Erbin muss Erlöse aus Drogenhandel zurückzahlen
Das Landgericht Bayreuth ordnete die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 118.950 Euro von der Erbin eines verstorbenen Drogenhändlers an und verpflichtete sie zur Übernahme der Verfahrenskosten, da der Verstorbene aus dem Verkauf illegaler Drogen erhebliche Geldbeträge erlangt hatte.
Übersicht
- Erbin muss Erlöse aus Drogenhandel zurückzahlen
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- Welche rechtlichen Grundlagen gelten für die Einziehung von Taterträgen?
- Was versteht man unter Wertersatzeinziehung?
- Wer ist von der Einziehung von Taterträgen betroffen?
- Wie wird der Wert von Taterträgen ermittelt?
- Können Erben gegen die Einziehung von Taterträgen vorgehen?
- Welche Auswirkungen hat die Einziehung von Taterträgen auf die Erben?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das Landgericht Bayreuth ordnet die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 118.950 Euro gegen die Alleinerbin eines verstorbenen Drogenhändlers an.
- Der Verstorbene hatte über Jahre hinweg einen gewinnbringenden Handel mit Metamfetamin betrieben.
- Die Einziehungsbeteiligte, seine Schwester und Alleinerbin, muss ebenfalls die Kosten des Verfahrens tragen.
- Der Betrag basiert auf der Gesamtmenge der verkauften Drogen multipliziert mit dem von den Abnehmern gezahlten Preis pro Gramm.
- Das Gericht wendet aktuelle Rechtslage an, obwohl Teile der Tatbegehung vor dem Stichtag des Gesetzeswechsels lagen.
- Die Erbin ist nicht entreichert und war zu keinem Zeitpunkt gutgläubig hinsichtlich der Herkunft des Vermögens.
- Die Entscheidung zur Einziehung des Wertes von Taterträgen erfolgt unabhängig von der Schuldfähigkeit des Verstorbenen zur Tatzeit.
- Verfahrenskosten gehen ebenfalls zu Lasten der Einziehungsbeteiligten.
Vermögensabschöpfung im Strafrecht
Im Strafrecht spielt die Vermögensabschöpfung eine bedeutende Rolle. Sie soll verhindern, dass Straftäter aus ihren Taten einen finanziellen Vorteil erlangen. Daher können durch eine Straftat erlangte Vermögenswerte dem Täter entzogen werden.
Eine Variante ist die Wertersatzeinziehung. Sie findet Anwendung, wenn durch Vermischung oder Vermögensübertragungen die konkreten Taterträge nicht mehr greifbar sind. In solchen Fällen kann stattdessen ein Geldbetrag eingezogen werden, der dem Wert der ursprünglich erlangten Vermögenswerte entspricht. Diese Einziehungsart hat große praktische Bedeutung, da Vermögenswerte häufig nicht mehr in ursprünglicher Form vorhanden sind.
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➜ Der Fall im Detail
Wertersatzeinziehung bei der Erbin eines Drogenhändlers
Der Fall betrifft die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 118.950 Euro gegen die Alleinerbin eines verstorbenen Drogenhändlers durch das Landgericht Bayreuth. Der Verstorbene, ein Bruder der Einziehungsbeteiligten, war in ein umfangreiches Netzwerk des Drogenhandels involviert, welches mindestens ab dem Jahr 2015 bis zu seiner Festnahme im November 2018 operierte. Er handelte aus seiner Wohnung heraus mit größeren Mengen Metamfetamin, die er von einem gesondert Verurteilten erwarb und an weitere Käufer gewinnbringend weiterverkaufte. Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall ergibt sich aus der Frage, inwiefern Vermögenswerte, die aus kriminellen Handlungen erlangt wurden, nach dem Tod des Täters von den Erben zurückgefordert werden können.
Gerichtsentscheidung zur Einziehung des Tatertrages
Das Landgericht Bayreuth stützte seine Entscheidung auf die §§ 73 Abs. 1, 73c Satz 1, 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 2 StGB. Hierbei war ausschlaggebend, dass der Verstorbene die Betäubungsmittel rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hatte. Die Einziehungsbeteiligte, als Alleinerbin, wurde somit zur Zahlung des durch die kriminellen Aktivitäten erlangten Betrages verpflichtet. Die Gerichtsentscheidung unterstrich, dass der Wert der illegal erlangten Taterträge in das Vermögen der Erbin übergegangen war und somit der Wertersatz von ihr zu leisten sei.
Die rechtliche Grundlage und Abwägung des Gerichts
Das Gericht musste die aktuelle Rechtslage anwenden, auch wenn Teile der Tatbegehung vor der Änderung des entsprechenden Gesetzes stattfanden. Es war von Bedeutung, dass die Taten des Verstorbenen nicht nur rechtswidrig, sondern auch schuldhaft waren und dass die Erbin nicht gutgläubig hinsichtlich der Herkunft des Vermögens sein konnte. Sie war über die kriminellen Aktivitäten ihres Bruders informiert und hatte keine Ansprüche auf das durch die Straftaten erlangte Vermögen.
