Sitzblockade-Urteil: Gericht bestätigt Verwerflichkeit bei gezielter Verkehrsbehinderung
Bei dem Fall geht es um die juristische Bewertung einer Sitzblockade im Rahmen einer Demonstration gegen den Klimawandel, bei der der Angeklagte und andere Aktivisten eine Hauptverkehrsachse blockierten, um auf politische Missstände aufmerksam zu machen, und die darauffolgende rechtliche Auseinandersetzung, in der das Gericht insbesondere die Verwerflichkeit der Nötigung nach § 240 Abs. 2 StGB im Kontext der Versammlungsfreiheit und der Amtsaufklärungspflicht untersuchte.
Übersicht
- Sitzblockade-Urteil: Gericht bestätigt Verwerflichkeit bei gezielter Verkehrsbehinderung
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- Was versteht man unter der Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB?
- Welche Rolle spielt die Versammlungsfreiheit bei der Bewertung von Sitzblockaden?
- Inwiefern unterscheidet sich die rechtliche Bewertung einer Sitzblockade von anderen Formen des Protests?
- Was sind die möglichen rechtlichen Folgen für Teilnehmer einer als verwerflich eingestuften Sitzblockade?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Blockadeaktionen mit Versammlungscharakter erfordern eine individuelle Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB.
- Die Tatgerichte müssen wesentliche Umstände des Einzelfalls ermitteln und feststellen.
- Eine Revision gegen das Urteil des Landgerichts wurde verworfen; der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
- Die Sitzblockade zielte darauf ab, durch Verkehrshinderung auf klimapolitische Anliegen aufmerksam zu machen.
- Die Gerichte haben festgestellt, dass die Blockade eine erhebliche Verkehrsbeeinträchtigung verursachte, ohne spezifische Vorankündigung.
- Die Verwerflichkeitsprüfung muss die tangierten Rechte, Güter und Interessen abwägen, unter Berücksichtigung der Versammlungsfreiheit.
- Die Beweiswürdigung des Landgerichts und die Strafzumessung waren rechtsfehlerfrei.
- Die erhobene Aufklärungsrüge des Angeklagten ist unzulässig.
- Die Feststellungen zum Tatbeitrag des Angeklagten und die Verwerflichkeitsprüfung sind ausreichend und tragen den Schuldspruch.
Nötigung oder ziviler Ungehorsam?
Sitzblockaden sind eine umstrittene Form des friedlichen Protests gegen politische oder gesellschaftliche Missstände. Die Versammlungsfreiheit als Grundrecht steht dabei in Konflikt mit möglichen Straftatbeständen wie der Nötigung. Gerichte müssen im Einzelfall prüfen, ob die Blockade bloß verwerflich war oder durch höhere Rechtsgüter gerechtfertigt.
Bei solchen Massenprotesten sind verschiedene Rechtsfragen zu klären: Wann ist eine Blockade zulässig und ab wann grenzt sie an Kriminalität? Wie sind die Rechte und Pflichten von Demonstranten und Polizei zu bewerten? Einer sorgfältigen Abwägung der widerstreitenden Interessen kommt besondere Bedeutung zu.
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➜ Der Fall im Detail
Sitzblockaden im Fokus der Justiz: Ein Urteil mit Signalwirkung
Im Herzen Berlins, genauer auf der Kreuzung Y-damm/Z-weg, fand am 11. Februar 2022 eine Sitzblockade statt, die von der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“ initiiert wurde.
Ziel der Aktion war es, durch die Verhinderung des Verkehrsflusses auf die dringliche Notwendigkeit politischer Maßnahmen gegen den Klimawandel aufmerksam zu machen. Die Aktivisten, darunter der Angeklagte, der nicht festgeklebt war, blockierten die Fahrbahn und verursachten einen erheblichen Rückstau. Die Polizei konnte die Blockade erst gegen 7.20 Uhr auflösen, was die rechtliche Auseinandersetzung nach sich zog.
Die gerichtliche Bewertung der Sitzblockade
Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Angeklagten ursprünglich wegen Nötigung zu einer Geldstrafe. Nach Berufung wurde das Urteil vom Landgericht Berlin dahin gehend modifiziert, dass die Tagessatzanzahl reduziert wurde. Die rechtliche Kernfrage drehte sich um die Verwerflichkeit der Nötigung im Kontext einer politisch motivierten Sitzblockade. Dabei stand § 240 Abs. 2 StGB im Zentrum, der eine individuelle Abwägung der Umstände im Einzelfall erfordert. Das Gericht legte dar, dass eine solche Bewertung die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit und das öffentliche Interesse an ungehindertem Verkehr miteinander abwägen muss.
Entscheidende Kriterien im Urteil
Das Gericht betonte, dass die Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB besonders differenziert vorzunehmen ist, wenn eine Aktion mit allgemeinpolitischer Zielsetzung ein kommunikatives Anliegen verfolgt. Es wurde hervorgehoben, dass nicht jede Behinderung des Verkehrs automatisch als verwerflich einzustufen ist. Vielmehr müssen die spezifischen Umstände des Einzelfalles, wie die Dauer der Blockade, die Art der Durchführung und die Intensität der Beeinträchtigung, berücksichtigt werden.
Der Ausgang des Revisionsverfahrens
Die Revision des Angeklagten, die sowohl formelle als auch materielle Rechtsverletzungen rügte, wurde letztlich als unbegründet verworfen. Das Kammergericht Berlin bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen, dass die Sitzblockade unter den gegebenen Umständen als verwerflich im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB anzusehen war. Dabei spielte insbesondere die gezielte und bewusste Beeinträchtigung der Verkehrsteilnehmer eine entscheidende Rolle. Die Kosten des Rechtsmittels wurden dem Angeklagten auferlegt.
Rechtliche Einordnung und Würdigung
Das Urteil zeigt die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit einerseits und dem Recht auf Mobilität und Sicherheit der Allgemeinheit andererseits auf. Es verdeutlicht, dass die Gerichte bestrebt sind, einen gerechten Ausgleich zwischen diesen fundamentalen Rechten herzustellen. Während politisch motivierte Protestaktionen grundsätzlich vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt sind, dürfen sie jedoch nicht in einer Weise durchgeführt werden, die andere übermäßig in ihren Rechten einschränkt.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was versteht man unter der Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB?
Zusammengefasst versteht man unter der Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB folgendes:
- § 240 StGB (Nötigung) stellt einen sogenannten „offenen Tatbestand“ dar. Das bedeutet, dass die Rechtswidrigkeit der Tat nicht schon mit Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestands indiziert ist, sondern zusätzlich positiv festgestellt werden muss.
