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Widerruf Strafaussetzung zur Bewährung bei erneuter Straftat – Voraussetzungen

Ein Mann, bereits verurteilt wegen Diebstahls und Verkehrsdelikten, wird während seiner Bewährungszeit erneut straffällig. Doch das Landgericht Magdeburg pfeift das Amtsgericht zurück: Ein Bewährungswiderruf ist erst zulässig, wenn die neue Verurteilung rechtskräftig ist – ein juristisches Tauziehen um Schuld und Unschuld.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Magdeburg
  • Datum: 30.11.2020
  • Aktenzeichen: 25 Qs 107/20
  • Verfahrensart: Sofortige Beschwerde
  • Rechtsbereiche: Strafrecht, Strafprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Beschwerdeführer (Verurteilter): Verurteilt wegen Diebstahls, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und fahrlässiger Körperverletzung. Die ursprüngliche Bewährungsstrafe wurde durch einen neuen Gerichtsbeschluss widerrufen. Er argumentiert, dass der Widerruf ungerechtfertigt sei, da die neue Verurteilung nicht rechtskräftig ist.
  • Landeskasse: Trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Beschwerdeführer wurde im Oktober 2019 für mehrere Straftaten zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt. Im August 2020 erfolgte eine neue Verurteilung wegen anderer Delikte, die noch nicht rechtskräftig war. Aufgrund dieser Nachverurteilung widerrief das Amtsgericht die Bewährung, was der Beschwerdeführer anfocht.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob der Widerruf der Bewährung rechtens ist, obwohl die neue Verurteilung noch nicht rechtskräftig war.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht hob den Beschluss des Amtsgerichts auf und gab der Beschwerde statt.
  • Begründung: Ein Widerruf der Bewährung setzt eine rechtskräftige Nachverurteilung voraus. Die Unschuldsvermutung war nicht ausreichend gewahrt, da die Nachverurteilung nicht rechtskräftig und das abgelegte Geständnis des Verteidigers als nicht ausreichend angesehen wurde.
  • Folgen: Der Widerruf der Bewährung wurde zurückgenommen. Die Landeskasse ist verpflichtet, die Kosten des Beschwerdeführers zu übernehmen. Das Urteil klärt die Bedeutung der Rechtskraft für einen Bewährungswiderruf gemäß gängiger Rechtsprechung.

Widerruf der Strafaussetzung: Herausforderungen und Konsequenzen im deutschen Strafrecht

Der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung ist ein bedeutendes Thema im deutschen Strafrecht. Wenn eine Person während ihrer Bewährungszeit eine erneute Straftat begeht, stellt sich die Frage, ob die Bewährung widerrufen werden kann und welche Voraussetzungen dafür nötig sind. In solchen Fällen müssen Gerichte eine sorgfältige Rückfallbewertung vornehmen und die Sozialprognose des Täters prüfen, um zu entscheiden, ob eine Resozialisierung möglich ist oder ob die Strafvollstreckung eingeleitet werden muss.

Die rechtlichen Folgen eines Widerrufs sind erheblich und betreffen sowohl das Strafmaß als auch die Auflagen während der Bewährung. Der Widerruf von Bewährung kann mit strafrechtlichen Konsequenzen einhergehen, die sich auf das Strafregister des Betroffenen auswirken. Im Folgenden wird ein konkreter Fall analysiert, der die verschiedenen Aspekte und Herausforderungen des Widerrufs der Bewährung verdeutlicht.

Der Fall vor Gericht


Widerruf einer Bewährungsstrafe mangels rechtskräftiger Verurteilung unzulässig

Mann steckt während Einkauf in Drogerie Waren in Jackentasche
(Symbolfoto: Flux gen.)

Das Landgericht Magdeburg hat einen Beschluss des Amtsgerichts B2. zum Widerruf einer Bewährungsstrafe aufgehoben. Der Fall betrifft einen Verurteilten, der während seiner laufenden Bewährungszeit erneut straffällig geworden sein soll.

