OLG Rostock, Az.: 1 Ss 131/03 I 79/03, Urteil vom 28.11.2003
Die Revision wird auf Kosten der Staatskasse, die auch die notwendigen Auslagen der Angeklagten zu tragen hat, als unbegründet verworfen.
Gründe
I. Das Amtsgericht Stralsund – Strafrichter – hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft am 24.10.2001 einen Strafbefehl gegen die Angeklagte erlassen. Darin wurde ihr ein am 28.03.2001 begangenes Vergehen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort zur Last gelegt und eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen sowie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.
Nach rechtzeitigem Einspruch und dreitägiger Hauptverhandlung verurteilte das Amtsgericht die Angeklagte am 07.02.2002 wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu der Geldstrafe von 30 Tagessätzen und verbot ihr für die Dauer von drei Monaten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge aller Art zu führen.
Hiergegen legten sowohl die Angeklagte als auch die Staats-anwaltschaft jeweils rechtzeitig Berufung ein, wobei letztere ihr Rechtsmittel später auf das Strafmaß beschränkte.
Mit dem jetzt angefochtenen Urteil vom 05.03.2003 verwarf die IV. Kleine Strafkammer des Landgerichts Stralsund die Berufung der Staatsanwaltschaft und sprach die Angeklagte aus Rechtsgründen frei, da sich der Unfall nicht im öffentlichen Straßenverkehr ereignet und die Angeklagte daher keine Straftat begangen habe.
Gegen diese in Anwesenheit eines Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft verkündete Entscheidung richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die mit am 06.03.2003 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage eingelegt und nach der am 03.04.2003 erfolgten Zustellung des schriftlichen Urteils mit weiterem Schriftsatz vom 30.04.2003, der am 02.05.2003 beim Landgericht eingegangen ist, begründet wurde. Die Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt die Aufhebung des Urteils sowie die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel in ihrer Zuschrift vom 01.07.2003 beigetreten und hat in der Revisionshauptverhandlung beantragt, das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück zu verweisen.
II. Das statthafte (§ 333 StPO) Rechtsmittel ist frist- und formgerecht (§§ 341 Abs. 1, 344, 345 StPO) eingelegt und auch begründet worden, mithin zulässig.
Es bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Feststellung des Landgerichts, der der Angeklagten zur Last gelegte Vorfall habe sich nicht im öffentlichen Straßenverkehr abgespielt und erfülle daher keinen Straftatbestand, revisionsrechtlicher Nachprüfung standhält.
1. Wird die Angeklagte aus Rechtsgründen freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe nach § 267 Abs. 5 StPO ergeben, dass und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Dem Revisionsgericht muss dadurch die Prüfung ermöglicht werden, ob der Freispruch auf einer erschöpfenden und bedenkenfreien Tatsachengrundlage und aufgrund rechtlich einwandfreier Erwägungen des Tatrichters erfolgt ist.
2. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht. Entgegen der Auffassung der Revision enthält es in noch ausreichendem Umfang Feststellungen, die ohne Rechtsfehler getroffen und zutreffend rechtlich gewürdigt worden sind.
a) Mit Recht geht das Landgericht davon aus, dass eine – hier allein Betracht kommende – Verurteilung wegen eines Vergehens des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 Abs. 1 StGB) einen Unfall im öffentlichen Straßenverkehr voraussetzt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 142 Rdnrn. 7, 8 m.w.N.).
