LG Berlin – Az.: 538 Qs 22/18 – Beschluss vom 01.03.2018
Die Beschwerde des Angeschuldigten vom 01.03.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 12.12.2017 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist angeklagt, am 28.05.2017 gegen 19:30 Uhr mit seinem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen B – …, die … in … Berlin befahren zu haben. Nachdem der Angeschuldigte sein Fahrzeug aufgrund der in gleicher Richtung auf dem gleichen Fahrstreifen neben ihm auf ihren Fahrrädern fahrenden Zeugen K und P wegen einer Fahrbahnverengung abbremsen musste, überholte er die Zeugen mit seinem Pkw, setzte sich neben diese und fuhr über eine Strecke von ca. 250 m dicht links neben diesen her und versuchte sie gegen die dort parkenden Pkws zu drängen.
Der Angeschuldigte nahm dabei zumindest billigend in Kauf, die Zeugen K und P durch eine Kollision entweder mit dem Pkw des Angeschuldigten oder mit den parkenden Autos schwer zu verletzen (Vergehen, strafbar nach § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB).
Das Amtsgericht hat dringende Gründe für die Annahme gesehen, dass dem Angeschuldigten die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen wegen Ungeeignetheit demnächst durch Urteil entzogen werden wird (§ 69 StGB), weshalb es die vorläufige Entziehung beschlossen hat (§ 111a Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 69 Abs. 1 StGB).
II.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde, der nicht abgeholfen worden ist, ist unbegründet.
Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist aus den weiter zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nach § 111a StPO gerechtfertigt. Es liegen dringende Gründe für die Annahme vor, dass dem Angeschuldigten die Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB entzogen werden wird. Denn mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit hat er die beschriebene rechtswidrige Tat im Zusammenhang mit dem Führen seines Kraftfahrzeugs begangen. Hieraus ergibt sich, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen ist (§ 69 Abs. 1 StGB).
Es sind bei überschlägiger Prüfung keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Zeugen K, P und R. unzutreffende Angaben gemacht oder den Angeschuldigten zu Unrecht belastet haben könnten. Derjenige, der dazu neigt, Auseinandersetzungen im Straßenverkehr durch Drohung mit Gewalt oder sogar durch Anwendung von Gewalt zu lösen, ist aus Sicht der Kammer in der Regel als zum Führen von Kraftfahrzeugen charakterlich ungeeignet anzusehen.
Besondere Umstände, die sich von den Tatumständen eines Durchschnittsfalles grundlegend abheben, sind vorliegend letztlich nicht erkennbar.
Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung stehen nicht entgegen.
Soweit der Beschuldigte anführt, auf die Fahrerlaubnis aus beruflichen Gründen in besonderem Maße angewiesen zu sein, steht dies der Aufrechterhaltung des vorläufigen Entzugs der Fahrerlaubnis nicht entgegen. Persönliche Belastungen, die sich für den ungeeigneten Kraftfahrer aus der Entziehung der Fahrerlaubnis ergeben, haben für die Entscheidung, ob die Maßregel angeordnet wird, im Interesse der Verkehrssicherheit außer Betracht zu bleiben. Grundsätzlich keinen Raum haben Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte daher etwa, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis schwerwiegende wirtschaftliche Folgen nach sich zieht; auch in diesen Fällen ist die Fahrerlaubnis bei festgestellter Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen regelmäßig zu entziehen (BGH NJW 2004, 3502).
Die Kammer vermag auch angesichts des vorliegenden Sachverhalts keine Umstände zu erkennen, die Anlass dazu geben könnten, davon abzurücken.
Zwar ist nicht zu verkennen, dass der (auch nur vorläufige) Entzug der Fahrerlaubnis eine überdurchschnittliche Härte darstellt, sofern der Betroffene in besonderem Maße auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist. Gerade dieser Personenkreis hat jedoch insoweit in erhöhtem Maße Vorsicht walten zu lassen. Die häufige Nutzung des Fahrzeugs kann jedoch nicht maßgebend sein, weil andernfalls trotz Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen gerade solchen Personen die Fahrerlaubnis belassen werden müsste, die in erheblichem Umfang am Verkehr teilnehmen. Ein derart wertungswidersprüchliches Verhalten, das bei konsequenter Anwendung bei wirtschaftlicher Existenzbedrohung für den Betroffenen gleichsam zu einem „Freibrief“ für Fehlverhalten im Straßenverkehr führen müsste, ist vom Gesetzgeber offensichtlich nicht beabsichtigt und entspricht auch nicht der Rechtsprechung.
Eine abschließende Würdigung der Beweismittel und Klärung der Schuldfrage kann jedoch nicht in dem hiesigen, nur vorläufigen Verfahren nach § 111a StPO erfolgen, sondern muss einer späteren Hauptverhandlung vorbehalten bleiben. Dabei werden auch die Angaben des Zeugen Y., der sich bislang nur schriftlich geäußert hat, auf ihre Vereinbarkeit mit dem übrigen Ermittlungsergebnis zu prüfen sein.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.