8 Kilometer entfernten Clubs in H, wobei er davon ausging, fahrtüchtig zu sein. Tatsächlich wies er bei Fahrtantritt eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,375 Promille auf. Eine ihm am Tattag um 4:15 Uhr entnommene Blutprobe wies eine Blutalkoholkonzentration von 1,25 Promille auf. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Angeklagte erkennen können, dass er alkoholbedingt nicht in der Lage war, ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen.

Der Angeklagte befuhr dabei die J sowie die K in Fahrtrichtung L. Auf der L bog er rechts ein und wurde von den in einer Zivilstreife fahrenden Polizeibeamten M und N wahrgenommen, die gerade eine Fahndungsmitteilung erhalten hatten. Der Angeklagte erkannte nicht, dass es sich bei dem ihm folgenden Fahrzeug um eine Zivilstreife handelte, sondern wähnte sich bedroht und steigerte seine Geschwindigkeit, um zu entkommen. Dabei erreichte er zwischenzeitlich eine Geschwindigkeit von jedenfalls 140 km/h, wobei erlaubte Höchstgeschwindigkeit 70 km/h war. Als der Angeklagte, der in eine Seitenstraße abgebogen war, um zu entkommen, angehalten werden konnte, wurde im Fußraum seines Fahrzeugs eine geladene Schreckschusspistole, Walther/P 99,9 mm P.A.K., für deren Umgang er nicht die erforderliche behördliche Erlaubnis hat, sowie ein nicht erlaubnispflichtiges Einhandmesser an seiner Hose aufgefunden.

Der Führerschein des Angeklagten wurde am 18.02.2018 sichergestellt. Am 27.03.2018 wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO vorläufig entzogen. Der Pkw des Angeklagten, I, amtliches Kennzeichen xx-xx 000, wurde am 18.02.2018 sichergestellt und mit Beschluss vom 27.03.2018 beschlagnahmt. Der Beschlagnahmebeschluss wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 07.03.2019 aufgehoben.“

Dieses Tatgeschehen hat die Strafkammer sodann unter Ziffer V. der Urteilsgründe wie folgt rechtlich gewürdigt:

„Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und wegen vorsätzlichen Führens einer Waffe ohne die dafür erforderliche Erlaubnis strafbar gemacht gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG, 316 Abs. 1, Abs. 2, 53 StGB.

Dahingegen hat der Angeklagte sich nicht wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d Abs. 1 Ziff. 2 StGB strafbar gemacht. Dem Tatgeschehen kam hier schon nicht die von der gesetzlichen Überschrift vorgesehene Natur eines Rennens zu. Zwar handelte der Angeklagte, als er der Zivilstreife der Zeugen N und M davon fuhr, in der Absicht, die relativ höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Allerdings wohnt dem Tatbestand – wie aus der Gesetzesüberschrift folgt – der Wettbewerbscharakter eines Rennens inne, der vorliegend nicht anzunehmen ist. Allein die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit genügt nicht.“

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt und diese form- und fristgerecht mit der Rüge materiellen Rechts begründet. Sie rügt insbesondere rechtsfehlerhafte Ausführungen der Strafkammer zur Nichtanwendbarkeit des Straftatbestandes des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückzuverweisen. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten.

II.

Die zulässige Revision hat in der Sache (vorläufigen) Erfolg.

Das angefochtene Urteil ist auf die erhobene Sachrüge im Schuldspruch mit den Feststellungen aufzuheben, weil die Bewertung des festgestellten Sachverhalts durch die Strafkammer durchgreifende Rechtsfehler aufweist. Die Begründung der Kammer, die die Voraussetzungen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB für nicht gegeben erachtet, ist – den Ausführungen der Revision folgend – rechtsfehlerhaft.

1.

Der Senat teilt zunächst nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken, die in der Rechtsprechung gegen die Bestimmtheit der Regelung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB geäußert werden (vgl. so im Vorlagebeschluss des AG Villingen-Schwenningen, Beschluss v. 16.01.2020 – Az. 6 Ds 66 Js 980/19, zitiert nach juris). Er folgt vielmehr der Entscheidung und Argumentation des Kammergerichts in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2019 (Az. 161 Ss 134/19, zitiert nach juris, insbesondere Rn. 5 ff), wonach sich der Tatbestand bei der gebotenen einschränkenden Auslegung auch mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal der „Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“, nicht als zu unbestimmt und damit nicht als verfassungswidrig darstellt. Der Anwendungsbereich des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB wird vor allem durch seine Struktur, die gesetzgeberischen Motive und die zu dieser Vorschrift bereits ergangene Rechtsprechung in ausreichender, vorhersehbarer Weise begrenzt. Die Rechtsprechung genügt den Anforderungen der Verfassung überdies durch eine restriktive Auslegung des Tatbestandes, die sich an dem Willen des Gesetzgebers sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung orientiert. Danach dient das subjektive Merkmal der Absicht des Erreichens einer höchstmöglichen Geschwindigkeit gerade der Abgrenzung von bloßen – lediglich bußgeldbewehrten – Geschwindigkeitsverstößen, auch wenn diese ggf. erheblich sind (vgl. KG, a.a.O., Rn. 9; OLG Stuttgart, Beschluss v. 4.07.2019 – 4 RV 28 Ss 103/19 -, zitiert nach beckonline, Rn. 10 ff; BT-Drs. 18/12964, S 6).