Ursprüngliche Verurteilung und neue Straftaten

Der Betroffene wurde am 18. Oktober 2019 vom Amtsgericht B2. wegen mehrfachen Diebstahls, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Diese Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Nur wenige Monate später, zwischen November 2019 und Februar 2020, soll er erneut straffällig geworden sein. Das Amtsgericht B2. verurteilte ihn am 10. August 2020 wegen drei weiterer Diebstähle, mehrfachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten.

Vorzeitiger Bewährungswiderruf durch das Amtsgericht

Das Amtsgericht B2. widerrief daraufhin mit Beschluss vom 3. September 2020 die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem ersten Urteil. Als Begründung führte es die neue Verurteilung an. Der Verurteilte legte gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein und argumentierte, dass die neue Verurteilung noch nicht rechtskräftig sei.

Erfolgreiche Beschwerde vor dem Landgericht

Das Landgericht Magdeburg gab der Beschwerde statt und hob den Widerrufsbeschluss auf. Nach § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB kann das Gericht die Strafaussetzung widerrufen, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, dass sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, nicht erfüllt hat. Das Landgericht betonte jedoch, dass hierfür die Begehung einer schuldhaften Straftat feststehen muss. Eine rechtskräftige Nachverurteilung sei unter Berücksichtigung der Unschuldsvermutung zwingend erforderlich.

Auch das vermeintliche Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 10. August 2020 änderte nach Ansicht des Landgerichts nichts an dieser Bewertung. Die Erklärung des Verteidigers, dass alle Tatvorwürfe zutreffend seien, stelle kein ausreichendes Geständnis dar, da sich der Beschwerdeführer diese Erklärung nicht zu eigen gemacht habe. Zudem habe der Beschwerdeführer in seinem letzten Wort erklärt, sich aufgrund seines Rauschzustandes nicht mehr an die Situationen erinnern zu können. Dies lasse Zweifel an der Glaubhaftigkeit eines möglichen Geständnisses aufkommen.

Das Landgericht ordnete an, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers von der Landeskasse zu tragen sind.


Die Schlüsselerkenntnisse


Für einen Widerruf einer Bewährungsstrafe genügt es nicht, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit neue Straftaten begangen haben soll – es muss eine Rechtskräftige Verurteilung vorliegen. Auch ein Geständnis des Angeklagten oder eine Erklärung seines Verteidigers reichen nicht aus, wenn sie nicht zweifelsfrei sind. Dies stärkt die Unschuldsvermutung und schützt Verurteilte vor vorschnellen Bewährungswiderrufen, solange neue Vorwürfe nicht rechtskräftig festgestellt sind.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie auf Bewährung verurteilt sind und Ihnen neue Straftaten vorgeworfen werden, kann Ihre Bewährung nicht allein aufgrund dieser Vorwürfe widerrufen werden. Selbst wenn Sie in einem neuen Verfahren bereits verurteilt wurden, aber noch Rechtsmittel wie Berufung oder Revision eingelegt haben, darf die alte Bewährung nicht widerrufen werden. Das gilt auch dann, wenn Sie oder Ihr Anwalt im Prozess die Vorwürfe eingeräumt haben – solange das neue Urteil nicht rechtskräftig ist, bleibt Ihre Bewährung bestehen. Sie haben damit die Möglichkeit, sich gegen neue Vorwürfe zu verteidigen, ohne sofort den Widerruf Ihrer laufenden Bewährung befürchten zu müssen.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Voraussetzungen müssen für einen Bewährungswiderruf bei einer neuen Straftat erfüllt sein?

Gesetzliche Grundlage

Der Bewährungswiderruf wegen einer neuen Straftat ist in § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB geregelt. Ein Widerruf erfolgt, wenn Sie in der Bewährungszeit eine Straftat begehen und dadurch zeigen, dass sich die der Strafaussetzung zugrunde liegende Erwartung nicht erfüllt hat.

Notwendige Überzeugung des Gerichts

Das Gericht muss von der Begehung einer neuen Straftat fest überzeugt sein. Diese Überzeugung kann auf zwei Wegen entstehen:

Durch rechtskräftige Verurteilung: In der Regel ist eine Verurteilung durch ein Tatgericht erforderlich. Die Verurteilung muss dabei noch nicht rechtskräftig sein.