- Dafür muss geprüft werden, ob die Nötigung „verwerflich“ war. Dies ist der Fall, wenn entweder das eingesetzte Nötigungsmittel, der angestrebte Zweck oder das Verhältnis von Mittel und Zweck zueinander als sozial unerträglich und strafwürdiges Unrecht einzustufen sind.
- Bei der Verwerflichkeitsprüfung ist eine umfassende Abwägung und Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei sind insbesondere die Intensität des ausgeübten Zwangs, die Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter und Interessen sowie die Motive und Ziele des Täters zu berücksichtigen.
- Speziell bei Sitzblockaden im Rahmen von Demonstrationen müssen auch die Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in die Abwägung einbezogen werden. Entscheidend sind dann Faktoren wie die Dauer und Auswirkungen der Blockade, Ausweichmöglichkeiten für Betroffene etc.
- Nicht jede Sitzblockade erfüllt automatisch den Nötigungstatbestand. Andererseits sind aber auch nicht alle Blockaden durch die Versammlungsfreiheit gerechtfertigt und straffrei. Es kommt auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an.
Insgesamt dient die Verwerflichkeitsklausel als notwendiges Korrektiv, um angesichts des sehr weit gefassten Nötigungstatbestands eine angemessene Eingrenzung der Strafbarkeit auf strafwürdige Fälle sicherzustellen.
Welche Rolle spielt die Versammlungsfreiheit bei der Bewertung von Sitzblockaden?
Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG spielt eine zentrale Rolle bei der rechtlichen Bewertung von Sitzblockaden als Form des politischen Protests:
- Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Sitzblockaden grundsätzlich durch die Versammlungsfreiheit geschützt, da sie der kollektiven Meinungskundgabe dienen. Mit einer Sitzblockade geht in der Regel ein kommunikativer Zweck einher, die Teilnehmenden wollen Aufmerksamkeit für ihr Anliegen erreichen.
- Allerdings ist die Versammlungsfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet. Sie findet ihre Grenzen, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, z.B. wenn die Versammlung einen unfriedlichen Verlauf nimmt. Bloßes Sitzen reicht dafür aber nicht aus, es müsste zu aggressivem, gewalttätigem Vorgehen kommen.
- Bei der Frage, ob eine Sitzblockade eine strafbare Nötigung darstellt, muss zwischen dem Interesse der Versammlung an größtmöglicher Aufmerksamkeit und den Interessen der blockierten Personen abgewogen werden. Kriterien sind u.a. die Dauer und Intensität der Aktion, Ausweichmöglichkeiten, der Sachbezug zwischen Blockierten und Protestgegenstand.
- Nicht jede Sitzblockade erfüllt automatisch den Nötigungstatbestand. Eine bloße Sitzblockade ist laut Bundesverfassungsgericht noch keine „Gewalt“ im Sinne des § 240 StGB. Andererseits sind aber auch nicht alle Blockaden durch die Versammlungsfreiheit gerechtfertigt.
- Solange keine Auflösung der Sitzblockade durch die Versammlungsbehörde nach § 15 Versammlungsgesetz erfolgt ist, handelt es sich regelmäßig um eine zulässige Grundrechtsausübung. Eine Auflösung darf nur das letzte Mittel sein.
Insgesamt muss also stets eine Abwägung im Einzelfall erfolgen zwischen dem hohen Gut der Versammlungsfreiheit und den ebenfalls grundrechtlich geschützten Rechtspositionen Dritter. Die Versammlungsfreiheit ermöglicht auch kontroverse, störende Protestformen, findet aber dort ihre Grenzen, wo Rechte anderer unverhältnismäßig beeinträchtigt werden.
Inwiefern unterscheidet sich die rechtliche Bewertung einer Sitzblockade von anderen Formen des Protests?
Die rechtliche Bewertung von Sitzblockaden unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von anderen Protestformen wie Demonstrationen oder Kundgebungen:
- Sitzblockaden greifen unmittelbar in Rechte Dritter ein, indem sie diese an der Fortbewegung hindern. Bei Demonstrationszügen kommt es zwar auch zu Verkehrsbehinderungen, diese sind aber nur mittelbare Folge der Versammlung selbst. Die direkte Beeinträchtigung macht Sitzblockaden rechtlich problematischer.
- Ob eine Sitzblockade eine strafbare Nötigung darstellt, hängt von einer Abwägung im Einzelfall ab. Kriterien sind dabei u.a. die Dauer und Intensität der Aktion, Ausweichmöglichkeiten, der Sachbezug zwischen Blockierten und Protestziel. Bei Demonstrationen stellt sich diese Frage so nicht.
- Andererseits genießen aber auch Sitzblockaden den Schutz der Versammlungsfreiheit, solange sie friedlich bleiben. Das bloße Sitzen reicht nicht aus, um eine Versammlung als „unfriedlich“ einzustufen. Hier besteht kein Unterschied zu anderen Protestformen.
- Die sogenannte „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs, wonach bei Sitzblockaden eine Nötigung durch Gewalt vorliegen kann, wenn ein Fahrzeug durch die Blockade zum Stehen kommt und damit den nachfolgenden Verkehr behindert, gilt spezifisch für diese Protestform.
- Im Gegensatz zu angemeldeten Demonstrationen auf vorgegebener Route besteht bei Sitzblockaden eher die Gefahr, dass Rettungsfahrzeuge behindert werden. Dieser Aspekt kann die rechtliche Bewertung zu Lasten der Blockierenden beeinflussen.
- Letztlich kommt es aber immer auf eine Gesamtabwägung an, bei der die Bedeutung des Anliegens, die Auswirkungen der Aktion und die betroffenen Rechtsgüter gegeneinander abgewogen werden müssen. Pauschale Aussagen verbieten sich daher sowohl bei Sitzblockaden als auch bei Demonstrationen.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Sitzblockaden aufgrund des direkten Eingriffs in Rechte Dritter rechtlich sensibler sind als reine Demonstrationszüge. Dennoch können auch sie durch die Versammlungsfreiheit gerechtfertigt sein. Es bedarf stets einer differenzierten Betrachtung.
Was sind die möglichen rechtlichen Folgen für Teilnehmer einer als verwerflich eingestuften Sitzblockade?
Wenn eine Sitzblockade nach Abwägung aller Umstände als verwerflich im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB eingestuft wird, müssen die Teilnehmer mit folgenden möglichen rechtlichen Konsequenzen rechnen:
- Es liegt dann eine strafbare Nötigung vor. Der Strafrahmen des § 240 Abs. 1 StGB sieht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. In der Praxis werden meist Geldstrafen verhängt, in schwerwiegenderen Fällen aber auch Freiheitsstrafen zur Bewährung.
