Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Urteil zu falscher Anzeige: Rechtliche Konsequenzen und Beweisführung im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was sind die rechtlichen Folgen einer falschen Anzeige bei der Polizei?
- Wie unterscheidet sich ein Notruf von einem normalen Polizeianruf rechtlich?
- Wann liegt eine strafbare falsche Verdächtigung vor?
- Welche Kosten entstehen bei einem Freispruch im Strafverfahren?
- Welche Rechte hat man als zu Unrecht Beschuldigter?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Calw
- Datum: 05.11.2024
- Aktenzeichen: 8 Cs 32 Js 18114/24
- Verfahrensart: Strafverfahren
- Rechtsbereiche: Strafrecht
Beteiligte Parteien:
- Angeklagte: Die Angeklagte wurde beschuldigt, bei der Polizei eine falsche Anzeige wegen einer angeblich bevorstehenden Trunkenheitsfahrt gemacht zu haben. Ihr wurde vorgeworfen, bewusst eine Falsche Verdächtigung getätigt zu haben, um ein Verfahren gegen einen Dritten einzuleiten.
- Staatsanwaltschaft: Sie erhob den Vorwurf der falschen Verdächtigung gemäß §164 Abs. 1 StGB.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Angeklagte rief das Polizeirevier Calw an und behauptete, der Zeuge sei stark alkoholisiert und im Begriff, mit seinen Kindern Auto zu fahren. Die Polizei wurde vor Ort tätig, stellte aber fest, dass keine Trunkenheitsfahrt bevorstand.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Angeklagte durch die Anzeige eine falsche Verdächtigung im Sinne von §164 Abs. 1 StGB begangen hat, insbesondere ob der Tatbestand erfüllt ist, wenn eine angeblich bevorstehende und nicht bereits begangene Straftat angezeigt wird.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Angeklagte wurde freigesprochen.
- Begründung: Der Tatbestand der falschen Verdächtigung nach §164 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass eine bereits begangene Straftat zur Anzeige gebracht wird. Da es sich um eine vermeintlich bevorstehende Tat handelte, die nicht geschehen ist, ist der Straftatbestand nicht erfüllt. Ebenso liegt kein Missbrauch eines Notrufes vor, weil kein Notrufanschluss verwendet wurde.
- Folgen: Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten. Das Urteil verdeutlicht, dass die Anrufung eines allgemeinen Polizeianschlusses und die Meldung einer bevorstehenden Straftat nicht unter den Straftatbestand der falschen Verdächtigung fällt, wenn keine bereits begangene Tat vorliegt.
Urteil zu falscher Anzeige: Rechtliche Konsequenzen und Beweisführung im Fokus

Im deutschen Strafrecht sind falsche Anzeigen und das Verbreiten falscher Tatsachen ernsthafte Delikte, die rechtliche Konsequenzen für die Täter nach sich ziehen können. Eine vorsätzliche falsche Anzeige ist nicht nur eine Täuschung von Behörden, sondern kann auch das Leben der Unschuldigen erheblich beeinträchtigen. Das Strafgesetzbuch (StGB) sieht für solche Fälle klare Regelungen vor, um die Strafrechtliche Verantwortung der Täter zu definieren sowie die Beweislast zu regeln, die bei der Aufklärung solcher Vorfälle entscheidend ist.
Das Amtsgericht Calw hat in einem aktuellen Urteil klar Stellung zu diesen komplexen Fragestellungen bezogen. Dabei wurden nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen erörtert, sondern auch die relevanten Aspekte, die in einem Verfahren wegen falscher Anzeige zu beachten sind, inklusive der Manipulation von Beweisen und den nötigen zeugenrechtlichen Verfahren. Im Folgenden wird der konkrete Fall näher beleuchtet und analysiert.
Der Fall vor Gericht
Freispruch nach falscher Anzeige einer Trunkenheitsfahrt
Ein Freispruch erfolgte am Amtsgericht Calw für eine Frau, die eine angeblich bevorstehende Trunkenheitsfahrt bei der Polizei gemeldet hatte. Die Angeklagte hatte über den regulären Festnetzanschluss des Polizeireviers Calw mitgeteilt, dass ein bestimmter Mann alkoholisiert und im Begriff sei, mit zwei Kindern vom Vereinsheim mit dem Auto nach Hause zu fahren. Dabei nannte sie ihr früheren Nachnamen und das Kennzeichen des betreffenden Fahrzeugs, obwohl sie wusste, dass der Mann weder alkoholisiert war noch unmittelbar vorhatte, Auto zu fahren.