Durch glaubhaftes Geständnis: Wenn Sie ein glaubhaftes Geständnis vor einem Richter ablegen, kann der Widerruf auch ohne eine Aburteilung der neuen Straftat erfolgen.

Bedeutung der Straftat

Nicht jede Straftat führt automatisch zum Widerruf. Entscheidend ist die Schwere der Tat. Bagatelldelikte reichen für einen Widerruf nicht aus. Die neue Straftat muss „von einigem Gewicht“ sein.

Zeitlicher Zusammenhang

Die neue Straftat muss in einem bestimmten zeitlichen Rahmen begangen worden sein:

  • Während der laufenden Bewährungszeit
  • In der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung und deren Rechtskraft
  • Bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung auch in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung in einem einbezogenen Urteil und der Rechtskraft der Entscheidung über die Gesamtstrafe

Ermessensentscheidung des Gerichts

Der Widerruf erfolgt nicht automatisch. Das Gericht prüft:

  • Die weitere Entwicklung nach der neuen Straftat
  • Die Sozialprognose für die Zukunft
  • Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme

Wenn weniger einschneidende Maßnahmen ausreichen, kann das Gericht:

  • Die Bewährungszeit verlängern
  • Neue Auflagen oder Weisungen erteilen

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Was bedeutet die Rechtskraft eines Urteils für den Bewährungswiderruf?

Die Rechtskraft eines Urteils ist für einen Bewährungswiderruf nicht zwingend erforderlich. Ein Widerruf der Bewährung kann bereits erfolgen, wenn ein glaubhaftes und nicht widerrufenes richterliches Geständnis des Verurteilten vorliegt.

Zeitpunkt des Widerrufs

Der Widerruf einer Bewährung kann schon nach einer erstinstanzlichen Verurteilung erfolgen. Das Abwarten der Rechtskraft kann sogar dem Beschleunigungsgrundsatz widersprechen. Allerdings muss das Gericht dabei die Unschuldsvermutung beachten – ein fundamentales Prinzip des Strafrechts.

Voraussetzungen für den Widerruf

Ein Widerruf setzt voraus, dass die neue Straftat innerhalb der Bewährungszeit begangen wurde. Die Tat muss dabei zeigen, dass sich die der Strafaussetzung zugrunde liegende Erwartung nicht erfüllt hat.

Ermessensspielraum des Gerichts

Nicht jede neue Straftat führt automatisch zum Widerruf. Das Gericht hat einen Ermessensspielraum und kann stattdessen:

  • Die Bewährungszeit verlängern
  • Neue Auflagen erteilen
  • Zusätzliche Weisungen aussprechen

Zeitliche Grenzen

Der Widerruf muss zeitnah nach Bekanntwerden der neuen Straftat erfolgen. Eine zu lange Verzögerung kann aus Gründen des Vertrauensschutzes den Widerruf unzulässig machen. Das Gesetz sieht zwar keine konkrete Höchstfrist vor, aber der Widerruf sollte so bald wie möglich nach der Entscheidung über die neue Straftat erfolgen.


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Welche Rechtsmittel stehen gegen einen Bewährungswiderruf zur Verfügung?

Die sofortige Beschwerde ist das zentrale Rechtsmittel gegen einen Bewährungswiderruf. Diese muss innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Widerrufsbeschlusses eingelegt werden.

Einlegung der sofortigen Beschwerde

Der Widerrufsbeschluss wird in einem gelben Umschlag zugestellt. Das Zustellungsdatum auf diesem Umschlag ist für den Fristbeginn maßgeblich. Die sofortige Beschwerde kann formlos eingelegt werden und muss nicht sofort begründet werden.

Prüfung der Widerrufsentscheidung

Das Beschwerdegericht überprüft sowohl formelle als auch materielle Aspekte des Widerrufs. Wichtige Prüfungspunkte sind:

  • Die Zuständigkeit des widerrufenden Gerichts
  • Die korrekte Formulierung und Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Bewährungsauflagen
  • Bei Widerruf wegen neuer Straftaten: Die Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der Schwere der neuen Tat

Verfassungsbeschwerde als weiteres Rechtsmittel

Nach erfolgloser sofortiger Beschwerde besteht die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde. Diese kommt in Betracht, da der Strafvollzug einen Grundrechtseingriff darstellt.