In diesem Sinne „öffentlich“ sind nicht nur solche Verkehrsflächen, die nach dem Wegerecht des Bundes, der Länder oder der Kommunen dem allgemeinen Verkehr gewidmet und der Allgemeinheit zugänglich gemacht sind („rechtlich öffentliche Wege“). Dem Schutzzweck der Norm entsprechend sind „öffentlich“ darüber hinaus aber auch diejenigen Verkehrsflächen, die – ohne Rücksicht auf eine förmliche Widmung und ungeachtet der Eigentumsverhältnisse – vom Verfügungsberechtigten ausdrücklich oder stillschweigend für jedermann oder zumindest einem nicht näher bestimmten Personenkreis zur dauernden oder vorübergehenden Benutzung zugelassen worden sind und die von der Allgemeinheit zu diesem Zweck auch tatsächlich benutzt werden („tatsächlich öffentliche Wege“, „faktische Öffentlichkeit“). Bei der Frage, ob eine solche Zulassung des Ver-fügungsberechtigten vorliegt, kommt es dabei nicht auf dessen inneren Willen an, sondern auf die für etwaige Benutzer erkennbaren äußeren Umstände. Gestattet der Verfügungsberechtigte die Nutzung einer (privaten) Verkehrsfläche nur einem beschränkten Personenkreis, liegt dann keine Öffentlichkeit in diesem verkehrsrechtlichen Sinn mehr vor, wenn der Kreis nicht mehr die Allgemeinheit repräsentiert, sondern so eng gezogen ist, dass die Öffentlichkeit des Verkehrsraums mit Recht als ausgeschlossen betrachtet werden kann. Dies setzt voraus, dass der Berechtigte nur solchen Personen Zutritt dorthin gestattet, die in enger persönlicher Beziehung (untereinander oder zum Verfügungsberechtigten) stehen oder in eine solche treten wollen. Die gelegentliche Mitbenutzung der Fläche durch Unbefugte reicht dann nicht aus, deren Öffentlichkeit zu begründen (vgl. zum Vorstehenden BGHSt 16, 7 [10 ff]; OLG Düsseldorf NZV 1992, 120; BayObLG VRS 62, 133 [134]; OLG Köln VRS 99, 363 [364]; LK-Geppert, StGB, 11. Aufl., § 142 Rdnr. 14; HK-StVR-Jäger § 142 StGB Rdnr. 38 f; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 1 StVO Rdnr. 13 ff; jeweils m.w.N.).
Für die Abgrenzung der Frage, ob eine private Fläche als öffentlicher oder nichtöffentlicher Verkehrsraum anzusehen ist, kommt es nicht nur auf die von dem Verfügungsberechtigten getroffene Zweckbestimmung an, sondern auch darauf, ob eine solche auch tatsächlich beachtet wird, also ggfs. die Allgemeinheit tatsächlich von der Benutzung eines Platzes aus- geschlossen wird (OLG Braunschweig VRS 27, 458; OLG Hamm VRS 52, 369 [371]). Ist dies der Fall, ist die gelegentliche Nutzung des Platzes durch Unbefugte unschädlich (OLGe Braunschweig und Hamm a.a.O.; BGHSt 16, 7 [11]; OLG Düsseldorf NZV 92, 120; BayObLG VRS 73, 57). Ein ansonsten nichtöffentlicher Platz verliert seinen Charakter nach OLG Braunschweig (a.a.O.) auch nicht dadurch, dass zu dem – vom Willen des Berechtigten zweifellos umfassten – erlaubten Benutzerkreis (hier: Arbeiter einer Firma) ein weiterer, ebenfalls geschlossener und nach außen abgegrenzter Kreis von tatsächlichen Benutzern tritt (hier: Mieter von Garagen neben dem Platz, so dass dieser zum Ein- und Ausfahren in die Garagen befahren werden muss).
Die Frage, ob ein Benutzerkreis in diesem Sinne geschlossen ist, kann nur aufgrund entsprechender, ausreichende Feststellungen entschieden werden (vgl. OLG Hamm a.a.O. und OLG Düsseldorf VRS 74, 181 [182]).
Entscheidend ist daher, ob es der Schutzgedanke der Norm bzw. das allgemeine Sicherungsbedürfnis erfordert, eine private Verkehrsfläche als öffentlich einzustufen. Das hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Um dem Revisionsgericht insoweit eine Nachprüfung zu ermöglichen, sind daher ausreichende Feststellungen zu treffen und darzulegen.
b) Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sind zwar knapp, aber noch ausreichend.
(1) Den Parkplatz, auf dem sich das hier relevante Geschehen abgespielt hat, beschreibt das Urteil wie folgt:
„Es handelt sich um einen Parkplatz, den die Mieter – im Wesentlichen gewerbliche Mieter – des Hauses Heilgeist- str. 51 in der Weise gemietet haben, dass jeder Mietpartei eine oder mehrere speziell ausgewiesene Stellflächen zugeordnet sind. Der Parkplatz ist umfriedet mit Metallpfählen, die etwa im Abstand einer Pkw-Breite voneinander aufgestellt sind. Der Parkplatz verfügt nur über eine Einfahrt, die über den Gehweg Heilgeiststraße führt. Dort ist deutlich sichtbar ein Schild aufgestellt, welches ein weißes großes „P“ auf einer blau-unterlegten Fläche aufweist, daneben ist in großer Schrift „Nur für Mieter“ angebracht. Auf demselben Schild ist unter dem Parkplatzzeichen und der daneben befindlichen Schrift rot umrandet ein Abschleppwagen mit einem am Hakten befindlichen Pkw abgebildet, darunter ist vermerk: „Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt!“. Die einzelnen Stellflächen der Mietparteien sind jeweils durch kleine Schilder gekennzeichnet, die neben einem Parkplatzsymbol den jeweiligen Stellplatzmieter, wie etwa „Änderungsschneiderei“ oder „Mieter Wg. 2″ ausweisen. Es sind dort etwa 12 Stellflächen ausgewiesen.