Rechtliche Einordnung der Falschmeldung
Das Gericht stellte fest, dass der Tatbestand der falschen Verdächtigung nach §164 StGB nicht erfüllt war. Eine falsche Verdächtigung setze zwingend voraus, dass der Inhalt der Bezichtigung eine bereits begangene und nicht bloß bevorstehende Straftat betrifft. Die Angeklagte hatte in ihrer Meldung jedoch ausschließlich von einer bevorstehenden Trunkenheitsfahrt gesprochen. Der Beginn einer solchen Fahrt liege nicht im Berauschen, sondern setze das tatsächliche Führen des Kraftfahrzeugs im öffentlichen Verkehr voraus.
Abgrenzung zum Notrufmissbrauch
Auch ein Missbrauch von Notrufen nach §145 StGB lag nicht vor. Die Angeklagte hatte keinen Notrufanschluss wie die 110 oder 112 genutzt, sondern lediglich die normale Festnetznummer des örtlichen Polizeireviers gewählt. Das Gericht führte aus, dass der gewählte Telefonanschluss zwar zur polizeilichen Gefahrenabwehr bestimmt sei, jedoch nicht Teil der gesonderten Notrufinfrastruktur. Ein Notrufmissbrauch setze entweder einen entsprechenden Kommunikationsinhalt oder die Nutzung eines speziellen Notrufanschlusses nach dem Telekommunikationsgesetz voraus.
Keine weiteren Straftatbestände erfüllt
Eine Strafbarkeit nach anderen Vorschriften kam ebenfalls nicht in Betracht. Die angekündigte Trunkenheitsfahrt fiel nicht unter den Katalog besonders schwerer Straftaten des §126 StGB. Eine mögliche Beleidigung konnte mangels eines erforderlichen Strafantrags nicht verfolgt werden, da die Frist dafür verstrichen war. Das Gericht sprach die Angeklagte daher auf Kosten der Staatskasse frei. Auch ihre notwendigen Auslagen wurden der Staatskasse auferlegt.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Eine falsche Anzeige wegen einer angeblich bevorstehenden, aber noch nicht begonnenen Straftat erfüllt nicht den Tatbestand der falschen Verdächtigung nach §164 StGB. Auch ein Notrufmissbrauch liegt nicht vor, wenn die Meldung über den normalen Festnetzanschluss einer Polizeidienststelle erfolgt. Strafbar kann eine solche Falschmeldung allenfalls als Beleidigung sein, wofür aber ein Strafantrag der betroffenen Person erforderlich ist.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie bei der Polizei eine Anzeige über eine bevorstehende Straftat machen, die sich später als falsch herausstellt, können Sie dafür nicht wegen falscher Verdächtigung bestraft werden – die Tat muss bereits begangen worden sein. Auch wenn Sie dafür den normalen Telefonanschluss der Polizei nutzen statt die 110, liegt kein strafbarer Notrufmissbrauch vor. Die betroffene Person könnte Sie zwar wegen Beleidigung anzeigen, muss dies aber innerhalb einer bestimmten Frist tun. Wichtig ist: Diese rechtliche Einschätzung gilt nur für angeblich bevorstehende, nicht für bereits begangene Straftaten. Bei falschen Anzeigen wegen angeblich begangener Straftaten droht weiterhin eine Bestrafung wegen falscher Verdächtigung.
Benötigen Sie Hilfe?
In Fällen falscher Anzeigen oder Verdächtigungen kann die rechtliche Situation schnell komplex werden. Jeder Fall ist individuell und erfordert eine sorgfältige Prüfung der spezifischen Umstände, besonders wenn es um die Abgrenzung zwischen bevorstehenden und bereits begangenen Straftaten geht. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren Ihre persönliche Situation und entwickeln eine maßgeschneiderte Strategie für Ihren konkreten Fall. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind die rechtlichen Folgen einer falschen Anzeige bei der Polizei?
Eine falsche Anzeige bei der Polizei erfüllt den Straftatbestand der falschen Verdächtigung nach § 164 StGB und wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.
