Verheerende Konsequenzen der Ablenkung durch Mobiltelefon am Steuer
In einer traurigen Kette von Ereignissen führte die Verwendung eines Mobiltelefons während der Fahrt zu einem schweren Verkehrsunfall. Ein Mercedes Benz CLA 250, gesteuert von dem Angeklagten, fuhr über die erlaubte Geschwindigkeitsgrenze und kollidierte mit einer Mutter und ihren beiden Töchtern, die auf ihren Fahrrädern unterwegs waren. Während er Nachrichten auf seinem Handy las und darauf antwortete, verlor der Angeklagte die Kontrolle über das Fahrzeug und nahm ein katastrophales Unglück in Kauf.
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Handy am Steuer: Eine fahrlässige Entscheidung mit tragischen Folgen
Die Richtung, in die der Angeklagte fuhr, war klar: die Straße aus… in Richtung… mit einer Geschwindigkeit von 85 bis 100 km/h, während die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Verkehrszeichen 274 auf 70 km/h begrenzt war. Die Mutter und ihre beiden Töchter, die auf ihren Fahrrädern dieselbe Straße am rechten Fahrbahnrand befuhren, ahnten nicht, was auf sie zukommt.
Verheerende Kollision aufgrund von Ablenkung
Um 13:15:56 Uhr erhielt der Angeklagte eine Whatsapp-Nachricht von seiner damaligen Freundin. Beim Lesen und Beantworten der Nachricht verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug und bemerkte die vor ihm fahrenden Radfahrerinnen zu spät. Die Kollision war unausweichlich. Ein trauriger Beweis dafür, wie riskant die Nutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt sein kann.
Verurteilung aufgrund von fahrlässiger Tötung und Körperverletzung
Als Konsequenz wurde der Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Gegen das Urteil legte der Angeklagte Berufung ein, aber das Landgericht Paderborn (Az.: 5 Ns 8/21) verwies die Berufung am 05.10.2021 zurück und reduzierte die Strafe auf 1 Jahr und 9 Monate.
Übernahme der Kosten des Verfahrens
Neben der verhängten Freiheitsstrafe wurde der Angeklagte dazu verpflichtet, die Kosten des Berufungsverfahrens und die entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Das Gericht entschied, dass der Angeklagte vier Fünftel seiner eigenen notwendigen Auslagen im Berufungsrechtszug sowie die den Nebenklägern im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt. Nur ein Fünftel der Kosten fiel der Staatskasse zur Last.
Diese traurige Geschichte ist eine deutliche Erinnerung daran, wie wichtig es ist, sich beim Fahren nicht ablenken zu lassen, insbesondere durch die Nutzung eines Mobiltelefons. Es ist unerlässlich, die Augen auf der Straße und die Hände am Steuer zu halten, um Unfälle zu vermeiden und das Leben aller Verkehrsteilnehmer zu schützen.
Schmerzhafte Lektion: Leben und Rechtssprechung
Der Fall ist ein trauriges, aber lehrreiches Beispiel dafür, welche Konsequenzen unverantwortliches Verhalten am Steuer haben kann. Nicht nur, dass es zu schweren körperlichen Verletzungen und in diesem tragischen Fall sogar zum Tod führen kann, es hat auch rechtliche Konsequenzen. Neben der verhängten Freiheitsstrafe können, wie dieses Urteil zeigt, auch hohe Kosten durch rechtliche Auslagen entstehen.
Ein eindringlicher Appell
Abschließend lässt sich sagen, dass dieser tragische Fall eine wichtige Botschaft an alle Verkehrsteilnehmer sendet: Die Ablenkung durch Mobiltelefone während der Fahrt kann Leben kosten. Diese Tatsache sollte immer im Hinterkopf behalten werden, um solche verheerenden Unfälle in Zukunft zu verhindern. Jeder Blick auf das Handy am Steuer kann tödliche Folgen haben und das Leben anderer Menschen unwiderruflich verändern. Die Strafen, die das Gericht in solchen Fällen verhängt, können ein Leben lang andauern und weit über die Zeit der eigentlichen Haftstrafe hinausreichen.
Das vorliegende Urteil
LG Paderborn – Az.: 5 Ns 8/21 – Urteil vom 05.10.2021
Die Berufung des Angeklagten wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt wird.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, dessen Gebühr um ein Fünftel ermäßigt wird, vier Fünftel seiner im Berufungsrechtszug entstandenen eigenen notwendigen Auslagen sowie die den Nebenklägern im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen. Im Umfang von einem Fünftel fallen die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Gründe
Das Amtsgericht – Jugendschöffengericht – … hat den Angeklagten am 09.04.2021 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Zudem hat es ihm die Kosten des Verfahrens sowie seine eigenen notwendigen Auslagen auferlegt.