Konsequenzen für die Einziehungsbeteiligte
Die Einziehungsbeteiligte muss nun den Gesamtbetrag von 118.950 Euro zahlen. Diese Summe entspricht dem Wert der durch den Drogenhandel erlangten Taterträge. Darüber hinaus sind die Kosten des Verfahrens von der Einziehungsbeteiligten zu tragen. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Erben für die kriminellen Gewinne ihrer Vorfahren haftbar gemacht werden können, sofern das Vermögen ihnen zugeflossen ist und sie über dessen Herkunft informiert waren.
Die Beweisführung und Feststellungen des Gerichts
Die Beweisführung basierte auf umfangreichen Ermittlungen, einschließlich der Aussagen von Zeugen und Polizeibeamten, sowie auf verlesenen Dokumenten und Gutachten. Das Gericht stellte fest, dass der Verstorbene umfangreich in den Handel mit Betäubungsmitteln verwickelt war und aus diesen Handlungen erhebliche Summen erzielt hatte. Die Einziehungsbeteiligte war bei den polizeilichen Durchsuchungen zugegen und konnte somit nicht von einer gutgläubigen Erbschaft ausgehen. Diese detaillierte Feststellung der Fakten und der rechtlichen Bewertung unterstreicht die Sorgfalt, mit der das Gericht zu seiner Entscheidung gelangte.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für die Einziehung von Taterträgen?
Gemäß den §§ 73 ff. StGB kann der Staat Vermögenswerte einziehen, die aus Straftaten stammen. Dabei gelten folgende wesentliche Grundlagen:
- § 73 StGB regelt die Einziehung des unmittelbar durch die Tat Erlangten von Tätern und Teilnehmern. Das Gericht muss die Einziehung anordnen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Nur § 73 Abs. 3 stellt es ins Ermessen des Gerichts, die Einziehung von Surrogaten anzuordnen.
- § 73b StGB ermöglicht die Einziehung von Vermögenswerten, wenn diese zwar nicht aus der abgeurteilten Tat, aber aus einer anderen rechtswidrigen Tat stammen. Eine Verurteilung wegen der Anknüpfungstat ist nicht erforderlich.
- Nach § 73c StGB kann der Wert der Taterträge eingezogen werden, wenn eine Einziehung des Erlangten selbst nicht möglich ist. Maßgeblich für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt, zu dem der Wertersatzanspruch entstanden ist.
- Gemäß § 76a StGB ist eine selbständige Einziehung sogar möglich, wenn wegen der Tat überhaupt keine Verurteilung erfolgt, sei es aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen oder wegen Verjährung.
Mit der Einziehung geht das Eigentum an den Vermögenswerten auf den Staat über (§ 75 StGB). Sie dient dem Zweck, dass sich Straftaten wirtschaftlich nicht lohnen sollen. Die eingezogenen Werte fließen in den allgemeinen Haushalt und können grundsätzlich für alle staatlichen Ausgaben verwendet werden.
Was versteht man unter Wertersatzeinziehung?
Unter Wertersatzeinziehung versteht man die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe des Wertes von Vermögensgegenständen, die aus einer Straftat stammen, wenn die Einziehung des Erlangten selbst nicht möglich ist. Die wesentlichen Punkte dabei sind:
- Die Wertersatzeinziehung ist in § 73c StGB geregelt. Sie kommt subsidiär zur Anwendung, wenn der Täter oder Teilnehmer die ursprünglich aus der Straftat erlangten Gegenstände vor der Einziehungsentscheidung verwertet, veräußert, verbraucht oder die Einziehung sonst vereitelt hat.
- Das Gericht kann dann die Einziehung eines Geldbetrages bis zur Höhe des Wertes des ursprünglich Erlangten anordnen. Maßgeblich für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt, zu dem der Wertersatzanspruch entstanden ist.
- Die Wertersatzeinziehung dient dazu, eine durch die Straftat geschaffene rechtswidrige Vermögenslage zu beseitigen. Die zwischenzeitliche Entreicherung durch Verbrauch des Erlangten führt daher grundsätzlich nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung.
- Wurde wegen einer Tat bereits Wertersatz eingezogen und wird später der konkrete Vermögensgegenstand aufgefunden, aus dem die Tat herrührt, so wird dieser nur insoweit eingezogen, wie der Wertersatz noch nicht geleistet wurde. Im Gegenzug erlischt der Wertersatzanspruch in entsprechender Höhe.
Insgesamt ermöglicht die Wertersatzeinziehung dem Staat, illegal erlangte Vermögenswerte auch dann abzuschöpfen, wenn der Täter sie bereits anderweitig verwendet hat. Sie ist ein wichtiges Instrument, um zu verhindern, dass sich Straftaten wirtschaftlich lohnen.
Wer ist von der Einziehung von Taterträgen betroffen?
Von der Einziehung von Taterträgen können nicht nur die Täter und Teilnehmer einer Straftat selbst, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Dritte betroffen sein:
- Gemäß § 73 Abs. 1 StGB ordnet das Gericht die Einziehung dessen an, was der Täter oder Teilnehmer durch die rechtswidrige Tat oder für sie erlangt hat. Damit sind primär die unmittelbar an der Tat Beteiligten von der Einziehung betroffen.