Besonderheiten beim Widerruf

Ein Widerruf wegen einer neuen Straftat darf erst nach rechtskräftiger Verurteilung erfolgen. Die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens reicht nicht aus. Bei einer Verfahrenseinstellung nach §§ 153, 153a StPO gilt weiterhin die Unschuldsvermutung, wodurch ein Widerruf regelmäßig ausgeschlossen ist.


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Welche Rolle spielt ein Geständnis für den Bewährungswiderruf?

Ein Geständnis kann auch ohne rechtskräftige Verurteilung zu einem Bewährungswiderruf führen. Dabei müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Anforderungen an das Geständnis

Ein Geständnis muss glaubhaft und konkret sein, um als Grundlage für einen Bewährungswiderruf zu dienen. Ein pauschales Einräumen des Anklagevorwurfs reicht nicht aus. Stattdessen muss der Verurteilte die Tat detailliert schildern und die Tatbestandsmerkmale konkret beschreiben.

Formelle Voraussetzungen

Die Art des Geständnisses ist entscheidend. Ein vor der Polizei ohne Anwesenheit eines Verteidigers abgegebenes Geständnis genügt nicht für einen Bewährungswiderruf. Dagegen ist ein Geständnis ausreichend, wenn es:

  • vor einem Richter abgelegt wurde
  • in Anwesenheit eines Verteidigers erfolgte
  • mit den Ermittlungsergebnissen übereinstimmt

Widerruf des Geständnisses

Ein Geständniswiderruf hat erhebliche Auswirkungen. Wird das Geständnis wirksam widerrufen, entfällt damit auch die Grundlage für den Bewährungswiderruf. Die Unschuldsvermutung tritt dann wieder in den Vordergrund.

Bedeutung der Unschuldsvermutung

Die Rechtsprechung hat anerkannt, dass ein Bewährungswiderruf auf Basis eines Geständnisses nicht gegen die Unschuldsvermutung verstößt. Dies gilt jedoch nur, solange das Geständnis aufrechterhalten wird und die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.

Geständnis bei laufendem Verfahren

Auch bei einer eingelegten Berufung kann ein Geständnis zum Bewährungswiderruf führen, sofern das Geständnis selbst nicht widerrufen wurde. Die bloße Möglichkeit eines künftigen Geständniswiderrufs hindert den Bewährungswiderruf nicht.


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Wer trägt die Kosten eines erfolgreichen Beschwerdeverfahrens gegen den Bewährungswiderruf?

Bei einem erfolgreichen Beschwerdeverfahren gegen den Bewährungswiderruf trägt die Staatskasse die gesamten Kosten des Verfahrens. Dies umfasst sowohl die Verfahrenskosten als auch die notwendigen Auslagen des Verurteilten.

Umfang der Kostenübernahme

Die Kostenübernahme durch die Staatskasse erstreckt sich auf:

  • Die eigentlichen Verfahrenskosten
  • Die notwendigen Auslagen des Verurteilten
  • Die Anwaltskosten im Beschwerdeverfahren

Voraussetzungen für die Kostenübernahme

Die Staatskasse übernimmt die Kosten, wenn die Beschwerde erfolgreich ist und der Bewährungswiderruf aufgehoben wird. Die Kostenentscheidung beruht dabei auf den §§ 473, 464 Abs. 2 und 467 Abs. 1 StPO.

Besonderheiten bei der Anwaltsvergütung

Die Verteidigertätigkeit im Beschwerdeverfahren wird grundsätzlich mit den regulären Verteidigergebühren abgegolten. Ein zusätzlicher Erstattungsbetrag kommt nur in Betracht, wenn die Tätigkeit im Beschwerdeverfahren besonders umfangreich war und sich dadurch die Gebühren erhöht haben.