Gegen das Urteil hat der Angeklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und die Berufung durch Schriftsatz vom 24.06.2021 wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Der Schuldspruch und die von dem Amtsgericht – Jugendschöffengericht – … im Urteil vom 09.04.2021 in der Sache getroffenen Feststellungen sind demnach rechtskräftig:
„Der Angeklagte befuhr am 19.4.2019 gegen 13.15 Uhr mit seinem Pkw Mercedes Benz CLA 250 mit dem Kennzeichen … die … aus … in Richtung …. Dabei fuhr er mit einer Geschwindigkeit zwischen 85 und 100 km/h. An dieser Stelle außerhalb geschlossener Ortschaften war die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Verkehrszeichen 274 auf 70 km/h beschränkt. Die Straße verläuft an dieser Stelle in einer langgezogenen Rechtskurve. Aufgrund eines erneuerten Fahrbahnbelages befand sich an dieser Stelle keine Fahrbahnmarkierung.
Ebenfalls in Fahrtrichtung …, vor dem Angeklagten, befuhren die Geschädigte, …, mit ihren beiden Töchtern auf ihren Fahrrädern dieselbe Straße am rechten Fahrbahnrand. Die zum damaligen Zeitpunkt 3-jährige Geschädigte … befand sich dabei auf dem Fahrradkindersitz hinten auf dem Gepäckträger der Mutter und die 6-jährige Geschädigte … fuhr auf dem Kinderfahrrad etwas vor der Mutter. Beide Kinder trugen einen Fahrradhelm.
Um 13:15:56 Uhr erhielt der Angeklagte eine whatsapp-Nachricht von seiner damaligen Freundin mit dem Inhalt „Voll“ sowie um 13:16:07 Uhr eine weitere Nachricht mit dem Inhalt „Anstrengend Fuß tut weh“. Der Angeklagte las die Nachrichten und antwortete auf diese um 13:17:17 Uhr mit der Antwort „Oh blöd“ und legte das Handy wieder in die Mittelkonsole seines Fahrzeuges. Als er wieder aufschaute, bemerkte er die vor ihm fahrenden Geschädigten zu spät, versuchte noch abzubremsen, kollidierte aber noch mit einer Geschwindigkeit von 82 km/h bis 98 km/h zunächst mit dem Fahrrad der Geschädigten … und …. Dieses erfasste er mit der rechten Vorderseite seines Fahrzeuges und anschließend erfasste er noch die Geschädigte … auf dem Kinderfahrrad.
Die Geschädigten … und … wurden durch die Kollision auf die Windschutzscheibe des Fahrzeugs aufgeladen, wo es zu einem Kopfaufprall der Geschädigten … mit der Oberkante der Windschutzscheibe kam. Die Geschädigte wurde daraufhin durch die Luft geschleudert und prallte in über 30 Meter Entfernung gegen einen Überweg im Straßengraben. Sie erlitt massive Schädelverletzungen im hinteren Bereich mit Hirnaustritt. Sie wurde durch Ersthelfer noch am Tatort reanimiert und anschließend mittels Rettungshubschraubers in das … Krankenhaus nach … geflogen, wo sie um 19:55 Uhr infolge ihrer schweren Verletzungen verstarb.
Die Geschädigte … erlitt lebensbedrohliche Verletzungen und wurde mit einem Rettungswagen zunächst in das Brüderkrankenhaus nach … verbracht, von dort wurde sie ebenfalls ins … Krankenhaus nach … mittels eines Rettungshubschraubers geflogen. Sie erlitt ein Schädelhirntrauma 2. Grades, eine Schürfwunde in der rechten Kniekehle sowie Bagatellwunden am linken Knie und Innenknöchel.
Die Geschädigte … wurde ebenfalls schwer verletzt und mittels eines Rettungswagens in das… Krankenhaus nach … gebracht. Ihr wurde aufgrund einer erlittenen traumatischen Milzruptur im Rahmen einer Notoperation die Milz entfernt, danach war ihr Zustand wieder stabil. Weiterhin wurde bei ihr ein stumpfes Bauchtrauma und eine Rippenserienfraktur 6 bis 9 links/ Pneumothorax links festgestellt. Sie befand sich bis zum 1.5.2019 in stationärer Behandlung. Die Geschädigte besitzt aufgrund der entfernten Milz bis heute ein geschwächtes Immunsystem.
Wäre der Angeklagte nicht durch sein Mobiltelefon abgelenkt gewesen und hätte er einfach nur auf die Straße geschaut, wäre der Unfall für ihn vermeidbar gewesen.“
Die auf die Berufung des Angeklagten vor der Kammer erneut durchgeführte Hauptverhandlung hat zu folgenden ergänzenden Feststellungen geführt:
I.