- Allerdings kann sich die Einziehung nach § 73 Abs. 3 StGB auch gegen den Erben des Täters oder Teilnehmers richten. Voraussetzung ist, dass der Erblasser vor seinem Tod etwas aus der Tat erlangt hatte und der Erbe dieses geerbt hat.
- Darüber hinaus kann sich die Einziehung nach § 73b StGB auch gegen Dritte richten, wenn diese die Taterträge in Kenntnis der Umstände, die die Einziehung zulassen, erlangt haben. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Täter das aus der Tat Erlangte an einen Dritten weitergibt.
- Schließlich kann nach § 73c StGB auch der Wert des Erlangten von demjenigen eingezogen werden, der dieses ursprünglich erlangt hatte, wenn er es vor der Einziehungsentscheidung verbraucht, veräußert oder sonst der Einziehung entzogen hat.
Insgesamt zeigt sich, dass der Kreis der von einer Einziehung potenziell Betroffenen recht weit gezogen ist. Neben Tätern und Teilnehmern können auch deren Erben sowie Dritte, die Taterträge erlangt haben, zur Herausgabe bzw. zum Wertersatz verpflichtet sein. Damit soll eine effektive Abschöpfung von Verbrechensgewinnen sichergestellt werden.
Wie wird der Wert von Taterträgen ermittelt?
Um den Wert von Taterträgen zu ermitteln, greifen die Strafverfolgungsbehörden auf verschiedene Methoden zurück. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt, zu dem der Wertersatzanspruch entstanden ist, also in der Regel der Zeitpunkt der Tatbegehung.
Das Gericht kann seine Überzeugung von der Rechtswidrigkeit der Herkunft insbesondere auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert der sichergestellten Vermögenswerte und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen stützen (§ 437 Satz 1 StPO). Wenn also jemand über Vermögenswerte verfügt, die in keinem Verhältnis zu seinen legalen Einkünften stehen, spricht dies für eine kriminelle Herkunft.
Auch Surrogate, also Vermögensgegenstände, die der Täter mit seiner Beute erworben hat, unterliegen der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB. Wurde das ursprünglich Erlangte also in andere Werte investiert, können auch diese eingezogen werden.
Ist eine direkte Einziehung nicht mehr möglich, weil der Täter das Erlangte bereits verwertet, veräußert oder verbraucht hat, kommt die Wertersatzeinziehung nach § 73c StGB zum Tragen. Dabei wird ein Geldbetrag bis zur Höhe des ursprünglichen Wertes eingezogen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Ermittlung des Wertes von Taterträgen auf einer Gesamtschau der Vermögenssituation des Täters beruht. Legale Einkünfte werden den vorhandenen Vermögenswerten gegenübergestellt. Ergibt sich daraus ein grobes Missverhältnis, dient dies als Indiz für die kriminelle Herkunft. Auch wenn die ursprünglichen Taterträge nicht mehr vorhanden sind, kann deren Wert über Surrogate oder Wertersatz abgeschöpft werden.
Können Erben gegen die Einziehung von Taterträgen vorgehen?
Erben, gegen die sich eine Einziehungsanordnung richtet, haben durchaus Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Allerdings sind die Erfolgsaussichten oft begrenzt, da die Einziehung dem Grundsatz folgt, dass sich Straftaten nicht lohnen dürfen – auch nicht für die Erben.
Zunächst einmal können Erben gegen eine Einziehungsanordnung Rechtsmittel einlegen, also Beschwerde oder Revision. Dabei können sie geltend machen, dass die Voraussetzungen für eine Einziehung nicht vorliegen, etwa weil das Erlangte nicht aus einer rechtswidrigen Tat stammt oder der Erbe gutgläubig war.
Allerdings trifft den Erben eine gewisse Darlegungslast. Er muss substantiiert darlegen, welche legale Herkunft das Erlangte hatte. Pauschale Einwendungen reichen nicht aus, um eine Einziehung abzuwenden.
Zudem kann sich der Erbe nicht darauf berufen, dass er das Erlangte bereits verbraucht oder anderweitig verwendet hat. Die zwischenzeitliche Entreicherung führt grundsätzlich nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung. Der Staat kann dann immer noch Wertersatz in entsprechender Höhe einziehen.
Ein gewisser Schutz für Erben ergibt sich allerdings aus § 73e StGB. Danach kann das Gericht von der Einziehung ganz oder teilweise absehen, wenn sie eine unbillige Härte darstellen würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Erbe durch die Einziehung selbst in eine existenzielle Notlage geraten würde.
Insgesamt zeigt sich, dass die Möglichkeiten für Erben, gegen eine Einziehung vorzugehen, durchaus begrenzt sind. Die Rechtsmittel bieten zwar eine Chance, die Entscheidung überprüfen zu lassen. Allerdings muss der Erbe dabei substantiiert darlegen, warum die Voraussetzungen der Einziehung nicht vorliegen. Nur in Ausnahmefällen kann eine Einziehung wegen unbilliger Härte unterbleiben.