Zuständigkeit und Verfahrensablauf

Die Entscheidung über die Kostentragung trifft das Gericht zusammen mit der Entscheidung über die Beschwerde. Wenn sich der Verurteilte in Strafhaft befindet, ist die Strafvollstreckungskammer des zuständigen Landgerichts für die Entscheidung zuständig.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Bewährungszeit

Die Zeit nach einer Verurteilung, in der eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt ist. Während dieser Zeit muss sich der Verurteilte straffrei führen und bestimmte Auflagen erfüllen. Die Dauer beträgt in der Regel 2-5 Jahre (§ 56a StGB). Wird der Verurteilte in dieser Zeit erneut straffällig oder verstößt gegen Auflagen, kann die Bewährung widerrufen werden. Beispiel: Ein zu 2 Jahren auf Bewährung Verurteilter muss sich 3 Jahre bewähren, erhält Auflagen wie regelmäßige Meldungen beim Bewährungshelfer.


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Strafaussetzung zur Bewährung

Eine richterliche Entscheidung, bei der eine Freiheitsstrafe nicht vollstreckt wird, sondern der Verurteilte die Chance erhält, sich in Freiheit zu bewähren (§ 56 StGB). Dies ist möglich bei Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren, wenn eine positive Sozialprognose vorliegt. Der Verurteilte muss Auflagen erfüllen und sich straffrei führen. Beispiel: Statt einer Gefängnisstrafe von 18 Monaten erhält der Täter die Chance, sich unter Auflagen in Freiheit zu bewähren.


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Bewährungswiderruf

Die Aufhebung einer Strafaussetzung zur Bewährung durch das Gericht nach § 56f StGB. Dies bedeutet, dass die ursprünglich ausgesetzte Freiheitsstrafe nun vollstreckt wird. Gründe können neue Straftaten oder Verstöße gegen Bewährungsauflagen sein. Voraussetzung ist eine rechtskräftige Verurteilung wegen der neuen Straftat. Beispiel: Nach einem Diebstahl während laufender Bewährung wird die ursprüngliche Strafe widerrufen und muss verbüßt werden.


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Rechtskräftige Verurteilung

Ein Gerichtsurteil, das nicht mehr mit regulären Rechtsmitteln (Berufung/Revision) angefochten werden kann. Erst dann gilt die Schuld als endgültig festgestellt und das Urteil kann vollstreckt werden (§ 449 StPO). Die Rechtskraft tritt ein, wenn die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist oder auf Rechtsmittel verzichtet wurde. Beispiel: Ein Urteil wird rechtskräftig, wenn der Verurteilte innerhalb einer Woche keine Berufung einlegt.