Der zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung inzwischen 31 Jahre alte Angeklagte ist verheiratet und Vater eines inzwischen neun Monate alten Kindes. Seine heutige Ehefrau ist die damalige Freundin, mit der der Angeklagte die WhatsApp-Textnachrichten zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens ausgetauscht hatte. Nach der Eheschließung im Mai des Jahres 2020 wurde im Januar des Jahres 2021 das gemeinsame Kind der Eheleute geboren. Der Angeklagte arbeitet nach wie vor als Feinwerkmechanikermeister in … und verdient dort monatlich etwa 2.000 Euro netto. Seine Ehefrau ist ebenfalls berufstätig. Sie ist als Betreuerin in einer offenen Ganztagsschule tätig, befindet sich jedoch derzeit in Elternzeit und erhält Elterngeld in Höhe von etwa 800 Euro. Die Eheleute bewohnen unter der im Rubrum genannten Anschrift eine Mietwohnung in …, für die sie monatlich eine Warmmiete in Höhe von etwa 550 Euro entrichten. Der Angeklagte leistet zudem noch monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 300 Euro zur Tilgung eines Kredites.
Er ist sowohl in strafrechtlicher als auch in verkehrsrechtlicher Hinsicht unvorbelastet.
II.
In der Sache hat die Kammer ergänzend festgestellt, dass der Angeklagte sich am 19.04.2019 gegen 13.15 Uhr auf dem Weg von seiner Wohnanschrift in … zu einem Fitnessstudio in … befand. Der Verlauf der … Straße war dem Angeklagten gut bekannt, da er diese auch auf seinem täglichen Weg zur Arbeit befuhr. Obwohl sein Fahrzeug über eine Freisprecheinrichtung verfügte, nahm er die um 13:15:56 Uhr und 13:16:07 Uhr eingehenden WhatsApp-Textnachrichten seiner damaligen Freundin zum Anlass, sein Handy in die Hand zu nehmen und die Textnachrichten zu lesen. Obgleich er den Inhalt der eingegangenen Textnachrichten als „belanglos“ einstufte, tippte er die Antwort „Oh blöd“ auf seinem Smartphone ein, die er um 13:17:17 Uhr losschickte. Die am Straßenrand fahrenden Radfahrerinnen hatte er – bevor er das Handy in die Hand genommen hatte – nicht wahrgenommen.
Die bei dem Unfallgeschehen getötete … war zum Unfallzeitpunkt verheiratet mit dem Nebenkläger …. Aus der gemeinsamen Ehe war neben den beiden bei dem Unfallgeschehen verletzten Töchtern … und … auch der damals 12-jährige Sohn … hervorgegangen. Wegen einiger Differenzen hatten sich die Eheleute im November 2018 vorübergehend räumlich getrennt. Der Nebenkläger … hatte übergangsweise eine von der Wohnanschrift seiner Frau und der Kinder nur etwa 300 Meter entfernte Wohnung bezogen. Zum Zeitpunkt des Unfalls hatten sich die Eheleute jedoch bereits wieder versöhnt und lebten mit den Kindern wieder in einem gemeinsamen Haushalt. Der Mietvertrag hinsichtlich der vorübergehend angemieteten Wohnung des Nebenklägers … war zum Zeitpunkt des Unfalls bereits gekündigt. Während der Nebenkläger … voll berufstätig war, führte die getötete … den Haushalt und betreute die drei Kinder, von denen zum Unfallzeitpunkt nur der 12-jährige Sohn bereits die Schule besuchte. An den Wochenenden ging die Getötete einer Teilzeitbeschäftigung in einer Bäckerei nach.
Da die bei dem Unfallgeschehen verletzten Töchter … und … zunächst in unterschiedlichen Krankenhäusern versorgt wurden, wurden sie teils durch ihren Vater und teils durch die Großmutter bzw. die Verwandten mütterlicherseits in den Kliniken betreut. Nachdem die Tochter … nach einigen Tagen ebenfalls in das Krankenhaus … in … verlegt werden konnte, war es dem Nebenkläger … möglich, sich bis zur Entlassung am 01.05.2019 mit beiden Töchtern im Krankenhaus … aufzuhalten. Sowohl die drei Kinder als auch der Vater nahmen in den ersten Wochen die Trauerbegleitung des … in Anspruch. Zudem nahmen die beiden Töchter jeweils zwei oder drei Termine und der 12-jährige Sohn fünf Termine zur psychologischen Aufarbeitung des Geschehenen in der … in … wahr. In der Folgezeit stellte sich der psychische Zustand der Kinder zunächst als weitestgehend unauffällig dar. Eine Anschlussbehandlung fand zunächst nicht statt. Die Tochter … konnte noch im Jahr 2019 eingeschult werden. Seitens der Lehrerinnen bzw. Betreuerinnen ist dem Vater jedoch jüngst empfohlen worden, mit den beiden Töchtern erneut bei einer Kinder- und Jugendpsychologin vorstellig zu werden, da der Eindruck besteht, dass die Kinder mit der Trauerbewältigung nicht alleine zurechtkommen. Im Straßenverkehr können sich die Kinder inzwischen aber wieder angstfrei bewegen.