- Bei der Strafzumessung werden die persönlichen Verhältnisse und Motive der Täter berücksichtigt. Ersttäter und Personen, die aus nachvollziehbaren ideellen Gründen gehandelt haben, kommen tendenziell milder davon als Wiederholungstäter. Dennoch müssen auch Ersttäter mit einer Verurteilung rechnen.
- Neben der Strafe können auch die Kosten des Gerichtsverfahrens und eventuelle Schadensersatzforderungen, z.B. von betroffenen Verkehrsbetrieben, auf die Verurteilten zukommen. Insgesamt kann dies eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen.
- Eine Verurteilung wegen Nötigung führt zu einem Eintrag ins Bundeszentralregister (Vorstrafenregister). Dieser ist für Behörden und teils auch für private Arbeitgeber einsehbar und kann negative Folgen z.B. bei Bewerbungen haben.
- Werden Polizeibeamte bei der Räumung einer Sitzblockade angegriffen oder bedroht, kommt auch eine Strafbarkeit wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB in Betracht, die zusätzlich verfolgt würde.
Insgesamt ist also festzuhalten: Wird die Grenze zur strafbaren, verwerflichen Nötigung überschritten, müssen Teilnehmer einer Sitzblockade mit empfindlichen strafrechtlichen und finanziellen Folgen rechnen. Eine Berufung auf zivilen Ungehorsam schützt dann nicht mehr vor Strafe. Wer sich für diese Form des Protests entscheidet, sollte sich dieser Risiken bewusst sein.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 240 Abs. 2 StGB (Nötigung): Dieser Paragraph ist zentral für den Fall, da er die Verwerflichkeit einer Nötigung und die Kriterien für ihre Bewertung festlegt. Im Kontext von Sitzblockaden wird hier geprüft, unter welchen Umständen eine solche Aktion als rechtswidrig oder eben als gerechtfertigt anzusehen ist, insbesondere im Hinblick auf die Abwägung zwischen dem Protestanliegen und den Rechten Dritter.
- Artikel 8 GG (Versammlungsfreiheit): Dieser Artikel des Grundgesetzes schützt die Freiheit, Versammlungen und Demonstrationen abzuhalten. Er ist besonders relevant, da Sitzblockaden oft im Rahmen von Versammlungen stattfinden, die politische Anliegen kommunizieren sollen. Die Abwägung zwischen Versammlungsfreiheit und der Freiheit der Verkehrsteilnehmer ist ein kritischer Punkt in der juristischen Bewertung.
- § 244 Abs. 2 StPO (Amtsaufklärungspflicht): Diese Vorschrift verpflichtet das Gericht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Im vorliegenden Fall wird die Erfüllung dieser Pflicht diskutiert, insbesondere im Hinblick darauf, ob alle relevanten Umstände zur Beurteilung der Verwerflichkeit der Tat hinreichend aufgeklärt wurden.
- § 333 StPO (Revisionsrecht): Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit der Revision gegen Urteile, was für den Angeklagten eine wichtige rechtliche Handhabe darstellt, um das Urteil der Vorinstanz überprüfen zu lassen. Im vorliegenden Fall wurde die Revision als unbegründet verworfen, was die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung und Begründung solcher Rechtsmittel unterstreicht.
- § 25 Abs. 2 StGB (Mittäterschaft): Im Kontext der Sitzblockade ist die Mittäterschaft von Bedeutung, da der Angeklagte zusammen mit anderen die Tat begangen hat. Die Bewertung, inwieweit einzelne Teilnehmer als Mittäter angesehen werden können, spielt für das Urteil eine entscheidende Rolle.
- Art. 20a GG (Staatsziel Umweltschutz): Obwohl in diesem spezifischen Fall nicht direkt angesprochen, bildet das Staatsziel des Umweltschutzes einen wichtigen Hintergrund für viele Sitzblockaden, die auf die Notwendigkeit politischer Maßnahmen gegen den Klimawandel hinweisen wollen. Dieser Artikel kann in der Abwägung der Interessen und der Bewertung der Verwerflichkeit von Protestaktionen eine Rolle spielen.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 3 ORs 69/23 – 161 Ss 157/23 – Beschluss vom 31.01.2024
Leitsatz
1. Bei Blockadeaktionen mit Versammlungscharakter hat die Abwägung im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB im Einzelfall zu erfolgen, so dass die in der Vergangenheit durch die Rechtsprechung verschiedentlich erfolgte Zusammenstellung einzelner Abwägungskriterien (BVerfG: „wichtige Abwägungselemente“; Senat: „erörterungsbedürftige Aspekte“ und „zu beachtende Gesichtspunkte“) als Orientierung und Leitlinie zu verstehen ist und keine in jeder Konstellation zwingende oder abschließende Aufzählung darstellen kann.
2. Die Tatgerichte sind im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht gehalten, die zur Durchführung der Abwägung in dem konkreten Einzelfall wesentlichen Umstände und Beziehungen zu erfassen und festzustellen, wobei hinsichtlich des Umfangs dieser Amtsaufklärungspflicht die allgemeinen Grundsätze gelten.
3. Wird ein Aufklärungsmangel aus dem Inhalt einer in der Akte befindlichen Strafanzeige, einer zeugenschaftlichen Äußerung oder einem erstinstanzlichen Hauptverhandlungsprotokoll über die Vernehmung eines Zeugen hergeleitet, bedarf es regelmäßig deren bzw. dessen (vollständiger) inhaltlicher Wiedergabe.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Juli 2023 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten mit Urteil vom 19. Januar 2023 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit dem Ziel des Freispruchs form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 7. Juli 2023 hat die 61. kleine Strafkammer des Landgerichts Berlin das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass es die Anzahl der Tagessätze auf 20 reduziert hat.