Die Angeklagte hatte ihren Pkw auf der der Änderungsschneiderei zugeordneten Stellfläche geparkt. Sie hatte zuvor von der bei der Änderungsschneiderei beschäftigten Zeugin Jesse die Erlaubnis zum dortigen Parken erhalten. Ausgewählte Kunden der Änderungsschneiderei erhielten auf Nachfrage von der Zeugin Jesse die Erlaubnis, den Stellplatz der Änderungsschneiderei für die Zeit geschäftlicher Kontakte zu benutzen. Auch ausgewählte Gäste des in der Heilgeiststr. 51 befindlichen Bistros nutzen durchschnittlich einmal pro Woche die für das Bistro ausgewiesene Stellfläche. Der die Gaststätte betreibende Zeuge Glawe erlaubt Stammkunden und, soweit andere Kunden danach fragen, auch diesen die Nutzung der Stellfläche, soweit er diese selbst nicht benötigt. Soweit – was manchmal vorkommt – Pkw’s ohne Erlaubnis der jeweiligen Stellflächenmieter dort abgestellt werden, wird jedenfalls von Seiten der Hausverwaltung nichts dagegen unternommen. Die weiteren Stellplatzmieter nutzen ihre Stellplätze ausschließlich allein.“
Soweit in der angefochtenen Entscheidung auch Feststellungen aus dem amtsgerichtlichen Urteil wiedergegeben werden, ist das für das vorliegende Revisionsverfahren unbeachtlich, da es sich insoweit gerade nicht um Feststellungen des Landgerichts handelt.
(2) Auch wenn die Kammer nicht – was sich hier angeboten hätte – gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Lichtbilder zum Gegenstand ihrer Begründung gemacht hat, wird dem Senat damit gleichwohl ein ausreichend deutliches Bild der Örtlichkeiten vermittelt. Insbesondere tritt der Wille des Verfügungsberechtigten, den Parkplatz nicht jedermann zur Verfügung zu stellen, sondern nur einem – zunächst auf die Mieter der jeweiligen Stellflächen – beschränkten Personenkreis, klar zu Tage. Das ergibt sich aus der Umfriedung des Geländes mit Pfosten, dem Schild an der – einzigen und über den Gehweg führenden – Einfahrt des Parkplatzes und den Namensschildern an den einzelnen Stellflächen.
Darüber hinaus hat die Kammer aber auch festgestellt, dass jedenfalls zwei der Mieter – die Änderungsschneiderei und das Bistro – ihre Flächen überwiegend für sich selbst nutzen und sie nur ausgewählten Kunden im Einzelfall und auf deren Nachfrage zur Verfügung stellen. Damit bleibt der Kreis der Nutzungsberechtigten eingrenzbar und individuell konkretisierbar, zumal alle „fremden“ Nutzer mit den jeweiligen Mietern in einer persönlichen Beziehung als (meist „guter“ oder „Stamm“-) Kunde stehen. Dass diese „berechtigten Fremdnutzer“ ihre Nutzungsberechtigung nicht von dem Eigentümer und Vermieter des Parkplatzes als Verfügungsberechtigtem ableiten, sondern von einzelnen Mietern, ist jedenfalls solange unschädlich, als – wie hier – der Kreis der berechtigten Nutzer dadurch nicht unüberschaubar groß wird. Dazu ergibt sich aus dem Urteil, dass sowohl die Änderungsschneiderei als auch das Bistro nicht jedem Kunden die Nutzung gestatten, sondern nur ausgewählten und dies – im Falle des Bistros – nur etwa einmal die Woche. Dies allein führt daher nicht zu einer Öffentlichkeit des Parkplatzes, zumal beide Betriebe jeweils nur über eine Stellfläche verfügen.