Der Nebenkläger …, der seit dem Versterben seiner Ehefrau das alleinige Sorgerecht für alle drei Kinder ausübt, ist nach dem Unfallgeschehen erkrankungsbedingt nicht mehr in seinen Beruf zurückgekehrt. Nach einer Rehabilitierungsbehandlung, in deren Verlauf sich seine psychische Verfassung nochmals deutlich verschlechterte, hat er sich zur Behandlung in die Tagesklinik der … begeben. Von dort aus wurden ihm insbesondere eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwere depressive Episode diagnostiziert. Aufgrund der Erkrankung ist bei ihm inzwischen ein Grad der Behinderung von 30 % festgestellt. Derzeit bezieht er Arbeitslosengeld. Zudem hat er einen Antrag auf Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente – zunächst befristet auf 2 Jahre – gestellt. In der … nimmt der Nebenkläger weiterhin wöchentlich Behandlungstermine wahr.
Bis zum erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermin hatte die Haftpflichtversicherung des Angeklagten an den Nebenkläger insgesamt Zahlungen in Höhe von etwa 25.200 Euro geleistet. In diesem Betrag enthalten waren Vorschusszahlungen auf ein etwaiges Schmerzensgeld und auf einen etwaigen Verdienstausfallschaden in Höhe von 10.000 Euro, 3.000 Euro und 1.000 Euro. Zudem hatte die Versicherung die Schäden an den Fahrrädern, die entstandenen Arztkosten und die Bestattungskosten reguliert.
Kurz vor dem erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermin entschuldigte sich der Angeklagte in einem an den Nebenkläger … adressierten Brief für die Verursachung des Unfallgeschehens, den dieser lediglich zur Kenntnis nahm und nicht beantwortete. Zu einer weiteren persönlichen Kontaktaufnahme zwischen dem Angeklagten und der Familie der Getöteten kam es nicht mehr.
Nachdem der Angeklagte im erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermin im Hinblick auf die zögerlichen Zahlungen seiner Versicherung angegeben hatte, dass er stets davon ausgegangen sei, dass seine Versicherung sämtliche Ansprüche der Geschädigten regulieren würde, überwies er im Juni des Jahres 2021 einen Betrag von 10.000 Euro an den Nebenkläger …. Eine persönliche Kontaktaufnahme erfolgte in diesem Zusammenhang jedoch nicht. Vielmehr wurden die Formalitäten der Überweisung zwischen dem Verteidiger des Angeklagten und der Vertreterin des Nebenklägers abgestimmt. Der Angeklagte hatte zum Zwecke der Überweisung einen Kredit aufgenommen, den er bis heute abbezahlt. Das Unfallfahrzeug, an dem Beschädigungen entstanden waren, die einen – von der Versicherung des Angeklagten übernommenen – Reparaturaufwand von etwa 20.000 Euro erforderlich machten, fährt der Angeklagte bis heute weiter. Nach eigenen Angaben des Angeklagten waren sämtliche Verkaufsbemühungen bisher erfolglos.
III.
1)
Der Angeklagte hat seine persönlichen Lebensverhältnisse glaubhaft, entsprechend der unter Ziff. I getroffenen Feststellungen, geschildert. Es gibt keinerlei Anlass, an der Richtigkeit seiner Angaben zu zweifeln. Die Feststellungen zu den nicht vorhandenen strafrechtlichen und straßenverkehrsrechtlichen Vorbelastungen des Angeklagten beruhen auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Auszügen aus dem Bundeszentralregister vom 22.09.2021 und aus dem Fahreignungsregister vom 21.09.2021.
2)
Die unter Ziff. II dargestellten ergänzenden Feststellungen der Kammer beruhen auf der auch insoweit geständigen Einlassung des Angeklagten sowie auf der in der Hauptverhandlung nach Maßgabe des Sitzungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere auf der Aussage des Zeugen ….
a)
Der Angeklagte hat sich ergänzend dahingehend eingelassen, dass er sich zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens auf dem Weg von seiner Wohnanschrift in …-… zu einem Fitnessstudio befunden habe. Obwohl sein Fahrzeug über eine Freisprecheinrichtung verfüge, habe er die eingehenden Textnachrichten seiner damaligen Freundin zum Anlass genommen, sein Handy in die Hand zu nehmen und die Textnachrichten zu lesen. Er habe auch erkannt, dass es sich bei den Textnachrichten seiner Freundin um „Belanglosigkeiten“ gehandelt habe. Nichtsdestotrotz habe er während der Fahrt per Textnachricht geantwortet. Die am Straßenrand fahrenden Radfahrerinnen habe er in dem Moment, in dem er sein Handy zum Lesen und zum Beantworten der Textnachrichten in die Hand genommen habe, noch nicht wahrgenommen gehabt.
Kurz vor dem erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermin habe er sich mit einem, an den hinterbliebenen Ehemann des Unfallopfers gerichteten Brief für die Verursachung des Unfallgeschehens entschuldigt. Eine Antwort auf den Brief habe er nicht erhalten. Auch sei es im Nachhinein – mit Ausnahme des erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermins – zu keiner weiteren persönlichen Kontaktaufnahme zu der hinterbliebenen Familie gekommen.