Welche Auswirkungen hat die Einziehung von Taterträgen auf die Erben?
Die Einziehung von Taterträgen kann für die Erben des ursprünglichen Täters durchaus einschneidende Auswirkungen haben. Sie müssen im Zweifel mit einer deutlichen Schmälerung des geerbten Vermögens rechnen.
Grundsätzlich gilt, dass die Erben in die Position des Erblassers eintreten. Hatte dieser etwas aus einer rechtswidrigen Tat erlangt, kann sich die Einziehung auch gegen den Nachlass richten. Die Erben haften dann mit der gesamten Erbmasse, also allem, was sie von dem Verstorbenen geerbt haben.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Erben von der kriminellen Herkunft der Vermögenswerte wussten. Selbst wenn sie gutgläubig waren, müssen sie die Einziehung gegen sich gelten lassen. Der Grundgedanke dahinter ist, dass der Erblasser dem Staat nicht durch seinen Tod die Möglichkeit der Vermögensabschöpfung entziehen können soll.
Die Erben trifft auch dann eine Haftung, wenn sie das Erlangte bereits verbraucht oder anderweitig verwendet haben. In diesem Fall droht ihnen eine Wertersatzeinziehung, bei der sie einen Geldbetrag in Höhe des ursprünglichen Wertes zahlen müssen. Im Extremfall kann dies bis zur persönlichen Insolvenz der Erben führen.
Einen gewissen Schutz bietet § 73e StGB, wonach das Gericht von der Einziehung ganz oder teilweise absehen kann, wenn sie für die Erben eine unbillige Härte darstellen würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Erben durch die Einziehung selbst in existenzielle Not geraten würden. Allerdings liegt die Messlatte für die Annahme einer unbilligen Härte recht hoch.
Insgesamt zeigt sich, dass die Erben in puncto Einziehung weitgehend mit dem Erblasser identifiziert werden. Sie müssen für dessen kriminelle Aktivitäten einstehen, selbst wenn sie davon nichts wussten. Im Zweifel kann dies zu einer erheblichen finanziellen Belastung bis hin zur persönlichen Haftung führen. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann von der Einziehung wegen unbilliger Härte abgesehen werden.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- §§ 73 Abs. 1, 73c Satz 1, 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 2 StGB: Diese Paragraphen regeln die Einziehung von Taterträgen und Wertersatz bei Straftaten. Sie sind zentral, da sie die rechtliche Grundlage für die Anordnung der Wertersatzeinziehung gegen die Erbin eines verstorbenen Drogenhändlers bilden. Der Fall zeigt, wie Vermögenswerte, die durch kriminelle Aktivitäten erlangt wurden, auch nach dem Tod des Täters vom Staat abgeschöpft werden können.
- § 170 Abs. 2 StPO: Erklärt die Einstellung eines Verfahrens, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Im Kontext des Falls verdeutlicht dieser Paragraph, dass das Strafverfahren gegen den verstorbenen Bruder der Einziehungsbeteiligten eingestellt wurde, die staatliche Verfolgung der illegal erlangten Vermögenswerte jedoch weiterhin möglich ist.
- § 948 Abs. 1 BGB und §§ 780, 781 BGB: Diese Bestimmungen behandeln die Vermischung von Vermögen und die Schuldversprechen. Sie sind relevant für das Verständnis, warum die direkte Einziehung der durch die Straftaten erlangten Geldbeträge nicht möglich war und stattdessen eine Wertersatzeinziehung erfolgen musste.
- § 73d Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 2 StGB: Spezifiziert die Bedingungen, unter denen eine Wertersatzeinziehung von Dritten, die nicht unmittelbar an der Tat beteiligt waren, angeordnet werden kann. Im vorliegenden Fall bildet dieser Paragraph die Grundlage dafür, dass die Erbin zur Zahlung verpflichtet werden konnte.
- § 73e Abs. 2 StGB: Betrifft den Ausschluss der Einziehung, wenn der Täter oder Teilnehmer entreichert ist. Für den Fall ist dieser Paragraph wichtig, um zu verstehen, warum die Einziehungsbeteiligte trotzdem haftet, da sie nicht entreichert ist.
- § 76a Abs. 1 Satz 1 StGB: Erläutert die Voraussetzungen für eine selbstständige Einziehungsanordnung. Dies ist relevant, da die Einziehung der Taterträge auch nach dem Tod des ursprünglichen Täters gegen die Erbin durchgeführt wurde.
- §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 Satz 1 StPO: Regeln die Kostenentscheidung in einem Strafverfahren. Diese Paragraphen erklären, warum die Einziehungsbeteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
Das vorliegende Urteil
LG Bayreuth – Az.: 1 KLs 118 Js 11010/20 – Urteil vom 10.11.2022
1. Gegen die Einziehungsbeteiligte …, geb. … in Bayreuth, wh. … wird die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 118.950 Euro angeordnet.