Zur Sache hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
„Am Freitag, den 11. Februar 2022, gegen 7.00 Uhr beteiligte sich der Angeklagte auf der Kreuzung Y-damm/Z-weg in 13627 Berlin an einer Straßenblockade der Gruppierung „Aufstand der letzten Generation“, bei der er und weitere Personen sich aufgrund eines zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans auf die Fahrbahn setzten. Einzelne Aktivisten klebten sich auf die Fahrbahn des Y-damms, einer stark befahrenen Hauptverkehrsachse, während der Angeklagte selbst nicht angeklebt war. Die Täter handelten, um mindestens die auf dem Y-damm in Richtung Spandau vor ihnen befindlichen Fahrzeuge, die keine Ausweichmöglichkeit mehr hatten, bis zur Beendigung der Räumung der Blockade durch Polizeivollzugsbeamte an der Fortsetzung ihrer Fahrt zu hindern und dadurch erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit für die aus ihrer Sicht unzureichenden politischen Maßnahmen gegen ein Fortschreiten des Klimawandels zu erzielen. Wie von ihm und seinen Mittätern beabsichtigt, kam es aufgrund der Blockade, welche die gesamte Breite der stadtauswärts führenden Fahrbahnen des Y-damms einnahm und dazu führte, dass zwischen 7.00 Uhr und 7.20 Uhr kein Fahrzeug die Kreuzung Y-damm/Z-weg passieren konnte, bis zur Räumung zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen in Form eines Rückstaus zahlreicher Fahrzeuge. Insbesondere war es sämtlichen Fahrzeugen, die auf dem Y-damm vor der blockierten Kreuzung standen und keine Möglichkeit mehr zum Abbiegen hatten, nicht möglich, die Blockade zu umfahren. Dabei handelte es sich um mindestens 50 Fahrzeuge. Die Blockade war von den Tätern nicht konkret angekündigt worden. Lediglich allgemein waren in Berlin Blockadeaktionen angedroht worden. Die Fahrbahn konnte von der Polizei gegen 7.20 Uhr nach Entfernung sämtlicher Aktivisten von der Fahrbahn durch die Polizei wieder freigegeben werden.“
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Im Rahmen der Sachrüge beanstandet er, die tatsächlichen Feststellungen seien mit Blick auf die obergerichtliche Rechtsprechung lückenhaft und trügen den erfolgten Schuldspruch nicht. Ferner habe das Landgericht seine Pflicht zur Amtsaufklärung nach § 244 Abs. 2 StPO verletzt, indem es einer dahingehenden Anregung seines Verteidigers, weitere Polizeizeugen zu vernehmen, nicht gefolgt sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat mit ihrer Zuschrift vom 11. Oktober 2023 beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Die Gegenerklärung des Verteidigers vom 1. November 2023 lag dem Senat vor.
II.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der statthaften (§ 333 StPO) sowie form- und fristgerecht eingelegten und begründeten (§§ 341, 344, 345 StPO) Revision ist im Hinblick auf die erhobene Sachrüge (1.) unbegründet. Die erhobene Aufklärungsrüge (2.) ist bereits unzulässig.
1. Die Sachrüge des Angeklagten deckt keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf, der die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gebietet.
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch (a)) und werden durch die Beweiswürdigung belegt (b)). Auch die Strafzumessung ist rechtsfehlerfrei (c)).
a) Der durch das Landgericht festgestellte Sachverhalt trägt die Verurteilung wegen Nötigung nach § 240 StGB sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht. Durch die von dem Angeklagten mit seinen Mittätern – einem zuvor gefassten gemeinsamen Tatplan folgend – in arbeitsteiliger Vorgehensweise teils durch Festkleben errichtete Straßensitzblockade hat er gemeinsam mit den Mittätern den hinter der Kreuzung Y-damm/Z-weg in Fahrtrichtung Berlin-Spandau aus mindestens 50 Fahrzeugen bestehenden morgendlichen Berufsverkehr gezielt und zur Erregung von Aufmerksamkeit für ihr klimapolitisches Anliegen für einen nicht unwesentlichen Zeitraum über die gesamte Breite der vorhandenen Fahrbahnen blockiert und daran gehindert, die Straße in bestimmungsgemäßer Weise als Verkehrsweg zu befahren.
Dass die Urteilsfeststellungen den Tatbeitrag des Angeklagten nicht in allen denkbaren Details enthalten, ist unschädlich, da die maßgeblichen objektiven und subjektiven Umstände der Tat und die Beteiligung des Angeklagten an dieser ausreichend konkret dargestellt werden. Die von der Revision vermissten Feststellungen u. a. in Bezug auf den (offenbar minutengenau geforderten) Zeitpunkt, zu welchem der Angeklagte sich auf der Straße niederließ und der Zeitraum, für welchen er dort saß, sind für die Einordnung der Tat als mittäterschaftliche Nötigung, bei der sich der Angeklagte die dem gemeinsamen Tatplan entsprechenden Tatbeiträge der anderen und den gemeinsam herbeigeführten Nötigungserfolg nach § 25 Abs. 2 StGB zurechnen lassen muss, nicht relevant. Der Vortrag der Revision, dass die Beteiligung des Angeklagten an der Blockade nur während eine Ampelrotphase stattgefunden haben könnte, in der die Fahrzeuge ohnehin verkehrsbedingt hätten halten müssen, ist urteilsfremd und entspricht auch nicht der in den Urteilsgründen wiedergegebenen Einlassung des Angeklagten.
aa) Soweit der Angeklagte beanstandet, die tatsächlichen Feststellungen seien mit Blick auf die obergerichtliche Rechtsprechung lückenhaft, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Insbesondere hat das Landgericht die für die Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB erforderlichen Feststellungen getroffen.
(a) Das Bundesverfassungsgericht hat für Blockadeaktionen, bei denen – wie vorliegend – mit allgemeinpolitischer Zielsetzung ein kommunikatives Anliegen verfolgt wird, zum Schutz der in Artikel 8 GG verbürgten Versammlungsfreiheit vor übermäßiger Sanktionierung für die Auslegung und Anwendung der Verwerflichkeitsklausel nach § 240 Abs. 2 StGB besondere Anforderungen aufgestellt (BVerfG, Beschlüsse vom 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90 – und vom 7. März 2011 – 1 BvR 388/05 –; beide juris). Im Rahmen dieser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Zweck-Mittel-Relation hat eine Abwägung der tangierten Rechte, Güter und Interessen nach ihrem Gewicht in der sie betreffenden Situation zu erfolgen, bei der insbesondere die Art und das Maß der Auswirkungen auf betroffene Dritte und deren Grundrechte zu berücksichtigen sind (BVerfG, Beschlüsse vom 24. Oktober 2001 und vom 7. März 2011, a.a.O.). Diese Abwägung hat naturgemäß im Einzelfall zu erfolgen, so dass die in der Vergangenheit durch die Rechtsprechung verschiedentlich erfolgte Zusammenstellung einzelner Abwägungskriterien (BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001, a.a.O: „wichtige Abwägungselemente“; Senat, Beschluss vom 5. Mai 2023 – 3 ORs 12/23 –: „erörterungsbedürftige Aspekte“ und Beschluss vom 16. August 2023 – 3 ORs 46/23 –: „zu beachtende Gesichtspunkte“) als Orientierung und Leitlinie zu verstehen ist und keine in jeder Konstellation zwingende oder abschließende Aufzählung darstellen kann. Entsprechend sind die Tatgerichte im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht gehalten, die zur Durchführung der Abwägung in dem konkreten Einzelfall wesentlichen Umstände und Beziehungen zu erfassen und festzustellen. Hinsichtlich des Umfangs dieser Amtsaufklärungspflicht gelten die allgemeinen Grundsätze, so dass insoweit eine „verständige Würdigung der Sachlage“ maßgeblich ist (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 66. Aufl., § 244 Rn. 12 m.w.N.).