Schließlich hat die Kammer feststellt, die weiteren Mieter nützten ihre Stellplätze ausschließlich allein. Dies stützt sie allerdings lediglich auf die Aussagen der bei der Änderungsschneiderei bzw. dem Bistro beschäftigten Zeugen Jesse und Glawe, ohne die übrigen Mieter vernommen zu haben. Der zugunsten der Angeklagten gezogene Schluss, die anderen Mieter würden keine „Drittnutzung“ gestatten, weil die beiden Zeugen hiervon keine Kenntnis hätten, ist an sich nicht zwingend. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe wird jedoch noch ausreichend deutlich, dass die von der Kammer aufgrund der von ihr als glaubhaft gewürdigten Angaben der Zeugen gewonnene Überzeugung auf einer ausreichenden Grundlage beruht und zudem zutreffend ist. Dies gilt umso mehr, als der Parkplatz mit insgesamt etwa 12 Stellflächen nicht besonders groß ist, andererseits bereits mindestens drei Stellplätze – der Änderungsschneiderei, des Bistros und des Mieters der Wohnung 2 – nur individuell konkretisierbaren Nutzern zur Verfügung stehen. Auch ergibt sich aus dem Schild am Eingang, dass hier gerade keine freie Parkmöglichkeit für Kunden der weiteren gewerblichen Mieter bestehen soll. Selbst wenn diese weiteren Mieter ihrerseits ausgewählten Kunden oder Besuchern ähnliche Nutzungsrechte einräumen sollten wie dies von der Änderungsschneiderei oder dem Bistro erfolgt, würde dies die Öffentlichkeit des Platzes nicht begründen.
c) Die so festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten hat die Kammer zutreffend rechtlich gewürdigt. Nach den oben dargestellten Grundsätzen handelt es sich bei den vorliegenden Parkplatz nicht um eine faktisch öffentliche Verkehrsfläche.
Auch das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit gebietet keine andere Entscheidung. Alle berechtigten Benutzer des Parkplatzes sind individualisierbar, erheblicher Verkehr ist nicht zu erwarten. Die Anwendbarkeit der Verkehrsvorschriften erscheint daher nicht geboten.
Damit waren weitere Feststellungen zu dem angeklagten Unfallgeschehen nicht mehr erforderlich.
3. Die oben (II.2 a) dargelegte Auffassung des Senats steht nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung der anderen Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs sowie der Literatur.
Diese haben zu der Frage, ob öffentlicher oder nichtöffentlicher Verkehr vorliegt, eine umfangreiche Kasuistik entwickelt (vgl. etwa die Übersichten bei Hentschel a.a.O.; LR-Geppert a.a.O.; Heß in: Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßen-verkehrsrecht, 17. Aufl., StVO § 1 Rdnrn. 13 ff; jeweils mit zahlreichen Nachweisen aus der fast unüberschaubaren Rechtsprechung).
(1) So wurden Parkplätze, die jederzeit tatsächlich zugänglich sind ohne weiters als öffentlich angesehen (OLG Düsseldorf DAR 2000, 175 m.w.N.). Dies gilt auch für den Parkplatz einer Gaststätte, der nach dem Willen des Berechtigten nur für seine Gäste und Lieferanten bereitgestellt sein soll und bei dem auf diese Beschränkung durch ein Schild mit der Aufschrift „Parken für Gäste“ hingewiesen wird (BGHSt 16, 7). Wer als Gast in einer aus gewerblichen Gründen betriebenen Gaststätte einkehrt, steht zumeist nicht in einer so engen persönlichen Beziehung zu dem Verfügungsberechtigten, die es diesem ermöglicht, den Benutzer seines Parkplatzes der Persönlichkeit nach zu ermitteln. Der Gasthausbesitzer kennt diejenigen, die seine Gäste sein sollen und werden, nicht von vornherein. Er hat vielmehr ein Interesse daran, von möglichst vielen Gästen besucht zu werden. Der Kreis derer, die nach seinem Willen den Parkplatz nutzen dürfen, ist daher zu unbestimmt und wechselnd, als dass sich die Nichtöffentlichkeit des Platzes rechtlich vertreten ließe. Dieses Ergebnis werde auch am besten dem Bedürfnis der Sicherung des Verkehrs gerecht, das auch auf einem solchen privaten Parkplatz mit unübersehbar wechselnden Benutzern bejaht werden müsse (BGH a.a.O. [10 f]). Die Öffnungszeiten der Gaststätte spielen dabei grundsätzlich keine Rolle, da sie keinen Einfluss darauf haben, ob der Parkplatz der Gaststätte für jedermann zu Verkehrszwecken genutzt werden kann (OLG Düsseldorf NZV 1992, 120 mit zustimmender Anmerkung Pasker = JR 1992, 300 mit Anmerkung Hentschel, der im Anschluss an OLG Stuttgart VRS 57, 418 [s.u.] aus Gründen des „Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit“ eine weite Definition des „öffentlichen“ Straßenverkehrs für erforderlich hält).
