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Verkehrsunfallflucht – bedeutender Sachschaden bei § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB

AG Tiergarten, Az.:  (288 Gs) 3014 Js 2061/15 (48/15), Beschluss vom 15.05.2015

In dem Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 20.03.2015 zum Aktenzeichen 288 Gs 48/15 auf die Beschwerde des Beschuldigten vom 28.04.2015 hin aufgehoben.

Gründe

Verkehrsunfallflucht – bedeutender Sachschaden bei § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB
Symbolfoto: Von Vladimir Mucibabic /Shutterstock.com

Es besteht zwar weiterhin der Tatverdacht des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 StGB. Jedoch liegen derzeit keine dringenden Gründe mehr für die Annahme vor, dass dem Beschuldigten durch Urteil die Fahrerlaubnis entzogen werden wird.

Denn die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB sind nach aktuellem Kenntnisstand nicht erfüllt.

Es besteht kein dringender Tatverdacht mehr dahingehend, dass an fremden Sachen ein bedeutender Schaden verursacht wurde.

Ob ein „bedeutender Schaden“ i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorliegt, bemisst sich nach wirtschaftlichen Kriterien und beurteilt sich nach der Höhe des Betrages, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalls gemindert wird.

Zwar sieht die Kommentarliteratur immer noch die Grenze zum bedeutenden Schaden für Schäden, die seit dem Jahr 2002 entstanden sind, bei einem Schadenswert von 1.300,00 Euro (vgl. nur Fischer, StGB, 62. Auflage, § 69 Rn. 29). Jedoch muss diese Grenze mit Blick auf die sich seit 2002 entwickelte und weiterhin entwickelnde Teuerungsrate für Reparaturen und die statistisch messbaren höheren Regulierungsschäden nach nunmehr 13 Jahren angehoben werden (vgl. LG Landshut, Beschluss vom 24.09.2012, Az. 6 Qs 242/12; juris). Das LG Landshut setzt die Grenze im genannten Beschluss bei ca. 2.500,00 Euro, das AG Saalfeld (Urteil vom 14.09.2004, Az. 630 Js 2981/04 – 2 Ds jug; juris) hob die Grenze bereits im Jahr 2004 auf einen Wert von 1.500,00 Euro an. Die letztgenannte Grenze setzt auch das LG Lübeck in seiner Entscheidung vom 14.03.2014 zum Aktenzeichen 4 Qs 60/14 an.

Laut dem hier zur Akte gereichten Gutachten ist an dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden. Der Wiederbeschaffungswert beträgt 1.500,00 Euro, der Restwert 100,00 Euro, so dass von einem Schaden in Höhe von 1.400,00 Euro auszugehen ist. Dieser Schaden wurde bereits in vollem Umfang reguliert, wobei die Ermittlungen auch ergaben, dass der gelbe Farbaufrieb an der Kunststoffabdeckung des Fahrzeugs derzeit nicht mit dem hiesigen Vorfall in Einklang zu bringen sind, so dass der zu berücksichtigende Schaden gegebenenfalls noch etwas niedriger liegen könnte. An dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen, das der Beschuldigte gefahren ist, konnten keine Schäden festgestellt werden, die zweifellos dem hiesigen Unfallereignis zuzuordnen wären. Ein bedeutender Fremdschaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB kann daher derzeit nicht mehr angenommen werden.

Hinzu kommt, dass der Beschuldigte – derzeit unwiderlegbar – nach einer kurzen Weiterfahrt mit dem Fahrzeug anhielt und sowohl dieses Fahrzeug als auch das Fahrzeug auf Schäden untersuchte und solche nicht feststellte. Er meldete den Unfall dennoch unverzüglich seinem Arbeitgeber.

Aufgrund der Gesamtumstände bestehen daher derzeit keine dringenden Gründe mehr für die Annahme, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis entzogen werden wird.

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