2.

Die Bewertung der Kammer unter Ziffer V. ihrer Urteilsgründe, nach der der Angeklagte sich nicht wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d Abs. 1 Ziff. 2 StGB strafbar gemacht habe, weil dem Tatgeschehen schon nicht die von der gesetzlichen Überschrift vorgesehene Natur eines Rennens zukam, hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.

Der Senat vermag angesichts der äußerst knappen Begründung bereits nicht gänzlich auszuschließen, dass es sich bei der vom Tatgericht genannten Tatbestandsalternative Nr. 2 nicht lediglich um ein Schreibversehen handelt. Tatsächlich in Betracht kommt hier die Variante des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB. Für ein diesbezügliches Schreibversehen spricht zwar, dass die Kammer die festgestellte Absicht des Angeklagten unter den subjektiven Tatbestand der Nr. 3, namentlich unter die Absicht, eine „relativ höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“, subsumiert. Im Folgenden beschränkt sie sich jedoch darauf, die Tatbestandsmäßigkeit unter Hinweis auf den fehlenden „Wettbewerbscharakter eines Rennens“ zu verneinen, was den Anwendungsbereich des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB ersichtlich verkennt und verkürzt.

a)

Nach dieser Regelung macht sich strafbar, wer sich im Straßenverkehr als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB soll nach dem Willen des Gesetzgebers im Sinne eines abstrakten Gefährdungsdeliktes diejenigen Fälle erfassen, in denen nur ein einziges Fahrzeug objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt (vgl. BT-Drs. 18/12964, S. 5).

Ausgehend davon sind bei der Auslegung dieser Tatbestandsvariante die Gesichtspunkte, aus denen die besondere Gefährlichkeit von Kraftfahrzeugrennen herrührt, in den Blick zu nehmen. Unter einem Rennen wird ein Wettbewerb oder Teil eines Wettbewerbs zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen verstanden, bei denen entweder zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit ermittelt wird oder aber der Versuch des Erreichens der Höchstgeschwindigkeit der gegenseitigen Leistungsprüfung dient, ohne dass die Teilnehmer miteinander im Wettbewerb stehen (vgl. Schönke/Schröder-Hecker, StGB 30. Aufl., § 315d Rn. 3 m.w.N.). Während es bei Kraftfahrzeugrennen um einen „Wettbewerb“ geht, der zwischen zwei oder mehr Wettbewerbern ausgetragen wird und bei dem es um Schnelligkeit geht, bedarf es bei der Nr. 3 keines „Gegners“ oder „Renncharakters“ (vgl. Jansen, „Im Rausch der Geschwindigkeit“, NZV 2019, 285 , 287; vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.: Polizeiflucht als verbotenes Rennen; KG, a.a.O.: Pizzalieferant, der auf schnellstem Wege zu seinem Fahrziel gelangen wollte).

Demgegenüber sollen bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen gerade nicht von der Strafbarkeit nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst sein (vgl. BT-Drs. 18/12964, S. 6). Tatbestandsrelevant sind vielmehr nur solche Handlungen, die objektiv und subjektiv aus der Menge der bußgeldbelegten Geschwindigkeitsverstöße herausragen (Hecker, a.a.O., Rn. 8). Um dem Erfordernis des Renncharakters auf Tatbestandsebene Ausdruck zu verleihen, erfordert die Regelung in der gebotenen einschränkenden Auslegung, dass der Täter mit der Absicht handeln muss, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dabei wird nach der dazu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung im Rahmen dieser Absicht auf die relativ höchstmöglich erzielbare Geschwindigkeit abgestellt, die sich aus der Zusammenschau der fahrzeugspezifischen Beschleunigung bzw. Höchstgeschwindigkeit, des subjektiven Geschwindigkeitsempfindens, der Verkehrslage und der Witterungsbedingungen oder der Ziele und Beweggründe der Geschwindigkeitsübertretung ergibt; nicht maßgeblich ist dagegen, ob der Täter die Leistungsfähigkeit seines Fahrzeuges vollständig ausreizt (vgl. KG, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze greift die Begründung der Strafkammer ersichtlich zu kurz. Zwar bejaht sie im Ansatz zu Recht die Absicht des Angeklagten, die relativ höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Auf den von der Kammer vorliegend vermissten „Wettbewerbscharakter“ eines Rennens, namentlich einen Wettbewerber oder Gegner, kommt es jedoch nicht an.

