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Wiedererkennung bei einer Wahllichtbildvorlage – Beweiswert im Strafverfahren

LG Magdeburg, Az.: 25 KLs 323 Js 35113/14 (1/15), Beschluss vom 09.03.2015

Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Staatskasse.

Gründe

Dem Angeschuldigten wird mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft M vom 8. Januar 2015 – Az.: 323 Js 35113/14 – vorgeworfen, in M, am 21. Oktober 2014 gegen 21:35 Uhr, mit Gewalt gegen eine Person und unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, fremde bewegliche Sachen einem Anderen in der Absicht weggenommen zu haben, die Sachen sich und einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wobei er bei der Tat ein gefährliches Werkzeug verwendete.

Im Einzelnen wird ihm zur Last gelegt, sich gegen 21:35 Uhr des 21. Oktober 2014 in das Sonnenstudio „_______“ in M, W Straße 2, begeben zu haben. Dort habe er sich die Kapuze seines Pullovers in das Gesicht gezogen und eine auf dem Empfangstresen befindliche Schere ergriffen und damit die Zeugin Susanne D mit den Worten: „Mach die Kasse auf!“ bedroht . Frau D habe daraufhin aus Angst um ihr Leben weisungsgemäß die Kasse, aus der der Angeschuldigte sich sodann einen Bargeldbetrag in Höhe von 300,00 € entnommen habe, geöffnet.

Ein hinreichender Tatverdacht besteht aufgrund der nach Aktenlage ersichtlichen zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht. Weitere Ermittlungsansätze sind ebenfalls nicht erkennbar. Die einzige Augenzeugin des Vorfalls, Susanne D, will den Angeschuldigten im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage mit 90 %iger Wahrscheinlichkeit wiedererkannt haben. An dem Beweiswert des Wiedererkennens des Angeschuldigten im Rahmen dieser Wahllichtbildvorlage bestehen jedoch aus zwei Gründen nachträglich nicht behebbare Zweifel:

1.

Die Täterbeschreibung, die die Zeugin unmittelbar nach der Tat abgebeben hat, stimmt nicht überein mit dem aus der Wahllichtbildvorlage ersichtlichen Foto des Angeschuldigten. Nach ihrer ursprünglich abgegebenen Täterbeschreibung handelte es sich bei dem Täter um eine dickliche Person mit insgesamt dicklichem Gesicht, breiter Nasenspitze und sogenannten „Tunnels“ in beiden Ohrläppchen. Diese Merkmale sind sämtlich nicht auf dem Foto des Angeschuldigten zu erkennen. Im Rahmen der Wahllichtbildvorlage will die Zeugin den Angeschuldigten an der Mundpartie und den stechend blauen Augen wiedererkannt haben, mithin an Merkmalen, die gerade für ihre Täterbeschreibung nicht relevant waren. Die Augen des Täters hatte sie zwar mit blau beschrieben, im Übrigen aber von großen Augenhöhlen gesprochen.

2.

Der Wert der Wiedererkennung bei der Wahllichtbildvorlage wird darüber hinaus beeinträchtigt durch die Qualität der Wahllichtbildvorlage. Während alle anderen Bilder Personen mit rosafarbener Gesichtshaut zeigen, sticht der Angeschuldigte mit bleicher Gesichtsfarbe deutlich hervor, sodass angesichts der Auswahl der Fotos eine suggestive Beeinflussung der Zeugin allein durch die Art und Weise der Wahllichtbildvorlage nicht ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus erklärt die markant hervortretende bleiche Gesichtsfarbe des Angeschuldigten auch die im Rahmen des Protokolls über die Wahllichtbildvorlage geäußerte Gefühlsregung der Zeugin, die bekundete, „Mir wurde regelrecht anders, als ich dieses Bild sah.“ Weitere Indizien, die auf den Angeschuldigten hindeuten, sind nicht ersichtlich, insbesondere blieb eine daktyloskopische Untersuchung der Visitenkarten, die der Täter in der Hand gehabt hat, ohne Ergebnis.

Mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln ist ein Tatnachweis nicht zu führen. Eine Wiederholung der Wahllichtbildvorlage kommt angesichts der bereits eingetretenen Beeinflussung der Zeugin durch die fehlerhafte Wahllichtbildvorlage nicht in Betracht, sodass die Eröffnung des Hauptverfahrens gem. § 204 Abs. 1 StPO aus tatsächlichen Gründen abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.

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