(b) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht ausreichende Feststellungen getroffen, die durch die Darstellung sowohl des mit der durchgeführten Blockadeaktion verfolgten kommunikativen Anliegens als auch der hierdurch verursachten konkreten Auswirkungen und weiteren demonstrationsspezifischen Umstände erkennen lassen, dass sich das Gericht ihrer Grundrechtsrelevanz für die später im Rahmen der rechtlichen Würdigung erfolgenden Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB bewusst war. Dabei hat das Tatgericht die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände festgestellt.
Erörterungsbedürftig sind im Hinblick auf das Revisionsvorbringen nur folgende Aspekte:
(1) Soweit der Revisionsführer beanstandet, dass das Landgericht keine Feststellungen „zur Dringlichkeit der blockierten Transporte“ getroffen hat, vermag der Senat hierin keinen Rechtsfehler zu erkennen.
Feststellungen solcher Art sind (selbstverständlich) nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall hierzu Anlass gibt. Während der vom Revisionsführer zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Sachverhalt zugrunde lag, bei dem der Beschwerdeführer und seine Mitangeklagten eine zu einem Luftwaffenstützpunkt der US-amerikanischen Streitkräfte führende Straße blockiert hatten (BVerfG, Beschluss vom 7. März 2011, a.a.O.), enthält das vorliegende Urteil keinerlei Hinweise darauf, dass es durch die verfahrensgegenständliche Blockadeaktion zu einem über die Behinderung allgemeiner Verkehrsteilnehmer hinausgehenden Nötigungserfolg durch die Behinderung von Transporten ausgewiesener Dringlichkeit, Rettungsdiensten oder sonstigen Einsatzfahrzeugen gekommen ist.
(2) Die Feststellungen sind auch nicht deshalb zu beanstanden, weil sie keine Ausführungen zur Auflösung der Versammlung und dem „sonstigen Verhalten der Polizeibeamten mit Blick auf die Versammlungsfreiheit“ enthalten. Auch hier legen die Urteilsfeststellungen entsprechende Ausführungen nicht nahe.
Für die spätere Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB drängen sich Feststellungen zur Auflösung einer Versammlung im Kontext von Blockadeaktionen insbesondere dann auf, wenn eine Versammlung auch nach deren versammlungsrechtlicher Auflösung (in Berlin gemäß § 14 VersFG BE) fortgesetzt wurde und das einem Angeklagten vorgeworfene Verhalten im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Auflösung steht oder erst danach erfolgte. Da mit der rechtmäßigen Auflösung einer Versammlung – ebenso wie bei kollektiver Unfriedlichkeit – das Grundrecht aus Art. 8 GG unanwendbar wird (BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001, a.a.O., und Urteil vom 11. November 1986 – 1 BvR 713/83 –, juris), kann sich die Frage der Eröffnung des Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB für die dortige Abwägung stellen. Wenn hingegen – wie hier – das dem Angeklagten zur Last gelegte Verhalten zeitlich vor einer späteren Räumung des Blockadeortes und/oder der Auflösung der Versammlung lag, drängen sich entsprechende Feststellungen nicht oder nur im – hier nicht vorliegenden – Einzelfall auf. Ungeachtet dessen wäre der Angeklagte durch das Fehlen solcher Feststellungen nicht in revisibler Weise beschwert. Dass das von dem Verteidiger in den Urteilsfeststellungen vermisste „sonstige Verhalten der Polizeibeamten mit Blick auf die Versammlungsfreiheit“ von Relevanz für die in Rede stehende Verwerflichkeitsprüfung sein könnte, ist weder näher ausgeführt noch sonst ersichtlich.
(3) Schließlich vermag der Senat auch die verteidigerseits aufgeworfene Unzulänglichkeit der Feststellungen zu etwaigen Ausweich- und Umfahrungsmöglichkeiten nicht zu erkennen.
Dies gilt zunächst mit Blick auf den eingetretenen Nötigungserfolg. Insoweit ist erforderlich aber auch ausreichend, dass – wie hier – ein Wirkungszusammenhang zwischen der Nötigungshandlung, der hierdurch verursachten Freiheitseinschränkung einer (oder mehrerer) Person(en) und einem Verhalten dieser Person(en), welches sich in ihrem Bewusstsein gerade durch die Einschränkung der Entscheidungsfreiheit bestimmt darstellt, vorliegt (Fischer, StGB 71. Aufl., § 240 Rn. 4). Da die Urteilsgründe eine Einheit bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2020 – KRB 99/19 –; Senat, Beschluss vom 29. April 2022 – (3) 161 Ss 51/22 (15/22) –; beide juris m.w.N.), ist neben der zur Sache ausgewiesenen Feststellung (unter II. 2.; UA S. 3f.), dass „zwischen 7.00 Uhr und 7.20 Uhr kein Fahrzeug die Kreuzung Y-damm/Z-weg passieren konnte“ und dass „es sämtlichen Fahrzeugen, die auf dem Y-damm vor der blockierten Kreuzung standen und keine Möglichkeit mehr zum Abbiegen hatten, nicht möglich [war], die Blockade zu umfahren“, auch folgende im Rahmen der Beweiswürdigung erfolgte Darstellung der Angaben des Zeugen H zu berücksichtigen (unter III.; UA S. 4): „Der Zeuge H hat berichtet, […] Aufgrund der baulichen Gegebenheiten hätte es für diese [die Fahrzeuge] keine Möglichkeit gegeben, die Blockade zu umfahren, da auf der einen Seite der Straße der Gehweg sei und auf der anderen Seite eine begrünte Mittelinsel, die mit einem Bordstein von der Straße abgesetzt sei und nicht überfahren werden dürfte.[…]“ Die Zusammenschau dieser Urteilsausführungen lässt keinen Zweifel daran, dass tatsächlich keiner der durch die Blockade an der Weiterfahrt gehinderten Verkehrsteilnehmer diese über die Kreuzung selbst, den Mittelstreifen oder den Gehweg umfahren hat. Vor diesem Hintergrund ist gegen die vom Revisionsführer beanstandete landgerichtliche Bewertung des Umfangs der Blockade als „total“ nichts zu erinnern.