2. Die Einziehungsbeteiligte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Angewandte Vorschriften:
§§ 73 Abs. 1, 73c Satz 1, 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 2 StGB.
Entscheidungsgründe
I.
Verfahrensgang
Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hat unter dem Aktenzeichen 113 Js 9059/18 ein Ermittlungsverfahren gegen den Bruder der Einziehungsbeteiligten, den am … geborenen …, aufgrund des Verdachts von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz geführt.
Mit Datum 19.07.2019 ist gegen … Anklage zum Landgericht Bayreuth wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, in Tatmehrheit mit drei tatmehrheitlichen Fällen des Erwerbs von Betäubungsmitteln erhoben worden. Wegen des ihm zur Last gelegten Sachverhalts wird auf den unter Ziffer II. des gegenständlichen Urteils dargelegten, deckungsgleichen Sachverhalt verwiesen.
Zu einer Eröffnung des Hauptverfahrens ist es nicht mehr gekommen, da … in der Nacht vom 07.11.2019 auf den 08.11.2019 verstorben ist. Das Verfahren gegen ihn ist nach Rücknahme der Anklage mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 25.11.2019 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
Die Einziehungsbeteiligte ist Alleinerbin des … Mit Antragsschrift vom 05.10.2020 hat die Staatsanwaltschaft Bayreuth die Eröffnung des selbstständigen Einziehungsverfahrens bei dem Landgericht Bayreuth sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen die Einziehungsbeteiligte in Höhe von 118.950 Euro beantragt. Mit Schreiben des Vorsitzenden der 1. Strafkammer vom 21.10.2021 ist die Einziehungsbeteiligte angehört worden, sie hat durch ihren Vertreter mit Schriftsatz vom 21.12.2021 die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt. Mit Beschluss vom 12.09.2022 hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Bayreuth das gerichtliche Einziehungsverfahren eröffnet, Termin zur mündlichen Verhandlung ist mit Verfügung vom 12.10.2022 bestimmt worden.
Bereits während des Ermittlungsverfahrens hat das Amtsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 17.04.2019 einen Vermögensarrest gegen … in Höhe von 114.400 Euro erlassen. Unter dem 29.04.2019 sind entsprechende Pfändungsbeschlüsse der Staatsanwaltschaft Bayreuth ergangen. Zur Abwendung der Pfändung hat … das Grundstück mit dem Anwesen …, an die Gemeinde … verkauft. Von dem Verkaufserlös ist ein Betrag in Höhe von 114.400 Euro hinterlegt worden. Der entsprechende Hinterlegungsbescheid des Amtsgerichts Bayreuth datiert vom 22.07.2019. Ein weiterer Arrestbeschluss über die Verhängung eines Vermögensarrestes in Höhe von 4.550 Euro ist durch das Landgericht Bayreuth am 17.09.2019 erfolgt. Ein entsprechender Pfändungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Bayreuth datiert vom 31.10.2019.
Im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen sind bei … insgesamt 6.100 Euro Bargeld sichergestellt worden. … hat sich mit der form- und entschädigungslosen Einziehung einverstanden erklärt. Der Geldbetrag ist bei der Landesjustizkasse Bayern eingezahlt worden.
II.
Sachverhalt
Der am … geborene und in der Nacht vom 07.11.2019 auf den 08.11.2019 verstorbene …, dessen Schwester und Alleinerbin die Einziehungsbeteiligte ist, betrieb mindestens ab dem Jahr 2015 bis zu seiner Festnahme im November 2018 aus seiner Wohnung in …, Verwaltungsgemeinschaft …, heraus einen schwunghaften Handel mit Metamfetamin in größeren Mengen, welches er seinerseits von dem gesondert Verurteilten … erwarb. Die Betäubungsmittel wurden … entweder von … persönlich oder über dessen Kurier, den gesondert Verurteilten …, übergeben. Als Geldübergabekurier fungierte der gesondert Verfolgte … Das Rauschgift war in großen Teilen zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt.
1. So erwarb … im Jahr 2015, beginnend Mitte des Jahres, in drei Einzelgeschäften zu je 30 Gramm, insgesamt 90 Gramm Metamfetamin von …, wobei das Rauschgift in einem Fall von …selbst, in zwei Fällen von … übergeben wurde.
2. Im Jahr 2016 erwarb … ebenfalls in drei Einzelgeschäften zu je 30 Gramm insgesamt 90 Gramm Metamfetamin, direkt übergeben von …
3. Im Jahr 2017 erwarb er in vier Einzelgeschäften zu je mindestens 250 Gramm insgesamt 1.000 Gramm Metamfetamin von …, wobei das Rauschgift in einem Fall von … selbst und in den übrigen drei Fällen von … übergeben wurde.
4. Im Jahr 2018 erwarb … mindestens in zwei Fällen je 120 Gramm, in einem Fall 30 Gramm, in drei Fällen 60 Gramm, in zwei Fällen 80 Gramm und in einem Fall 200 Gramm Metamfetamin von …, insgesamt somit mindestens 810 Gramm, wobei das Rauschgift in sechs Fällen von … selbst und in zwei Fällen von … übergeben wurde.