Bis zu dem erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermin sei er davon ausgegangen, dass seine Versicherung sämtliche Ansprüche der geschädigten Familie regulieren würde und dass er sich insoweit um nichts zu kümmern bräuchte. Nachdem ihm im Hauptverhandlungstermin erstmals bewusst geworden sei, dass die Versicherung die Schäden nur sehr zögerlich reguliere, habe er sich im Nachgang des Termins mit seiner Versicherung in Verbindung gesetzt. Da er von dort aus lediglich die Auskunft erhalten habe, dass die Schadensregulierung im dortigen Ermessen liege, habe er sich entschlossen, selber einen Betrag von 10.000 Euro an die geschädigte Familie zu zahlen und habe zu diesem Zweck einen entsprechenden Kredit aufgenommen, den er derzeit noch abbezahle. Eine persönliche Kontaktaufnahme zu der geschädigten Familie sei in diesem Zusammenhang seinerseits jedoch nicht erfolgt. Vielmehr seien die Formalitäten der Überweisung durch die jeweiligen anwaltlichen Vertreter abgestimmt worden. Das Unfallfahrzeug, an dem Beschädigungen entstanden seien, die einen – von seiner Versicherung übernommenen – Reparaturaufwand von etwa 20.000 Euro erforderlich gemacht hätten, fahre er bis heute weiter. Sämtliche Bemühungen, das Fahrzeug zu verkaufen, seien bisher erfolglos verlaufen.
Die Kammer erachtet die ergänzende geständige Einlassung des Angeklagten für glaubhaft. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte sich fälschlicherweise selbst belasten würde. Seine Schilderungen sind lebensnah und stehen in Einklang mit den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen. Soweit der Angeklagte zudem seine Bemühungen, sich mit einem Brief bei der geschädigten Familie zu entschuldigen, sowie den Umstand geschildert hat, dass er im Nachgang des erstinstanzlichen Hauptverhandlungstermins einen Betrag von 10.000 Euro an die Familie überwiesen habe, ist seine Einlassung durch die glaubhafte Aussage des Zeugen … bestätigt worden.
b)
Die ergänzenden Feststellungen der Kammer zu den familiären Verhältnissen der geschädigten Familie sowie zu den aus dem Unfallgeschehen resultierenden gesundheitlichen Folgen für die Hinterbliebenen stützt die Kammer auf die glaubhafte Aussage des glaubwürdig erscheinenden Zeugen ….
Der Zeuge … hat die familiären Verhältnisse und die von dem Unfallgeschehen ausgehenden Folgen für die einzelnen Familienmitglieder – wie von der Kammer festgestellt – nachvollziehbar und sachlich sowie ohne sachfremde Belastungstendenzen geschildert. Seine Schilderungen stehen in Einklang mit den bereits erstinstanzlich getroffenen Feststellungen. Zudem hat der Zeuge den Erhalt der unter Ziff. II näher dargestellten Versicherungsleistungen sowie den Erhalt der Zahlung des Angeklagten in Höhe von 10.000 Euro bestätigt.
IV.
Nach den bereits erstinstanzlich getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte der fahrlässigen Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung gemäß §§ 222, 229, 52 StGB schuldig.
V.
Im Rahmen der Strafzumessung ist die Kammer von dem Strafrahmen des § 222 StGB ausgegangen.
Die Voraussetzungen für eine Milderung nach den §§ 46a Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB liegen nicht vor, da § 46a Nr. 1 StGB auf vollendete Tötungsdelikte schon keine Anwendung findet (vgl. BGH, Beschluss v. 06.06.2018 − 4 StR 144/18). Denn Verletzter im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB ist nur derjenige, der unmittelbar durch die Straftat verletzt wurde. Mittelbar durch die Tat Betroffene – wie vorliegend der Ehemann und die Kinder der Getöteten – unterfallen schon nach dem Wortlaut der Norm nicht dem Verletztenbegriff. Im Hinblick darauf, dass ein Täter-Opfer-Ausgleich nach ständiger Rechtsprechung auch einen kommunikativen Prozess zwischen dem Täter und dem Opfer voraussetzt, können der Sinn und der Zweck der Vorschrift – nämlich, dass das Opfer die Leistungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert – durch eine Zahlung an die Hinterbliebenen eines Todesopfers nicht erreicht werden; zumal bei einer Einbeziehung mittelbar von der Tat Betroffener auch erhebliche Unsicherheiten im Hinblick auf den im Einzelfall in Betracht zu ziehenden Personenkreis bestünden.