Entgegen der Auffassung des Revisionsführers hätte das Landgericht auch keine weiteren Feststellungen zu einer nur theoretischen Umfahrungsmöglichkeit der Blockade über den Gehweg oder die mit einem Bordstein von der Straße abgesetzte begrünte Mittelinsel treffen müssen. Insoweit ist es zwar grundsätzlich denkbar, dass in einer konkreten Fallgestaltung Feststellungen zu (nicht ausgeschlossen auch hypothetischen) Ausweichmöglichkeiten für die spätere Verwerflichkeitsprüfung nach § 240 Abs. 2 StGB erforderlich erscheinen können. Soweit das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 11. November 1986 (a.a.O.) im dortigen Fall die fehlende Auseinandersetzung des Gerichts mit den „Ausweichmöglichkeiten“ im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung beanstandet hat, lag den Ausführungen jedoch eine grundlegend andere Konstellation als hier zugrunde: Die Beschwerdeführer hatten sich auf der Zufahrtsstraße zu einer Kaserne einige Meter vor dem Haupteingang niedergelassen und angekettet, woraufhin der Kommandeur der Kaserne den Verkehr nach erfolgloser Aufforderung zur Räumung durch ein Seitentor umleiten ließ. Es ging dort also um tatsächlich vorhandene und von den Verkehrsteilnehmern genutzte – und nicht, wie es der Revisionsführer darstellt um theoretische – Ausweichmöglichkeiten. Entsprechend wäre im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung eine Auseinandersetzung des Gerichts mit den näheren Umständen der Aktion, u. a. mit den „Ausweichmöglichkeiten über andere Zufahrten und demgemäß lediglich Bewirken eines Zwanges zum Umweg“, erforderlich gewesen (BVerfG, Urteil vom 11. November 1986, a.a.O.). Die tatsächliche Nutzung alternativer Verkehrsrouten hat dort – anders als hier – dazu geführt, dass sich der Nötigungserfolg von deutlich geringerer Eingriffsintensität für die blockierten Verkehrsteilnehmer darstellt, was selbstverständlich von Relevanz für die spätere Abwägung gewesen wäre. Vorliegend waren ausweislich der Feststellungen tatsächlich keine derartigen Ausweich- und Umfahrungsmöglichkeiten vorhanden. Die Freiheitsbeschränkung der blockierten Fahrzeugführer reduzierte sich daher nicht nur auf die ungewollte Inkaufnahme eines Umweges. Auch bei wertender Betrachtung würde die Intensität des Eingriffs in die Grundrechte der blockierten Verkehrsteilnehmer nicht dadurch geschmälert, dass sie sich der Blockade theoretisch durch die Überfahrung von nicht dem Straßenverkehr gewidmeten Verkehrsflächen hätten entziehen können. Es ist den im Rückstau befindlichen Verkehrsteilnehmern nicht zuzumuten, sich der Blockade und dem hiermit einhergehenden Grundrechtseingriff durch ein ordnungswidriges Überfahren von Gehweg oder Mittelinsel zu entziehen. Deshalb erübrigen sich auch weitere Feststellungen dazu, ob eine solche Ausweichmöglichkeit angesichts der konkreten baulichen Gegebenheiten (Höhe des Bordsteins etc.) theoretisch überhaupt denkbar gewesen wäre.
bb) Rechtfertigungsgründe nimmt der Revisionsführer für seine Tat nicht in Anspruch und sie sind auch nicht ersichtlich.
cc) Auch die durch die Strafkammer erfolgte Feststellung der Verwerflichkeit nach § 240 Abs. 2 StGB – die bei dem „offenen“ Tatbestand der Nötigung mit der Erfüllung des Tatbestands nicht indiziert ist, sondern besonderer Prüfung und Feststellung bedarf (vgl. dazu grundlegend BVerfG, Urteil vom 11. November 1986, a.a.O. und m.w.N.; Altvater/Coen in LK-StPO, 13. Aufl, § 240 Rn. 118) – weist keine Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat die Tat als Ergebnis einer ausführlichen Abwägung, die den oben ((unter II. a) aa) (a)) dargestellten besonderen Anforderungen gerecht wird, als verwerflich im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB bewertet. Auf der Grundlage der in tatsächlicher Hinsicht festgestellten maßgeblichen Umstände hat das Gericht die im vorliegenden Fall widerstreitenden Grundrechte in ihrer Bedeutung und Tragweite erkannt und nach umfänglicher Abwägung rechtsfehlerfrei zu Lasten des Angeklagten gewichtet.
Zutreffend hat das Landgericht für den Angeklagten den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit zunächst als eröffnet angesehen (vgl. dazu in Bezug auf Blockadeaktionen grundlegend BVerfG, Urteil vom 11. November 1986, a.a.O.) und deren Reichweite auch rechtsfehlerfrei skizziert. Gleiches gilt in Bezug auf die subjektivrechtlichen Weiterungen des Art. 20a GG (Staatsziel Umweltschutz). Sodann hat die Strafkammer das Nötigungsmittel der „gewaltsamen gezielten Blockade der Verkehrsteilnehmer“ mit dem Ziel der Versammlung („öffentlich-mediale Aufmerksamkeit erlangen“) in Relation gesetzt und im Detail abgewogen, wobei es sich einer inhaltlichen Bewertung des von dem Angeklagten verfolgten politischen Anliegens („Klimaschutz“) enthalten hat. Auf der einen Seite hat die Strafkammer zunächst die nicht unerhebliche Dauer der Blockade und die damit verbundene „länger andauernde Freiheitseinschränkung“ der blockierten Verkehrsteilnehmer in den Blick genommen. Auch, dass Ort und Zeit der konkreten Blockade vom Angeklagten und seinen Mittätern zuvor nicht mitgeteilt worden waren, hat die Strafkammer in ihre Grundrechtsabwägung eingestellt. Weiter weist das Urteil rechtsfehlerfrei (vgl. dazu auch oben unter II. a) aa) (b) (3)) darauf hin, dass die Geschädigten, standen sie einmal im Stau, keine Ausweichmöglichkeit hatten, weshalb die Blockade für sie „total“ gewesen sei. Andererseits stellt die Strafkammer in ihre Abwägung auch Erwägungen zum „Sachbezug der Blockade“ ein, wobei sie in Bezug auf den anthropogenen Klimawandel zwar einen „gewissen sachlichen Zusammenhang“ anerkennt, diesen aber als „eher allgemein“ und „schwach ausgeprägt“ einordnet, weil sich die Proteste nicht konkret gegen die „Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen“, sondern „global gegen den Klimawandel und für weitreichende Klimaschutzmaßnahmen“ gerichtet hätten. Schließlich hebt die Strafkammer hervor, dass der Eingriff in die Rechte der blockierten Verkehrsteilnehmer nicht nur Nebenwirkung einer erlaubten Meinungskundgabe gewesen sei, sondern dass diese gerade „gezielt und absichtsvoll“ dem Willen der Versammlungsteilnehmer ausgeliefert worden seien.