Von dem im Rahmen der drei Geschäfte im Jahr 2015 erworbenen Rauschgift (vgl. 1.) veräußerte … den ganz überwiegenden Teil, mindestens 70 Gramm, an den gesondert Verfolgten …, und zwar am 31.08.2015 15,4 Gramm, am 18.09.2015 15,4 Gramm, am 30.09.2015 14,6 Gramm und am 06.10.2105 24,6 Gramm. Von … erhielt … je Gramm 65 Euro.
Die drei im Jahr 2016 erworbenen Betäubungsmittel (vgl. 2.) dienten … zur Deckung seines Eigenbedarfs.
Von den im Jahr 2017 in vier Fällen erworbenen Betäubungsmitteln (vgl. 3.) verkaufte … jedenfalls insgesamt 960 Gramm seinerseits gewinnbringend an die gesondert Verurteilten … und … Diese erwarben monatlich mindestens 80 Gramm Metamfetamin und bezahlten 65 Euro pro Gramm.
Die gesondert Verurteilten … und … erwarben weiterhin von … von den im Jahr 2018 durch neun Einzelgeschäfte erworbenen Betäubungsmitteln (vgl. 4.) monatlich jedenfalls bis November 2018 mindestens 80 Gramm Metamfetamin, insgesamt somit mindestens 800 Gramm. Auch hier bezahlten sie an … einen Grammpreis von 65 Euro.
Das Rauschgift verfügte über einen Wirkstoffgehalt von durchschnittlich wenigstens 60% Metamfetaminbase. Über eine Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte, die ihn zum Umgang mit Betäubungsmitteln berechtigt hätte, verfügte … nicht. Seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit war bei Tatbegehung jeweils vollständig erhalten.
III.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt sind das Ergebnis der durchgeführten mündlichen Verhandlung.
1. Feststellungen zum Verfahrensgang
Der Verfahrensgang wurde hinsichtlich des Verfahrens bezüglich der Einziehungsbeteiligten aus den Akten festgestellt. Die Sterbeurkunde betreffend …, ausgestellt durch das Standesamt Pegnitz, wurde verlesen. Die Stellung der Einziehungsbeteiligten als Alleinerbin des … sowie die Annahme der Erbschaft wurden durch deren Vertreter ausdrücklich bestätigt.
Der Gang des Verfahrens betreffend den Verstorbenen … wurde aus dessen beigezogener Verfahrensakte der Staatsanwaltschaft Bayreuth festgestellt. Verlesen wurden insofern der Arrestbeschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 17.04.2019, die dazugehörigen Pfändungsbeschlüsse der Staatsanwaltschaft Bayreuth, der Hinterlegungsbeschluss des Amtsgerichts Bayreuth, der Arrestbeschluss des Landgerichts Bayreuth vom 17.09.2019, der Hinterlegungsschein, der Pfändungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 31.10.2019, die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bayreuth aus dem Strafverfahren gegen … sowie die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 25.11.2019.
Die Feststellungen zur Sicherstellung eines Geldbetrages von insgesamt 6.100 Euro bei … beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugen …
2. Feststellungen zum Sachverhalt
Der Sachverhalt, zu dem der Vertreter der Einziehungsbeteiligten keine Angaben gemacht hat (2.1), steht nach Überzeugung der Kammer fest aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme. Insoweit wurden Feststellungen zu den verwirklichten Anlasstaten (2.2), zur Schuldfähigkeit des … (2.3) sowie zum Wirkstoff des gehandelten Rauschgifts (2.4) getroffen.
242.1 Die Einlassung des Vertreters der Einziehungsbeteiligten Die Einziehungsbeteiligte selbst war in der mündlichen Verhandlung nicht zugegen. Ihr Vertreter hat zur Sache keine Angaben gemacht.
2.2 Feststellungen zu den Anlasstaten
Die Verwirklichung der Anlasstaten durch … steht fest aufgrund der glaubhaften Aussagen der seinerzeit gegen ihn ermittelnden Polizeibeamten bezüglich eines ebenfalls glaubhaften vollumfänglichen Geständnisses des Verstorbenen …
2.2.1 Der Zeuge …
Der Zeuge …, ehemals …, berichtete umfassend, detailliert und zur Überzeugung der Kammer glaubhaft über den Gang der Ermittlungen gegen …, deren Ausgangspunkt ein Ermittlungsverfahren gegen dessen Abnehmerin … gewesen sei, welches zu einer Observation sowie zu Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen unter anderem gegen den Verstorbenen aufgrund von Anhaltspunkten für eine Tätigkeit als Drogenhändler geführt habe. Am 15.11.2018 sei … festgenommen worden, bis 07.12.2018 habe er sich in Untersuchungshaft befunden. Der Haftbefehl sei dann außer Vollzug gesetzt worden.
