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Vorläufige Fahrerlaubnisentziehung für den Fall des Einspruchs gegen Strafbefehl

LG Braunschweig – Az.: 7 Qs 24/11 – Beschluss vom 31.01.2011

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Goslar, Geschäftsnr. 22 Cs 104 Js 51758/10, vom 18.01.2011 wird aufgehoben.

2. Der sichergestellte Führerschein des Angeklagten ist herauszugeben.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Gründe

Der Angeklagte ist einer vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315c Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 3 Nr. 1 StGB verdächtig. Unter dem Datum des 29.10.2010 übermittelte die Staatsanwaltschaft die Strafakte an das Amtsgericht Goslar mit dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls. Gleichzeitig hat die Staatsanwaltschaft beantragt, „für den Fall des Einspruchs“ dem Angeschuldigten die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen. Das Amtsgericht erließ unter dem Datum des 29.11.2010 den Strafbefehl, der dem Angeklagten am 30.12.2010 zugestellt wurde. Am 07.01.2011 legte der Angeklagte durch seine Verteidigerin Einspruch ein. Daraufhin hat das Amtsgericht ihm mit dem angefochtenen Beschluss die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen (§ 111a Abs. 1 StPO).

Die hiergegen zulässig erhobene Beschwerde hat Erfolg.

Dem Erlass eines Beschlusses über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis stehen im gegenwärtigen Verfahrensstadium verfahrensrechtliche Hinderungsgründe entgegen, obgleich nach Aktenlage dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB entzogen werden wird.

Das Amtsgericht hat bei Erlass des Strafbefehls geprüft, ob die beantragten Rechtsfolgen angemessen sind (§ 408 Abs. 3 Satz 2, 3. Alt. StPO). Es hat in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft die Anordnung der Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis zunächst nicht für geboten erachtet. Legt der Angeklagte nach einer solchen Entscheidung Einspruch gegen den Strafbefehl ein, so ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ohne neue Tatsachen und Beweismittel nicht zulässig (vgl. LG Stuttgart Justiz 1985, 364). Sie verstößt gegen das Willkürverbot (vgl. BVerfG NJW 1995, 124 für das Verfahren nach einer Berufung der Staatsanwaltschaft). Neue Tatsachen, die eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis zulässig erscheinen lassen könnten, sind nicht erkennbar. Sie sind insbesondere nicht – worauf der Beschluss anscheinend abstellt – in der Einlegung des Einspruchs zu sehen, mit dem der Angeklagte lediglich von einem ihm zustehenden prozessualen Recht Gebrauch macht (so auch LG Berlin, Beschl. v. 24.07.2006, 514 Qs 67/06 zitiert nach juris). Die Einlegung eines Einspruchs kann daher entgegen der Auffassung des Amtsgerichts für sich genommen auch nicht die Verhängung schärferer Rechtsfolgen rechtfertigen. Für die im Rahmen der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis allein bedeutsame Beurteilung der von einem Fahrzeugführer für die Allgemeinheit ausgehenden Gefahren besagt sie erst recht nichts. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass derjenige, der einen Strafbefehl nicht akzeptiert, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt als derjenige, der einen Strafbefehl hinnimmt (LG Berlin a. a. O.). Durch das Vorgehen des Amtsgerichts könnte bei dem Angeklagten vielmehr der Eindruck entstehen, die vorläufige Maßregel werde zur Sanktionierung der Einspruchseinlegung und nicht auf Grund einer veränderten Beurteilung der von ihm ausgehenden Gefahren für den Straßenverkehr verhängt und so die Rücknahme des Einspruchs erreicht werden soll (LG Berlin a. a. O.).

Ob dem Angeklagten die Fahrerlaubnis zu entziehen ist, hat das Amtsgericht daher zunächst in der anzuberaumenden Hauptverhandlung zu prüfen. Die Kammer sieht Anlass zu der Anmerkung, dass eine solche Hauptverhandlung ohne die durch die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis verursachten Verzögerungen schon längst hätte anberaumt werden können.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus dem Rechtsgedanken der §§ 467 Abs. 1, 473 Abs. 3 und 4 StPO.

 

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