b) Die Beweiswürdigung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
aa) Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO), dem allein es obliegt, sich unter dem Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht kann demgegenüber nur prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 12. August 2021 – 3 StR 441/20 – und vom 13. Oktober 2020 – 3 StR 322/20 –; Senat, Urteil vom 18. Januar 2022 – (3) 121 Ss 138/21 (59 – 60/21) –; alle juris und m.w.N.). Liegt ein solcher Rechtsfehler nicht vor, ist die vom Tatgericht vorgenommene Würdigung hinzunehmen, auch wenn ein anderes Ergebnis ebenso möglich gewesen wäre oder gar näher gelegen hätte (BGH, Beschlüsse vom 12. August 2021 – 3 StR 441/20 – und vom 13. Oktober 2020, a.a.O.)
bb) Hieran gemessen bedürfen lediglich folgende von der Revision aufgeworfene Gesichtspunkte der Erörterung:
(a) Gegen die vom Landgericht vorgenommene Darstellung der Einlassung des Revisionsführers ist nichts zu erinnern. Sie lautet wie folgt:
„Der Angeklagte hat zugegeben, sich am 11. Februar 2022 an der Blockade beteiligt zu haben und unangeklebt auf der Straße gesessen zu haben. Er habe sich aufgrund der fortschreitenden Umweltzerstörung gezwungen gesehen, mit jungen Leuten auf die Straße zu gehen und den Verkehr zu blockieren, um damit Aufmerksamkeit auf die dringliche Situation im Klimaschutz und das Versagen der Regierung zu lenken.“
Entgegen der Revision – die den ersten Satz der Darstellung in sinnverkürzender Weise auf „ein Zugeben der Beteiligung an der Blockade“ reduziert – ist eine vollständige Wiedergabe der in der Hauptverhandlung erfolgten mündlichen Einlassung des Angeklagten regelmäßig weder möglich noch zweckdienlich oder erstrebenswert. Erforderlich aber auch ausreichend ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Urteilsgründe eine geschlossene und zusammenhängende Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten enthalten, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sich der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewendet hat (BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 2020 – 2 StR 416/19 – und vom 30. Dezember 2014 – 2 StR 403/14 –; beide juris). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Darstellung vollumfänglich gerecht.
(b) Es ist auch nicht zu besorgen, dass die Strafkammer im Rahmen ihrer rechtlichen Ausführungen (unter IV., UA S. 4-9) zu der nach § 240 Abs. 2 StGB erfolgten Verwerflichkeitsprüfung durch die Wiedergabe von Literaturmeinungen und in der Rechtsprechung vertretenen Auffassungen nebst Fundstellenangabe Lücken in den Feststellungen zu Motiven, Zwecken und Zielen des Angeklagten zu schließen gesucht hätte. Insoweit ist der Revisionsführer auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 11. Oktober 2023 zu verweisen. Soweit sich die in den rechtlichen Ausführungen enthaltenen Darstellungen von subjektiven Tatumständen nicht bereits aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen lassen, handelt es sich jedenfalls um naheliegende, tatsachengestützte Schlussfolgerungen aus den Urteilsfeststellungen zur konkreten Ausgestaltung der Blockade im Hinblick auf Tag, Zeit und Ort in Zusammenschau mit der zuvor dargestellten Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung. Die Angabe von Fundstellennachweisen erfolgte in diesem Zusammenhang ersichtlich zum Zwecke der Einhaltung üblicher Zitierregeln. Durch die Mitteilung der in einer Fundstelle vertretenen Auffassung hat das Gericht sich die dort vorgenommene Bewertung in Ansehung der eigenen Tatfeststellungen jeweils zu Eigen gemacht und in seine einzelfallbezogene Abwägung eingestellt.
(c) Die – wie oben unter II. 1. a) dargestellt – ausreichenden Urteilsfeststellungen zum Tatbeitrag des Angeklagten in Bezug auf Inhalt und Umfang seiner Betätigung beruhen auf einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung, die sich insbesondere nicht als lückenhaft darstellt. Insoweit ergibt sich aus der Zusammenschau der Urteilsgründe, dass die Strafkammer die oben (unter II. 1. (b) bb) (a)) dargestellte Einlassung des Angeklagten in nachvollziehbarer Weise vor dem Hintergrund des im Raum stehenden Tatvorwurfes gewürdigt und als geständig im Hinblick auf die im Übrigen festgestellten objektiven Tatumstände zu Zeit, Ort, Umfang und Ablauf der Blockade gewertet hat. Dass der Angeklagte sich in unzutreffender Weise falsch belastet, hat sie durch Inaugenscheinnahme eines ihn am Tatort zeigenden Fotos ausgeschlossen.
c) Schließlich ist auch gegen die im Urteil erfolgte Strafzumessung nichts zu erinnern.