Voraussetzungen für eine Strafbarkeit
Die Strafbarkeit setzt voraus, dass Sie wider besseres Wissen handeln. Das bedeutet, Sie müssen zum Zeitpunkt der Anzeige sicher wissen, dass die beschuldigte Person unschuldig ist. Eine fahrlässig falsche Anzeige ist hingegen nicht strafbar.
Strafverschärfende Umstände
Wenn Sie die falsche Anzeige erstatten, um von einer eigenen Straftat abzulenken, droht eine erhöhte Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
Zivilrechtliche Folgen
Neben der strafrechtlichen Verfolgung können Sie zu Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt werden. Die Höhe richtet sich nach den konkreten Folgen für das Opfer, etwa:
- Rufschädigung
- Psychische Belastung
- Berufliche Nachteile
- Kosten der Rechtsverteidigung
Besondere Fallkonstellationen
Eine falsche Verdächtigung kann auch durch Unterlassen begangen werden. Wenn Sie beispielsweise eine gutgläubig erstattete Anzeige nicht korrigieren, nachdem Sie von deren Unrichtigkeit erfahren haben. Auch das bewusste Verschweigen entlastender Umstände bei einer ansonsten wahren Anzeige ist strafbar.
Die Strafverfolgung erfolgt in der Regel durch ein schriftliches Verfahren. Nur in besonders schweren Fällen kommt es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung. Die Verjährungsfrist für eine falsche Verdächtigung beträgt fünf Jahre.
Wie unterscheidet sich ein Notruf von einem normalen Polizeianruf rechtlich?
Ein Notruf über die 110 unterliegt strengeren rechtlichen Regelungen als ein Anruf bei der regulären Dienststellennummer der Polizei. Der entscheidende rechtliche Unterschied liegt in der strafrechtlichen Bewertung bei Missbrauch.
Rechtliche Einordnung des Notrufs
Der Notruf über die 110 ist ausschließlich für dringende Gefahrensituationen vorgesehen, bei denen Sie sich bedroht fühlen, in Gefahr sind oder eine Straftat beobachten. Ein Missbrauch der Notrufnummer 110 erfüllt den Straftatbestand nach § 145 StGB und kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden.
Regulärer Polizeianruf
Bei einem Anruf über die normale Dienststellennummer gelten weniger strenge rechtliche Vorschriften. Dies wurde durch ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Calw bestätigt: Eine falsche Meldung über die reguläre Dienststellennummer erfüllt nicht den Tatbestand des Notrufmissbrauchs nach § 145 StGB.
Rechtliche Konsequenzen
Die strafrechtliche Verfolgung unterscheidet sich wesentlich:
- Notruf (110): Missbrauch ist per se strafbar nach § 145 StGB.
- Dienststellennummer: Eine falsche Meldung kann nur unter spezifischen Umständen strafbar sein, etwa als Beleidigung oder üble Nachrede, sofern ein Strafantrag gestellt wird.
Ein weiterer wichtiger Unterschied besteht in der Kostenpflicht. Während Notrufe grundsätzlich kostenfrei sind, können bei missbräuchlicher Nutzung Kosten für den Polizeieinsatz in Rechnung gestellt werden.
Wann liegt eine strafbare falsche Verdächtigung vor?
Eine strafbare falsche Verdächtigung nach § 164 StGB liegt vor, wenn jemand einen anderen vorsätzlich und wider besseres Wissen einer bereits begangenen Straftat bezichtigt.
Voraussetzungen der Strafbarkeit
Der Tatbestand erfordert, dass die Verdächtigung objektiv unwahr ist und sich auf eine konkrete, bereits begangene Straftat bezieht. Die verdächtigte Person muss die behauptete Tat tatsächlich nicht begangen haben. Ordnungswidrigkeiten oder nur geplante Straftaten fallen nicht unter § 164 StGB.
Besonderheiten bei der Tatbegehung
Die falsche Verdächtigung kann auf verschiedene Arten erfolgen:
- Durch eine direkte Anzeige bei der Polizei
- Durch eine falsche Aussage vor Gericht
- Durch bewusstes Verschweigen entlastender Tatsachen, wenn eine Pflicht zur Aufklärung besteht
Vorsatz und Wissen
Für eine Strafbarkeit muss der Täter wider besseres Wissen handeln. Das bedeutet, er muss positiv wissen, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen. Ein bloßer Verdacht oder eine Vermutung reicht nicht aus. Wenn Sie nachträglich erfahren, dass Ihre ursprünglich gutgläubig erstattete Anzeige falsch war, sind Sie verpflichtet, dies der Polizei mitzuteilen.