Insbesondere schilderte der Zeuge … drei von ihm durchgeführte polizeiliche Vernehmungen des verstorbenen Täters vom 15.11.2018, vom 16.11.2018 sowie vom 22.01.2019. In diesen habe … den ihm zur Last liegenden Sachverhalt in dem unter II. dargestellten Umfang vollumfänglich und absolut glaubhaft eingeräumt.
Der Zeuge … schilderte diesbezüglich, … sei sich zwar aufgrund des langen Tatzeitraums und der teilweise mehrere Jahre zurückliegenden Tatzeiten nicht mehr bei sämtlichen Einzelheiten sicher gewesen, die (für die Einziehung des Wertes von Taterträgen maßgeblichen) Verkäufe von Metamfetamin habe er aber deutlich besser rekonstruieren können als die Einkäufe. … habe geschildert, eigentlich einen Verkaufspreis von 80 Euro pro Gramm Metamfetamin verlangt zu haben. Er habe sich jedoch von seinen Abnehmern, insbesondere … und …, „über den Tisch gezogen“ gefühlt und tatsächlich deutlich niedrigere Beträge erhalten, wobei der in der Antragsschrift dargelegte Wert von 65 Euro pro Gramm auf einer Schätzung zugunsten des Täters beruhe.
Der Verstorbene habe trotz mangelnder Struktur in seinen Angaben von Anfang an ein Höchstmaß an Bemühung um Aufklärungshilfe gezeigt, wobei seine Aussage nicht etwa von Belastungseifer gegenüber den Lieferanten und Abnehmern geprägt gewesen sei. Vielmehr habe sich … erheblich selbst mit dem An- und Verkauf großer Drogenmengen belastet, ohne dass dies bereits durch die Ermittlungen verifiziert gewesen wäre. Der Zeuge führte hier aus, die Ermittlungen (auch) gegen … seien erst im Jahr 2018 mittels operativer Maßnahmen forciert worden, der damalige Beschuldigte hingegen habe aus freien Stücken Taten eingeräumt, die bis ins Jahr 2015 zurückgereicht hätten.
Der Zeuge erläuterte, dass … seine Angaben nach Belehrung über die Vorschrift des § 31 BtMG gemacht habe und daher freilich um Kooperation bemüht gewesen sei mit dem Ziel einer Außervollzugsetzung seines Haftbefehls, die dann schließlich auch erfolgt sei. Hinzugekommen sei jedoch, dass dem damaligen Beschuldigten bereits frühzeitig, auch durch seinen bei den Vernehmungen anwesenden Verteidiger, die Konsequenzen seiner Aussage im Hinblick auf die Einziehung des Wertes von Taterträgen erläutert worden seien.
An der Glaubwürdigkeit des … und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben hätten seitens der Polizei somit zu keinem Zeitpunkt Zweifel bestanden. Wenngleich der Täter vor seiner eigenen Verurteilung sowie vor Durchführung der Verfahren gegen den Lieferanten …, den Kurier … sowie die Abnehmer … und … verstorben sei, seien seine Aussagen dennoch Grundlage für die Aburteilung der übrigen an den Drogengeschäften Beteiligten gewesen.
2.2.2 Die Zeugin …
Die Angaben des Zeugen … werden gestützt durch die glaubhaften ergänzenden Angaben der Zeugin … Diese referierte zunächst über die am 15.11.2018 erfolgten Durchsuchungsmaßnahmen im Anwesen des Verstorbenen. Hier sei dessen Schwester, die Einziehungsbeteiligte, zugegen gewesen, weshalb dieser auch von Anfang an bekannt gewesen sei, dass gegen ihren Bruder ein Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz anhängig gewesen sei. Auch habe die Einziehungsbeteiligte mitbekommen, dass in ihrem in dem Anwesen befindlichen Badezimmer eine in einem Metallrohr versteckte Menge von ca. 100 Gramm Metamfetamin sichergestellt worden sei. Auch die Sicherstellung eines Geldbetrages im Vorgriff auf die Anordnung der Einziehung sei der Einziehungsbeteiligten bewusst gewesen.
Zum Aussageverhalten des … bestätigte die Zeugin aus eigener Wahrnehmung zunächst die Angaben des Zeugen … Auch schilderte sie, der damalige Beschuldigte habe von sich aus angegeben, dass noch Metamfetamin bei ihm zuhause aufzufinden sei, was dann auch den Tatsachen entsprochen habe. Die Zeugin selbst habe am 28.11.2018 eine weitere Vernehmung des … durchgeführt. In dieser habe er aus freien Stücken über die Betäubungsmittelverkäufe an … berichtet, die zu diesem Zeitpunkt polizeilich gänzlich unbekannt gewesen seien. Auch diese Angaben hätten sich im weiteren Verlauf der Ermittlungen bestätigt.
2.3 Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Verstorbenen … Die Feststellungen zur vollständig erhaltenen Schuldfähigkeit des … beruhen auf dem verlesenen Gutachten des forensisch-psychiatrischen Sachverständigen … vom 27.03.2019, soweit dort eine Beurteilung der Schuldfähigkeit vorgenommen wurde.