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Unschuldsvermutung

Ein fundamentales Rechtsprinzip, nach dem jeder Beschuldigte bis zum gesetzlichen Beweis seiner Schuld als unschuldig gilt (Art. 6 Abs. 2 EMRK). Dies bedeutet, dass die Schuld in einem rechtsstaatlichen Verfahren zweifelsfrei nachgewiesen werden muss. Bloße Verdachtsmomente reichen nicht aus. Beispiel: Trotz starker Verdachtsmomente darf eine Person nicht als schuldig behandelt werden, solange keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 56 Abs. 1 StGB: Diese Vorschrift regelt die Voraussetzungen für die Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung. Darin wird festgelegt, dass die Aussetzung nur dann erfolgt, wenn die Erwartung, dass der Verurteilte sich während der Bewährungszeit straffrei verhält, gegeben ist. Hier spielt die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und das Vorliegen von positiven sozialen Prognosen eine wesentliche Rolle. Im vorliegenden Fall wurde die Aussetzung der Strafe unter der Prämisse gewährt, dass der Beschwerdeführer sich während der Bewährungszeit bewährt.
  • § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB: Nach dieser Norm kann die Strafaussetzung widerrufen werden, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit eine weitere Straftat begeht und somit die Erfüllung der i. S. des § 56 Abs. 1 StGB bestehenden Erwartungen in Frage stellt. Der Beschluss des Amtsgerichts, die Bewährung auszusetzen, wurde jedoch in diesem Fall nicht rechtmäßig widerrufen, da keine rechtskräftige Nachverurteilung vorlag und somit die rechtlichen Voraussetzungen für einen Widerruf nicht erfüllt waren.
  • § 316 StGB: Dieser Paragraph behandelt das Fahren unter dem Einfluss von berauschenden Mitteln. Da der Beschwerdeführer wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und ohne Haftpflichtversicherung verurteilt wurde, stehen diese Vergehen im Kontext mit der Rechtmäßigkeit der Überprüfung seiner vorherigen Bewährung. Im aktuellen Fall führte die Begehung von Straftaten während der Bewährungszeit zu unsicheren Erkenntnissen über die rechtliche Situation zur Strafaussetzung.
  • § 467 Abs. 1 S. 1 StPO: Diese Regelung bezieht sich auf die Kostentragung in Strafsachen und sieht vor, dass die Staatskasse für die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers aufkommt, wenn dessen Beschwerde erfolgreich ist. Angesichts des Ergebnisses der Beschwerde und der Aufhebung des ursprünglichen Beschlusses zu Lasten der Landeskasse verdeutlicht dieser Paragraph die Verantwortung des Staates für die Kosten bei nicht gerechtfertigten Entscheidungen.
  • § 311 Abs. 1 StPO: Dieser Paragraph behandelt die Einlegung von Rechtsmitteln und sieht vor, dass eine sofortige Beschwerde zulässig ist, wenn das Gesetz dies anordnet. Im konkreten Fall wurde gemäß dieser Norm die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegt, die entscheidend war, um das rechtswidrige Handeln des Amtsgerichts anzufechten und die Grundlage für den Erfolg der Beschwerde zu schaffen.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Bewährungswiderruf wegen neuer Straftaten – Voraussetzungen
    Das Landgericht Heilbronn entschied, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen werden kann, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit neue Straftaten begeht und dadurch die ursprüngliche Erwartung enttäuscht. Im vorliegenden Fall wurde die Bewährung widerrufen, obwohl die neuen Straftaten noch nicht rechtskräftig verurteilt waren, da das Gericht von der Begehung überzeugt war. → → Voraussetzungen für den Widerruf der Bewährung
  • Bewährungswiderruf wegen neuer Straftat
    Das Gericht stellte fest, dass gemäß § 56f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB die Strafaussetzung widerrufen wird, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit eine neue Straftat begeht und dadurch zeigt, dass die der Strafaussetzung zugrunde liegende Erwartung sich nicht erfüllt hat. Ein Widerruf ist in der Regel erst nach rechtskräftiger Verurteilung der neuen Straftat zulässig, es sei denn, der Verurteilte hat ein glaubhaftes Geständnis abgelegt. → → Rechtliche Grundlagen für Bewährungswiderruf
  • Strafaussetzung zur Bewährung – Voraussetzungen des Widerrufs
    Der Artikel erläutert, dass ein Widerruf der Bewährung erfolgt, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit gegen Auflagen verstößt oder neue Straftaten begeht. Dies zeigt, dass die Erwartung, keine weiteren Straftaten zu begehen, enttäuscht wurde. Das Gericht kann jedoch auch mildere Maßnahmen wie die Verlängerung der Bewährungszeit in Betracht ziehen, wenn positive Entwicklungen erkennbar sind. → → Erklärung zu Widerrufsgründen bei Bewährung
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    Das Oberlandesgericht Dresden entschied, dass die Bewährungszeit verlängert werden kann, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit neue Straftaten begeht. In diesem Fall wurde die Bewährungszeit um ein Jahr verlängert, da der Verurteilte positive Veränderungen in seinem Leben vorgenommen hatte, die eine günstige Prognose rechtfertigten. → → Verlängerung der Bewährungsfrist bei neuen Straftaten
  • Strafaussetzung zur Bewährung – Zulässigkeit des Widerrufs wegen neuer Straftat
    Der Artikel behandelt die Frage, ob ein Widerruf der Bewährung wegen neuer Straftaten zulässig ist, wenn diese noch nicht rechtskräftig verurteilt wurden. Grundsätzlich ist ein Widerruf erst nach rechtskräftiger Verurteilung zulässig, es sei denn, es liegt ein glaubhaftes Geständnis vor. → → Rechtslage für Bewährungswiderruf ohne Verurteilung

Das vorliegende Urteil

LG Magdeburg – Az.: 25 Qs 107/20 – Beschluss vom 30.11.2020


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