Aktuelle Rechtsprechung
Das Amtsgericht Calw hat kürzlich klargestellt, dass die Anzeige einer bevorstehenden Straftat nicht als falsche Verdächtigung strafbar ist. Wenn Sie beispielsweise der Polizei melden, dass jemand betrunken Auto fahren wird, erfüllt dies nicht den Tatbestand des § 164 StGB, da sich die Verdächtigung auf eine noch nicht begangene Tat bezieht.
Welche Kosten entstehen bei einem Freispruch im Strafverfahren?
Bei einem Freispruch trägt grundsätzlich die Staatskasse die gesamten Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten. Dies ist in § 467 Abs. 1 StPO gesetzlich geregelt.
Erstattungsfähige Auslagen
Zu den erstattungsfähigen notwendigen Auslagen gehören insbesondere die Anwaltskosten, allerdings nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren. Wenn Sie mit Ihrem Verteidiger ein höheres Honorar vereinbart haben, müssen Sie die Differenz selbst tragen.
Besonderheiten bei auswärtigen Anwälten
Die Erstattung von Fahrtkosten und Abwesenheitsgeldern eines nicht am Gerichtsort ansässigen Verteidigers hängt vom Einzelfall ab. Entscheidend ist dabei, ob die Beauftragung eines auswärtigen Anwalts notwendig war.
Ausnahmen von der Kostenerstattung
Die Staatskasse muss die Auslagen nicht übernehmen, wenn:
- Sie durch schuldhafte Säumnis zusätzliche Kosten verursacht haben
- Sie in einer Selbstanzeige fälschlicherweise vorgegeben haben, die Tat begangen zu haben
- Sie sich selbst wahrheitswidrig belastet oder wichtige entlastende Umstände verschwiegen haben
- ein Verfahrenshindernis vorliegt
Praktische Durchführung
Nach Rechtskraft des Freispruchs können Sie die Erstattung der notwendigen Auslagen beantragen. Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils beim erstinstanzlichen Gericht gestellt werden. Die Kostenentscheidung muss im Urteil ausdrücklich festgehalten sein.
Welche Rechte hat man als zu Unrecht Beschuldigter?
Als zu Unrecht Beschuldigter stehen Ihnen umfangreiche Rechte zu, die Sie aktiv nutzen können. Das Schweigerecht schützt Sie davor, sich selbst zu belasten. Die Unschuldsvermutung gilt bis zum Beweis des Gegenteils.
Rechtliche Verteidigungsmöglichkeiten
Bei einer nachweislich falschen Anzeige können Sie Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten geltend machen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Anzeige vorsätzlich oder leichtfertig erstattet wurde.
Sie können eine Gegenanzeige wegen falscher Verdächtigung nach § 164 StGB stellen. Der Strafrahmen für falsche Verdächtigung beträgt bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.
Zivilrechtliche Ansprüche
Im zivilrechtlichen Bereich stehen Ihnen mehrere Instrumente zur Verfügung:
Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung verpflichtet den Anzeigenerstatter, die falschen Behauptungen nicht weiter zu verbreiten.
Sie können einen Widerrufsanspruch durchsetzen. Der Beschuldiger muss dann seine falschen Behauptungen zurücknehmen.
Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger falscher Verdächtigung haben Sie Anspruch auf Schadensersatz. Dies umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Schäden.
Beweissicherung und Dokumentation
Für Ihre Verteidigung ist es entscheidend, Beweise zu sichern und eine detaillierte Dokumentation zu erstellen. Sammeln Sie Alibis, Zeugenaussagen und relevante Unterlagen. Erstellen Sie eine genaue Zeitleiste der Ereignisse und dokumentieren Sie alle Vorfälle schriftlich.