Innerhalb des Strafrahmens des § 222 StGB hat die Kammer zugunsten des Angeklagten bedacht, dass dieser sich – auch bereits frühzeitig im Ermittlungsverfahren – vollumfänglich geständig eingelassen und somit an der Aufklärung der Tat mitgewirkt hat. Durch sein vollumfängliches Geständnis hat der Angeklagte den bei dem Unfallgeschehen verletzten Kindern eine belastende Zeugenaussage in der Hauptverhandlung erspart und eine gegebenenfalls aufwendige und langwierige Beweisaufnahme abgewendet. Zudem hat der Angeklagte durch sein Geständnis aber auch durch die Beschränkung seiner Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch wie auch durch die Zahlung eines Betrages von 10.000 Euro an die hinterbliebene Familie Verantwortungsübernahme dokumentiert. Die Kammer hat darüber hinaus berücksichtigt, dass der Angeklagte sich sowohl in Form eines Briefes an die Familie der Getöteten als auch im Rahmen der erst- und zweitinstanzlichen Hauptverhandlungstermine für die Verursachung des Unfallgeschehens entschuldigt hat. Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer weiterhin bedacht, dass er sowohl in strafrechtlicher als auch in straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht unvorbelastet ist. Strafmildernd musste sich zudem auswirken, dass die Tat inzwischen 2 ½ Jahre zurückliegt und dass der Angeklagte trotz seiner frühzeitigen Mitwirkung im Ermittlungsverfahren – die Verfahrensdauer ist vielmehr auf die Einholung mehrerer Gutachten zurückzuführen – während der Dauer des Verfahrens der Belastung einer drohenden Freiheitsstrafe ausgesetzt war.
Demgegenüber musste sich zulasten des Angeklagten auswirken, dass er gegen gleich zwei Sorgfaltspflichten verstieß, indem er zum einen entgegen seiner Pflicht aus § 23 Abs. 1a StVO sein Smartphone während der Fahrt benutzte und zum anderen entgegen seiner Pflicht aus § 3 Abs. 3 StVO zusätzlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 15 km/h überschritt. Dabei war zulasten des Angeklagten auch zu berücksichtigen, dass es sich jedenfalls bei dem Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO um einen vorsätzlichen Sorgfaltspflichtverstoß handelte, der sich angesichts der konkreten Art und Weise der Nutzung des Mobiltelefons aber auch angesichts der konkreten Verkehrs- und Fahrtsituation als besonders schwerwiegend darstellte. Denn der Angeklagte nutzte sein Mobiltelefon bei einer ganz erheblichen Fortbewegungsgeschwindigkeit auf einer Landstraße, die zudem im Bereich der Unfallstelle in einer lang gezogenen Rechtskurve verlief. Dabei nutzte er sein Mobiltelefon nicht etwa zum Telefonieren, bei dem zumindest sein Blick weiter auf den Verkehr und auf den Straßenverlauf hätte gerichtet bleiben können, sondern zum Austausch von Textnachrichten. Insbesondere das Verfassen einer Textnachricht, bei dem der Blick von der Straße abgewendet wird und einzelne Buchstaben auf dem Display eingetippt werden, stellt – wenn die Textnachricht vorliegend auch vergleichsweise kurz ausgefallen sein mag – eine ganz massive Ablenkung vom Verkehrsgeschehen dar. In der Gesamtschau hat der Angeklagte eine ganz erhebliche Sorg- und Verantwortungslosigkeit an den Tag gelegt. Die Kammer hat zudem strafschärfend in den Blick genommen, dass der Angeklagte gleich zwei Straftatbestände tateinheitlich verwirklichte, da infolge des Unfallgeschehens auch die beiden Töchter der Getöteten nicht unerheblich verletzt wurden. Schließlich hat die Kammer zulasten des Angeklagten auch bedacht, dass die getötete Radfahrerin verheiratet und Mutter dreier – zum Zeitpunkt ihres Versterbens noch vergleichsweise junger – Kinder war, von denen zwei Kinder den tödlichen Verkehrsunfall unmittelbar miterlebten und denen nun eine wichtige Bezugsperson im Leben fehlt.
Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer auf eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten erkannt, die sie für tat- und schuldangemessen erachtet.
Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe kann nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.
Zwar kann gemäß § 56 Abs. 2 StGB unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB auch die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Jedoch kommt eine Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 Abs. 3 StGB dann nicht mehr in Betracht, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung gebietet. Letzteres ist vorliegend der Fall.
Dem Angeklagten kann zwar eine günstige Sozial- und Legalprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden, weil er bislang weder strafrechtlich noch straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist, als berufstätiger Vater und Ehemann in sozial gefestigten Verhältnissen lebt und bereits durch die schweren Folgen der von ihm begangenen Tat sowie durch die Hauptverhandlung nachhaltig beeindruckt und vor der Begehung eines weiteren gleichgelagerten Sorgfaltspflichtverstoßes im Straßenverkehr hinreichend gewarnt sein dürfte.