Zweifellos öffentlich ist auch ein Parkplatz, der von einer Gemeinde an eine private Betreibergesellschaft „zum Zwecke des Betriebs als öffentliche Parkfläche für Kurzparker“ verpachtet wurde, da es sich um eine Verkehrsfläche handelt, die mit Zustimmung des Verfügungsberechtigten tatsächlich allgemein genutzt wird (OLG Frankfurt DAR 1994, 369 [370]). Aber auch ein umzäuntes Gelände einer Großmarkthalle kann – jedenfalls zu den Verkaufszeiten – öffentlich sein, selbst wenn die Einfahrt nur mit einem speziellen Ausweis gestattet ist, dies aber nicht kontrolliert wird und zudem Fußgänger ungehindert Zutritt haben (BayObLG VRS 62, 133 [134 f]). Ebenso bleibt ein Gelände – hier eine städtische Mülldeponie – auch dann öffentlich, wenn es umfriedet und nicht ständig geöffnet ist sowie nach seiner vom Verfügungsberechtigten getroffenen Zweckbestimmung zwar nicht von jedermann benützt werden kann, wohl aber von einem weit gefassten und unbestimmten Personenkreis (etwa den Einwohnern einer Gemeinde, vgl. OLG Zweibrücken a.a.O.). Nur so könne Sinn und Zweck des Gesetzes Rechnung getragen werden, die Allgemeinheit vor Gefahren zu schützen, denen durch Normierung der Verkehrsvorgängen begegnet werden könne. Dieser Schutzgedanke gebiete eine weite Auslegung des Begriffs der öffentlichen Verkehrsflächen (OLG Zweibrücken a.a.O.).
Soll ein – unbeschilderter – Parkplatz sämtlichen Mietern mehrerer Häuser des Berechtigten und deren Besuchern zur Verfügung stehen, ist er nach OLG Düsseldorf (VRS 50, 427 [428 f]) selbst dann öffentlich, wenn der Berechtigte nicht dulden will, dass jedermann dort parkt und Fremdparker als „Frechdachs“ bezeichnen würde, aber tatsächlich nichts unternimmt. Der Beschränkungswille des Verfügungsberechtigten war hier nicht für jedermann eindeutig erkennbar. Auch das OLG Düsseldorf (a.a.O.) betont die Tendenz der Rechtsprechung, den Begriff der „beschränkt öffentlichen Verkehrsflächen“ zum Schutz der Allgemeinheit vor Verkehrsgefahren weit auszulegen.
Ein Hinterhofparkplatz, der den Anwohnern sowie Kunden mehrerer dort ansässiger Firmen zur Verfügung steht, wurde vom Oberverwaltungsgericht Münster (NZV 2000, 183 [184]) als öffentliche Verkehrsfläche angesehen, da Kunden verschiedener Unternehmen Zufahrt zu den Parkplätzen hatten und die Parkplätze nicht gekennzeichnet oder in sonstiger Weise nach außen ersichtlich bestimmten Benutzerkreisen zugeordnet waren, so dass keine Einzelkontrolle von Nichtberechtigten stattfinden konnte.
Dagegen hat das Verwaltungsgericht Saarlouis (NZV 1991, 47) in einem ähnlich gelagerten Fall ein umfriedetes Anwesen, das als Parkplatz mit 35 Stellflächen genutzt wird, als nichtöffentlich eingestuft. Ein vorhandenes Tor war meist geöffnet, an der Einfahrt jedoch ein Schild mit der Aufschrift: „Privatgrundstück! Unberechtigt parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt!“ angebracht. Die einzelnen, jeweils vermieteten Stellflächen waren numeriert und mit Namensschildern versehen, so dass die Bestimmung zum ausschließ-lichen Gebrauch durch einen bestimmten Personenkreis – und damit der Ausschluss der Allgemeinheit von der Nutzung – als eindeutig erkennbar erachtet wurde. Der Umstand, dass der jeweilige Mieter ein Bestimmungsrecht darüber habe, ob außer ihm noch jemand den Stellplatz benutzen dürfe, sei lediglich Ausfluss seiner Verfügungsberechtigung an der einzelnen gemieteten Stellfläche und könne die Annahme einer Duldung der Nutzung durch die Allgemeinheit nicht begründen (a.a.O. S. 48).