Bei falschen Beschuldigungen im beruflichen Kontext sollten Sie Ihre Vorgesetzten oder die Personalabteilung informieren und auf eine unparteiische Untersuchung bestehen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Falsche Verdächtigung
Eine strafbare Handlung nach §164 StGB, bei der jemand einen anderen wissentlich zu Unrecht einer Straftat beschuldigt. Wichtig ist, dass sich die Beschuldigung auf eine bereits begangene – nicht nur geplante – Straftat beziehen muss. Die Strafe kann bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe betragen. Ein Beispiel wäre, wenn jemand bei der Polizei anzeigt, sein Nachbar hätte sein Auto gestohlen, obwohl er weiß, dass dies nicht stimmt.
Notrufmissbrauch
Der in §145 StGB geregelte Missbrauch von Notrufen und Notzeichen. Strafbar macht sich, wer absichtlich ohne Not die Notrufnummern (110, 112) wählt oder Notzeichen missbraucht. Der Anruf muss über spezielle Notrufeinrichtungen erfolgen – nicht über normale Telefonnummern von Polizei oder Feuerwehr. Die Strafe kann bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe betragen.
Strafantrag
Eine förmliche Erklärung des Verletzten einer Straftat gegenüber den Strafverfolgungsbehörden, dass die Tat verfolgt werden soll. Geregelt in §§ 77 ff. StGB. Manche Delikte werden nur auf Antrag verfolgt, z.B. Beleidigung oder einfache Körperverletzung. Der Strafantrag muss innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Tat gestellt werden. Ohne fristgerechten Strafantrag erfolgt keine Strafverfolgung.
Notwendige Auslagen
Die durch ein Strafverfahren entstandenen erforderlichen Kosten der Verteidigung des Angeklagten, wie Anwaltskosten oder Fahrtkosten zum Gericht. Bei einem Freispruch werden diese gemäß § 467 StPO von der Staatskasse übernommen. Der Freigesprochene muss diese Kosten dann nicht selbst tragen, da sich der Tatverdacht nicht bestätigt hat.
Polizeiliche Gefahrenabwehr
Die präventive Tätigkeit der Polizei zur Verhinderung von Straftaten und zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, geregelt in den Polizeigesetzen der Länder. Im Gegensatz zur Strafverfolgung geht es hier um das Verhindern künftiger Gefahren, nicht um die Aufklärung bereits begangener Straftaten. Beispiel: Kontrolle eines vermutlich betrunkenen Autofahrers vor Fahrtantritt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- §164 StGB (Falsche Verdächtigung): Dieser Paragraph bestraft die falsche Verdächtigung einer Person bei einer Behörde oder einem Amtsträger. Es wird gefordert, dass die verdächtigte Person des Verdachts einer bereits begangenen rechtswidrigen Tat ausgesetzt wird. Im vorliegenden Fall der Angeklagten war jedoch nur eine bevorstehende Trunkenheitsfahrt gemeldet worden, wodurch der Tatbestand nicht erfüllt war.
- §145 StGB (Missbrauch von Notrufen): Dieser Paragraph behandelt den Missbrauch von Notrufen und sieht Strafen für Personen vor, die falsche Notrufe absetzen. Im vorliegenden Fall hat die Angeklagte die Polizei über eine Festnetznummer informiert, nicht über einen Notruf, was die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Paragrafen nicht erfüllt.
- §11 Abs. 1 Nr. 5 StGB (Begriff der rechtswidrigen Tat): Hier wird definiert, was unter einer rechtswidrigen Tat zu verstehen ist. Eine solche muss eine Straftat darstellen, die von den Strafgesetzen gefordert ist. Die Angeklagte hat jedoch nur eine bevorstehende Tat gemeldet, was somit nicht als rechtswidrige Tat gemäß dieser Definition qualifiziert werden kann.
- §344 StGB (Falsche eidesstattliche Erklärung): Dieser Paragraph verfolgt falsche Aussagen im Rahmen von Eidesleistungen. Der Kontext des Falles zeigt, dass die falsche Verdächtigung ohne Bezug zu einer bereits begangenen Straftat nicht unter diesen Paragraphen fällt, da es hier nicht um eine eidesstattliche Erklärung geht.
- §126 Abs. 2 StGB (Veruntreuung und ähnliche Delikte): Dieser Paragraph regelt Veruntreuung und falsche Beschuldigungen, jedoch ist auch hier ein bereits begangenes Delikt Voraussetzung. Da der Tatbestand in diesem Fall nur eine bevorstehende Tat beinhaltete, ist auch dieser Paragraph nicht anwendbar.
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