2. Die vom Angeklagten erhobene Aufklärungsrüge erweist sich als unzulässig.
a) Für eine zulässige Verfahrensrüge müssen die den Mangel begründenden Tatsachen so genau bezeichnet und vollständig angegeben werden, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Begründungsschrift ohne Rückgriff auf die Akte erschöpfend prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen – ihre Erweisbarkeit vorausgesetzt – zutreffen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. September 2020 – 5 StR 123/20 – und vom 12. März 2013 – 2 StR 34/13 –; beide juris und m.w.N.; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 344 Rn. 21). Die zulässige Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO erfordert, dass der Revisionsführer eine bestimmte Beweistatsache, deren Aufklärung das Gericht unterlassen hat, und die Erkenntnisquellen, derer sich das Gericht hätte bedienen sollen, benennt. Ferner muss er darlegen, welche Umstände das Gericht zu der unterbliebenen Beweiserhebung hätten drängen müssen und welches Ergebnis von dieser zu erwarten gewesen wäre (st. Rspr., BGH Urteil vom 15. September 1998 – 5 StR 145/98 –; Senat, Beschluss vom 3. August 2021 – (3) 121 Ss 60/21 (32/21); beide juris und m.w.N.). Denn das Gericht hat Beweise nur dann von Amts wegen zu erheben, wenn ihm aus den Akten oder aus dem Stoff der Verhandlung noch Umstände oder Möglichkeiten bekannt oder erkennbar sind, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten Überzeugung wecken müssen (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2017 – 4 StR 355/16 –, juris und m.w.N.). Wird ein Aufklärungsmangel aus dem Inhalt früherer, im Ermittlungsverfahren erfolgter Zeugenvernehmungen hergeleitet, bedarf es regelmäßig deren (vollständiger) inhaltlicher Wiedergabe (BGH, Urteile vom 11. September 2003 – 4 StR 139/03 – und vom 15. September 1998 – 5 StR 145/98 –, beide juris; Cirener, NStZ-RR 2008, 1ff. m.w.N.) Nichts anderes kann gelten, wenn sich die Aufklärungspflicht – wie vorliegend – aus dem Inhalt einer in der Akte befindlichen Strafanzeige, einer zeugenschaftlichen Äußerung oder einem erstinstanzlichen Hauptverhandlungsprotokoll über die Vernehmung eines Zeugen ergeben soll. Nur so wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, allein anhand der Revisionsbegründungsschrift zu prüfen, ob sich dem Tatgericht die vom Revisionsführer vermisste Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Die vollständige Mitteilung des Inhalts solcher Dokumente ist jedenfalls dann unerlässlich, wenn der Kontext, in dem eine nach dem Revisionsvorbringen relevante Angabe niedergelegt wurde und die Zusammenschau mit weiteren in diesem Zusammenhang niedergelegten Angaben für die Frage des Verstoßes gegen die richterliche Aufklärungspflicht von Bedeutung sein kann.
Aus dem Grundsatz vollständigen Vortrages folgt schließlich, dass für eine zulässige Verfahrensrüge ferner die Angabe rügevernichtender Umstände erforderlich sein kann, die dem Erfolg der Rüge (möglicherweise) entgegenstehen (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 244 Rn. 24a; Herb, NStZ-RR 2023, 33ff.).
b) Diesen Anforderungen wird die Revision nicht gerecht. Das Revisionsgericht vermag anhand des Revisionsvorbringens nicht zu beurteilen, ob die vom Revisionsführer gerügte Verletzung der Aufklärungspflicht durch die nicht erfolgte Vernehmung der Zeugen POM E und PM V vorliegt, weil der Revisionsführer dem Senat nicht den gesamten für die Rüge relevanten Verfahrensstoff dargelegt hat.
Zunächst teilt der Revisionsführer die zeugenschaftlichen Bekundungen, aus denen er den Verfahrensfehler herleitet, nur durch auszugsweise Wiedergabe einzelner Sätze und isolierter Passagen der genannten Aktenbestandteile mit. Nach den dargelegten Maßstäben konnte auf die Mitteilung des vollständigen Inhalts dieser Dokumente vorliegend jedoch nicht verzichtet werden, denn die mitgeteilten Passagen sind nicht in einer Weise aussagekräftig und eindeutig, dass sie die Behauptung der Revision, die Blockade sei kurz nach dem Eintreffen der Beamten PM V und POK H und der Verbringung einzelner in der Straßenmitte befindlicher Versammlungsteilnehmer vor 7.20 Uhr zumindest teilweise aufgelöst worden, aus sich heraus trügen. Die Revision teilt selbst zutreffend mit, dass POM E nach Aktenlage erst um 7.30 Uhr – also zehn Minuten nach der vom Landgericht festgestellten Auflösung der Blockade – vor Ort gewesen sei, und deshalb keine eigenen Wahrnehmungen zum Tatgeschehen gemacht habe. Soweit sie dann darauf abstellt, dass POM E jedoch „tatnah“ aufgeschrieben habe, was die anderen Kollegen, „hier wohl vor allem PM V als Besetzung des EWA 21/01“ ihm mitgeteilt hätten, verhilft dies der Rüge nicht zum Erfolg. Denn bereits der Umstand, dass die Verteidigung dem Gericht die von ihr gewünschte Deutung der mitgeteilten Aktenausschnitte zu erläutern sucht („Hierdurch wird deutlich, dass der Zeuge POM E – tatnah – niedergeschrieben hat, dass die anderen Kollegen, hier wohl vor allem PM V als Besatzung des EWA 21 (Bl. 32 d.A.), ihm mitgeteilt haben, […]“… und „Diese aktenkundige Äußerung legt es zumindest nahe, dass […]“), zeigt, dass die mitgeteilten Angaben auslegungsfähig und -bedürftig sind und deshalb auch der Kontext, in dem sie niedergelegt wurden, von Bedeutung ist und im Rahmen der Verfahrensrüge mitzuteilen gewesen wäre. Als noch gravierender erweist sich jedoch, dass die Revision zur Begründung ihrer Rüge die Strafanzeige des POM E in Teilauszügen zitiert, dabei jedoch folgenden Passus verschweigt: „Beim Eintreffen des EWA 21/01 um 7.20 Uhr konnten die eingesetzten Beamten beobachten, wie […]“ (Bl. 8 d. A.). Die Zusammenschau des Revisionsvortrages mit dieser nicht mitgeteilten Zeitangabe offenbart, dass auch PM V – anders als der Revisionsvortrag dies nahelegt – kein unmittelbarer Zeuge des im angegriffenen Urteil festgestellten Blockadegeschehens zwischen 7 Uhr bis 7.20 Uhr war, so dass von seiner Vernehmung mitnichten der Nachweis der Behauptung, die Blockade sei zumindest teilweise bereits 10-15 Minuten nach ihrem Beginn aufgelöst worden, zu erwarten war: Der Zeuge PM V traf nach Aktenlage offenbar selbst erst zum Ende der Blockade um 7.20 Uhr am Tatort ein. Als unmittelbarer Tatzeuge und somit zur Bestätigung des vom Revisionsführer behaupteten alternativen Tathergangs kommt er mithin ebenfalls nicht in Betracht. Da dieser Passus potentiell geeignet ist, die Aussagekraft der von der Revision mitgeteilten Textpassagen zu verringern, war seine Mitteilung für die umfassende und erschöpfende Prüfung der Verletzung der Aufklärungspflicht unerlässlich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.