Im Rahmen einer Entscheidung nach § 154 a Abs. 2 StPO hat der BGH (NZV 1998, 418) die Auffassung vertreten, ein unbefestigter Hinterhof, der nur durch eine schmale langgezogene und tunnelartige Hausdurchfahrt erreichbar und von der öffentlichen Straße nicht einsehbar sei, sei kein öffentlicher Verkehrsraum. Der Umstand, dass das Grundstück von den Hausbewohnern und ihren Besuchern zu Parkzwecken benutzt werde, genüge hierfür nicht. Auch die bloße Zugänglichkeit eines Grundstücks macht dieses noch nicht zum öffentlichen Verkehrsgrund, so dass auch der offene Hof eines Anwesens nicht darunter falle (BayObLG VRS 73, 57). Ebenso hat das OLG Köln (VRS 99, 363) entschieden, dass der Garagenvorplatz eines Wohnhauses keine öffentliche Verkehrsfläche sei. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Duldung des Verfügungsberechtigten vorliegt, ist nicht auf dessen inneren Willen, sondern auf die für etwaige Benutzer erkennbaren äußeren Umstände abzustellen. Ist demnach Nichtöffentlichkeit gegeben, ändert sich auch nichts dadurch, dass gelegentlich ein Unbefugter die Fläche benutzt (BayObLG und OLG Köln a.a.O.).
Die Öffentlichkeit kann, wie oben dargestellt, auch zeitlich beschränkt sein, so dass etwa der Verkehr in einem Parkhaus außerhalb der normalen Betriebszeiten nicht mehr als öffentlich angesehen wurde (OLG Stuttgart VRS 57, 418). Da die Ausweitung der „tatsächlich öffentlichen Verkehrsflächen“ auf Privatflächen auf allgemeinen Schutzbedürfnissen beruhe, erscheine die Anwendbarkeit der allgemeinen Verkehrsvorschriften jedenfalls dann geboten, wenn eine Verkehrsfläche einem nicht näher bestimmten bzw. individuell nicht kontrollierbaren Personenkreis offenstehe. Dieses Sicherungsbedürfnis könne geringer sein oder auch ganz entfallen, wenn etwa durch individuelle Einschränkungen der Zugänglichkeit (hier: verschlossenes Gitter, das nur durch herbeizurufenden Nachtwächter kurz geöffnet wird) die Gefahr von Behinderungen oder Kollisionen ausgeschlossen oder erheblich vermindert sei. Eine private Verkehrsfläche wird deshalb auch nicht schon dadurch Teil des öffentlichen Verkehrsraums, weil man überhaupt noch ein- oder ausfahren kann (OLG Stuttgart a.a.O.).
Entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalls, die entsprechend festzustellen sind. So waren in dem vom OLG Hamm (VRS 52, 369) entschiedenen Fall die Angaben nicht ausreichend, dass ein Parkplatz durch zwei Schilder mit der Aufschrift: „Privatparkplatz! Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt“ gekennzeichnet ist und dieser Parkplatz „Angehörigen und Kunden der Fa. X“ zur Verfügung stand, wobei die Firma ihren Kunden mitgeteilt habe, dass sie ihre Fahrzeuge dort abstellen dürften. Diese Feststellungen könnten nach Auffassung des OLG Hamm vielleicht genügen, wenn der Parkplatz einer Gastwirtschaft oder einem Warenhaus zugeordnet sei, nicht aber – wie im entschiedenen Fall – bei Kunden eines „Lern-Studios“. Hier spräche mehr dafür, dass es sich um einen eng umgrenzten, bekannten und in Vertragsbeziehung mit dem Berechtigten stehenden Nutzerkreis handle. Auch das OLG Düsseldorf (VRS 74, 181 [182]) stellt darauf ab, dass es von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhänge, ob eine private Fläche (hier: Grundstückszufahrt) als öffentlicher Verkehrsraum anzusehen sei, so dass entsprechende Feststellungen nötig seien.
(2) Aus den aufgeführten Entscheidungen ergibt sich, dass es – unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der Norm – jeweils auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt, ob eine private Verkehrsfläche als (faktisch) öffentlich anzusehen ist oder nicht. Das entspricht auch der Rechtsprechung des Senats.
3. Der Freispruch der Angeklagten ist nach alledem rechtlich nicht zu beanstanden, so dass die Revision unbegründet ist.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 467 Abs. 1 StPO.