2.4 Feststellungen zum Wirkstoffgehalt
Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der durch … verkauften Betäubungsmittel beruhen auf zwei verlesenen Wirkstoffgutachten der Forensischanalytischen Laboratorien … am Rechtsmedizinischen Institut der Universität … vom 04.02.2019. Dort ist bezüglich der bei … sichergestellten Menge von etwa 100 Gramm Metamfetamin ein Wirkstoffgehalt von mindestens 79,8% Metamfetaminbase festgehalten. Bei einer von … an … verkauften, bei ihr sichergestellten Menge von etwa 40 Gramm Metamfetamin beträgt der Wirkstoffgehalt im Mindestmaß 79,0% Metamfeaminbase. Im Übrigen erfolgte eine Schätzung zugunsten des Täters.
IV.
Einziehung des Wertes von Taterträgen
Die Anordnung der Einziehungsbeträge von 118.950 Euro beruht auf §§ 73 Abs. 1, 73c Satz 1, 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 2 StGB. Trotz der teilweisen Tatbegehung vor dem 01.07.2017 war hierbei die aktuelle, seit dem genannten Stichtag geltende Rechtslage maßgeblich (Art. 316h EGStGB, § 14 EGStPO).
Der verstorbene … hat damit rechtswidrig und schuldhaft die Tatbestände des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, in Tatmehrheit mit drei tatmehrheitlichen Fällen des Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. Anlage II BtMG, §§ 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 29a Abs. 1 Nr. 2, 52, 53 StGB verwirklicht.
Der angeordnete Betrag ergibt sich aus einer Multiplikation der durch den Täter … verkauften Gesamtmenge von 1.830 Gramm Metamfetamin mit dem von seinen Abnehmern bezahlten Grammpreis von 65 Euro.
Die Einziehung des durch die Taten Erlangten, also der durch die Drogenverkäufe jeweils unmittelbar bezahlten Geldbeträge, ist nicht möglich, weil diese noch zu Lebzeiten des … entweder mit dessen sonstigem Barvermögen vermischt wurden (§ 948 Abs. 1 BGB) oder als Gutschrift (§§ 780, 781 BGB) auf ein Girokonto gelegt wurden. Somit war gemäß § 73c Satz 1 StGB die Einziehung eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht.
Die Anordnung richtet sich gemäß § 73d Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 2 StGB gegen die Einziehungsbeteiligte, obwohl diese weder Täterin noch Teilnehmerin ist. Die aus der Hinterlegung eines Geldbetrags von 114.400 Euro und der Sicherstellung weiterer 4.550 Euro herrührenden Auszahlungsansprüche und mithin ein Gegenstand, der dem Wert des durch … Erlangten entspricht, sind auf die Einziehungsbeteiligte als Erbin übergegangen, weshalb entsprechender Wertersatz nunmehr durch sie zu leisten ist.
Die Einziehung des Wertes von Taterträgen ist auch nicht gemäß § 73e Abs. 2 StGB ausgeschlossen.
Die Einziehungsbeteiligte ist nicht entreichert in dem Sinn, dass der Wert des Erlangten nicht mehr in ihrem Vermögen enthalten sei. Die Höhe des der Einziehung des Wertes von Taterträgen unterliegenden Geldbetrages resultiert aus Auszahlungsansprüchen, die der Verstorbene … zum Todeszeitpunkt in der Höhe des durch die Drogenverkäufe erlangten Geldbetrages innehatte. Diese sind auf die Einziehungsbeteiligte als Erbin übergegangen und noch immer Gegenstand ihres Vermögens.
Überdies war die Einziehungsbeteiligte zu keinem Zeitpunkt gutgläubig. Die Umstände, die zu der Anordnung der Einziehung gegenüber … geführt hätten, waren ihr zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens, auch bereits zu Lebzeiten des Täters, bekannt. Die Einziehungsbeteiligte als Schwester des Verstorbenen war bereits bei der polizeilichen Wohnungsdurchsuchung zugegen. Sie wohnte im selben Anwesen und stand in engem persönlichen Kontakt zu ihrem Bruder. Sie wusste auch, dass … die ihm zur Last liegenden Taten umfangreich eingeräumt hat und in diesem Zusammenhang von seinem Verteidiger umfassend über die Folge der zu erwartenden Vermögensabschöpfung beraten wurde. Auch war ihr bekannt, dass ihr verstorbener Bruder zur Abwendung von Pfändungen, die die Staatsanwaltschaft aufgrund eines Vermögensarrests erwirkt hatte, ein Grundstück veräußert hatte und ein Teil des Erlöses in Höhe von 114.400 Euro hinterlegt worden war. Auch die Sicherstellung des Betrages von 4.550 Euro zur Vermögenssicherung war ihr bekannt. Sie war nach alledem hinsichtlich der Einziehung des Wertes von Taterträgen nicht gutgläubig.
Die Voraussetzungen für die selbstständige Einziehungsanordnung gemäß § 76a Abs. 1 Satz 1 StGB liegen vor, da der vor Aburteilung verstorbene Täter … wegen seiner Straftaten nicht mehr verfolgt werden kann.
V.
Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 Satz 1 StPO.