Auch liegen nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor. Denn zu den nach § 56 Abs. 2 StGB zu berücksichtigenden Umständen gehören auch diejenigen, die bereits für die Prognose nach § 56 Abs. 1 StGB von Belang sein können. Zwar rechtfertigen einzelne durchschnittliche Gründe eine Aussetzung nach § 56 Abs. 2 StGB nicht. Jedoch genügt es, dass Umstände die bei ihrer Einzelbewertung nur durchschnittliche oder einfache Milderungsgründe wären, durch ihr Zusammentreffen das Gewicht besonderer Umstände erlangen. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs liegen nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor. Denn insofern ist neben den bereits für die Begründung der positiven Prognose herangezogenen Erwägungen auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, dass er durch sein frühzeitiges und vollumfängliches Geständnis zur Aufklärung der Tat beigetragen und insbesondere den geschädigten Kindern eine Aussage in der Hauptverhandlung erspart hat, dass er die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, dass er sich für sein Fehlverhalten sowohl in Form eines Briefes an die Familie als auch im Rahmen der Hauptverhandlung entschuldigt hat, dass die Tat inzwischen 2 ½ Jahre zurückliegt und dass er im Nachgang der erstinstanzlichen Hauptverhandlung – unter Aufnahme eines Kredites – aus eigenen Mitteln 10.000 Euro an die hinterbliebene Familie der Getöteten überwies.
Gemäß § 56 Abs. 3 StGB war eine Strafaussetzung zur Bewährung vorliegend jedoch zu versagen, weil die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gebietet.
Nach § 56 Abs. 3 StGB wird bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe vom mindestens sechs Monaten die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet. Ein solcher Fall ist nur dann anzunehmen, wenn eine Strafaussetzung im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte. Dabei dürfen die hierin zum Ausdruck kommenden generalpräventiven Erwägungen nicht dazu führen, bestimmte Tatbestände oder Tatbestandsgruppen von der Möglichkeit der Aussetzung der Strafe zur Bewährung generell auszuschließen, vielmehr bedarf es stets einer dem Einzelfall gerecht werdenden Abwägung, bei welcher Tat und Täter umfassend zu würdigen sind. Nimmt der Tatrichter bei einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr an, dass zwar besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vorliegen, einer Strafaussetzung zur Bewährung aber die Verteidigung der Rechtsordnung entgegensteht, bedarf dies besonderer Darlegung und Begründung. Auch bei Fahrlässigkeitsdelikten kann bei Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten das Kriterium der Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gebieten, wenn sowohl das Erfolgs- als auch das Handlungsunrecht schwer wiegen und es trotz der vorrangig zu gewichtenden spezialpräventiven Gesichtspunkte unabweislich ist, durch eine stringente Anwendung des Strafrechts das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirksamkeit des Rechtsgüterschutzes zu sichern. Dabei kann sich trotz der grundsätzlich veranlassten restriktiven Auslegung des Begriffs der „Verteidigung der Rechtsordnung“ die Vollstreckung auch dann als notwendig erweisen, wenn die Tat Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, die eine durch einen erheblichen Unwertgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Aussetzung einer etwaigen Freiheitsstrafe vertraut. Dieses Kriterium schließt Fahrlässigkeitstaten nicht aus, sie rückt sie aber an den Rand des angesprochenen Bereichs. Dabei spielt der Gesichtspunkt der Sühne oder der Tatvergeltung für das begangene Unrecht keine Rolle. Auch die Schwere der Schuld kann für sich gesehen eine Versagung der Bewährung nicht rechtfertigen, ihr kommt jedoch bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung erhebliche Bedeutung zu. Diese Grundsätze gelten nicht nur für Trunkenheitsdelikte im Straßenverkehr, die zu besonders schweren, insbesondere tödlichen Unfallfolgen führen, sondern auch für andere schwerste Verkehrsverstöße, wenn diese Zuwiderhandlungen mit erheblichen, insbesondere tödlichen Unfallfolgen einhergehen. Allerdings erfordert nicht jede Missachtung von Verkehrsvorschriften eine derart nachdrückliche Sanktion, vielmehr kann dies nur dann der Fall sein, wenn die Tat neben den durch sie verursachten schwersten Folgen einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweist und Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, welche die Geltung des Rechts nicht mehr ernst nimmt. Die lediglich falsche Einschätzung einer Verkehrssituation oder eine bloße Überschätzung der eigenen Fähigkeiten im Umgang mit einem Kraftfahrzeug genügt hierfür aber nicht, denn hierdurch verwirklicht sich nur eine dem Straßenverkehr eigentümliche generelle Gefahrenlage, der auch ein ansonsten besonnener Verkehrsteilnehmer einmal ausgesetzt sein kann. In Betracht kommen daher nur besonders grobe und rücksichtslose Verstöße (vgl. OLG …, Beschluss v. 28.03.2008 – 1 Ss 127/07; m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt eine derartige besonders grobe und rücksichtslose Pflichtverletzung des Angeklagten vor. Denn der Angeklagte verstieß nicht nur gegen gleich zwei Sorgfaltspflichten, indem er zum einen entgegen seiner Pflicht aus § 23 Abs. 1a StVO sein Smartphone während der Fahrt benutzte und zum anderen entgegen seiner Pflicht aus § 3 Abs. 3 StVO zusätzlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 15 km/h überschritt. Vielmehr handelte es sich insbesondere bei dem Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO um eine vorsätzliche Zuwiderhandlung, die sich angesichts der konkreten Art und Weise der Nutzung des Mobiltelefons aber auch angesichts der konkreten Verkehrs- und Fahrtsituation als besonders schwerwiegend darstellte. Denn – wie bereits ausgeführt – nutzte der Angeklagte sein Mobiltelefon bei einer ganz erheblichen Fortbewegungsgeschwindigkeit auf einer Landstraße, die zudem im Bereich der Unfallstelle in einer lang gezogenen Rechtskurve verlief. Dabei nutzte er sein Mobiltelefon nicht etwa zum Telefonieren, bei dem zumindest sein Blick weiter auf den Verkehr und auf den Straßenverlauf hätte gerichtet bleiben können, sondern zum Austausch von Textnachrichten. Insbesondere das Verfassen einer Textnachricht, bei dem der Blick von der Straße abgewendet wird und einzelne Buchstaben auf dem Display eingetippt werden, stellt – wenn die Textnachricht vorliegend auch vergleichsweise kurz ausgefallen sein mag – eine ganz massive Ablenkung vom Verkehrsgeschehen dar. In der Gesamtschau hat der Angeklagte eine ganz erhebliche Sorg- und Verantwortungslosigkeit an den Tag gelegt. Es handelte sich insoweit nicht lediglich um eine falsche Einschätzung einer Verkehrssituation oder eine bloße Überschätzung eigener Fähigkeiten im Umgang mit einem Kraftfahrzeug. Insoweit hat sich auch nicht lediglich eine dem Straßenverkehr eigentümliche generelle Gefahrenlage, der auch ein ansonsten besonnener Verkehrsteilnehmer einmal ausgesetzt sein kann, realisiert. Vielmehr hat der Angeklagte zum Zwecke eines belanglosen Austausches von Textnachrichten das Verbot, ein Handy während der Fahrt zu bedienen, bewusst ignoriert und sich insoweit ohne Bedenken über Verkehrsregeln und über die Sicherheitsinteressen sowie die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer hinweggesetzt. Damit ist die Tat aber auch Ausdruck einer verbreiteten Einstellung, die eine durch einen erheblichen Unwertgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Aussetzung einer etwaigen Freiheitsstrafe vertraut. Die Erwägungen, dass das Verbot in § 23 Abs.1a StVO nicht ernst genommen werde, dass der telefonierende und der Kurznachrichten eintippende Fahrzeugführer mit dem Mobiltelefon in der Hand bedauerlicherweise zum täglichen Verkehrsgeschehen gehöre, derartige Verstöße stets vorsätzlich begangen würden und diese Verhaltensweisen – trotz des Umstands, dass Unfallereignisse im Straßenverkehr regelmäßig auf eine zu lange Blick-Ablenkung durch Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmittel zurückzuführen seien – von einer Vielzahl an Fahrzeugführern nicht als sozialschädlich oder verkehrsgefährdend eingeschätzt würden (vgl. BR-Drs. 556/17), hatten erst im Jahr 2017 zu einer diesbezüglichen deutlichen Verschärfung der Bußgeldkatalogverordnung geführt.
Ein derartiges besonders rücksichtsloses und mit dem Tode eines anderen Menschen einhergehendes Verhalten im Straßenverkehr gebietet auch unter Berücksichtigung der von der Kammer im Rahmen der Prognoseentscheidung nach § 56 Abs. 1 StGB und im Rahmen der Abwägung der besonderen Umstände nach § 56 Abs. 2 StGB dargestellten und nun von der Kammer auch in die Abwägung nach § 56 Abs. 3 StGB miteinbezogenen besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere der sozialen Integration des Angeklagten, seiner familiären Bindungen und seiner frühzeitigen vollumfänglich geständigen Einlassung, die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe. Denn den zugunsten des Angeklagten sprechenden Umständen steht neben dem dargelegten, besonders schwerwiegenden Handlungsunrecht auch ein im Einzelfall besonders gravierendes Erfolgsunrecht entgegen. Denn auch an dieser Stelle ist zu berücksichtigen, dass die getötete Radfahrerin verheiratet und Mutter dreier – zum Zeitpunkt ihres Versterbens noch vergleichsweise junger – Kinder war, von denen zwei Kinder den tödlichen Verkehrsunfall unmittelbar miterlebten und denen nun eine wichtige Bezugsperson im Leben fehlt. Die Familie der Getöteten leidet noch heute unter den Folgen des Unfallgeschehens. Eine Strafaussetzung zur Bewährung würde bei der – auch über die angenommenen „besonderen Umstände“ im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB informierten – Bevölkerung auf völliges Unverständnis stoßen und deren Rechtsgefühl und Rechtstreue ernstlich beeinträchtigen.
VI.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 StPO.