b)

Davon ausgehend hat das Oberlandesgericht Stuttgart, a.a.O., einen Fall von „Polizeiflucht“ aufgrund seines „klassischerweise vorhandenen Renncharakters mit der vom Gesetzgeber unter Strafe gestellten Erhöhung der abstrakten Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer“ bereits als tatbestandmäßiges verbotenes Kraftfahrzeugrennen angesehen. Denn die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, muss auch nicht Haupt- oder Alleinbeweggrund für die Fahrt sein (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 12 ff; KG, a.a.O., Rn. 30). Das Bestreben, möglichst schnell voranzukommen, kann auch von weitergehenden Zielen begleitet sein (etwa den Beifahrern zu imponieren und die Fahrzeugleistung zu testen oder verfolgende Fahrzeuge abzuhängen), ohne dass dadurch der Renncharakter verloren geht. Erforderlich dürfte indes sein, dass der Fahrer gerade die Erzielung der möglichst hohen Geschwindigkeit als Mittel einsetzen will, um einer bereits bestehenden, die typischen Renngefahren auslösenden Verfolgungssituation zu entkommen (vgl. Zopfs, Anmerkung zu OLG Stuttgart NJW 2019, 2787, 2789, zitiert nach beck-online).

Für den vorliegenden Sachverhalt, in dem der Angeklagte die Zivilstreife nach den Feststellungen zwar als solche nicht erkannte, gleichwohl handelte, „um zu entkommen“, kann nichts anderes gelten. Auch die verfahrensgegenständliche Fahrt des Angeklagten ist von einem spezifischen Renncharakter geprägt, in dem sich die besonderen Risiken für den Straßenverkehr und seine Teilnehmer wiederfinden, auch wenn das Ziel des Wettbewerbs hier nicht im bloßen Sieg, sondern in der gelungenen Flucht liegt. Die risikobezogene Vergleichbarkeit mit den sportlichen Wettbewerben liegt auch hier auf der Hand.

c)

Der Aufhebung unterliegt der Schuldspruch insgesamt, namentlich auch hinsichtlich der – für sich genommen rechtsfehlerfreien – Schuldsprüche wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Führens einer Waffe.

Sollte eine erneute Hauptverhandlung zu einer Verurteilung (auch) nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB führen, liegt zugunsten des Angeklagte – was auf Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft gleichfalls zu prüfen ist – im Hinblick auf die Teilidentität der Ausführungshandlungen sowie eine mögliche Verbindung zwischen dem vom Angeklagten behaupteten subjektiven Bedrohungsszenario und der ggf. zu Verteidigungszwecken mitgeführten Waffe insgesamt – mithin auch zwischen der Trunkenheitsfahrt und dem Verstoß gegen das Waffengesetz – die Annahme von Tateinheit nahe (vgl. Münchener Kommentar zum StGB-Heinrich, 3. Auflage, § 52 WaffG Rn. 145).

3.

Für die erneut durchzuführende Hauptverhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:

a)

Da die bloße Geschwindigkeitsüberschreitung – auch wenn sie erheblich ist – nicht von der Strafbarkeit nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst sein soll (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. April 2018 – 1 Ws 23/18 juris; BT-Drs. 18/12964, S. 5; Kulhanek JA 2018, 561), muss sich der Täter darüber hinaus grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegen. Beide Tatbestandsmerkmale sind in gleicher Weise zu verstehen wie im Rahmen des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB (vgl. BT-Drs. 18/12964, S. 5; Münchener Kommentar zum StGB-Pegel, 3. Auflage, § 315d Rn. 25; Lackner/Kühl-Heger, StGB 29. Aufl., § 315d Rn. 5; BeckOK-Kulhanek, StGB, a.a.O., Rn. 36).

Die erneut durchzuführende Hauptverhandlung gibt dem Tatgericht Gelegenheit, den festgestellten Sachverhalt auch mit Blick auf diese Tatbestandsmerkmale zu bewerten. Bedeutsam sein dürften in diesem Zusammenhang etwa der Grad der Geschwindigkeitsüberschreitung, der Umstand dass der Angeklagte kein Licht während des Abbiegevorgangs eingeschaltet hatte und der Umstand, dass der Angeklagte nach Aussage eines Polizeibeamten beide Fahrstreifen genutzt habe und wegen einer Radaranlage auf die Gegenfahrbahn gefahren sei.

b)

Sollte sich die Feststellung, der Angeklagte habe die Zivilstreife nicht erkannt, sondern sich bedroht gefühlt, und er habe die Geschwindigkeit gesteigert, um zu entkommen, nach erneuter Beweisaufnahme bestätigen, könnte die Prüfung eines Irrtums in Gestalt einer Putativrechtfertigungsgrundes naheliegen.

 

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